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"Maestro Ferracci"
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Multikulturelle Probleme sind in den USA weitgehend unbekannt. Im Land "der unbegrenzten Möglichkeiten" spielt in der Gesellschaft und im Berufsleben die Nationalität kaum eine Rolle. Wer fleißig ist und etwas von seinem Handwerk versteht, kann es weit bringen. Ducati-Tuner Eraldo Ferracci gehört zu diesen Leuten. 1991 und 1992 gewann sein Team "Fast by Ferracci" mit dem US-Rennfahrer Doug Polen die Superbike-Weltmeisterschaft. 1993 blieb das Team im Lande und sicherte sich den begehrten AMA-Superbike-Titel. |
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Seit 1967 lebt der erfolgreiche Tuner und Teamchef in den Staaten, doch sein italienisches Temperament und das typische südländische Wesen hat Ferracci weder verlernt noch abgelegt. Im sympathischen englisch-italienischen "Slang" verhandelt er mit Sponsoren, bespricht mit seiner Kundschaft die Aufträge und bringt mit deftigen Scherzen Besucher herzhaft zum Lachen. Geht`s mit ihm zum Essen, fühlt man sich wie in Italien. Aus der üblichen 60-minütigen Mittagspause werden dann schnell zwei Stunden und mehr. Schließlich gibt es viel zu erzählen. |
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1980 legte der Wahl-Amerikaner den Grundstock für sein heutiges Geschäft, der "Manufacturer & Distributor of High Performance Motorcycle Components", kurz "FBF" in Willow Grove. "Im Herzen bin ich aber immer noch Italiener. Den Kontakt zu meiner Heimat habe ich nie abgebrochen. Auch die Verbindungen zur italienischen Motorradindustrie, besonders aber zu Ducati, habe ich immer gut gepflegt", erzählt der agile Tuningspezialist. Wie gut das Verhältnis zwischen Ducati und dem PS-Guru ist, zeigt die Tatsache, dass in der Regel ein Teil der Ducati-Werksrennmaschinen nach Willow Grove geliefert werden. Diese Maschinen werden vom Team "Fast by Ferracci" eingesetzt, während der Saison betreut und zum Teil sogar weiterentwickelt. Von dieser Arbeit profitiert das Stammwerk in Bologna und natürlich die Ferracci-Kundschaft. |
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Zum Großteil ist der Betrieb mit individuellen Motor- und Fahrwerkstunings ausgelastet. Entsprechend gestaltet sich der "FBF"-Teilekatalog. Das Angebot reicht von Big-Bore-Kits, über unterschiedliche Rennnockenwellen, Titan-Pleuel, Titan-Ventile bis zu überarbeiteten Kurbelwellen. Des Weiteren gibt es spezielle Wasserkühler, Alu-Kupplungen, geänderte Zündungs-Chips und Dynojet-Vergaser-Kits, Auspuffanlagen und natürlich alle möglichen Fahrwerks-Tuningteile. Soll das Bike möglichst leicht werden, kann man Motorgehäusedeckel aus Magnesium und Verkleidungsteile aus Carbon ordern. Für verbesserte Straßenlage sorgen Federelemente von Öhlins. |
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Für den Verkauf und den "Bürokram" hat Eraldo Ferracci seine Leute, in der Werkstatt ist er der Chef. Das Sprichwort, "Bei uns kocht der Chef selbst", könnte kaum besser zutreffen. In einen Arbeitskittel gekleidet, der den Bauchansatz geschickt verdeckt, weißhaarig, hämisch durch die Brille peilend, meist ein Liedchen pfeifend und immer gut gelaunt, wirbelt der Boss in einer Mischung aus italienischem Temperament und amerikanischer "easy going" Einstellung umher. Zwischen Werkbank, Motorradhebebühne, Drehmaschine, Leistungs- und Super-Flow-Prüfstand, Fräsmaschine und Telefon ist er in "action". Aber nie entsteht der Eindruck, dass er den Überblick verliert, etwas vergisst, sich durch irgendwas aus der Ruhe bringen oder sich von seiner Arbeit ablenken lassen würde. Für einen Moment könnte man vergessen, dass man in den USA ist, die Werkstatt könnte genauso gut irgendwo bei Mailand oder Bologna stehen. |
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Ferraccis Erfolg kommt
nicht von ungefähr. Handwerklich ist er ein Perfektionist. Nichts
überlässt er dem Zufall. Bevor zum Beispiel ein Zylinderkopf
stundenlang per Hand überarbeitet wird, wird auf dem "Super-Flow100"-Prüfstand
Luftgeschwindigkeit und Luftmengendurchsatz im Einlass- und Auslasskanal
gemessen. Erst wenn diese Werte ermittelt sind, kommt der Handfräser zum
Einsatz. Bei Geräuschen, die an einen Zahnarztbesuch erinnern, werden
die Kanäle begradigt und anschließend penibel poliert. Mit gleicher
Sorgfalt erfolgt die Überarbeitung der Ventilsitze, der Ventile, des
Brennraumes und das Einschleifen der Ventile. Auch dem Einpassen der
Nockenwellen und dem Einstellen des Ventilspieles wird großes Augenmerk
gewidmet. Im Schnitt beträgt der Arbeitsaufwand für einen
Zweiventil-Kopf etwa anderthalb Tage. Das Optimieren eines
Vierventil-Kopfes dauert zwei Tage. "Inwieweit sich die Mühe gelohnt
hat, lässt sich nach getaner Arbeit haargenau auf dem Super-Flow Gerät
ermitteln. Nach unseren Erfahrungen erzielen wir eine Optimierung bis zu
20 Prozent", verrät Ferracci. |
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Den Spruch: "Hubraum ist durch nichts zu ersetzen", kennt man natürlich auch bei "FBF". Hubraumvergrößerung gehören zur Standardarbeit. Die hierfür verwendeten Kolben bezieht man von Zulieferfirmen aus den USA und Italien. Bevor die geschmiedeten Edelteile allerdings im Zylinder verschwinden, werden die Kolbenböden nachgearbeitet und die Ventiltaschen tiefergefräst. "Eigentlich wird bei uns kein Bauteil, ganz gleich ob Standard- oder Tuningteil, ohne irgendeine Nacharbeit einfach eingebaut", betont Ferracci. "Auch die hochwertigen und teuren Ducati-Rennteile lassen sich optimieren. Ganz gleich, welche Arbeitsgänge im Einzelnen erforderlich sind, unsere Werkstatt ist so gut ausgerüstet, dass wir alles selbst machen."
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