Museen |
"Erb-Gut"
Text: Winni
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Eigentlich dürfte es die Honda Erfolgsgeschichte gar nicht geben. In Japan zählt nämlich Teamgeist. Entscheidungen werden im Kollektiv getroffen, Individualismus ist verpönt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Soichiro Honda aber ganz egal. Er setzte seinen Kopf durch und bastelte Mopeds zusammen. Zunächst als "Ein-Mann-Betrieb" in einer kleinen Holzbaracke, aber schon bald expandierte seine Firma zum Mittelstandsunternehmen. Mit pfiffigen Ideen revolutionierte der clevere Techniker die Motorradtechnik. Er brachte ständig etwas Neues auf den Markt, obendrein engagierte er sich mit Leib und Seele im Rennsport. Die Motorradmarke Honda kannte bald jedes Kind. In Japan jedenfalls. Soichiro Honda dachte allerdings viel weiter. Weltweit wollte er seine Maschinen verkaufen, doch davor musste zunächst kräftig die Werbetrommel gerührt werden. Um die Qualität seiner Motorräder unter Beweis zu stellen, beschloss der Firmenboss in den Grand-Prix-Rennsport einzusteigen. Aber noch etwas war Soichiro Honda dabei wichtig. Nach dem verlorenen Krieg würden sich die Rennerfolge als Motivation und Ansporn auch auf die Firmenbelegschaft positiv auswirken. |
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Das war im Frühjahr 1952! Bis es allerdings so weit war und die ersten Lorbeerkränze errungen wurden, vergingen noch gut acht Jahre. Doch dann ging es Schlag auf Schlag. Von 1961 bis zu einem vorläufigen Rückzug aus dem GP-Sport Ende 1967 holte Honda insgesamt 16 WM-Titel. |
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Vielfach wird bei uns den Japanern allerdings unterstellt, sie seien nur auf das Neueste vom Neuesten scharf. Was gestern war, interessiere sie nicht. Betrachtet man die ständige Modellflut, scheint dieses Klischee auch zuzutreffen, doch das stimmt so nicht. Bestes Beispiel hierfür ist der Honda Twin Ring Motegi, etwa 120 Kilometer nördlich von Tokio gelegen. Pünktlich zum 50. Geburtstag der Honda Motor Company hat der weltgrößte Motorradhersteller 1998 diese gigantische Erlebniswelt mit verschiedenen Rennstrecken, Campingplätzen, Hotel und einem respektablen Werks-Museum, der "Honda Collection Hall", eröffnet. |
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Im dreistöckigen Kultur-Palast ist fast alles, was das Werk in seiner Firmengeschichte gebaut hat, zu sehen. Den rechten Teil hat man den Honda Autos gewidmet, links stehen die Motorräder. Aber nicht nur von Honda, auch top restaurierte Motorräder aus der "restlichen Welt" und vorrangig Deutschland hat man einen gebührenden Platz eingeräumt. Und das hat seine Gründe. Genau wie Deutschland lag Japan nach dem Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche und ähnlich schnell kam der Wiederaufbau in die Gänge. Damit die Bevölkerung jedoch pflichtbewusst Produkte "made in Japan" kaufte, hatte die Regierung in Tokio zum Schutz der eigenen Wirtschaft strikte Importbestimmungen erlassen. Jedoch mit einer Ausnahme: Benötigte ein heimischer Hersteller für "Studienzwecke" ein ausländisches Modell, war das zuständige Ministerium sehr behilflich. |
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Honda-san ging sogar noch einen Schritt weiter. Für den Ausbau der Produktionsanlagen unternahm er Anfang der 50er Jahre eine Geschäftsreise nach Europa. Bei dieser "Shopping Tour" kaufte er für über eine Million US-Dollar hochmoderne Fertigungsmaschinen. Auch ließ sich der Jungunternehmer die Gelegenheit nicht entgehen, verschiedene Motorradwerke zu besuchen, um sich dabei die technischen Finessen bis ins kleinste Detail erklären zu lassen. Besonders beeindruckt war Honda-san vom NSU-Werk in Neckarsulm, dem NSU-Rennstall und den hochtourigen dohc-Rennmotoren des damals weltgrößten Zweiradproduzenten. |
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Und so darf es dann auch nicht weiter wundern, dass die 90er BenlyJ von 1953 der NSU Fox sehr ähnlich sah. Auch die ersten Honda Einzylinder-Viertaktmaschinen von 1955, die 250er Dream SA und 350er Dream SB, lassen Erinnerungen an die berühmte Horex Regina wach werden. |
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Vom "Abkupfern" oder "Nachbauen" konnte bei Honda aber schon bald keine Rede mehr sein. Die erste 250er Zweizylinder-Straßenmaschine Dream C70 hatte 1957 kaum noch eine Ähnlichkeit mit bekannten Maschinen aus dem fernen Europa. Der ohc-Parallel-Twin leistete 18 PS bei 7400/min, das Motorgehäuse war horizontal geteilt. Diese Konstruktion sollte Vorreiter vieler weiterer 125er, 250er sowie 305er Honda-Modelle werden. Alles, was danach kommen sollte, prägte den Begriff: "japanischer Standard", was gleichzeitig auch zum Gütesiegel wurde. |
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Die Idee für ein Werksmuseum gab es bei Honda schon lange. Bereits Mitte der siebziger Jahre begann man in Japan, aber auch weltweit, Motorräder aus den verschiedenen Modellgenerationen zurückzukaufen. Zunächst hortete man die zum Teil arg ramponierten Maschinen im Keller der Bowling-Halle im Honda-eigenen Vergnügungspark gleich neben der bekannten Suzuka-Rennstrecke, die ebenfalls zum Honda-Imperium gehört. Genaue Pläne für ein Museum gab es damals allerdings noch nicht, dafür begann man aber mit der Restauration. Alle Maschinen, ganz gleich ob Moped, Straßenmotorrad, Enduro, GP-Renner oder Moto Crosser wurden optisch und technisch picobello überholt, so perfekt, als rollten sie eben taufrisch vom Fließband. Konkrete Planungen für das Werksmuseum "Honda Collection Hall" fasste man Anfang der neunziger Jahre, als die Entscheidung für das neue Honda Motorsport-Zentrum "Twin Ring Motegi" getroffen wurde. |
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Stände das Museum nicht im fernen Japan, läge der Versuch nahe, jedem Motorradfan diese Ausstellung als "Geheimtipp" zu verraten. Weltweit gibt es nichts Vergleichbares. Das Besondere ist allerdings auch die Zusammenstellung der Fahrzeuge. Honda war es ganz offensichtlich wichtig, nicht nur die eigenen Maschinen ins rechte Licht zu rücken, mit schmucken Motorrädern von Mitbewerbern ermöglicht man den Besuchern eine Zeitreise in die Motorradgeschichte. Und die beginnt mit einem originalgetreuen Nachbau von Gottlieb Daimlers "Reitwagen" aus dem Jahr 1885. Im großzügigen Zeitsprung geht es dann 1946 mit der ersten 50 ccm Honda weiter. |
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