Sport


Historie der Solo-URS

Nach den ersten Erfolgen mit der Solo-URS dauerte es dann
auch nicht mehr lange, bis Fachleute und Experten von einem
neuen Zeitalter in der 500er GP-Klasse sprachen. Der URS-Motor,
mit dem Helmut Fath bereits 1968 Gespann-Weltmeister geworden
war, hatte sichtlich das Potenzial, um die übermächtige MV Agusta
schlagen zu können. In der Szene wurde diskutiert und spekuliert,
die Königsklasse war endlich wieder spannend geworden.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv-Fath, Archiv-Münch, Archiv-Smetana

 
Haudegen Karl Hoppe auf der URS-Métisse
(Foto: Archiv-Münch)

Als das Team um Ex-Weltmeister Helmut Fath Mitte 1961 beschloss, einen eigenen Rennmotor zu bauen, lautete das erklärte Ziel die Gespannweltmeisterschaft zurückzuerobern. Maßgeblich beteiligt an der Herstellung des URS-Triebwerkes war Paul Smetana. Um das Triebwerk vorab im Rennbetrieb zu erproben, aber auch als "kleines Dankeschön" für die aufopfernde Mitarbeit von Paul Smetana wurde ein URS-Motor in ein abgeändertes BMW-Fahrwerk gebaut. Hobby-Rennfahrer Paul Smetana setzte die Solo-URS erstmals im Herbst 1964 auf dem Nürburgring ein. Plagte das Team zu Anfang noch Kinderkrankheiten, die zu Ausfällen führten, konnte Paul Smetana später bei einem Rennen auf der Avus in Berlin nicht nur gewinnen, sondern er fuhr auch noch die schnellste Rennrundenzeit.


(Foto: Archiv-Kuhn)


(Foto: Archiv-Kuhn)



Herbst 1964 auf dem Nürburgring:
Paul Smetana auf der Solo-URS 
(Foto: Archiv-Smetana)

Gespann-Ausstellung 1997 in Hockenheim:
Rennfan Paul Smetana


I
nzwischen war auch der englische Rahmenhersteller Colin Seeley auf den erfolgreichen  URS-Motor aufmerksam geworden. Er baute um das Einspritz-Triebwerk ein wunderschönes Chassis und setzte 1967 den bekannten englischen GP-Fahrer John Blanchard auf die Seeley-URS. Trotz einiger Achtungserfolge kam es zwischen Seeley und Fath jedoch zu Meinungsverschiedenheiten und so schnell die Zusammenarbeit begonnen hatte, war sie auch wieder beendet.

Helmut Fath hatte derweil das Potenzial der Solo-URS erkannt und bestellte bei Rickman zwei Métisse-Fahrgestelle. Der Doppelrohr-Rahmen aus nahtlos gezogenem 32 mm starken Reynoldrohr war nicht wie sonst üblich verschweißt, sondern hartgelötet. Beachtenswert war die stabile Rickman-Gabel mit 41,3 mm Standrohrdurchmesser sowie vorn und hinten je eine Lockheed-Scheibenbremse. Als Fahrer wurde für die Saison 1969 zunächst Karl Hoppe und später auch noch Ferdinand Kaczor ausgewählt. Neben dem zweiten Platz bei GP-Rennen in Hockenheim wurde Karl Hoppe 1969 mit der Solo-URS Deutscher Meister in der 500er Kasse.


GP-Salzburg:
Meister Fath mit den URS-Solo-Piloten
Karl Hoppe und Ferdi Kaczor


500er URS-Vergaser-Motor im Métisse-Rahmen
(5 Fotos: Archiv-Fath)


Gespannweltmeister Helmut Fath, der 1969 seinen WM-Titel verteidigen wollte, musste nach einem Unfall bei einem Internationalen Rennen in Finnland diese Hoffnung begraben, er wurde nur Vize-Weltmeister. Weitaus folgenschwerer aber war der Verkauf seines URS-Rennstalles samt aller Fertigungsvorrichtungen für den URS-Motor an George Bell, den neuen Chef der Firma Münch. Bell wollte mit dem Rennengagement der Solo-URS und dem URS-Gespann weltweit für die Münch Mammut Reklame machen und somit den Absatz des Überbikes steigern. Die beiden URS-Mètisse wurden von Ferdinand Kaczor mit einer verstärkten Hinterradschwinge sowie modifizierter Telegabel mit zwei Scheibenbremsen verbessert. Die Motoren für den Solobetrieb und Gespanneinsatz erhielten ab der Münch-Ära anstelle der Einspritzanlage japanische  Keihin-Rennvergaser. Das Team beteiligte sich in der Deutschen Meisterschaft, bei internationalen Rennen und in der Weltmeisterschaft unter dem Logo "Münch-URS".


Münch-Werk 1970: Ferdi Kaczor und Friedel Münch
(Foto: Archiv-Münch)

Als Renn-Manager hatte der US-Amerikaner Bell den uns bereits bekannten englischen Rennfahrer John Blanchard, der übrigens fließend deutsch sprach, verpflichtet. Ohne Kosten und Mühen zu scheuen, schaffte man für die Rennaktivitäten einen großen Sattelzug an und noch bevor im Rennzirkus ein professionelles Auftreten gefordert wurde, nahm das Münch-URS Team bereits das halbe Fahrerlager für sich ein. 


(Foto: Archiv-Münch)


Aus der geplanten Zusammenarbeit zwischen Friedel Münch und Helmut Fath wurde nichts. Der zweifache Gespann-Weltmeister suchte sich neue Herausforderungen und auch Ferdi Kaczor drehte dem Team den Rücken. Mit einer 350er Yamaha wollte er seine Rennfahrer-Karriere fortsetzen. Das Schicksal wollte es aber anders. Beim Internationalen Rennen in Ziersdorf/Österreich verunglückte der schnelle Bayer am 20. Juni 1970 tödlich. Karl Hoppe fuhr dafür mit der Münch-URS weiterhin um die Wette und Horst Owesle sammelte zusammen mit seinem Beifahrer Kremer fleißig WM-Punkte. Im folgenden Jahr trat der einstige URS-Mechaniker in die Fußstapfen von Helmut Fath und wurde mit Peter Rutherford im Münch-URS-Gespann Seitenwagenweltmeister. Am Ende der Saison hatte man zwar das Ziel der Träume erreicht, George Bell war aber auch pleite und Friedel Münch stand vor dem Aus. Das Rennteam nahm John Blanchard für ausstehende Zahlungen mit nach England, der Rest ist Geschichte.


Zweiter WM-Titel:
Horst Owesle und Peter Rutherford wurden 1971 mit dem Münch-URS-Gespann Seitenwagenweltmeister
(Foto: Archiv-Münch)


Karl Hoppes Münch-URS von Helmut Sing perfekt restauriert


Technische Daten
URS-Rennmotor


MOTOR:

Fahrtwind gekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor
Bohrung x Hub 60 mm x 44 mm
Hubraum 499 ccm
Verdichtung 10:1
vier einzelne Alu-Zylinder mit Hartverchromlaufbahn
Zylinder um 15 Grad nach vorne geneigt
zwei über Vorgelegewelle und Einfach-Rollenkette angetriebene obenliegende Nockenwellen
Nockenwellen Nadellager gelagert
über Zentralschraube verschraubte zweiteilige Ein- und Auslassnockewelle
zwei Ventile pro Zylinder
Einlassventil 34 mm Durchmesser
natriumgekühlte Auslassventile, 30 mm Durchmesser
je Ventil eine Fath-Ventilfeder
Ventile direkt über Nadellager gelagerte Rollenstößel betätigt
geschmiedete Schmidt-Kolben, ein Kompressionsring, ein Ölabstreifring
in Nadellager gelagerte Titan-Pleuel
zwei über Zahnräder und Vorgelegewelle verbundene Kurbelwellen
jede Kurbelwelle in zwei Rollenlager und einem Nadellager gelagert
für Massenausgleich exzentrische versetzte kreisrunde Kurbelwellenscheiben
90-Grad-Hubzapfenversatz
Gemischaufbereitung für das Gespanntriebwerk
mechanische Bosch-Einspritzanlage, ab 1970 Keihin-Rennvergaser
für die Solo-Rennmaschinen zunächst Dellorto-Vergaser, dann Einspritzanlage und ab 1970 Keihin-Rennvergaser
Nasssumpfschmierung mit 5 Liter Ölvolumen


GETRIEBE:
Primärantrieb über Vorgelegewelle und Zahnräder
Trockenkupplung
angeflanschtes Schafleitner-Getriebe auf Norton-Basis
wahlweise vier, fünf oder sechs Gänge
Hinterradantrieb über Einfach-Kette

ZÜNDUNG:
Batterie-Zündanlage mit vier Unterbrecherkontakten
Betätigung von der Vorgelegewelle aus
je zwei 10-mm-Zündkerzen pro Zylinder mit Doppelzündspulen
Zündfolge 1-4-2-3


URS-500-GP-Ausführung:
Bohrung x Hub 60 mm x 44 mm
Hubraum 499 ccm
Verdichtung 10:1
Leistung Stand 1971: 80 PS bei 13.500/min


URS-750-Inter-Racing-Ausführung:
Bohrung x Hub 67 mm x 53 mm
Hubraum 749 ccm
Leistung Stand 1971: 100 PS bei 12.000/min


Besonderheiten:
Ab 1968 zwei Ansaugkanäle pro Zylinder
ab 1970 für URS-Solo-Rennmaschine und URS-Renngespann nur noch vier Keihin- Rennvergaser
ab 1970 kontaktlose Boyer-Zündanlage
Motorgehäuse für Gespannbetrieb aus Alu-Sandguss
Motorgehäuse für Solobetrieb Elektron-Guss oder Alu-Guss

 

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