Gespanne&Trikes |
"American Rikuo-San"
Japans erstes Großserienmotorrad war 1935 die “Rikuo“,
frei übersetzt
Harley-Davidson. Die Rikuo war nämlich eine 100prozentige
Kopie
des 750er V-Twins aus Milwaukee.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Archiv Scheibe
|
Rikuo Militärgespann im Zweiten Weltkrieg |
Die
Gegensätze sind krass. Bikes aus Japan sind jung, dynamisch, erfolgreich,
aber auch schnelllebig. Die USA haben dagegen eine der ältesten Motorradmarken der
Welt: Harley-Davidson. Und doch gibt es eine ganz enge Verbindung. So eng,
dass die Japaner am liebsten nichts mehr davon wissen möchten. Nippons
erstes Fließbandmotorrad war nämlich eine 750er Harley-Davidson. Doch
schön der Reihe nach. |
Bereits 1912 orderte das japanische Kriegsministerium die erste
Harley-Davidson. Es folgten einige weitere Maschinen, ab 1916 war Nihon
Yidosha
für Verkauf und Service verantwortlich.
Er mühte sich redlich,
doch von großen Umsätzen konnte keine Rede sein. Im Frühjahr 1924 besuchte
Harley-Davidson Exportmanager Alfred Rich Child das Kaiserreich. Innerhalb
von nur 40 Tagen rollte er die Insel auf, setzte landauf-landab
Vertragshändler ein und konnte Kaufverträge für über 350 Maschinen mit
nach Hause nehmen. Der Deal beeindruckte die Bosse in Milwaukee.
Man
gründete in Japan eine Werksniederlassung, Alfred Rich Child bekam den
Posten des Verkaufsdirektors. Das Geschäft boomte, bis Anfang der 1930er
Jahre die wirtschaftliche Rezession dem Big-Business jäh ein Ende setzte.
Der Kursverfall des Yen machte es Behörden, aber auch Privatleuten
unmöglich, das nötige Geld für eine
teure Harley-Davidson aufzubringen.
|
|
|
|
Das Vorbild: Harley-Davidson
V-Twin 750
|
|
|
Die
Japaner wollten aber weiterhin die amerikanische Maschine haben, und so
entstand aus dieser Situation eine Idee, die heutigen Harley-Fans
sicherlich wie Öl runtergeht. Nach zähen Verhandlungen entstand in
Shinagawa bei Tokio das erste große japanische Motorradwerk “Rikuo“. Dort
wurde in Lizenzfertigung die 750er Harley-Davidson haargenau nachgebaut.
Allerdings mit einer Bedingung: keines dieser Motorräder durfte außerhalb
Japans verkauft werden. 1935 rollte die erste Japan-Harley, oh Pardon,
Rikuo vom Fließband. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden es
beachtliche 18.000 Maschinen!
Im
Wiederaufbau buhlten auf dem japanischen Motorradmarkt über 150 Hersteller
um die Gunst der Käufer. In erster Linie boten sie aber Mopeds und
Leichtmotorräder an, eine Rikuo konnten sich nur wenige leisten. Trotzdem,
bis 1960 hielt sich die Firma über Wasser, dann kam das Aus. Japans erste
große Motorradmarke, die eigentlich eine amerikanische war, stellte die
Produktion ein. |