Motorrad-Marken

Kawasaki Z750 Twin


"Heavy Metal"

"Stärker, schneller und besser als alle anderen",
Kawasakis Ruf war bekannt. Ein traditioneller Zweizylinder
hatte in dieser Firmenphilosophie eigentlich nichts zu suchen. Trotzdem, Ende 1975 stellte das Werk die Z750 vor.
Die Strafe folgte auf dem Fuß, der "heavy metal" Twin
blieb geächteter Außenseiter.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Werk, Scheibe



"heavy metal" Twin: 
Kawasaki Z750

(Foto: Werk)

Die Zeitrechnung in der deutschen Kawasaki-Werksniederlassung begann eigentlich erst Ende 1975. Ab dieser Zeit war der japanische Motorradhersteller selbst in Frankfurt vertreten. Bekannt waren die spektakulär schnellen Maschinen bei uns allerdings schon länger. Seit Ende der Sechziger kümmerte sich nämlich der Hamburger Motorradgrossist Detlev Louis um den Import. Er brachte die sensationelle 500er Dreizylinder-Zweitakt-Maschine H1 "Mach III" nach Deutschland, 1971 ließ er die große Schwester, die 750er H2 "Mach IV" folgen. Und als im Herbst 1972 auf der Kölner IFMA die 900 Super 4, kurz "Z1", präsentiert wurde, war spätestens jetzt jedem klar, welch frischer Wind aus Japan wehte. Entgegen einer internen Abmachung der vier großen japanischen Hersteller, keine Motorräder über 750 Kubikzentimeter auf den Markt zu bringen, hatte Kawasaki mit der 79 PS starken und weit über 200 Sachen schnellen 900er DOHC-Vierzylinder-Viertakt-Maschine dieses "gentleman´s agreement" skrupellos gebrochen. Vergleichbares hatte die Branche bis dato noch nicht gesehen. Aggressiv und selbstsicher verkündete Kawasaki die stärksten, schnellsten und besten Maschinen zu bauen. Bei den Fans kamen die pfeilschnellen Feuerstühle natürlich gut an.


Kawa Z1
Die Legende:
Kawasaki Z 900 "Z1"

Die Zweitaktfraktion fuhr voll auf die 250er, 350er, 400er, 500er und 750er Dreizylinder-Bikes ab. Sie waren jeweils Klassenschnellste und selbst "Gegner" auf hubraumgrößeren Motorrädern bekamen vor den Zweitaktraketen meist nur das Rücklicht zu sehen und obendrein mussten sie auch noch die Abgasfahne riechen. In der Viertaktgesellschaft bestimmte die Z1 das Geschehnis. Erbarmungslos wurden Gott und der Welt gezeigt, wo der Hammer hängt. Hatte Hondas CB750 bereits seit einiger Zeit neue Werte geschaffen, schraubte "Frankensteins Tochter", wie die "Z" bald genannt wurde, die Messlatte noch ein gehöriges Stück höher. Mit Vollgas ging's von hier nach da. Der Motor wurde geprügelt, bis kein Auge mehr trocken blieb. Eine neue Generation war geboren: "Die Heizer".


Modelle die Geschichte schrieben

Kawa Mach III
Kawasaki 500 H1 "Mach III" als "Rodeo-Bike"

Kawa Z 1000
Kawasaki Z 1000 als "Frankensteins Tochter"


Mitte der Siebziger gab es allerdings auch noch einen ganz anderen Schlag von Motorradfahrern. Und das waren die echten "Kerle", die weiterhin auf kernige Maschinen standen. Motorräder, die von einem kräftigen, großvolumigen Zweizylinder-Viertakter angetrieben wurden, einen Kickstarter, ein vernünftiges Fahrwerk, gute Bremsen und Speichenräder hatten. Eben Maschinen mit Optik zum Durchgucken und ohne jeglichen Firlefanz. Typische Twins von diesem Schlag waren die "good old British Bikes". 

Gemeint waren damit die legendären Bollermänner von AJS, BSA, Triumph, Norton, Royal Enfield und Matchless. Alles durch die Bank weg ehemalige Traummaschinen. Ehemalige deswegen, weil neu zu kaufen gab es sie, außer der Triumph Bonneville und Norton Commando, schon lange nicht mehr. Die englische Motorradindustrie war längst pleite - der Mythos lebte allerdings weiter. Was Mitte der Siebziger aktuell auf dem Markt angeboten wurde, ließ sich leicht an einer Hand abzählen. Das waren aus Italien die Laverda 750SF und 750SCF sowie die Benelli Tornado S650 und aus Japan die Yamaha XS650. So weit, so gut.


Männermotorrad:
Benelli S650 Tornado


1976 brachte Kawasaki-Deutschland das Männermotorrad
Z750 auf den Markt


Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


Kurz nach dem Importeurswechsel brachte Kawasaki Deutschland Anfang 1976 die brandneue Z750 für 6500 DM auf den Markt. Ähnlich wie die knapp 1000 DM günstigere Yamaha XS650, die ja angeblich eine japanische Triumph Bonneville sein sollte, war Kawasakis Twin ebenfalls als kerniges "Männermotorrad" konzipiert. Mit der traditionellen "englischen Motorradbaukunst" hatte die Z750 allerdings kaum noch etwas am Hut. Typisches Merkmal dieser konservativen Twins war ja bekanntlich der ewig lange Hub. Er sorgte für den "Dampf aus dem Keller" und das "Drehmoment ohne Ende". Genauso typisch waren aber auch die erbärmlichen und auf Dauer kaum ertragbaren Motorvibrationen. Ein Kreuz war die Zuverlässigkeit, unverschämt war die ständige Öllache unterm Triebwerk.



Charakter-Bike:
Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


Beim neuen Kawa-Paralleltwin sausten die beiden Kolben zwar auch in den Zylindern im Gleichschritt auf und ab, man hatte sich aber für ein quadratisches Bohrung/Hub-Verhältnis von 78/78 Millimeter, woraus exakt 745 Kubikzentimeter Hubraum resultierten, entschieden. Das hielt nicht nur die Kolbengeschwindigkeit in Grenzen, die Bauweise schonte auch das Material. Um die aber trotzdem zu erwartenden Vibrationen weitgehendst zu eliminieren, griffen die Kawa Techniker in die Trickkiste. Vor und hinter der Kurbelwelle platzierten sie je eine Ausgleichswelle. Den Antrieb erlegte eine Kette, die via federbelastetem Gleitschuh auf Spannung gehalten wurde. Eine weitere Maßnahme, die störrischen Eigenheiten des Gleichläufers in Grenzen zu halten, war die Lagerung der Kurbelwelle in Gleitlagern. Alles weitere, Primärantrieb über Mehrfach-Zahnkette, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, Fünfganggetriebe und Endantrieb über Kette, entsprachen aktuellem japanischen Motorenbau. So auch oberhalb des Zylinders, kein Detail ließ hier Nostalgie aufkommen. Der Zylinderkopf erinnerte stark an das Z900 Triebwerk. Die beiden obenliegenden Nockenwellen wurden via Kette auf Trab gebracht, die Betätigung der jeweils zwei Ventile pro Brennraum erledigten Tassenstößel. Mitte der Siebziger durfte man diese Ausführung getrost als High-Tech bezeichnen.



Paralleltwin:
Kawasaki Z750
(Foto: Werk)


Im Fahrwerksbau hatte man ganz offensichtlich auf Qualität gesetzt. Waren die Rahmen der berühmt-berüchtigten Zweitaktergeschosse und der brutalen Z1 noch extrem als Chaos-Chassis verrufen, bestach die Z750 mit ausgezeichneten Fahreigenschaften. Der stabil wirkende Doppelschleifenrahmen wurde tatsächlich seinem Ruf gerecht. Handling, Kurvenwilligkeit und Geradeauslauf des 235 kg schweren Twins waren tadellos. Die hydraulisch gedämpfte Telegabel sprach gut an, ebenso überzeugte die Scheibenbremse am Vorderrad, die allerdings nach einer kräftigen Bremshand verlangte. Lediglich die viel zu hart abgestimmten Federbeine mussten sich immer wieder Kritik gefallen lassen. Grobe Fahrbahnunebenheiten bekamen die Passagiere deutlich im Kreuz zu spüren. Doch dafür gab es Abhilfe und die hieß: Koni. In der damaligen Zeit war die Umrüstung auf diese Federelemente aus dem Zubehörhandel schließlich gang und gäbe. Fortschrittlich war am Hinterrad die Scheibenbremse, Mitte der Siebziger längst keine Selbstverständlichkeit. Die Stopper kamen mit der Fahrdynamik gut zurecht. Richtig in Stress geriet die Bremsanlage aber kaum, denn so berauschend waren die Fahrleistungen nun wiederum auch nicht. Von Null auf 100 km/h vergingen knapp sechs Sekunden, die Spitzengeschwindigkeit lag "flachliegend mit Rückenwind" bei rund 175 Sachen. Nichts Besonderes. Alle vergleichbaren Zweizylinder-Motorräder waren schneller, sogar die Yamaha XS650. Sie schaffte immerhin gut 180 Knoten.



Kawas Dampfhammer:
Spitze gut 175 Sachen
(Foto: Werk)


Wobei wir beim eigentlichen Knackpunkt sind. Die Z750 wollte in das von Kawasaki selbst gestrickte Klischee "stärker, schneller und besser als alle anderen" nicht so recht reinpassen. Schwer enttäuscht waren die Zweizylinderfans vom Klang. Der erwartete Twin-Sound kam nicht rüber. Ganz gleich ob Yamaha XS650, die Twins aus Italien oder der Rest von der grünen Insel, die urigen Dampfhämmer erkannte man schon auf Meilen an ihrem kräftigen, unverwechselbaren Viertakt-Sound. Für viele bedeutete diese "Begleitmusik" nicht nur Lebensanschauung, sie gehörte einfach mit dazu. Punktum.



Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


Die Z750 hatte man dagegen mit ganz anderen Eigenschaften ausgestattet. Ansaug- und Auspuffgeräuschedämpfung waren vorschriftsmäßig eingehalten worden. Fast schon zu gut. Anstatt den kernigen Viertaktklang in vollen Zügen genießen zu können, säuselte die Maschine nur so vor sich hin. Lediglich das Surren und Pfeifen der vielen Wellen sowie Antriebs- und Steuerketten im Triebwerk war deutlich zu hören. Dafür lief der Leisetreter wie eine Turbine, hing gierig am Gas und wer beim Gängeausfahren den Drehzahlmesser nicht im Auge behielt, konnte den Motor schnell jenseits von 8000/min überdrehen. 


Einen Drehzahlbegrenzer kannten die damals gebräuchlichen Kontaktzündanlagen nämlich noch nicht. Doch als Drehorgel war die Z 750 ja auch nicht gedacht. Ihre Stärke lag ganzwoanders. Und das war der Durchzug. Das maximale Drehmoment von 6,1 mkg erreichte der Twin bereits bei 3000/min, die Höchstleistung von 50 PS stand bei 7000/min an. Mit diesem breiten Drehzahlband ließ sich hervorragend Motorrad fahren. Nervöses Rauf- und Runterschalten waren dem Z750-Treiber fremd. 


Gut 175 Sachen waren für
die Z750 die "Schallmauer"
(Foto: Werk)



Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


War der fünfte Gang eingelegt, bestimmte die Gashand den Vorwärtsdrang. Verwinkelte Landstraßen oder am besten gleich wunderschöne Passstraßen waren das Eldorado für die Z 750. Nichts Spektakuläres, dafür zum Motorradwandern bestens geeignet. Wer diese Fahrweise bevorzugte, konnte sich wohl fühlen. Aufrecht sitzend, mit der Nase im Wind, ließ sich bis ans Ende der Welt fahren. Ganz anders als die englischen Vorbilder erwies sich der Paralleltwin nämlich als absolut zuverlässig, langlebig und öldicht. Nur haben wollte ihn keiner.



Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


Der japanische Dampfhammer stand sich bei den Vertragshändlern die Reifen platt. Allerdings auch kein Wunder. Ausgerechnet das eigene Haus setzte dem Bollermann eine Konkurrenzmaschine direkt vor die Nase. Fast zeitgleich kam die Z 650 auf den Markt. Eine 650er mit 66 PS starkem und quicklebendigem Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor. Als "Hecht im Karpfenteich" ließ sich mit dem nur 220 kg schweren Sportler locker jede 750er Vierzylinder-Maschine versägen, und genau das war's, was die Kawafans von ihrer Marke erwarteten - mit Karacho über die Gass.



Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


Der Z 750 hielten die Kawa-Manager trotzdem die Treue und hofften weiterhin auf Kundschaft. Bei Yamaha hatte die direkte Konkurrentin XS 650 ja schließlich auch ihren festen Platz gefunden und der Verkauf lief gut. Doch die Rechnung hatte man ohne den Wirt gemacht. Wer auf eine Kawasaki abfuhr, verlangte Power und Speed. Nicht zu unrecht waren die Kawafahrer damals als wilde Hunde und Vollgasheizer verschrien. Mit der Z750 konnten sie nicht viel anfangen. 


(Foto: Werk)


(Foto: Werk)


Da halfen auch gewisse Zugeständnisse und diverse Modifikationen nichts. Zum Beispiel die erforderliche hohe Handkraft für die vordere Scheibenbremse. Kawa blieb stur, serienmäßig gab es eine zweite Bremse nicht, als Nachrüstsatz war sie dagegen zu bekommen. Abgesehen von den jährlichen Farbänderungen blieb die Z 750 bis 1978 unverändert im Angebot. Erst ab diesem Modelljahr widmete man sich dem Frontstopper. Der Bremssattel wanderte hinter den Gabelholm, der Handbremszylinder wurde modifiziert. Weitgehend verborgen blieb der geänderte Lichtmaschinengenerator und anstelle der verschleißfreudigen Kunststoffbuchsen in der Hinterradschwinge übernahmen nun Nadellager die Führungsarbeit. 



Kawasaki Z750 Twin
(Foto: Werk)


Bis einschließlich 1979 blieb der Brummbär im deutschen Kawa-Angebot. Rund 1500 Maschinen konnte man in gut vier Jahren absetzen. Andere Modelle machen das in einem Jahr. Verdient hatte der Twin das Mauerblümchendasein jedoch nicht. Aber wie gesagt, die Kawa Kundschaft war schon immer etwas anders. Wäre die Z 750 allerdings von Yamaha gekommen, hätte die Welt bestimmt anders ausgesehen.


Ganz vergessen wurde der Twin jedoch nicht. 
1982 erlebte er als Softchopper Z 750 LTD Twin 
einen zweiten Frühling.
Doch das ist eine neue und ganz andere Geschichte.



Softchopper:
Kawasaki Z750 LTD



Technische Daten 
Kawasaki Z 750 B
1976

Motor: 
luftgekühlter Paralleltwin-Viertaktmotor mit zwei kettengetriebenen Ausgleichswellen, zwei über Kette getriebene obenliegende Nockenwellen, zwei Ventile pro Brennraum

Hubraum:
745 ccm

Bohrung x Hub: 
78 x 78 mm

Leistung:
50 PS bei 7000/min

Zündung:
kontaktgesteuerte Batterie-Spulenzündanlage 12 Volt

Schmierung:
 Naßsumpf-Druckumlaufschmierung, Ölinhalt 4 Liter, SAE 10W40

Antrieb:
Primärantrieb über Mehrfach-Zahnkette, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, Fünfganggetriebe, Sekundärantrieb über Kette

Fahrwerk:
Doppelrohrrahmen, hydraulisch gedämpfte Telegabel, Zweiarmschwinge mit zwei hydraulisch gedämpften Federbeinen; Radstand 1460 mm

Bremsen:
vorn eine Scheibenbremse, Ø 245 mm
hinten eine Scheibenbremse, Ø 230 mm

Reifen:
vorn 3.25 H 19 4 PR, hinten 4.00 H 18 4 PR

Leergewicht:
235 kg

Spitze:
175 km/h

Preis:
6500 DM


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