Motorrad-Marken |
Kawasaki 250 KR-1S
Modelljahr 1990
"Immergrün"
Zum letzten Mal ist Toni Mang 1980 mit einer 25Oer Kawasaki
GP-Rennmaschine über die Nordschleife des Nürburgrings gedüst.
Zehn Jahre später frischt der Multiweltmeister mit der neuen
Straßenmaschine Kawasaki 250 KR-1S seine Erinnerungen auf.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Tina Bastian, Winni Scheibe, Roland Senff |

Toni Mang mit der Kawasaki KR-1S auf der
legendären Nordschleife des Nürburgrings
|
Das hatte die Welt noch nicht erlebt: Über 100.000
Schlachtenbummler verfolgten am 24. August 1980 mit größter Spannung den
letzten Lauf zur Straßenweltmeisterschaft auf der legendären Nordschleife
des Nürburgringes. In der 250er-Klasse kann Toni Mang auf seiner Kawasaki
getrost als Dritter über die Ziellinie rollen, den Weltmeistertitel hat er
sicher in der Tasche.
Bei den 350ern dagegen steht der Kawasaki-Fahrer mit Jon Ekerold aus
Südafrika punktgleich. Wer von den beiden Schräglagenkünstlern als Erster
ins Ziel kommt, ist der Weltmeister. Fünfmal muss die 22,83 Kilometer
lange Nordschleife, von vielen geliebt, von manchen als "Grüne Hölle"
gefürchtet, umrundet werden.
Das Rennen wird zum Höhepunkt des Tages. In ständigem Positionswechsel
kämpfen die Streithähne bis zum letzten Meter um die Führung. Mit nur 1,25
Sekunden Vorsprung kann Yamaha-Pilot Jon Ekerold das Match gewinnen, und
Toni Mang wird "nur" Vize-Weltmeister. Das Rennen geht in die Geschichte
ein, nicht nur wegen dieses packenden Zweikampfes, sondern weil es der
letzte Motorrad-Grand Prix auf der Nordschleife war.
|
Die giftgrüne Kawasaki steht im Fokus der Bewunderung
Da sind nicht nur die Fans gespannt:
Auf dem Nürburgring will Toni Mang prüfen, wie sich die
KR-1S
im Vergleich zu seiner alten 250er GP-Rennmaschine fährt

Marc Verhegghe, Winni Scheibe, Toni Mang
(Foto: Tina Bastian)
|
Es ist der 25. Mai 1990, und entgegen allen
Befürchtungen scheint die Sonne in der Eifel. Die Nordschleife zeigt sich
von ihrer besten Seite. Von einem unscheinbaren Trailer wird ein
giftgrünes japanisches Motorrad abgeladen. Kaum einer schenkt den Akteuren
Beachtung, bis ein Raunen durch die Menge geht. Irgend jemand hat den
Piloten in der Dainese-Lederkombi erkannt, "Das ist doch der
Toni Mang". Sofort sind die Mannen, die sich mit der kleinen 250er
Kawasaki KR-1S beschäftigen, umlagert. Fragen prasseln auf sie ein, und
Toni schreibt wie einst Autogramme.
|

Toni Mang und Marc Verhegghe
(Foto: Tina Bastian)
|
Inzwischen hat mein belgischer Freund Marc Verhegghe
aus Gent den Zweitakt-Renner artgerecht angeschoben und bringt mit
gleichmäßigen Gasstößen das flüssigkeitsgekühlte Zweitaktaggregat auf
Temperatur. Nach einigen Minuten steht die Zeigernadel im ersten Drittel
des Anzeigefeldes und er dreht den Zündschlüssel auf "off". Jetzt
übergibt er das grüne Sportbike an den fünffachen Weltmeister. "Genau wie
eine echte Rennmaschine muss man sie anschieben", erläutert Marc, "aber
der erste Gang liegt wie bei jedem Standardmotorrad unten, und alle
weiteren fünf Gänge werden nach oben geschaltet."
|

Schiebestart wie bei einer echten Rennmaschine
(Foto: Tina Bastian)
|
Weitere Erklärungen sind für den Profi nicht
erforderlich. Tief in die Verkleidungen gekauert im original "Toni-Mang-Stil",
biegt der Champion mit Schwung in die Hatzenbachkurve. Nach Sekunden ist von dem schrillen Zweitaktgeräusch nichts mehr zu hören, es
wird still. Wir nehmen keine Rundenzeit, regelmäßig alle knapp zehn
Minuten schießt das Duo vorbei. Erst nachdem der Sprithahn auf Reserve
gestellt werden muss, beendet Toni Mang seine Testfahrt. Leicht verschwitzt
nimmt er seinen Boeri-Helm ab und grinst.
"Da kommen ja tolle Erinnerungen auf", sind seine ersten Worte nach
dem Ausflug.
Und schon sind wir mitten in der Fachsimpelei. "Kann man die KR-1S
überhaupt mit der damaligen Kawasaki-Rennmaschine vergleichen?", möchte
Marc vom Ex-Weltmeister wissen. "Sicher", und Toni plaudert aus dem
Nähkästchen: "Damals war der Sepp mein Mechaniker, Sepp Schlögel ist heute Cheftechniker
im HB-Team von Reinhold Roth. Ich kann die Stunden gar
nicht aufzählen, die wir über dem Kawa Tandem-Rennmotor gesessen haben; um alle
möglichen Feinabstimmungen auszuprobieren. Nach jeder Änderung haben wir
den Motor auf unseren Prüfstand geschraubt und die Leistung gemessen.
Heute kann ich es ja sagen, unser Triebwerk leistete etwas über 64 PS, das war 1980 eine Menge Power in der 250er-Klasse. Aber auch am
Fahrwerk haben wir viel geändert, Gabel und Hinterradfederung mussten auf
meinen Fahrstil abgestimmt werden. Mit 96 kg war sie wohl damals eine der
leichtesten 250er Rennmaschinen. Das zeigte sich natürlich spürbar in der Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit. Spitze lief sie gut 250
km/h, schnell genug, um allen davonzufahren."
|

Kawasaki-Werksrennmaschine KR250
( Foto: Senff)

Toni Mang ist
mit fünf WM-Titeln der erfolgreichste Solo-GP-Rennfahrer Deutschlands
1980 250er Weltmeister auf Kawasaki
1980 350er Vize-Weltmeister auf Kawasaki
1981 250er Weltmeister auf Kawasaki
1981 350er Weltmeister auf Kawasaki
1982 250er Vize-Weltmeister auf Kawasaki
1982 350er Weltmeister auf Kawasaki
1985 250er Vize-Weltmeister auf Honda
1987 250er Weltmeister auf Honda
42 Grand-Prix Siege |
|
Beeindruckt
von der KR-1S lässt der sympathische Champion wissen. "Hätte mir damals jemand gesagt, dass es
1990 für den Straßenverkehr ein rennmaschinenähnliches Motorrad zu kaufen
gibt, ich hätte es kaum geglaubt. Es ist schon toll, was die
Kawasaki-Ingenieure mit der KR-1S da auf die Räder gestellt haben. Gleich
nach den ersten Kurven habe ich mich auf dem Motorradel sauwohl gefühlt.
Da passt alles: Motor- und Getriebeabstimmung, die Auslegung der Bremsen, aber auch die
Sitzposition. Wer will, der kann sogar mit ihr bummeln. Doch wenn die Drehzahlmessernadel in jedem Gang nur noch
zwischen 8000 und 12.000 Umdrehungen pendelt, hat die KR-1S schon verdammt
viel Ähnlichkeit mit meiner damaligen Rennmaschine. Um richtig schnell zu
fahren, muss man knallhart mit ihr umgehen. In diesem Tempobereich stimmt
alles, das Fahrwerk und die Bremsanlage sind voll renntauglich. Schade,
dass der Tank jetzt leer ist. Aber es ist auch gut so, sonst komme ich
womöglich wieder auf den Geschmack."
Wir bedanken uns bei Toni Mang, der nun wieder
seinem eigentlichen Job nachkommen kann.
Als Co-Kommentator neben Klaus Gabrysch von der ARD berichtet Toni Mang an
diesem
Wochenende von dem WM-Lauf, der auf der GP-Strecke vom Nürburgring
stattfindet.
|

Danke und Tschüß bis zum nächsten Mal
(Foto: Tina Bastian)
|
Im deutschen Kawasaki-Prospekt gibt es die KR-1S nicht
|
 |

Startfertig für den belgischen Kawasaki
KR-1S-Cup |
Aufgrund der strengen Abgas- und
Geräuschbestimmungen schafft der agile Straßenflitzer die Zulassungshürde
bei uns nicht. Dafür wird das Rennerle im benachbarten Ausland angeboten. In
England, Holland, Frankreich und Belgien findet sogar ein KR-1S-Cup statt.
Für die Teilnahme an der belgischen Rennserie hat sich Marc die KR-1S gekauft. Nach
800 Einfahrkilometern auf der Landstraße wurde sie dann für den
Renneinsatz umgebaut. Gemäß des Reglements schraubte Marc die vordere
Beleuchtungseinheit, Blinkanlage, Tacho, Rücklichthalterung, Kettenschutz
und Ständer ab. Für einen sicheren Stand sorgt nun ein selbstgebauter
Schnellständer. Die Verkleidung, vordere Radabdeckung und Sitzbank
tauschte er gegen preisgünstigere, aber optisch gleich aussehende und
lackierte Teile aus dem Zubehörhandel aus. Im Falle eines Ausrutschers
brauchen nun nicht mehr die teuren Originalteile gekauft zu werden, was
dem Rennbudget sehr entgegen kommt.
Jegliche Tuningarbeiten am Motor und Fahrwerk sind streng untersagt. Nur
die Ölpumpe darf ausgebaut werden. Das Triebwerk wird jetzt über ein
Mischungsverhältnis von 1:50 mit Castrol A 757 Rennzweitaktöl geschmiert.
Je nach Rennstrecke darf noch die Endübersetzung geändert werden, und für
diesen Fall stehen vorne Ritzel mit 13, 14 oder 15 Zähnen und hinten fünf
Kettenräder mit 40 bis 44 Zähnen zur Verfügung. Nach den Umbauarbeiten
bringt die KR-1S genau 124 Kilogramm auf die Waage.
Ursprünglich war mit der Sportmaschine eine ausführliche Testtour von Gent
an die Nordsee geplant. Doch wie die Kawa nun da stand, gehörte sie
eigentlich nur noch auf die Rennstrecke. Außerdem darf auf belgischen
Landstraßen eh nur 90 km/h und auf der Autobahn maximal 120 km/h gefahren
werden. Ein Harley-Test mag bei diesem Tempo möglich sein, doch die KR-1S? Brrrr...
|
Testfahrt
"Complexe
Motocycliste, La Montagne de Fer" in Frankreich

|
Aus diesem Grund verstauen wir neben der Kawa alle
erforderlichen Utensilien im Anhänger und fahren etwa 80 Kilometer von
Gent entfernt auf eine Teststrecke nach Frankreich. Gleich hinter der
belgisch/französischen Grenze in der Nähe von .Lille liegt die Strecke "Complexe
Motocycliste, La Montagne de Fer". Für diese Trainingsstrecke besitzt Marc
ein Jahres-Abo, das nur 400 Francs (etwa 120 Mark) kostet. So kann er
jederzeit auf diesem vielseitigen Parcours trainieren.
Ich staune nicht schlecht. Gleich vorne auf einer Mini Cross-Strecke toben
Dreikäsehochs mit Yamaha-Minibikes herum. Dahinter auf der Asphaltstrecke
erklärt ein Instruktor jugendlichen Mofapiloten die Ideallinie. Keines der
Mofas, wie könnte es in Frankreich auch anders sein, ist serienmäßig.
Sogar die Motorleistung, was Auge und Ohr deutlich wahrnehmen können,
liegen
bei einigen wesentlich über dem Standardwert. Ohne Zweifel, der Lehrgang
macht allen Beteiligten riesigen Spaß. Unterrichtet werden die jungen Akteure von Polizisten, denn die Trainingsstätte mit Rennstreckencharakter und einem
separaten Offroad-Kurs ist ein Verkehrsübungsplatz, den die französische
Polizei betreut!
|

|
Saubere Renntechnik in Serienfertigung
Die Kawasaki KR-1S zeigt, was die Japaner in punkto Serienfertigung
derzeit auf der Pfanne haben. War es bis vor gar nicht allzu langer Zeit
noch
üblich, unter der Schale minderwertiges Material zu verbauen,
so bringt
die kleine 250er auch in versteckten Ecken edle Technik.
Und
vielleicht
kommt diese Perle zur IFMA ja doch offiziell zu uns auf den Markt

Test-Team
Winni Scheibe und Marc Verhegghe
(Foto: Tina Bastian)
 |
Da wir erst am Nachmittag auf die
etwa 2500 Meter lange Übungsstrecke dürfen, nutzen wir die Zeit, um die
Fotos von der Maschine mit und ohne Verkleidung zu schießen. Mit wenigen
Handgriffen ist der Renner entblättert. Alle Bauteile rund um den
E-Box-Aluminium-Rahmen machen einen soliden Eindruck. Die Telegabel hat 41 mm
dicke Standrohre und die Federbasis lässt sich stufenlos einstellen. Zwei gelochte Bremsscheiben mit 300 mm Durchmesser am Vorderrad werden von Tokico-Vierkolben-Bremszangen in die Mache genommen und versprechen allein
vom Ansehen enorme Verzögerungswerte. Da überwiegend nur noch mit der
Vorderradbremse verzögert wird, genügt am Hinterrad eine Bremsscheibe mit
220 mm Durchesser.
|
|
Eine Augenweide sind die Aluräder mit hohlgegossenen Naben, auf die breite Dunlop Sportmax-Radialreifen,
vorne 110/70 R17 und hinten 140/60 R18, montiert sind. Noch vor ein paar
Jahren waren solche Schlappen das Standardmaß für ein Superbike.
|

|
Etwas verloren wirkt der Zweitakt-Twin im silber-lackierten Chassis. Dabei hat es
das Triebwerk
faustdick hinter den Ohren. Aus den 248 ccm Hubraum kommen stolze 60 PS bei
10.500/min. Damit die Leistung auch bei heißem Motor nach einer langen
Vollgasfahrt erhalten bleibt, sind Zylinderköpfe und Zylinder
flüssigkeitsgekühlt.
Für die Gemischaufbereitung sorgen zwei Keihin-Schiebervergaser mit 28 mm
Durchlass, und via Membraneinlass
gelangt
das zündfähige Gemisch direkt ins Kurbelgehäuse. Über das KIPS (Kawasaki-Integral-Power-System) wird
die Charakteristik des Zweitaktmotors zusätzlich beeinflusst. Ein drehzahlabhängiger Servomotor steuert ein aufwendig
angelegtes Gestänge, das auf beiden Zylinderköpfen gelagert ist und
jeweils zwei Walzen pro Zylinder betätigt. Im unteren Drehzahlbereich
öffnet die äußere Walze den Kanal zu der neben
dem Zylinder angeflanschten
Resonanzkammer. Jetzt vergrößert sich für die ausströmenden Abgase das
Expansionsvolumen, was den Drehmomentverlauf verbessert.
|
 |
Steigen die Motordrehzahlen,
schließt die Walze den Kanal zur Resonanzkammer, und die zweite Walze
öffnet einen zusätzlichen Auslasskanal, um die Leistung im oberen
Drehzahlbereich zu erhöhen.
Sehr filigran verlaufen die
Auspuffkrümmer im geschlungenen Halbkreis unter dem Motor, führen
dann weiter nach hinten in die Schalldämpfer-Endrohre, die fast 45 Grad
nach oben zeigen. Spätestens hier wird bewusst, dass es sich um ein
Hochleistungsaggregat handeln muss, denn so eine Auspuffanlage könnte auch
an jeder Werksmaschine verbaut sein. Um die Motorvibrationen zu begrenzen,
haben die Kawa-Techniker dem Triebwerk eine vor die Kurbelwelle platzierte
Ausgleichswelle spendiert. Wartungsfrei wird der Vibrationsminderer über
Zahnräder angetrieben. Den korrekten Zündfunken gewährleistet die
kontaktlose CDI-Anlage, für den Renneinsatz sind NGK BR1OES-Zündkerzen
eingeschraubt.
|

Setup einstellen
(Foto: Tina Bastian)
|
Nachdem wir alle Fotos im Kasten
haben, ist das Motorrad mit wenigen Handgriffen wieder zusammengeschraubt. Doch bevor es mit
der Testfahrt losgeht, überprüfen wir noch den Reifenluftdruck, vorne 2,2
und hinten 2,5 bar. Die Vordergabel kann nur
über die Federvorspannung abgestimmt werden, dagegen lässt sich das Unitrak-Federbein über die Federvorspannung und zusätzlich per 20fach
einstellbarer Dämpferdruckstufe und vierfach einstellbarer
Dämpferzugstufe abstimmen. Mit besetztem Pilot (wir wiegen beide in der
Rennmontur etwa 70 kg) taucht die Vordergabel genau 35 mm ein, was bei
einem Federweg von 130 mm 27 Prozent Negativfederweg entspricht. Ein Wert,
den wir erst einmal unverändert lassen. Dafür muss die Federvorspannung hinten zurückgenommen werden, da das
Heck nur minimal in die Feder sackt. Nur sehr umständlich lässt sich die
Verstellmutter am Federbein erreichen und schweißtreibend drehen wir die Mutter
solange zurück, bis das Fahrzeugheck 30 mm eintaucht. Bei 105 mm Federweg
resultiert aus diesem Wert 28,6 Prozent Negativfederweg. Die
Dämpferdruckstufe wird auf die Position "soft" und die Dämpferzugstufe auf
die zweite Rastung in Richtung "straff" eingestellt.
|

Rennstreckentest mit der Kawasaki KR-1S
(Foto: Tina Bastian)
|
Nach dieser Pflichtübung schlüpfe ich in mein
Ledergewand und schiebe die Kawa an. Auch ohne Choke springt das Triebwerk
nach zwei Schritten sofort an und hängt richtig bissig am Gas. Die
Sitzposition ist längst nicht so extrem sportlich, wie ich es erwartet
hatte. Bedingt durch die relativ hoch angeschraubten Stummellenker hockt
man fast aufrecht auf der 250er. Offensichtlich ein Zugeständnis
für den Alltagsbetrieb, denn schließlich soll man ja mit der KR-1S auch
auf normalen Landstraßen fahren können.
|

|
Wie tourenmäßig sich die kleine Kawa bewegen lässt, kann ich auf der Besichtigungsrunde festhalten. Schon ab
2000/min zieht das Triebwerk die Fuhre vorwärts und zeigt, dass auch im
mittleren Drehzahlbereich für diese Gangart genügend Leistung vorhanden
ist. Selbst schaltfaules Fahren nimmt der Sportflitzer dem Tester nicht
übel.
Doch das ist nicht die Welt für das
Rennerle. Das Triebwerk lechzt gerade zu nach Drehzahl und fühlt sich dann zwischen
8000 und 12.000 Touren in seinem Element. Auf Grund der Ausgleichswelle
arbeitet das Aggregat ohne nervige Vibrationen und die
Drehzahlmessernadel muss gut im Auge behalten werden, damit rechtzeitig in
den nächsten Gang hoch geschaltet wird. Die Schaltwege sind sehr kurz, die
Kupplung lässt sich tadellos bedienen. So wie sich das Triebwerk nun zeigt,
verlangt es dem Piloten eine rennsportliche Fahrweise ab. Die Bremspunkte
verlagern sich immer weiter Richtung Kurvenanfang und vorbei ist es mit dem
"Knie am Tank"-Fahrstil. Ohne Gegenverkehr auf der Ideallinie wird die gesamte
Fahrbahnbreite
genutzt.
Erst jetzt zeigt sich, wie anspruchsvoll die französische Trainingsstrecke
wirklich ist. Schnelle Kurven wechseln sich mit Ecken ab, die sich zum Ende
mal öffnen oder auch gemein zuziehen. Erstaunlich, wie leicht sich die
250er Kawa in den
kniffligen Passagen dirigieren lässt. Absolut zielgenau fährt sie genau dahin,
wohin der Pilot sie haben will. Selbst aus Topspeed nach der etwa 600
Meter langen Start/Ziel-Geraden genügen zwei Finger am Bremshebel, um mit
der Vorderradbremse Verzögerungswerte zu erreichen, dass das Hinterrad
abhebt. Auch Bremsaktionen in Schräglage nimmt sie nicht übel, sauber
bleibt der Cup-Racer in der Spur und das gefürchtete Aufstellmoment des
Vorderreifens bleibt fast aus. Die Kombination zwischen dem 17
Zoll-Vorderreifen und 18 Zoll-Hinterrad ist bestens geglückt. Nie kommt ein
Gefühl von Unsicherheit auf. Fahrwerk, Bereifung und Bremsanlage sind dem
Triebwerk eher überlegen.
|


|
Fazit
|
Selbst nach zig Runden auf dem französischen Übungsplatz oder den
Testfahrten auf dem Nürburgring kam ich mit der leichten 250er Kawa nie in
eine Situation, wo ich sagen konnte: das war aber knapp oder das ist ja
noch einmal gut gegangen. Nie hatte ich das Gefühl, das Motorrad fährt mit
mir. Sondern ich bestimmte immer, wo es lang geht. Was man bei einer
1000er nicht immer behaupten kann. Und hier liegt auch der eigentliche
Spaß am schnellen Motorradfahren verborgen, wenn man ganz ehrlich ist. Nur
ein Haar gibt es in der Suppe: Die agilen
Zweitakter-Straßensportflitzer sterben aus und wer hat schon vor seiner
Haustür eine Rennstrecke ohne Gegenverkehr?
|
Kawasaki KR-1S
Modelljahr 1990
 |
Motor:
Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Zweitakt-Reihenmotor mit
Membraneinlass direkt
in das Kurbelgehäuse, KIPS (Kawasaki-Integral-Power-System)
drehzahlabhängiges Auslasssystem. Eine Ausgleichswelle zur
Vibrationsminderung vor der Kurbelwelle platziert.
60 PS (44 kW) bei 10.500/min; maximales Drehmoment 40 Nm (4,0 mkp) bei
10.500/min. Bohrung x Hub 56 x 50,6 mm, Hubraum 240 ccm,
Verdichtung 7,4.
Zwei Keihin PWK 28-Schiebervergaser, 28 mm, mit Trockenluftfilter.
Gemischschmierung 1:50 Castrol A747 , Rennzweitaktöl (für den
Renneinsatz läuft
das Triebwerk ohne Ölpumpe), Kickstarter, im Renneinsatz
ohne.
Kontaktlose CDI-Zündung, Zündkerze NGK BR 10ES, Batterie 12 Volt/4 Ah
Kraftübertragung
Primärantrieb über Stirnräder 2,541. Seilzugbetätigte
Mehrscheibenkupplung im Ölbad. Klauengeschaltetes Sechsganggetriebe,
Gangstufen 2, 533;1,727,
1,315; 1,086; 0,962; 0;862. Sekundärantrieb, über AFAM-Rollenkette 5/8 x
1/4. Übersetzung je nach Rennstrecke und Einsatzzweck: vorne 13, 14 und
15er Ritzel, hinten Kettenrad von 40 bis 44 Zähnen
Fahrwerk
Aluminium "E-Box-Frame", Rechteckprofil 120 x 30 mm. Telegabel,
Standrohrdurchmesser 41 im, Federbasis stufenlos einstellbar, Federweg 130
mm. Aluminium-Rechteckprofil-Schwinge 10 x 35 mm, Unitrak-Federbein,
Federbasis stufenlos einstellbar, Dämpferzugstufe vierfach und
Dämpferdruckstufe 20fach einstellbar, Federweg 105 mm.
Vorne Doppelscheibenbremse, 300 mm, Tokico-Vierkolben-Bremszange mit
unterschiedlich großen Kolben, hinten Scheibenbremse, 220 mm,
Zweikolben-Schwimmsattel-Bremszange, hydraulisch betätigt.
Radstand 1380 mm, Nachlauf 93 mm,
Nachlaufwinkel 66 Grad, Lenkerhöhe 850 mm,
Lenkerbreite 590 mm, Sitzbankhöhe 760 mm. Gewicht 124 kg, vorn 61 kg,
hinten 63 kg, Tankinhalt 16 Liter
Ausstattung
Zweiteilige Rennverkleidung und Einmann-Rennhöcker (GFK), Cockpit mit
Drehzahlmesser und Temperaturanzeige
Höchstgeschwindigkeit
210 km/h
Preis
umgerechnet etwa 9000 Mark
PS: Dieser Bericht stammt aus der Zeit, als die DM noch gängige
Währung war |