Fahrberichte |
MÜNCH-4 TTS 1300
Ein Bericht aus dem Jahr 1979
Die Münch Mammut ist nicht mit einem anderen großen Motorrad
vergleichbar
"Ich habe Respekt vor diesem Ungetüm"
Die Maschine wirkt leichter, stromlinienförmiger.
Die Münch ist aber immer noch ein Kraftpaket.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv-Behrens,
Aufmacherseite aus MO, Archiv-MÜNCH
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Aufmacherseite zur Titel-Story "Münch-Mammut" in MO 12/79
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Da
stand sie vor mir. Um ehrlich zu sein: Ich hatte diesem Moment
zugefiebert. Sieben Jahre war es her, als ich zum ersten Mal mit einer
Münch gefahren bin. Der Ausflug sollte mich auf heimatlichen Boden
führen. Um nicht gleich zu übertreiben, ließ ich die ersten Kilometer
langsam angehen. Schnell war die Eingewöhnungszeit verstrichen. Die
Münch wird zur Sache gebeten. Hauseigene Strecken können reizvoll, aber
auch verführerisch sein. Also zügelte ich etwas das Temperament und zog
elegant durch die lang gezogenen Kurven Richtung Edersee.
Die Straße um den See lässt keine hohen Kurvengeschwindigkeiten zu,
dafür aber Schräglagen. Die kostete ich voll aus. Da soll jemand
behaupten, mit einer Münch könnte man nicht Motorrad fahren! Nach 130
Kilometern stellte ich die Münch an den Straßenrand und setzte mich auf
einen Holzstamm. Romantisch war diese Rast nicht. Seit Beginn meines
Ausfluges war ich den Regenwolken ausgewichen. Mit einem Schauer musste
ich rechnen. |
"Henke-MÜNCH"
MÜNCH-4 TTS 1300 Modelljahr 1979
eine von drei gebauten Motorrädern aus der "Henke-Zeit".
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Viele
Gedanken schwirrten mir im Kopf herum. Die faszinierende Münch
betrachtete ich nun aus der Entfernung. Der erste optische Eindruck war
für mich enttäuschend. Das war nicht die Mammut, die ich kannte. Kein
protziges Aussehen, kein überladenes Drumherum, nichts Gewaltiges mehr.
Das Motorrad wirkte eher zierlich und elegant. In Gedanken stellte ich
meine "Alte" neben die "Neue". Viele Details haben sich geändert. |
MÜNCH-4 TTS 1200 Modelljahr 1971 von Winni
Scheibe
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Die
Ronal-Leichtmetallräder tragen ihren Teil zur zierlich wirkenden Optik
bei. Vorne gehörte zu der alten Münch die mächtige
Münch-Duplextrommelbremse mit Borrani-Hochschulterfelge. Als Hinterrad
diente ein eigenwilliges Gussrad mit hydraulischer Duplexbremse.
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Ronal-Alugussfelge, Telegabel und
Bremsanlage von Kawasaki
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Münch 250 mm Dupplextrommelbremse,
Speichenrad und Rickman-Telegabel
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Ronal-Gussfelge, Brembo-Bremsanlage.
Das "Münch-Schaufelrad" gehörte nun
der Vergangenheit an. |
Münch-LM-Gussfelge mit Trommelbremse.
Die Betätigung erfolgte wahlweise via Bowdenzug,
Gestänge oder hydraulisch |
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Die
Bremsanlage der heutigen Münch setzt sich aus Teilen von Kawasaki und
Brembo zusammen. Um eine gute Bremswirkung zu erzielen, muss mächtig am
Handbremshebel gezogen werden. Die Hinterradbremse neigt zum Blockieren.
Hat man sich an das Herunterbremsen der 271 Kilogramm schweren Maschine
gewöhnt, verrichten die Bremsen ihren Dienst zur vollsten Zufriedenheit.
Die Servowirkung der Münch-Trommel kam mir wieder in Erinnerung. Mit
zwei Fingern hatte man die Bremse voll unter Kontrolle. Mit der
Hinterradbremse lernte ich zum ersten Mal ein Motorrad auch hinten
abzubremsen. |
"Henke-MÜNCH"
MÜNCH-4 TTS 1300 Modelljahr 1979
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An die erste Fahrt mit meiner Münch kann ich mich noch gut erinnern...
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Winni Scheibe 1972 mit seiner MÜNCH-4 TTS
1200
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Ein
Polizist auf seiner BMW R 60, der uns entgegenkam, hob zum Gruß
freundlich die linke Hand. Kollegen grüßen sich. Aber der Gegrüßte war
kein Polizist. Er sah nur so aus. Er hatte einen weißen Polizeimantel an
und saß auf einer schneeweißen Moto Guzzi V7.
Der auf der V7 war Arno Bräuer. Arno fuhr nicht allein. In seinem
Fahrwasser zog er drei Motorräder mit - nein, das waren nicht einfach
Motorräder. Eher rollende Ungetüme oder wie böse Zungen behaupteten,
"fahrende Eisenhaufen". Doch den Fahrern war das egal. Wer eine Münch
Mammut fährt, hat seine eigenen Ansichten, auch wenn er nicht immer
verstanden wird.
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"Drei Münch-Fahrer mit Polizei-Schutz"
Arno auf seiner schneeweißen Moto Guzzi V7
(Foto: Archiv-Behrens)
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"Festgenommen"
"Polizei-Polizist" Arno hat Winni am
Schlafittchen
(Foto: Archiv-Behrens) |
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Mammut-Parade bei der Seehundrallye.
Im Frühjahr 1972 vor dem "Deutschen Haus" in Carolinensiel an
der Nordsee.
(Foto: Archiv-Behrens) |
Wir,
Lothar Gräb, Werner "Obelix" Behrens und ich
waren mit unseren Münchs auf dem Weg zur Seehundrallye in Carolinensiel. Hein Karlsen, von Beruf
Schleusenwärter, hatte in seinem Leben schon viele Pötte gesehen. Aber
was da vor ihm stand, beeindruckte ihn doch. Wie ein neugieriger Lausbub
schlich er um die drei Münchs. Er war nicht der einzige, der stehen
blieb.
Einer strich sich dauernd nervös mit der Hand durch die Haare. Es war
Willi Menking. "Eine Sensation, drei Münchs bei meinem Treffen",
wiederholte sich der Gemeindedirektor und Veranstalter immer wieder. |
"Henke-MÜNCH"
MÜNCH-4 TTS 1300 Modelljahr 1979
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Mein
Blick fiel auf den Vorderbau der neuen Henke-Münch. Die Gabel stammt komplett
von der 1000er Kawasaki. An der Dämpfung und an der Federeigenschaft ist
nichts auszusetzen. Doch durch die Verwendung von bewährten japanischen
Einzelteilen verliert die Münch natürlich an Exklusivität.
Früher wurde die Münch mit der Rickman-Gabel ausgerüstet. Die 41,3
Millimeter dicken Standrohre ermöglichten stabilen Leichtbau und geringe
ungefederte Massen. Die Münch lag damals satter auf der Straße als die
neue, leichte Münch von heute.
Armaturen, Hebel und elektrische Schalter werden heute ebenfalls von der
1000er Kawasaki übernommen. Sie ersetzen VDO und Magura. Etwas gewaltig
wirkt der Kawa-Hochlenker. Bei der Münch ist solch eine Segelstange
nicht erforderlich. Früher wurde ein Magura-Tourenlenker verwendet.
Damit konnte man auch eine längere Strecke mühelos schnell fahren. |
Mir fiel unsere Fahrt in die Schweiz ein...
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Mit drei Mammuts in die Schweiz...
(Foto: Archiv-Behrens) |
In
Gießen ging’s mit drei Münchs auf die Autobahn. Nach weniger als fünf
Kilometern überholten wir einen 250er Hondafahrer. Die Raststelle
Wetterau wurde von uns zuerst angesteuert. Einer musste tanken, der
andere auf den Topf, der dritte rauchte eine Zigarette. Auf der Autobahn
wurden die versäumten Kilometer wieder wettgemacht. Nach 25 Kilometern
überholten wir wieder grüßend den Hondafahrer.
Raststelle Gräfenhausen: Einer musste auf den Topf, der andere tanken,
der dritte rauchte. Wieder auf der Autobahn wurde mächtig Gas gegeben.
Nach 38 Kilometern war wieder einer mit der 250er vor uns. Grüßend ging
es an ihm vorbei. Zwei Kilometer vor der Raststelle Hockenheim blieb
eine Münch wegen Spritmangel liegen. Zum Glück fand sich eine leere
Bierdose, mit der etwas Benzin umgefüllt werden konnte. In dieser Zeit
zog grüßend der Hondafahrer vorbei...
Dank der hohen Leistung der Münch konnte der Hondafahrer schon in
Karlsruhe wieder eingeholt werden. Hatte er das gleiche Ziel?
Bis Niedergösgen waren es über 200 Kilometer.
Von dem Hondafahrer werden wir nichts mehr sehen, dachte ich. Doch ich
sollte mich irren. Bis Basel trafen wir uns noch fünf Mal. An der Grenze
wurde beschlossen, auf dem Rückweg maximal 150 Stundenkilometer zu
fahren und nicht an jeder Raststelle anzuhalten.
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Mammut-Parade in der Schweiz
(Foto: Archiv-Behrens)
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Winni mit Schweizer Motorradfreund Max
(Foto: Archiv-Behrens)
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Werksprospekt MÜNCH-4 TTS
1200 von 1968
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Herausragende Merkmale der "Mammut" waren:
Doppelscheinwerfer, Rickman-Gabel mit 250er Münch-Dupplextrommelbremse,
individuelle Tank Fertigung, Geschlossener-Kettenkasten mit Gussfelge
(Schaufelrad) und
Dupplextrommelbremse, Sitzbank mit Radabdeckung und natürlich das von
Friedel Münch modifizierte 88 PS 1200er NSU-Triebwerk.
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Mein
Blick fällt auf die Seitenabdeckung. Dort befinden sich Batterie und
Elektrik. Die Abdeckungen werden mit Schnell-Verschlüssen gehalten:
nicht schlecht gemacht. Bei der "Alten" waren an diesen Stellen rechts
und links ausladende Kästen angebracht. Darin waren zwei Batterien und
die Elektrik untergebracht.
Die Änderung macht die Münch schmaler. Dazu tragen auch der neue
Hinterbau und die Schutzbleche bei. Diese Modifizierung ersetzt das
selbsttragende, aus einem Stück gegossene Hinterteil. Sitzbank,
Federbeinaufnahme und Schutzblech waren ein Teil. Das Hinterteil der
Münch trug seinen Teil zum gewaltigen Aussehen bei. Die Münch ist heute
ein salonfähiges Motorrad geworden. Aber den Zusatz "Mammut“ verdient
sie nicht mehr.
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Zunächst nannte Friedel
Münch seine Maschine "Mammut".
Doch diese Logo war bereits vergeben, also erhielt das Motorrad den
Namen: MÜNCH-4.
Für die Fans und Kunden ändert sich dagegen nichts, für sie blieb die
Mammut die Mammut! |
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Überall wo
wir mit unseren Mammuts damals auftauchten, bildete sich sofort eine
Menschenmenge. Immer wieder waren es die gleiche Fragen: "Wie schnell,
wie schwer, wie viel PS, wie teuer...“
So zufällig, wie wir drei Münchfahrer damals
zusammengekommen waren, verloren wir uns auch wieder aus den Augen.
Werner Behrens gründete eine Familie, Lothar Gräb kümmerte sich nur noch
um seine Metzgerei, und ich stieg auf eine Rennmaschine um.
Den Heimweg nahm ich über die Autobahn. Mal
sehen, wie schnell die Münch läuft. Den dritten Gang ließ ich wie
gewohnt bis 190 Stundenkilometer drin, dann in den vierten. Bei 220
Stundenkilometer machte ich den Hahn wieder zu. In Gedanken stellte ich
Vergleiche zu anderen Motorrädern an. Die schiere Kraftentfaltung des
NSU TT-S-Motors ist einzigartig. Auch das Fahrwerk kann überzeugen und
wird mit der Leistung spielend fertig. Doch die Münch mit einer anderen
"Größe" zu vergleichen hat wenig Sinn. Noch immer kann die Münch als
einzig und ganz für sich allein betrachtet werden. Einfach einzigartig
sind beispielsweise die Geräusche, die bei 3000 Umdrehungen über die
offenen Ansaugstutzen frei werden. Zuhause angekommen stelle ich die
Münch ab. Einen Gedanken kann ich nicht loswerden: Wie bin ich als
Zwanzigjähriger mit so einer Kraftmaschine zurechtgekommen.
Vielleicht lag es an dem Respekt, den ich vor diesem Motorrad hatte. Ich
habe ihn noch.
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(Titel: MO 12/79)
"long time a go"
Meinen ersten großen Artikel in "MO" (MOTORRAD, MOKICK, MOFA und SPORT
12/79)
habe ich Ende 1979 über die Münch Mammut geschrieben.
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Fahrbericht Münch
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