Technik


Zylinderkopfüberholung

Motordefekte sind in aller Regel teure Angelegenheiten.
Nur gut, wer sich selber helfen kann.
Und so lässt sich auch noch eine Menge Geld sparen.

Text&Fotos: Winni Scheibe



Irgendwie hört sich der Motor von der guten Honda CB 750 F, Baujahr 83, plötzlich anders an. Beim Gas geben verschluckt er sich, gibt Fehlzündungen von sich. Auch mit der Leistung ist es nicht mehr soweit her. Zum Glück sind es nur noch knapp 20 Kilometer bis nach Haus. Hoffentlich macht die Kiste vorher nicht schlapp, alle möglichen Dinge schießen einem durch den Kopf, was kann der Motor nur haben?
Zu Hause angekommen werden zunächst die Zündkerzen gecheckt - doch die sind OK. Ohne lange zu fackeln, wird als nächstes die Kompression überprüft. Und siehe da, der zweite Zylinder hat tatsächlich keine Kompression, dafür sind die restlichen drei Pötte aber in Ordnung. Jetzt hilft alles nichts mehr, der Zylinderkopf muss herunter.




Lässt sich bei vielen japanischen Bikes das Bauteil ohne Motordemontage abnehmen, ist der CB 750 F Besitzer gestraft. Für diese Arbeit muss nämlich das Triebwerk aus dem Rahmen genommen werden. Nachdem Vergaser und Auspuffanlage abgebaut sind, werden die Kabelverbindungen zum Motor auseinandergezogen. Bevor man die Motorhaltebolzen herauszieht, empfiehlt es sich, den Motorblock mit einigen Holzklötzen oder einem Wagenheber zu unterbauen. Für das Herausheben des Motors sollte man einen, oder noch besser, zwei kräftige Freunde um Hilfe bitten. Ohne fremde Hilfe lässt sich der schwere Brocken nämlich kaum ausbauen, noch auf die Werkbank heben, es sei denn, man heißt Schwarzenegger. Aber der fährt ja bekanntlich Harley.




Steht das Triebwerk auf der Werkbank, wird die Kurbelwelle so gedreht, dass der erste Zylinder auf OT (oberer Totpunkt) steht und die Ein - und Auslassnocken vom ersten Zylinder zum Kerzenloch zeigen. Die jeweils zwei Körnerpunkte auf den Steuerkettenzahnrädern müssen zusätzlich parallel zum Zylinderkopf stehen, diese drei Bezugspunkte (Steuerzeiten) sind für den Wiederzusammenbau nach der Reparatur wichtig und sind genau einzuhalten.
Nun werden die beiden Halteschrauben vom Steuerkettenrad der Auslassnockenwelle gelöst, alle Lagerböcke von beiden Nockenwellen abgeschraubt und der Kettenspanner entlastet. Die Einlassnockenwelle lässt sich herausnehmen. Um die Auslassnockenwelle herauszunehmen, werden die beiden Halteschrauben vom Steuerkettenrad ganz herausgedreht und mit etwas Gefummele lässt sich nun auch die Nockenwelle unter der Steuerkette durchziehen. Damit die Steuerkette nicht in den Zylinderschacht fällt, wird sie mit Draht hochgebunden. Nachdem die Ölsteigleitung hinter dem Zylinder abgeschraubt und die beiden kleinen Halteschrauben vor dem Zylinder herausgeschraubt sind, werden "von innen nach außen" die Zylinderkopfschrauben rausgedreht.




Sind alle Schrauben entfernt, lässt sich der Zylinderkopf abnehmen. Hat das Aggregat bereits einige Jährchen auf dem Buckel, kann es passieren, dass der Kopf ziemlich fest auf dem Zylinder sitzt. In diesem Fall muss man vorsichtig mit einem Montierhebel oder durch leichte Schläge mit einem Plastikhammer das Bauteil lösen. Ist der Zylinderkopf unten, darf man ihn nicht sofort herumdrehen, da sonst die Tassenstössel herausfallen. Nacheinander sollten die Tassenstössel herausgenommen werden und so markiert oder systematisch aufgestellt werden, dass sie in der gleichen Reihenfolge wieder eingesetzt werden können.




Jetzt kann endlich der Zylinderkopf umgedreht werden. Die Befürchtung, dass ein Auslassventil durchgebrannt ist, bewahrheitet sich. Die Ursache für dieses Malheur ist schnell gefunden. Das Ansauggummi vom zweiten Zylinder hat einen kleinen Haarriss. Der Zylinder hatte Nebenluft gezogen und so das Kraftstoff/Luftgemisch abgemagert, was enorm hohe Verbrennungstemperaturen zur Folge hatte. Diese Hitze hatte das Auslassventil nicht vertragen und war durchgebrannt. Im Rahmen der Motorreparatur werden gleich alle vier Ansauggummis erneuert.






Da jetzt bereits reichlich Arbeit investiert wurde, sollte man gleich die anderen Ventile mit neu einschleifen. War bis hierher noch keinerlei Spezialwerkzeug erforderlich, wird zum Ausbau der Ventile eine "Ventilfederzange" benötigt. Mit diesem Werkzeug wird der Ventilteller herabgedrückt, und die Ventilkeile lassen sich herausnehmen. Damit die Ventile nicht kunterbunt auf der Werkbank herumfliegen, kann man ein Stück Holz mit sechzehn Löchern (6 mm Durchmesser) vorbereiten, in die sich nacheinander die Ventile eingestecken lassen.

Je nach Fahrleistung (die Honda hat 48000 km auf dem Buckel) hat sich an den Auslassventilen, aber auch an den Einlassventilen, Ölkohle abgelagert. Bevor die Ventile nachgeschliffen und wieder eingebaut werden, empfiehlt es sich, die Ölkohle zu entfernen. Hierzu wird das Ventil in eine Bohrmaschine gespannt und die Maschine eingeschaltet. Mit Schmirgelleinen wird nun die Ölkohle abgeschmirgelt. Bereits nach wenigen Augenblicken blinkt das Ventil wie neu. Sind die Ventile geputzt, kann man mit dem Einschleifen beginnen.



Auf den Ventilsitz wird etwas Schleifpaste gegeben und mit dem "Handlepwerkzeug" das Ventil durch Vor- und Rückdrehbewegung eingeschliffen. Wie lange das Einschleifen dauert, ist reine Gefühlssache. Bei manchen Ventilen genügen wenige Drehbewegungen, und bei anderen wiederum muss man ordentlich "dribbeln" bis der Ventilsitz und das Ventil rundherum ein gleichmäßiges Schleifbild zeigen. Erst wenn optisch ein tadelloses Tragbild erkennbar ist, sollte man sich mit der Arbeit zufriedengeben. Auch das neue Ventil muss sorgfältig eingeschliffen werden. Bevor man die Ventile wieder einbaut, werden alle Teile sowie der Zylinderkopf gründlich gesäubert und danach die Ventilschaftabdichtungen erneuert. Sind alle Ventile eingesetzt, werden sie auf Dichtigkeit geprüft. Und das macht man so: der Brennraum wird mit Rasierschaum eingeschmiert und nun mit einer Druckluftpistole erst in den Einlasskanal und danach in den Auslasskanal geblasen. Damit die Luft gezielt auf das Ventil drückt, wird die Pistole fest mit einem Putzlappen umwickelt. Bilden sich um das Ventil Bläschen, ist das Ventil undicht. Nur wenn keinerlei Bläschen kommen, ist das Ventil 100%ig dicht.


Inzwischen sind die Dichtflächen mit einem Flachschaber sorgfältig gesäubert und die alten Dichtungen gegen neue ersetzt. Der Zylinderkopf wird aufgesetzt und die Kopfschrauben mit dem vorgeschriebenen Drehmoment (bei der Honda 3,6 bis 4 mkp) festgezogen. Die Zylinderkopfschrauben werden immer "von innen nach außen" festgezogen. Tassenstößel und Nockenwellen werden eingesetzt, und die Nockenwellenböcke überkreuz ebenfalls mit dem Drehmomentschlüssel (bei der Honda 2,2 bis 2,6 mpk) angezogen. Bevor man das Triebwerk in das Fahrwerk einbaut, empfiehlt es sich, das Ventilspiel einzustellen (beim dem CB 750 F Motor: Einlass 0,08 - 0,13 mm; Auslass 0,06 - 0,08 mm). Für diese Wartungsarbeit ist Spezialwerkzeug erforderlich. Muss das Spiel korrigiert werden, lässt sich mit einem Spezialhebel der Tassenstössel herabdrücken und der Einstellshim kann mit einer Pinzette herausgenommen werden. Ist das Spiel zu groß, wird ein etwas dickerer Shim (in 0,05mm Abstufung) eingelegt, und ist das Spiel zu gering, muss der Shim gegen einen dünneren ausgetauscht werden.



Zum Einbau des Motors lädt man wieder zwei gute Freunde ein, die mal kurz mit anpacken. Je nach Geschick ist das Triebwerk in drei bis vier Stunden fix und fertig eingebaut. Nach dieser Reparatur braucht das Triebwerk nicht eingefahren werden.


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