Sport


07.-08. Juli 2007 "80 Jahre Sachsenring"

Autogrammjäger

Im Motorradrennsport liegen Emotionen und Leidenschaft
dicht nebeneinander. Auf dem Sachsenring ist die Begeisterung
der Schlachtenbummler besonders groß. Die Besucherzahlen
beim GP schlagen alle Rekorde, aber auch wenn es um
die Tradition geht, herrscht gewaltiger Ansturm.
Zur 80-Jahr-Feier kamen gut 25.000 Rennfans.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Frohnmeyer


Giacomo Agostini
Stargast am Sachsenring: Giacomo Agostini


Es ist spät am Abend im Hotel Folklorehof in Grüna. In gemütlichem Ambiente sitzen ein paar renninfizierte Motorradfans zusammen. Die Stimmung ist genau wie man sie sich vorstellt. Voller Emotionen, aber mit messerscharfem Sachverstand, wird gerade über das packende Duell zwischen Ducati-Werksfahrer Casey Stoner und Yamaha-Megastar Valentino Rossi beim WM-Lauf in Assen diskutiert. Mittendrin Rolf Eggersdorfer, Jahrgang 1942. Ein bodenständiger Sachse aus Waldenburg gleich neben dem Sachsenring. Rolf Eggersdorfer ist einer der ausgewiesenen GP-Experten überhaupt. Als Dreikäsehoch sah der Waldenburger 1952 sein erstes Rennen auf der anspruchsvollen Naturstrecke bei Hohenstein-Ernstthal. Mit 16 Jahren kroch er heimlich ins Fahrerlager, stand mit großen Augen vor den Rennmaschinen und sammelte fleißig von seinen Helden Autogramme. Als Fotograf schoss Rolf Eggersdorfer später spektakuläre Aktionsbilder, fing mit der Kamera neben der Rennstrecke einzigartige Stimmungsaufnahmen ein und veröffentlichte sein gesammeltes Motorrad-WM-Wissen in den letzten Jahren in seiner Internetseite: www.Eggersdorfer.info - Prädikat besonders wertvoll!


Eggersdorfer und Agostini
Rolf Eggersdorfer und Giacomo Agostini
(Foto: Peter Frohnmeyer)


Gleich um die Ecke in Hohenstein-Ernstthal feiern um die selbe Stunde rund 600 Funktionäre, Rennlegenden und Ehrengäste bei einer VIP-Party "80-Jahre-Sachsenring". Stephan "Doc E" Elisat hat seinen Freunden im Folklorehof versprochen, nach der Fete noch auf ein Bier vorbei zu kommen. Nicht verraten hat er dagegen, dass er Giacomo Agostini und Nobby Clark mitbringen wird.
Für Rolf Eggersdorfer ist es eine riesige Überraschung. Er hat viele Fotos vom 15-fachen Weltmeister geschossen, Ende der Sechziger konnte er in Brünn sogar ein Autogramm ergattern. Ansonsten war für ihn, wie aber auch für fast alle anderen Rennfans, der italienische Superstar durch ständige hermetische Abschottung im Prinzip unerreichbar. Auch über den legendären Rennmechaniker Nobby Clark lässt sich im Archiv von Rolf Eggersdorfer einiges finden.
Das Glück, mit den beiden ein Bier zu trinken, hatte der sächsische GP-Experte allerdings bisher noch nie.



Dr. Stephan Elisat, Winni Scheibe, Giacomo Agostini
(Foto: Peter Frohnmeyer)


Rund 600 Teilnehmer und gut 25.000 Rennfans bei der Feier
"80 Jahre Sachsenring"


Sachsenring-Sieger 1971 und 2-facher Weltmeister Dieter Braun


Für die Vorbereitung des Mammutfestes am Wochenende 7. und 8. Juli überließ der Förderverein Sachsenring e.V. nichts dem Zufall. Entsprechend liest sich die Liste der geladenen Rennfahrer und Ehrengäste: Giacomo Agostini 15-facher Weltmeister, Phil Read 8-facher Weltmeister, Jim Redman 6-facher Weltmeister, Luigi Taveri 3-facher Weltmeister, Hugh Anderson 3-facher Weltmeister, Dieter Braun 2-facher Weltmeister, Jan de Vries 2-facher Weltmeister, Rodney Gould 250er Weltmeister, Nobby Clark, Ferry Brouwer sowie die GP-Fahrer und Rennlegenden Heinz Rosner, Bruno Kneubühler, Steve Jenkner, Ralf Waldmann, Ernst und Reinhardt Hiller, Peter Frohnmeyer, Wolfgang Müller, Peter Rubatto, Manfred Fischer - um hier nur einige der prominenten Persönlichkeiten zu nennen.



Sachsenring-Experten:
Winni Scheibe, Sieger 1990 beim Lauf für historische Rennmaschinen,
mit "Mister Superbike" Peter Rubatto. Er hält
mit 189,22 km/h
Schnitt den ewigen Rundenrekord (1990) auf dem alten Naturkurs
(Foto: Peter Frohnmeyer)


Ralf Waldmann
Beliebt am Sachsenring:
Ralf Waldmann mit Sohn


Nobby Clark
"Champion-Schrauber"
Nobby Clark


Luigi Taveri
Honda-Star und 3-facher 125er Weltmeister Luigi Taveri


Das Fahrerlager ist rappelvoll mit Rennmotorrädern und Rennwagen, es ist wie ein lebendiges Museum. Es wird bestaunt, geknipst, den Helfern und Fahrern Löcher in den Bauch gefragt und es werden Autogramme gesammelt. Bei den Superstars ist der Andrang verständlicherweise besonders gewaltig.


Luigi Taveri
Luigi Taveri


Wird vielfach über einen Mangel an jungen Motorradfahrern geklagt, lassen sich erstaunlich viele junge Rennfans beobachten. Um den Sachsenring ist die Motorsportbegeisterung tief in der Bevölkerung verwurzelt und die zieht sich durch alle Altersgruppen. Bei einer 80-jährigen Renntradition allerdings auch kein Wunder. Dazu kamen die moderaten Eintrittspreise. Samstag waren es 7,- Euro, Sonntag 9,- Euro und für das Wochenende 15,- Euro. Für das Geld bekamen die Besucher eine Menge geboten. Optisch und akustisch und freien Zutritt ins Fahrerlager und in die Boxen sowieso. Das Warmlaufen der Renntriebwerke mit ihren offenen Auspuffrohren ließ sich so aus allernächster Nähe erleben, ein Spektakel, das unter die Haut geht.




Boxen-Stimmung




Spaß-Rennen


Rennlegenden:
Ernst Hiller, Peter Frohnmeyer, Reinhardt Hiller


Wie am Schnürchen wurden die einzelnen Starterklassen abgewickelt. Wobei es hier weder um schnelle Rundenzeiten noch um Top-Platzierungen ging. Die Parade-Läufe waren eine Zeitreise in die Epoche als es noch Schiebestarts gab, die Piloten Cromwell-Halbschalenhelme und schlichte schwarze Lederkombis trugen und ihren Fans bis zum Abwinken Autogramme gaben. Auf T-Shirts, in Fotoalben oder Programmhefte oder auf selbst geschossene Bilder. Nur für ein gemütliches Bier war bei dem Andrang keine Zeit. Da braucht man schon einen Freunde wie Stephan Elisat, Danke Doc E.


Text-Archiv: Sport

Home