Sport


Motorrad-Stunt-Fahrer: 
Rainer Schwarz

Mit Stunts vom Acker auf die Piste

Die ganze Woche über fährt er auf dem Trecker durchs Allgäu
oder melkt die Kühe auf seinem Bauernhof. Am Wochenende
schwingt er sich auf seine Buell und legt die schärfsten Burnouts
Deutschlands auf den Asphalt: Rainer Schwarz ist einer der besten
Motorrad-Stunt-Fahrer Europas.

Text&Fotos: Buell



Rainer Schwarz:
Schnellster Treckerfahrer der Welt


Herbishofen im Allgäu – Wirtshaus, Kirche, Freiwillige Feuerwehr und Schützenverein. Sieben Kilometer bis Memmingen. Hinter dem Hof liegen 25 Hektar Land, im Stall stehen 40 Milchkühe. Der Mann auf dem Melkschemel: Rainer Schwarz, einer der bekanntesten Motorrad-Stunt-Fahrer in Europa. Bereits mit zehn Jahren dreht Rainer zum ersten Mal am Gasgriff eines Mofas. Lange bevor er mit 16 den Führerschein macht, hat er die Äcker und Feldwege rund um sein Heimatdorf mit einer 250er Gelände-Maico erkundet. Landleben auf dem Hinterrad, denn an Wheelies – der rasanten Fahrt mit aufgebäumtem Vorderrad – findet Rainer Schwarz schnell Gefallen. Im Anschluss an die Schulzeit ergreift er den Beruf des Landwirts, so wie Generationen vor ihm. Der Geruch von verbranntem Gummi aber wird zur Leidenschaft – die Piste ruft.



Buell-Cowboy:
Rainer Schwarz auf dem Weg zur Kuhherde


Drei Jahre lang hobelt Rainer Schwarz beim Autoslalom und auf der Rundstrecke die Reifen seines Opel Kadett herunter, dann konzentriert er sich wieder auf zwei Räder. Mittlerweile ist er in der Region bekannt wie ein bunter Hund, schaltet auf Treffen und Veranstaltungen auf dem Hinterrad fahrend mal eben alle Gänge durch. Lässt das Hinterrad durchdrehen, bis sich der Pneu in Schall und Rauch auflöst. Nur zum Spaß, wie er sagt. Bis er immer häufiger angesprochen wird, seine Show im Rahmen eines Events abzuziehen. Mit seiner 1100er Suzuki malt er Striche auf den Asphalt und bricht den Geschwindigkeits-Weltrekord im Einradfahren – 267,57 km/h auf dem Hinterrad. Am Morgen danach steht er wieder mit der Forke in der Hand im Stall und mistet aus. Vom Stunt-Fahren allein kann man nicht leben. 



Rainers liebstes Hobby:
In 17 Sekunden einen Hinterradreifen zerfleischen


Als er 1999 zum ersten Mal auf einer Buell sitzt, infiziert er sich ohne wenn und aber mit dem US-Bike-Virus. Zwar hat die schöne Amerikanerin weniger Leistung als seine Turbo-Suzi, dafür ist sie aber unvergleichlich handlich. Zum Spaß lässt sich damit sogar mühelos eine Furche in den Acker pflügen. Neue Kunststücke werden einstudiert und auf Events in ganz Deutschland vorgeführt.  
Manche Ideen sind ganz leicht zu verwirklichen und brauchen nur ein paar Tage Übung, an anderen feilt Rainer bis zu einem Jahr lang herum, bis er sie sicher und professionell in sein Programm aufnehmen kann. Alles, was Akrobatik ist – ein Wheelie mit fünf Personen zum Beispiel – gehört zu den leichteren Übungen. Den Wheelie auf dem ultralangen Power-Cruiser Harley-Davidson V-Rod beherrscht er über lange Zeit als einziger Stunt-Fahrer weltweit.

Apropos Stunts auf Harley-Davidson: Hier wollen 300 Kilo Lebendgewicht plus Fahrer gewuchtet werden. In der Regel vor einem Publikum, das genau weiß, dass die „Milwaukee Irons" nicht die spielerische Leichtigkeit einer Trial-Maschine aufweisen. Aber gerade diese Zuschauer hält auch nichts auf ihren Sitzen, wenn Rainer Schwarz seine Show mit Bravour absolviert hat. Wundert es da, dass er gerne nach Faak zur European Bike Week kommt oder zu den 24 Stunden von Oschersleben? Vor allem während der Late-Night-Shows schießt Rainer ein wahres Feuerwerk an Effekten ab – im wahrsten Sinne des Wortes. Zusammen mit einem befreundeten Pyrotechniker hat Rainer Schwarz Showeinlagen entwickelt, die den Drag-Strip gezielt in Farben, Licht und Rauch hüllen.


Standpunkt:
Was für die Landwirtskollegen ein Lanz, 
ist für Rainer seine Harley

Seit er bei über 40 Veranstaltungen pro Saison in ganz Europa auftritt, müssen sich Rainers Frau und seine Eltern schon häufiger um Kühe und Hof kümmern. Der Reifenservice, den er noch nebenbei betreibt, bleibt an diesen Tagen geschlossen. Feste Partner, die das ganze Repertoire drauf haben, wechseln sich an den Wochenenden ab, um der Show noch mehr Attraktionen zu verleihen. Nebenberuflich, ganz klar, denn bei ihnen sollen weder Job noch Familie zu kurz kommen.



Fahrgemeinschaft:
Rainer mit seinen Freunden Sepp und Toni
auf dem Weg zum Bauern-Stammtisch


Die Motorräder werden von Buell und Harley-Davidson zur Verfügung gestellt, Dunlop greift tief in die Reifenkiste. 150 Hinterradreifen werden pro Saison abgefackelt, vorne sind es immerhin 15 Pneus im Jahr – auf dem Vorderrad zu fahren ist extrem belastend für den Reifen, weiß Rainer und schließlich will er kein Risiko eingehen. Wer jedes Jahr 40.000 Kilometer mit dem Transporter zurücklegt, um eine gute Show abzuliefern, muss professionell mit seinem Equipment umgehen. Die Vorbereitung seiner Maschinen übernimmt er selbst, nur wenn es ans Eingemachte geht, vertraut er dem Fachwissen und der Routine der Fachwerkstatt von K&M Harley-World im Allgäu.



Aussichtssache:
Im Stehen lässt sich die Landschaft viel besser geniessen


Seit drei Jahren führt Rainer Schwarz seine Show auch in Japan vor – Auftritte, die ihn immer wieder beeindrucken. „Klar wollen die auch Burnouts vom Feinsten", sagt er, „aber diese Freundlichkeit und dieser Respekt, den Japaner einer gebotenen Leistung zollen – das ist schon einzigartig". Dass die Show sich sehen lassen kann, steht zweifelsohne außer Frage. Zudem sind dem Bayern noch keine gravierenden Unfälle passiert, seitdem er sein Faible zum Nebenberuf gemacht hat. „Und geht ein Stunt mal daneben, wird er halt noch mal gefahren", grinst der 32-jährige.



Übung macht den Meister. 
Wenn Luis (weißer Helm) die Sitztechnik beherrscht, darf er auch auf den Sattel

Trainiert wird dort, wo Platz ist, und das kann auch schon mal die Dorfstraße sein. Klar hat es in der Vergangenheit schon mal Bemerkungen der Nachbarn gegeben, wenn Rainer Schwarz seine V-Twins aufbrüllen ließ. Aber seit er damit auch über die Grenzen von Herbishofen hinaus erfolgreich ist, begleitet ihn beim Einüben neuer Stunts eher eine gewisse Sympathie.


Art of Wheelies


Herbishofen im Allgäu – vielleicht 150 Einwohner, Sängerchor, Volkstanz im denkmalgeschützten Wirtshaus, die Landjugend ist aktiv. Rainer Schwarz führt den Hof jetzt in den achten Generation. 1883 brannte der Hof komplett ab und wurde wieder aufgebaut, vor fünf Jahren kam die Werkstatt dazu. Am nächsten Wochenende ist er wieder als Instruktor beim Stunt-Training dabei. „Talent braucht man zum Stunt-Fahren", meint er, „und ein Gefühl fürs Motorrad." Seine Tochter Nadja ist mit ihren 2 ½ Jahren noch zu jung, aber Sohn Tobias hat mit seinen vier Jahren schon leuchtende Augen, wenn die Buell rausgeschoben wird. Die nächste Generation...



Boxen-Stopp:
Rainer auf dem Weg zum Reifenwechsel

Wheeling Team
Rainer Schwarz
Herbishofen 41
D-87760 Lachen

www.stunt-s.de


Tel. +49 (0) 83 31 - 49 91 37
Mobil +49 (0) 171 - 69 71 200
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