Events & Lifestyle


18. Engländer Treffen
29. Juni bis 01. Juli 2012 in Zettmannsdorf

Bewährte Werte

Einst waren sie die Größten, in den 1960er
Jahren sogar Weltmarktführer. Gepflegt und
gehegt werden die legendären englischen
Bikes von einer treuen Fangemeinde.

Text&Fotos: Winni Scheibe


"King of the Road"
Ariel 1000 Square Four 4G Modelljahr 1948 von Jens aus der Lüneburger Heide


Eigentlich dürfte ich diesen Bericht nicht schreiben - wegen Befangenheit. Das erste Motorrad, das ich bewusst wahrgenommen habe, war eine BSA A65R Rocket aus dem Jahr 1964. Sie gehörte einem Freund, er nahm mich gelegentlich mit, auch durfte ich  den Feuerstuhl mal "testen". Der 1er-Führerschein war in weiter Ferne, an die Honda CB750 Four dachte auch noch kein Mensch. In unserer damaligen Moped-Clique drehte sich fast alles um Beat-Musik, Parties  und englische Twins. Mein Traumbike war die Triumph-Métisse mit 650er Bonneville-Motor. Aus dem Café-Racer wurde nichts, dafür stand, kaum 18 Jahre alt, im Herbst 1969 eine BSA A65 Spitfire MKIV Special in der Garage. Das prägte, hinterließ Spuren.

 BSA A65R Rocket
Modelljahr 1964

BSA A65
Spitfire MKIV Special
Modelljahr 1968
Von Winni Scheibe  zum Café-Racer umgebaute Lady im Sommer 1970


Zeitsprung von 1970 in den Sommer 2012



"Fahrerlager"
Zeltplatz bei der Brauerei Seelmann in Zettmannsdorf im Steigerwald


Diese Erinnerungen kommen mir auf dem Weg zum CBBC 18. Engländer Treffen in den Sinn. Welche Bikes werden in Zettmannsdorf wohl zu sehen sein, aber was mich besonders interessierte, was sind das für Leute, die sich heute mit alten britischen Ladies beschäftigen? Sie hegen und pflegen, mit ihnen fahren, sich gelegentlich mit Gleichgesinnten treffen. Zwischen Schweinfurt und Bamberg liegt das Dorf mitten  im Steigerwald, einen Bezug zur "Grünen Insel" gibt es eigentlich nicht. Das Meeting zieht sich über ein langes Wochenende, Freitag stand bei strahlendem Sommerwetter mit fast 20 Bikes die 250 Kilometer lange "Steigerwald-Rally" auf dem Programm.



"Kulteisen-Reise"
Gut 20 Briten-Biker beteiligten sich bei der 250 km langen Ausfahrt



"Die Macher"
Claus Pfeiffer und Georg Ulherr


Abends nach der Tour begrüßt mich herzlich Georg Ulherr, der gemeinsam mit Sunbeam-Experte Claus Pfeiffer für die Organisation sorgt. "Unser Treffen hat nichts mit modernen Events zu tun. Wir verzichten liebend gerne auf Stuntshows, Burnout-Wettbewerbe, Händler-Meile, Pokalverleihung für die älteste und schönste Maschine sowie auf rockige Live-Bands und Biertheke", verrät Georg und lacht: "bei uns zählen noch die alten Werte. Dazu gehören Motorradfreunde wieder treffen, neue Freundschaften schließen, klassische Bikes anschauen, Erfahrungen austauschen, gemütlich am Lagerfeuer zusammen sitzen, Benzin reden sowie bei gemeinsamen Rundfahrten die Landschaft und ausgesuchte Sehenswürdigkeiten genießen."


"Old School" Briten-Biker Wolfgang
Vincent-H.R.D. von 1949


Schnell ist man im Gespräch, ein Motorradfahrer der "Old School" ist Wolfgang mit seiner Vincent-H.R.D.  von 1949. Wie aus dem Ei gepellt steht das Schmuckstück da. "Wer sich ein klassisches Briten-Bike zulegt, sollte über ein hohes Maß an technischem Verständnis verfügen, handwerklich begabt sein und eine gut sortierte Werkstaat im Haus haben. Aber genau das macht ja den Reiz aus. Neben dem Fahrspaß gehört das Schrauben zur Leidenschaft. Vertragswerkstätten gibt es nicht mehr und manche Ersatzteile sind kaum noch zu bekommen. Es wird repariert, verbessert oder bei Bedarf sogar manches Bauteil selbst hergestellt", lässt der Vincent-Experte wissen.
Was die Optik betrifft ist seine 1000er Vincent-H.R.D. Rapide serienmäßig. Die 45 PS starke Maschine wurde sorgfältig überholt und mit Bing-Vergaser sowie einer selbst gefertigten kontaktlosen Zündanlage ausgestattet. Dieses Tuning verbessert das Startverhalten und die Drehfreudigkeit. Für schärfere Verzögerung sorgt die vierfach Trommel-Bremsanlage von der Vincent Black Lightning, und für eine komfortablere Straßenlage wurde das Fahrwerk modifiziert.



Stammgast aus der Lüneburger Heide.
Jens und seine Ariel 1000 Square Four 4G von 1948



Sunbeam-Freunde
Claus mit seiner 500er OHV-Einzylinder, Hans-Jörg auf seiner 500er Zweizylinder Sunbeam S7
von 1949 und Swen mit der baugleichen S7 von 1948 (v.l.n.r.)


Es wird ein langer Abend, es gibt ja soviel zu erzählen. Zum Beispiel mit Jens und Matten, der zum ersten Mal dabei ist, aus der Lüneburger Heide. Jens gehört zu den Stammgästen, er ist bereits  zum dreizehnten Mal in Zettmannsdorf. Seine 1000er Vierzylinder-Ariel aus dem Jahr 1948 möchte er selbst in gutem Zustand bezeichnen mit der sehr viel gefahren wird. Oder mit den Sunbeam-Kennern Hans-Jörg und Swen aus Sachsen und mit Werner aus Düsseldorf über seine Erfahrungen mit seiner Norton 750 Commando von 1973. "Leider muss ich wegen einer Geburtstagsfeier schon Morgen wieder nach Hause fahren. Dafür hat mir hier das Treffen mit den Freunden und die heutige Tagesfahrt durch den Steigerwald sehr gut gefallen, meine Norton hat mir mal wieder richtig Spaß gemacht.“


Briten-Fan auf einer BSA A65FS Firebird Scrambler


Samstag ist mächtig was los, da kommen die meisten Besucher. Teils mit englischen Oldtimern, aber auch moderne Bikes haben Platzrecht. "Das Interesse an den alten Ladies ist beachtlich. Die Leute stellen fachkundige Fragen, oft werden die Maschinen von allen Seiten fotografiert. Im Schnitt kommen über 250 Besucher zum Treffen“, gibt Claus zu Protokoll.


500er-Twin: Sunbeam S7



                650er-Twin: Triumph Bonneville



500er-Single: Sunbeam Light Solo Sports Serie1.                    


Star in der Manege
Vierzylinder-Ariel von 1932



Ariel SQ 1 600 von 1932
Von dieser seltenen OHC-Vierzylinder-Maschine wurden bei Ariel
zwischen 1932 - 1940 insgesamt 2674 Einheiten gebaut


Eine viel bewunderte Maschine ist eine 80 Jahre alte 600er Ariel. Otto aus Augsburg kennt die Technik in- und auswendig. Englische Motorräder waren für ihre kernigen Singles berühmt. Eine Sportmaschine mit OHC-Vierzylinder in quadratischer Bauweise gab es jedoch nur von Ariel. Zunächst ab 1930 als 500er, ab 1932 auch als 600er.



 Das 24 PS starke Bike wurde von Otto Mederle restauriert und alltagstauglich getrimmt.


F
ür damalige Verhältnisse war das Motorrad hoch modern, leider aber nicht ausgereift. Schwachpunkte waren die Pleuellager, Ölpumpe, Zylinderkopf- dichtung und Zündung. Als ich das Motorrad restaurierte, wusste ich nicht
 viel über die Eigenheiten, als erfahrener Maschinenbauer macht man sich allerdings seine Gedanken. Meine selbstgebaute Ölpumpe verfügt über dreifache Förderleistung, die Zylinder- kopfdichtung habe ich auch selbst gemacht und die Zündanlage modifiziert. Mit diesen Maßnahmen habe ich, ohne es vorher zu wissen, die Mängel ausgemerzt. Seither läuft die Lady zuverlässig wie ein Uhrwerk", verrät der Ariel-Experte.


Meine Erwartungen haben sich erfüllt


Das Treffen hat mir gut gefallen, die Fahrersleute beeindruckt. Es gibt sie also doch noch, die "Windgesichter", denen keiner etwas vormacht. Die sich noch selbst helfen können, verbessern und optimieren. Keine Bange davor haben, auf Tour zu gehen. Diese Ausflüge sind Erfolgserlebnisse einer ganz besonderen Art und eine Bestätigung zugleich, dass man gute Arbeit geleistet hat.


Kontakt:
Engländer Treffen in Zettmannsdorf
Georg Ulherr
Am Waldrand 20
90455 Nürnberg
gulherr@t-online.de

Classic British Bike Club e.V.


Text-Archiv: Lifestyle

Home