"Das Sprachrohr"

"Werbung für den Biker-Himmel"

Ein Kommentar im Januar 2010  von Winni Scheibe


Den Satz kennt eigentlich jeder. Jedenfalls die, die
etwas verkaufen möchten: "Wer nicht wirbt, der stirbt".
Er stammt vom legendären US-Autofabrikanten Henry Ford.
Wichtig bei Werbung ist die Aufmachung oder auch Aussage,
im Branchenjargon die "Message". Wenn sie unter die Haut
geht, hat sie ihr Ziel erreicht!

 

Bild vergrößern

LEXWARE-Werbung, Doppelseite 10-11 im SPIEGEL 50/2009
(Foto: Arthur Mebius)


Unter den Motorradfahrern gibt es zwei Fraktionen. Mal einfach ausgedrückt. Die besonders pflegeleichten sind die echten Fans, die Enthusiasten und Liebhaber toller Maschinen, ihr Hobby ist ihnen etwas wert. Die anderen sind die Konsumenten. Eine Kundschaft, die auf Preise achtet. Das Wissen und die neueste Szenen-Information holt man sich aus den Fachblättern. Nur eins kann dabei mächtig nerven, die viele Werbung. So war es jedenfalls mal. In der letzten Zeit hat sich das gänzlich geändert. Es gibt nämlich keine, oder nur noch wenige Werbeanzeigen. Die einen mögen sich darüber freuen, für die Verlage ist es fatal. Guter Journalismus kostet nämlich Geld, "ohne Moos, nichts los". Auch die Motorradindustrie leidet unter der Wirtschafts- und Finanzkrise und muss sparen. Eben auch bei der Werbung.

Montag 07. Dezember 2009, 22:00 Uhr. Meine SPIEGEL-Zeit, ich liege auf der Couch und blättere in der aktuellen Ausgabe 50/2009. Bei der Doppelseite 10-11 fällt mir fast das Blatt aus der Hand. Eine große Motorradwerbung im SPIEGEL? Ich bleibe am Bild hängen. Kaum zu glauben, Genial, der Lichteinfall, die BSA, die beiden Nortons, wie sie "better than new" da stehen. Und die Details im Bild! Die Auspufftöpfe gehören nicht an Harleys oder BMWs, es sind original Briten-Rohre. Und die Werkbank! Alte Motorrad-Hefte, Kaffeetassen, Pokale, Tachos, das geordnete Werkzeug und die frisch überholten BSA-Einzylindermotoren, ich kann mich kaum sattsehen.
Sofort fühlt man sich in dieser Schrauberbude gut aufgehoben. Hier würde man mit großem Vertrauen seinen geschätzten Oldtimer überholen lassen. Der Meister versteht was vom Fach, keine Frage. Aber auch mit einem modernen Bike kann man mal mit einer Panne liegen bleiben, ist auf Hilfe angewiesen. Dann schwingt sich der Werkstattchef in seinen Ford Transitbus, der im Hof parkt,  und holt einen ab. Auch nach Feierabend und am Wochenende sowieso. So geht es mir durch den Kopf, schöne alte Motorradwelt, fast wie früher. Dabei geht es überhaupt nicht  um Motorräder, LEXWARE verkauft Computerprogramme für Werkstätten und Handel.

Dienstag, 08. Dezember 2009, 10:30 Uhr, ich rufe Franz Josef Schermer, vielen als der FJS-Motorradtester bekannt, an. "Franz, haste im SPIEGEL die Anzeige mit den Motorrädern gesehen", möchte ich von ihm wissen.  Er lacht und verrät: "Gestern habe ich in meiner Werkstatt mit Kumpels geschraubt, spät Abends habe ich ihnen die Anzeige gezeigt. Wir haben eine Flasche Rotwein aufgemacht und auf das Bild angestoßen! Es ist die beste Aufnahme, die ich je gesehen habe, sie hat uns emotional voll getroffen." Wer FJS kennt, weiß, dass sich die Werbung geadelt fühlen darf. 
Wir tratschen noch etwas über die Branche und fragen uns, warum die Motorradindustrie solche Werbebilder nicht hinbekommt. Bilder, die echte Hingucker sind, Aufnahmen, die besser als 1000 Worte sind, emotionale Motive, die voll ins Herz gehen. Gäbe es für Werbung mit Motorrädern einen Oscar, die LEXWARE-Anzeige stände bei uns ganz oben auf der Liste.

Bleibt die Frage, was hat man sich bei LEXWARE dabei gedacht. Die Antwort kam prompt. Für die Anzeigenreihe, Motorrad-Werkstatt, Metzgerei, Fischladen und Pizzeria, war die Werbeagentur REINSCLASSEN GmbH & Co. KG zuständig, das Motorradmotiv fotografierte Arthur Mebius, erfahre ich und weiter wird verraten: "Immer präsentiert ein Laden-Besitzer seinen geordneten Betrieb, in dem er als Chef, Boss oder Meister sich auf sein Geschäft konzentrieren kann, denn die Buchhaltung erledigt der Marktführer LEXWARE für ihn. Werkstätten gehören zu einem der größten Branchenzweige in Deutschland. Für LEXWARE, den Spezialisten für Software-Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen, war ein Motiv aus dieser Branche also nur logisch. Eine Auto-Werkstatt erschien uns dabei als zu banal und austauschbar. Außerdem weiß schließlich jeder, dass Motorräder, vor allem die Oldtimer unter ihnen, viel mehr Sex haben als Autos."

Danke LEXWARE! Einen Glückwunsch auch an die Werbeagentur REINSCLASSEN für die bis in den letzten Winkel umgesetzte Idee und das perfekt fotografierte Motiv. Meine Empfehlung an die Motorradindustrie. Schade nur, dass LEXWARE keine Motorräder baut. Auf die Anzeigenkampagnen
wäre ich gespannt.


www.lexware.de


Text-Archiv: "Das Sprachrohr"


 
Home