Praxis


Wintertipps fürs Bike

"Good night my love"


In der Regel wird ein Motorrad nur von Frühjahr bis Herbst gefahren.
Im Winter steht es in der Ecke. Damit es die Ruhezeit jedoch gut
übersteht, sollte man den Winterschlaf richtig vorbereiten.

Text&Fotos: Winni Scheibe


M
otorradfahren ist Saisonsport. Keine Frage. Im Herbst wird das gute Stück in die Ecke gestellt und im Frühjahr wieder hervorgeholt. Vielfach erlebt man dann allerdings erst einmal Frust, das Bike kommt nämlich nicht in die Pötte. Die Batterie ist leer, die Reifen platt. Aber auch wenn alles in Ordnung zu sein scheint, will der Motor partout nicht anspringen. Damit dieser ganze Ärger aber nicht passiert, wird das Bike für die Winterpause entsprechend vorbereitet. Eine Arbeit, die jeder selbst erledigen kann und die in einem halben Tag locker getan ist. Zuerst fährt man an eine Tankstelle mit Waschplatz. Denn wer sein Bike in den wohlverdienten Winterschlaf schicken will, sollte es vorher gründlich reinigen. Tankstellen oder Selbstwaschanlagen bieten hierfür die besten Möglichkeiten.



Der Waschplatz ist an einen Ölabscheider angeschlossen, für den Umweltschutz ist so gesorgt. Doch bevor Shampoowasser ans Motorrad kommt, muss der Motor abgekühlt sein. Die Reinigungskur per Hochdruck-Dampfstrahler ist nicht zu empfehlen. Der starke Strahl dringt bis zu Rad-, Steuerkopf- und Schwingenlagern vor. Ein frühzeitiger Verschleiß dieser Lagerstellen ist somit vorprogrammiert. Besonders stark verschmutzte Teile werden vorab mit Motorreiniger eingeweicht und hartnäckige Schmutzstellen mit einer Bürste sauber geschrubbt. Nach dem Abspritzen Kerzenstecker und Schalter mit Druckluft trockenblasen. Kraftstofftanks aus Stahlblech müssen vollgetankt werden, da sonst das Innenblech rosten kann. Abgeblätterte Rostteilchen können später Benzinhahn oder Vergaser verstopfen.

Es wird immer wieder die Frage gestellt "Ölwechsel vor dem Winterschlaf, ja oder nein?" Ist der kostbare Schmierstoff erst die Hälfte des Ölwechselintervalls im Motor, kann er an Ort und Stelle bleiben. Doch nach der ersten kleinen Frühjahrstour muss Ölwechsel gemacht werden. Ist die Hälfte des Ölwechselintervalls überschritten, kann zu einer vorwinterlichen Neubefüllung geraten werden. Neues Motorenöl garantiert 100-prozentigen Korrosionsschutz im Innern des Motors.

 

Anders als bei der regelmäßigen Reifenluftdruckkontrolle wird vor der Winterpause gegenüber dem vorgeschriebenen Luftdruck 0,2 bar 
mehr in die Pneus gepumpt.

 

Auf dem Weg von der Tankstelle zum Winterstellplatz werden die Bremsen trockengefahren. Danach erfolgen die Arbeiten, die man hier erledigen kann. Alle Hebelgelenke, Bowdenzüge und die Antriebskette müssen nach dem Waschen geschmiert werden. Lack-, Chrom- und Aluteile werden poliert und Lackschäden ausgebessert. Auch anstehende Reparaturen lassen sich so gut orten, erledigt werden kann die Instandsetzung in den Wintermonaten.



U
m bei Viertakt-Motoren ein Festrosten der Ein- und Auslassventile zu verhindern, werden die Zündkerzen herausgeschraubt und Konservierungsöl in die Brennräume gespritzt. Damit sich das Öl gleichmäßig verteilen kann, sollte man per Kick- oder E-Starter den Motor einige Kurbelwellenumdrehungen drehen lassen, erst danach werden die Zündkerzen wieder eingeschraubt.

 

 

Der Benzinhahn wird geschlossen und der Sprit aus den Vergaser-Schwimmerkammern restlos in einen Auffangbehälter abgelassen. Das ist wichtiger, als man sich zunächst vorzustellen vermag. Im Laufe der Zeit verflüchtigt nämlich der Kraftstoff und zurück bleibt eine pulverige Ablagerung. Im schlimmsten Fall werden diese Rückstände hart wie Zement und verstopfen im Vergaser Kanäle und Düsenbohrungen. Diese "Verkalkung" ist im Frühjahr dafür verantwortlich, wenn der Motor nicht anspringen will oder schlecht läuft. Wer vor diesem Problem steht, hat im Prinzip nur eine Möglichkeit, die Sache wieder in den Griff zu bekommen. Die Vergaser werden abmontiert, zerlegt und über Nacht in eine spezielle Vergaser-Reinigungsflüssigkeit gelegt. Dieses Wundermittel gibt es zum Beispiel von Yamaha, es kostet allerdings rund 50 Euro. Dafür sind die Vergaser nach dem Bad nicht nur restlos von den Ablagerungen befreit, sondern auch noch blitzblank sauber.

Doch zurück zur Wintervorbereitung.
Die Batterie wird ausgebaut. Bevor sie
an einen sicheren und trockenen Platz gestellt wird, Säurestand überprüfen, eventuell mit destilliertem Wasser auffüllen und volladen. Über den Winter ist gelegentliches Nachladen zu empfehlen. Moderne, wartungsfreie Batterien benötigen nicht so eine Zuwendung, trockene Lagerung und alle sechs bis
acht Wochen Nachladen genügt. Als vorletzte Arbeit wird das Nummernschild abgeschraubt, wer eine Saisonzulassung hat, braucht das natürlich nicht. Um das Fahrzeug jedoch abzumelden, wird außer Kfz-Brief und Zulassungsschein auch das besagte "Kuchenblech" benötigt.



S
teht das Motorrad nun auf dem Ruheplatz, wird es so hochgebockt, dass Vorder- und Hinterrad frei stehen. Ein Plattdrücken der Reifen lässt sich so vermeiden. Mit Pflegeöl wird das ganze Fahrzeug eingenebelt. So gut konserviert, verschwindet die Maschine unter der Abdeckplane.

 

 

Wem diese Aktion jedoch "too much" ist, kann bei seiner Haus- und Hofwerkstatt nachfragen, ob ein sogenannter "Winterservice" angeboten wird. Neben der fachgerechten Winterunterbringung bieten die Werkstätten für diesen Zeitspann vielfach günstige Inspektion an, dazu lassen sich stressfrei kleine und große Reparaturen durchführen, und ebenfalls empfehlenswert sind für diese Zeit An- oder Umbauten.
Z
u guter Letzt noch einige Tipps zur Versicherung. Ein Motorrad mit einem neuen Versicherungsvertrag, der noch keinen Schadenfreiheitsrabatt hat, sollte erst nach sechs Monaten Laufzeit innerhalb eines Kalenderjahres abgemeldet werden. Nur so kommt man im nächsten Jahr in die nächst günstigere Schadenfreiheitsklasse.

Wird das Motorrad abgemeldet, bekommt der Fahrzeughalter eine Abmeldebescheinigung. Diese Bescheinigung muss unbedingt aufbewahrt werden, da sie für die Wiederzulassung benötigt wird. Es empfiehlt sich, auch die Versicherungsgesellschaft von der vorübergehenden Stillegung zu informieren (Kopie der Abmeldebescheinigung einsenden). Viele Kfz-Zulassungsstellen erledigen dies zwar direkt mit den Versicherungen innerhalb Deutschlands, doch es kann durchaus passieren, dass aus "unerklärlichen Gründen" der Ablauf sehr lange dauert oder dass sogar Daten fehlgeleitet werden.
Der Versicherungsvertrag wird "ruhig gestellt". Eine über den Abmeldetag hinaus gezahlte Prämie geht allerdings nicht verloren. Sie wird bei einer Wiederanmeldung oder Zulassung eines anderen Fahrzeugs verrechnet. Während des "Winterschlafs" gewährt die Versicherung für sechs Monate prämienfrei eine Ruheversicherung, jedoch nur, wenn die Maschine bisher teilkaskoversichert war und das Fahrzeug abgeschlossen und in einem ebenfalls verschlossenen Raum abgestellt ist.

Hat die Versicherung im laufenden Jahr einen Haftpflichtschaden reguliert, ist es sinnvoll, durchzurechnen, ob es sich lohnt, den Schaden zurückzuzahlen. Es kann nämlich sein, dass der Entschädigungsbetrag geringer ist als der Mehrbetrag, der durch Rabattrückstufung in Zukunft gezahlt werden müsste. Wie auch immer, eine Nachfrage kann sich bei der Versicherungsgesellschaft allemal lohnen. Und wenn man schon im Versicherungsbüro sitzt, sollte man sich gleich nach den neuen Versicherungstarifen (es gibt zum Beispiel Regional- und Typklassen für Motorräder und Roller mit Bonus für ältere Fahrer) erkundigen. Auch sollte man sich nicht davor scheuen bei anderen Versicherungen Vergleichsangebote einzuholen.


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