Motorrad-Marken


750er Dreizylinder Bikes von Triumph & BSA

"Triple-Master"

Mit der "Trident" und "Rocket3" wollten die beiden letzten großen
englischen Motorradwerke Triumph und BSA Marktanteile retten.
Das war Ende der sechziger Jahre. Vergeblich, wie wir heute wissen.
Wenig später mussten auch sie Konkurs anmelden.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk



Triumph T150V Trident



BSA A75R Rocket

Bevor die vier japanischen Motorradgiganten, Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki, den Weltmarkt beherrschten, hatten die Engländer das Sagen. Die Bikes von der grünen Insel genossen in den fünfziger und sechziger Jahren hohes Ansehen. Sie waren leistungsstark, sauschnell, hatten gute Fahrwerke, waren aber auch sehr teuer. Von nirgendswoher brauchte man sich fürchten, außer der Konkurrenz im eigenen Lande. Doch die kämpften mit gleichen Waffen. Im Prinzip waren englische Motorräder nämlich "fast" immer gleich aufgebaut: Als Single oder Twin mit angeblocktem Getriebe. Dazu Kasten und Kästchen für Primärantrieb, Lichtmaschine, Zündanlage und Öltank. Für die Ölversorgung waren teilweise die Leitungen sogar außen um den Motor herum zu den Schmierstellen verlegt. Typisch für die Ladys war der obligatorische Ölfleck unter dem Bike, in Fachkreisen wurde die Mechanik daher als "klassisch englischer Motorradbau" bezeichnet. Und wenn es nach den Firmenchefs gegangen wäre, wäre das auch bis ans Ende der Welt so geblieben. Denn man war mächtig stolz auf die Bikes, fühlte sich der Tradition verpflichtet und jeder, der was Neues wollte, war sowieso ein Landesverräter. Und so darf es auch nicht weiter wundern, dass Triumph-Entwicklungsleiter Doug Hele mit seinen beiden Konstrukteuren Bert Hopwood und Jack Wicks die Entwicklung eines neuen Dreizylinder-Projektes im Verborgenen der Versuchsabteilung durchführen musste. Das war Anfang der sechziger Jahre. Als der damalige Chef Edward Turner jedoch von diesen Aktivitäten Wind bekam, war er alles andere als begeistert. Ab sofort wollte er von den Machenschaften nichts mehr hören und sehen. Das Triumph/BSA-Firmenkonsortium produzierte bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Ein- und Zweizylinder-Dampfhämmer, und das sollte nach seiner Auffassung auch so bleiben.


BSA A75R Rocket-Motor


Triumph T150V Trident-Motor



"Speed-Twin-Motor" von 1937 
(Foto Werk)

Erst als Edward Turner 1964 pensioniert wurde, konnte sich Doug Hele auf das Vorhaben stürzen. Trotz größter wirtschaftlicher Schwierigkeiten, in denen die englische Motorradindustrie bereits schon damals steckte, wurde die Entwicklung mit Hochdruck vorangetrieben. Doch so neu war die Konstruktion nun auch wieder nicht. Im Prinzip basierte das Aggregat nämlich auf dem von Edward Turner 1937 gebauten "Speed-Twin-Motor". Und so fand man "altbewährte" Technik wieder. Der Motorblock war vertikal geteilt, zwei untenliegende Nockenwellen betätigten über kurze Stößel, Stoßstangen und Kipphebel je zwei Ventile pro Brennraum. Interessant waren die neue Triplex-Primärkette, die Betätigung der drei Amal-Concentric-Vergaser über ein gemeinsames Gestänge und die Auspuffanlage.


Direkt vor dem Zylinderkopf gabelte sich das mittlere Abgasrohr und mündete rechts und links in die seitlichen Krümmer. Diese Krümmerführung bezeichneten die englischen Techniker als "3-in-4-in-2" System. Für die Schalldämpfung sorgte auf jeder Seite ein großvolumiger Endpott "Ray Gun" mit jeweils drei zierlichen Röhrchen - als Erkennungsmerkmal für die Dreizylinder - die pfeifenähnlich nach hinten herausschauen. Zwar waren den englischen Technikern verschiedene neue japanische Motorenkonstruktionen längst bekannt, doch solche Bauweise kam nie und nimmer in Frage. So revolutionär der Dreizylinder auch war, so erzkonservativ war die Ausführung, und bevor er überhaupt auf den Markt kam, war er bereits veraltet.

 

 



"3-in-4-in-2" Auspuffanlage


"Ray Gun" Rohre


Beide Dreizylinder Bikes waren im Grunde genommen absolut baugleich. Damit man sie aber unterscheiden konnte, war der BSA-Motor um 10 Grad nach vorn geneigt, die Triumph-Zylinder standen dagegen kerzengerade. Der Trident-Motor steckte in einem Einrohr-Rahmen, das Rocket-3-Aggregat war in einem Doppelschleifen-Rahmen untergebracht. Auch in der Ausstattung gab es einige Unterschiede. Standen sie nebeneinander, wirkte die Rocket-3 etwas bulliger.
Wie in England üblich, wurde das Triebwerk stilecht per Kickstarter gestartet. 

Fast wie eine königliche Zeremonie mutete die Startprozedur an: Benzinhähne öffnen, Choke schließen, alle drei Vergaser bis zum zum Überlauf fluten, (Greenpeace lässt schön grüßen...) zwei-, dreimal den Kickstarter kräftig hinabtreten und nun erst die Zündung einschalten. War dieses Ritual genau befolgt worden, sprang der Motor problemlos an. Gemäß dem englischen Standard lag der Schalthebel auf der rechten Getriebeseite, der erste Gang wurde nach unten, alle weiteren nach oben geschaltet.



BSA A75R Rocket


Triumph T150V Trident




Zweifellos waren beide echte Über-Bikes. Mit 58 PS und 200 Sachen Spitze gab es nichts schnelleres - bis auf die Honda CB750 Four. Doch der Knaller kam ja offiziell erst 1970 zu uns. Ob die neuen Ladys tatsächlich etwas taugten, wagten deutsche Motorradtester jedoch zu bezweifeln. Nachdem die ersten Triumphs zum Importeur nach Hamburg kamen, organisierte Testchef "Klacks", Ernst Leverkus, von der Fachzeitung "Das Motorrad", Anfang 1969 einen Vollgas-Dauertest von Wien nach Hamburg. Erbarmungslos wurde die Triumph T150 bei Wind und Wetter 1235 km über die Autobahn gejagt. Testfahrer Peter Kalau benötigte für diese Marathonfahrt neun Stunden und 40 Minuten, was einem Schnitt von 130 km/h entspricht! Doch dieser Test verlief keineswegs problemlos. Eine gerissene Antriebskette, die aber sofort durch eine mitgeführte Kette ersetzt wurde, gehörte ebenso zu den "Testschäden" wie die durchvibrierten Nummernschild-, Auspuff- und Schutzblechhalterungen. Auch war nach dieser Tortur die Bereifung restlos abgefahren, die Ersatzkette sowie die vorderen Bremsbeläge erneuerungsbedürftig. Die linke Motorseite war restlos mit Motoröl verschmiert, dafür lief das Triebwerk mechanisch immer noch wie ein Uhrwerk. Mit diesem Ergebnis hatte seinerzeit jedoch keiner gerechnet, denn abgesehen von den "kleinen Defekten" hatte die Trident das Vollgasmarathon auf den deutschen Autobahnen bestanden.

In späteren Vergleichstests mit der BSA Rocket3 wurde beiden Maschinen ein ausgezeichnetes Fahrverhalten bescheinigt und die vordere Duplex-Trommelbremse im höchsten Maße gelobt. Lediglich der Hinterradreifen in der Dimension 4.10H19 war je nach Fahrweise schon nach 1.500 km abgefahren. Zur damaligen Zeit gab es eben noch keinen Pneu, der einer solch hohen Motorleistung gewachsen war.

 

Hektischen Modellwechsel gab es in den späten 60ern nicht. So wurden dann auch Trident und Rocket3 bis 1970 unverändert weiterproduziert. Für das Modelljahr 1971 jedoch mussten sie sich einige Änderungen gefallen lassen. Anstelle der Vollnaben-Duplex-Trommelbremsen im Vorderrad und der Halbnaben-Trommelbremse im Hinterrad sorgten nun vorn eine konische Duplex-Halbnaben-Trommelbremse und hinten eine konische Halbnaben-Trommelbremse für Verzögerung. Die Vorderradführung übernahm jetzt eine verbesserte Telegabel, bei der die Aluminium-Tauchrohre poliert waren. 
Neue Lackierungen und verchromte Scheinwerfer werteten die Maschinen optisch auf. Anstelle der dreizylinder-typischen Endrohre mit den drei "Pfeifenröhrchen" waren "Megaphon"-Schalldämpfer montiert. 

Die BSA erhielt eine neue, abgepolsterte Sitzbank, geänderte Seitendeckel, und auf die Verkleidung am Ölkühler wurde verzichtet. Das Fahrwerk sowie der Motor blieben bei Rocket 3 und Trident unverändert. Aufgrund dieser Modellpflegemaßnahme waren beide "Triples" vom Äußeren bedeutend gefälliger geworden.  

In der beschriebenen Ausführung wurde die BSA Rocket3 in den nächsten zwei Jahren unverändert gebaut, und der Preis betrug gleichbleibend 6.500 Mark. Als im November 1972 die letzte Rocket3 das Werk in Birmingham verließ, dauerte es nur noch wenige Monate, bis einer der ehemals erfolgreichsten englischen Motorradhersteller seine Tore schließen musste.
 




Die Triumph T150 Trident war 1971 etwas günstiger als die BSA und kostete nur 6.250 Mark. Ab `72 erhielt sie ein Fünfganggetriebe, und die Modellbezeichnung änderte sich von T150 auf T150V. Das "V" stand für fünf Gänge, und der Preis betrug für das ansonsten unveränderte Bike 6.450 Mark. Ab dem nachfolgenden Jahr wurde die T150V mit einer neuentwickelten Lockheed-Scheibenbremse mit 254 mm Durchmesser am Vorderrad ausgestattet. Jetzt wurde die Dreizylinder-Triumph für 6.310 Mark verkauft. 


Triumph T160V Trident

Das Jahr 1974 stand für das Triumph-Werk unter einem denkbar ungünstigen Stern. Streikaktionen legten monatelang die Produktion still. Resultat: Nur wenige Maschinen konnten überhaupt ausgeliefert werden. Erst im folgenden Jahr gab es wieder ein Dreizylinder-Modell: die T160V. Sie war ein Zwitter aus BSA und Triumph. Der BSA A 75R Rocket3-Motor war mit Fünfganggetriebe, Linksschaltung und E-Starter ausgestattet. Die Krümmerrohre des mittleren Zylinders teilten sich bei der neuen Anlage wie früher gleich am Zylinderkopf, verliefen dann aber parallel zu den äußeren Zylinderrohren bis unter den Motor, um sich dort in einem Sammler zu treffen. Diese Auspuffanlage war so gemacht, dass man auf den ersten Blick den Eindruck gewinnen konnte, es handele sich um einen Vierzylindermotor. Das auf diese Weise modifizierte Ex-BSA Rocket 3-Triebwerk leistete 60 PS bei 7.250 U/min und wurde in den bekannten T150V-Rahmen gebaut. 
Hochlenker, 22-Liter-Tropfentank und eine gut gepolsterte Sitzbank gaben der Trident das Flair einer Tourensportmaschine. Das 228 kg schwere Motorrad wurde vorn und hinten von einer Lockheed-Scheibenbremse mit 254 mm Durchmesser verzögert. Nur knapp ein dreiviertel Jahr wurde die 6.900 Mark teure T160V gebaut, danach stellte Triumph die Produktion der Trident ein. 



US-Sondermodell: Triumph X75 Hurricane



Café-Racer: Triumph-Métisse mit 860cc-Trident-Motor



Café-Racer: BSA-Métisse mit 750cc-Rocket-Motor



Triumph-Werksrenner

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BSA-Werksrenner


Technische Daten 
Triumph T150V  "Trident"  & BSA A75R "Rocket" 

Motor:
Fahrtwind gekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei untenliegende, über Stirnräder getriebene Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder über Stößel, Stoßstangen und Kipphebel betätigt. Bohrung x Hub 67 x 70 mm, Hubraum 741 ccm, Verdichtung 9,5:1, Leistung 58 PS bei 7250/min. Trockensumpfschmierung 3,5 Liter. Drei Amal-Concentric-Vergaser, Ø 27 mm, Trockenluftfilter. 12 Volt Batteriezündanlage mit drei Unterbrecherkontakten, Lichtmaschine 140 Watt

 



Getriebe: 
Primärantrieb über Triplex-Kette, Einscheiben-Trockenkupplung, Vierganggetriebe, Endantrieb über Einfach-Rollenkette

 

Fahrwerk:
Doppelschleifenrahmen, (T150 Einrohrrahmen) hydraulisch gedämpfte Telegabel, Ø 35 mm Standrohre, Hinterradschwinge mit zwei hydraulisch gedämpften Federbeinen. Vorne Duplex-Vollnaben-Trommelbremse, Ø 200 mm, hinten Simplex-Halbnaben-Trommelbremse, Ø 180 mm. Vorne und hinten Speichen-Räder; Bereifung, vorne 3.25H19 und hinten 4.10H19

 

Abmessungen und Werte: 
Radstand 1480 mm, Gewicht 220 kg, Tankinhalt 19 Liter 

Höchstgeschwindigkeit:
200 km/h


Preis 1968:
Triumph T150V Trident         6300 DM 

BSA A75R Rocket                6300 DM


Text-Archiv: Triumph Klassiker


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