"Das Sprachrohr"

Der Rechtstipp: "PoliScan Speed am Ende"

Ein Kommentar im Mai 2010 von Rechtsanwalt Jan Schweers



... schneller als die Polizei erlaubt ...


Die Industrie entwickelt neue Geschwindigkeitsmessgeräte im Eiltempo. Dies ist auch dringend erforderlich, da gute Rechtsanwälte immer wieder Lücken an der Standhaftigkeit von Geschwindkeitsmessgeräten entdecken und bemängeln. Das ist unser Job und wer ihn gut beherrscht wird jeden Fehler ausfindig machen um überprüfen zu können, ob die Geschwindkeitsmessung ordnungsgemäß erfolgt und zu verwerten ist.
Seit geraumer Zeit befindet sich ein neues Messgerät der Firma Vitronic auf dem Markt. Es handelt sich um das Messgerät PoliScan Speed. Ein Lasermessgerät, das anhand der Laserlaufzeit von Lichtimpulsen, der Abstände der Messobjekte und der Abstandsveränderungen die Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeugs  errechnet. Ein sicheres System, das nur wenig Angriffspunkte bietet. So dachten es zumindest zunächst alle Experten. Doch auch die Experten können sich irren und so hatten sich in letzter Zeit mehrere Gerichte in Deutschland mit diesem Messgerät zu beschäftigen. Warum fragt Ihr Euch?
Für gewöhnlich wird bei einer Geschwindigkeitsmessung ein Foto von der Geschwindigkeitsüberschreitung, auf dem alle erforderlichen Daten erkennbar sind, gefertigt. So auch beim PoliScan Speed Gerät, das allerdings das  Foto erst 20 bis 50 Meter hinter dem Messbereich fertigt. Es wird folglich erst die Geschwindigkeit gemessen und dann ein ganzes Stück dahinter fotografiert. Folglich ist es möglich, daß dadurch ein anderes Gefährt, als das auf dem Foto ersichtliche, gemessen wurde. Warum das so gemacht wird, werdet Ihr Euch fragen? Es dient lediglich der optimalen Erkennbarkeit des jeweiligen Fahrzeugführers, da eine möglichst geringe Entfernung zwischen dem Gefährt und der Fotokamera ein besser erkennbares Konterfei zur Folge hat. Theoretisch und auch praktisch ist es jedoch möglich, daß nach der Messung ein anderes Fahrzeug in den Bildbereich der Kamera fährt und fotografiert wird. Das Gerät und vor allen Dingen die Verwertung des Vorwurfes sind folglich nur möglich, wenn dies ausgeschlossen werden kann. Bestehen nur die geringsten Zweifel daran, dass die ermittelte Geschwindigkeit nicht zutreffend ist, dann wird sich dies zugunsten des gemessenen Fahrzeuges auswirken müssen.
So hat es auch das AG Dillenburg (Az.: 3 Owi 2 Js 54432/09, Urteil vom 20.11.2009) gesehen. Der Vorwurf in diesem Verfahren lautete: Die zulässige Geschwindigkeit um 56 km/h überschritten zu haben. Die Messung wurde mit dem PoliScan Gerät vorgenommen. Das Amtsgericht Dillenburg sah Zweifel hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Messgerätes. Es konnte keine nachträgliche Richtigkeitskontrolle der gewonnenen Messwerte und der Zuordnung der abgelichteten Fahrzeuge vornehmen. Dies ist aber gerade erforderlich. Das Registrierbild muß nämlich die Zone der Messwertentfernung abbilden. Das ist aber nicht möglich, wenn das Registrierbild erst 20 bis 30 Meter nach der Geschwindigkeitsmessung aufgenommen wird.
Es bedarf bei einer Messung mit dem PoliScan- Gerät folglich einer ganz genauen Überprüfung der Messung. Bei der Überprüfung sollten das Meßprotokoll und die Beweisfotos der Messserie genau angeschaut werden. Bestehen Zweifel an der Zuordnung der Messung zum Foto, dann wird kein deutsches Gericht darum herum kommen, das Verfahren, wie es auch das AG Dillenburg letztendlich zutreffend gemacht hat, einzustellen. Für gemessene Motorräder, insbesondere in Motorradgruppen, bei denen Motorräder nebeneinander oder aber auch versetzt fahren besteht ein erhöhtes Risiko einer falschen Zuordnung. Aber auch bei anderen Fahrzeugen kann dies erst nach einer genauen Überprüfung ausgeschlossen werden.

Aus "KRADBLATT" Mai 2010
www.KRADBLATT.de


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