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1. Classic-Superbikes-Treffen 2019



"Asphalt-Brenner"

Das A.L. Motorradhotel "Fünf Linden" in Wickerode liegt fast 
mitten in Deutschland. Oder genauer gesagt, gleich 
neben dem
geschichtsträchtigen Kyffhäuser-Denkmal 
im Südharz. Hotelier Armin Loos und Horst Edler hatten 
Mitte Juli 2019 hier das 1. Classic-Superbikes-Treffen 
organisiert. Über 100 Viertaktfans kamen, es wurde 
gefachsimpelt, Erfahrungen und Erinnerungen 
ausgetauscht. Man unternahm einige Superbike-Ausfahrten 
und weil alles so super ablief, wurde gleich 
beschlossen, die Classic-Superbikes zur gleichen Zeit und am gleichen Ort, am 10.-12. Juli 2020, wieder zusammen zu trommeln.

Text: Dieter Ernst
Fotos: Uwe Bettermann, Horst Edler, Archiv Winni-Scheibe.com


 
MV Agusta 750S "Magni-Spezial" von Wolfgang Brockmeyer.


Umringt von Viertaktfans war es ein gewaltiges Spektakel. Der kernige Sound aus den offenen Megaphon-Auspuffrohren der MV Agusta 750S "Magni-Spezial" von Wolfgang Brockmeyer ging unter die Haut. MV Agusta 750S "Magni-Spezial"Genau so muss es sich wohl angehört haben, als im Frühjahr 1972 die MV-Werksrennmaschine im "Autodromo Enzo e Dino Ferrari" für das erste europäische Formel-750-Rennen auf Betriebstemperatur gebracht wurde. Bei den traditionellen 200-Meilen von Imola sollte der Einsatz zur Triumph-Fahrt für die neue MV Agusta 750S Vierzylinder-dohc-Sportmaschine werden. Kein Geringerer als der damals bereits zehnfache (!) Weltmeister (350ccm 1968-1971, 500ccn 1966-1971) und MV-Werksfahrer Giacomo "Ago nazionale" Agostini sollte den sicher geglaubten Sieg holen.



Formel-750-Rennen 1972 in Imola/Italien:
#9 Bruno Spaggiari und (der Sieger) #16 Paul Smart.
(Foto: Werk)

Doch es kam ganz anders. Außenseiter Paul Smart auf der taufrischen Ducati 750SS "Desmo" gewann vor seinem Ducati-Teamkollegen Bruno Spaggiari das Formel-750-Rennen. Ein Mythos war geboren, dieser Ducati-Erfolg ging in die Rennsportgeschichte ein.

 



Sieger Paul Smart
(Foto: Werk)


Die Idee fürs Formel-750-Rennen stammte aus den USA.


Das 200-Meilen-Formel-750-Rennen 1971 
in Daytona gewann Dick Mann. 
Die BSA 750 Rocket3 gehört inzwischen dem Team Obsolete.


A
ber bereits 1972 waren beim 200-Meilen-Formel-750-Rennen in Daytona unter den ersten Fünf vier japanische 350er Yamaha Zweizylinder-Zweitakt-Rennmaschinen. Sieger auf einem Yamaha-Zweitakter wurde Don Emde, nur Phil Read konnte sich mit seiner Norton 750-Viertakt-Twin auf den vierten Platz "retten".


Bei der europäischen Serie sah es kaum anders aus. Das 200-Meilen-Formel-750-Rennen in Imola 1973 gewann Yamaha-Werksfahrer Jarno Saarinen mit der TZ350 Zweizylinder-Zweitakt-Werksrennmaschine. In den USA und Europa war die Formel-750 bald fest in "750er Zweitakthand". Böse Zungen bezeichneten die Serie fortan als "Yamaha-TZ750-Markencup". 1979 strich die FIM die Formel-750 ersatzlos aus dem WM-Terminkalender.


Mit der AMA-50-Meilen-Production-Championship 
hatten die Amis 1976 die Superbike-Championship "erfunden"!


Die Amis hatten zum Glück bereits 1973 eine gute Idee. Unabhängig von der populären Formel-750 sollten seriennahe ,rassige Viertakter bis 1000 Kubik zukünftig um Ruhm und Ehre fahren. Ab 1976 hieß die Viertaktklasse offiziell AMA-50-Meilen-Production-Championship. Damit war die spätere so erfolgreiche Superbike-Championship "erfunden"!

Gleich den ersten Lauf im Debütjahr 1976 in Daytona gewann Steve McLaughlin auf einer getunten, 98 PS starken 1000er Boxer-BMW R90S, zweiter wurde sein BMW-Teamkollege Reg Pridmore. Auf Platz drei kam der schnellste US-Motorradjournalist Cook Neilsen auf seiner Ducati 750SS "Desmo". Für die Saison 1977 fand das erste AMA-Viertakt-Rennen planmässig im Frühjahr im Speedway von Daytona statt. Als Laufsieger bretterte Cook Neilsen auf seiner Ducati 750SS "Desmo" über die Ziellinie.



Ducati 750SS "Desmo".
"Superbike-Rennmaschine mit Straßenzulassung".


Abgesehen von der schon damals legendären Ducati 750SS "Desmo", die bereits ab Werk das Zeug zum Siegen hatte, gabs in jener Zeit aber noch keine handelsübliche Seriensportmotorräder, die man mit "wenigen Handgriffen" zum rassigen Viertaktracer aufrüsten konnte. Die technische Vorbereitung erledigten viele US-Racer mit großem handwerklichen Geschick in der heimischen Garage oder in kleinen Werkstätten selbst.


Die AMA-Superbike-Championship 
war ab 1980 international ausgeschrieben.



Honda-Amerika-Superbike-Racingteam.


Kawasaki-Werksfahrer #21 Eddie Lawson.


Suzuki-Superbiker #34 Wes Cooley.


Richtig professionell mit Werksbeteiligung wurde die US-Serie ab Anfang der 1980er Jahre. Zum ersten Mal war die AMA-Superbike-Championship 1980 international für seriennahe 1025 Kubik Viertaktracer ausgeschrieben. Neben Kawasaki und Suzuki war mit großem Aufgebot nun auch Honda mit dabei. Als Teammanager und Superbike-Pilot heuerten Honda-Amerika Steve McLaughlin sowie Ron Pierce und den erst 18-jährigen Youngstar Freddie Spencer an. Basis für das getunte 130 PS starke 1025 Kubik AMA-Superbike war die topaktuelle Honda CB900F Super Sport, die in Europa als "Bol d`Or" im Handel war. Kawasaki-Amerika schickte den US-Superbiker Eddie Lawson, den australischen Werksfahrer Gregg Hansford und den japanischen Werkstestfahrer Masaki Tokuno nach Daytona. Neben den beiden US-Yoshimura-Suzuki-Piloten Wes Cooley und David Aldana saß der neuseeländische Suzuki-Werksfahrer Graeme Crosby auf dem dritten Suzuki-Superbike. Das restliche Starterfeld war mit weiteren schnellen US-Racern bis auf den letzten Platz ausgebucht.



Das 100-Meilen-Superbike-Rennen in Daytona 1980 
gewann Graeme Crosby, gleich dahinter 
Freddie "Fast Freddie" Spencer, dritter wurde Ron Pierce.


Wer heute über klassische Superbikes spricht, meint meist die 1000er Viertakt-Boliden aus dieser Zeit. Als die Racer ohne schnittige Rennverkleidung, aber mit breitem Superbikelenker, Serientank und Sitzbank und den damals "wackeligen" Fahrwerken mit satten 260+ Sachen über die Rennpisten donnerten.



Kawasaki AMA-Superbike-Team 1983:
Wayne Rainey und Wes Cooley.


Honda-Werksfahrer und AMA-Superbiker:
#19 Freddie "Fast Freddie" Spencer.



Yamaha-Superbike-Team #3 Rueben McMurter 


Superbike-DM und Superbke-WM



Superbike-Meister 1983/1984 
Peter "Mister Superbike" Rubatto.



FIM-Superbike-World-Champion 
1988/1989 Fred Merkel.


Die amerikanischen Viertaktrennen bis 1000 Kubik kamen 1983 zu uns. Superbike-Meister 1983 und 1984 wurde Peter Rubatto auf Kawasaki. Diese Heldentaten brachte ihm den Titel "Mister Superbike" ein.
Ab 1988 gab es die FIM-Superbike-World-Championship für seriennahe 750er Vierzylinderracer und 1000er Viertakt-Twins. 1988 und 1989 holte sich US-Racer Fred Merkel auf der Honda RC30-Werksmaschine die WM-Titel. Alles weitere gehört in die Superbike-Chronologie.





Diese spannende Superbike-Story schwebte am Wochenende 12.-14. Juli 2019 über den Besuchern mit ihren kernigen Viertaktern rund ums Hotel "Fünf Linden" im Südharz. Der Aufmarsch war beachtlich und ebenso vielfältig. Quer durch vier Jahrzehnte Superbike-Geschichte und Entwicklung waren erstklassige Exponate zu bestaunen: Serien-Superbikes, Superbike-Rennmaschinen und spezial Superbike-Umbauten. Sehen und gesehen werden war angesagt. Die Bikes wurden bewundert, Deails genau ins Auge genommen. Bei vielen Maschinen ließ sich die Ursprünglichkeit ausmachen, eben "Technik zum Durchgucken". Wer sich heute mit dieser Superbike-Generation beschäftigt, besitzt Sachverstand, versteht noch etwas vom Schrauben – Bikes, die bereits Jahrzehnte auf dem Buckel haben, machen das allerdings auch erforderlich. Und so wurde die Gelegenheit gerne genutzt Erfahrungen auszutauschen. Hoch im Kurs standen Tipps und Tricks sowie Adressen von Spezialbetrieben, die Superbike-Ersatzeile liefern, aber auch Zylinderköpfe reparieren, Zylinder schleifen, Kurbelwellen instandsetzen und nach einem "Abflug" Rahmen richten können.
Beim "Viertakt-Superbike-Treffen" waren natürlich auch Zweitaktfahrer gern gesehene Gäste.

Zu den Experten beim Classic-Superbikes-Treffen gehörten Veranstalter Horst Edler (Team Métisse und Classic-Superbikes.com), Wolfgang Brockmeyer (MV-Kenner und WBO-Spezialteile), Stephen Topham ("Mr. Mikuni"), Doc Jensen (Moto Guzzi Spezialist) und Hans Helms (VH-Motorradtechnik).

Bei den geführten Ausfahrten in kleinen Gruppen durch den Südharz gings aber nicht um "Super-Highspeed", sondern ums Genießen der schönen Landschaft auf dem klassischen Superbike.

Eine kleine Zeitreise in die Superbike-Entwicklungsgeschichte bot der abendliche Vortrag von Winni Scheibe. Als "altgedienter" Motorradjournalist und Motorradmagazin-MO Redakteur a.D. hatte der Besitzer einer britischen Formel-750 RGM-Métisse-Rocket3 Anfang der 1980er Jahre regelmässig über die AMA-Superbike-Rennen in den USA berichtet und konnte 1981 eine ausführliche Sportreportage über das US-Honda-Superbike-Racingteam mit Starfahrer Freddie "Fast Freddie" Spencer für MO machen. Einen interessanten Einblick ins Nähkästchen gestattete TÜV-Experte a.D. Uwe Bettermann. Plakativ erzählte der Dipl.-Ingenieur von den Labor-Betriebsfestigkeitsprüfungen und Versuchsfahrten in den 1980/1990er Jahren. Damals wurden Spezial-Bauteile und Zubehör für Straßensuperbikes, wie zum Beispiel Magnesium-Laufräder, Gabelstabilisatoren, Superbikelenker, Carbon-Hinterradschwingen und Spezialrahmen, geprüft. Ergänzt wurden Uwe Bettermanns Ausführungen durch praktische TÜV-Erfahrungen, die Horst Edler als Highend-Anbieter spezieller Produkte, wie zum Beispiel englische Harris-Sportbikes, Harris-Rahmenkits und Billet-Bremsanlagen, machen (musste) durfte.

Alles in allem TÜV-Sonderprüfungen, die heute vielfach allerdings kaum noch erforderlich sind. Moderne Straßensuperbikes sind bereits ab Werk hightech-perfekt.


Classic-Superbikes Fotogalerie






Einigkeit herrschte einvernehmlich unter den Kennern, dass ohne die spannende sowie beachtenswerte Superbike-Rennentwicklung es heute wohl kaum für jedermann erschwingliche um 200 PS starke, rund 300 Sachen schnelle und erstklassig fahrbare "Superbike-Rennmaschinen mit Straßenzulassung" geben würde – doch das ist eine neue Geschichte.

Kontakte:

www.classic-superbikes.com 

Bikes For Collections, An- und Verkauf klassischer Motorräder.


www.hotel-fuenf-linden.de

Das A.L. Motorradhotel "Fünf Linden" im Südharz ist für reiselustige und erlebnishungrige Motorradfahrer eine Topadresse. Hausherr Armin Loos ist erfahrener Tourenfahrer und kennt so genau die Wünsche und Erwartungen seiner Gäste.

2. Classic-Superbikes-Treffen 2020
10.-12. Juli 2020 Hotel "Fünf Linden" Südharz..




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