Szenen-News August 2007

Kawasaki 1400GTR

100.000 Kilometer in 100 Tagen


Der Startschuss zum großen 1400GTR-Langstreckentest ist gefallen.
Im Morgengrauen des 28. Juli 2007 brach der erste Fahrer von 50 Braunschweiger Polizisten zum großen Marathontrip auf: 100.000 Kilometer in 100 Tagen. Seither geht es quer durch Deutschland und das angrenzende Europa. Ein Härtetest für Mensch und Maschine mit wissenschaftlichem Background. Denn das außergewöhnliche Unternehmen wird von der Medizinischen Hochschule Hannover, der Sport-Uni Freiburg und vom ifz in Essen analysiert und ausgewertet.


Die Erleichterung ist deutlich spürbar, alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Jetzt kann’s endlich losgehen. Das Organisationsteam um Rudi Müller stößt stilecht mit einem Wolters Bier aus dem Hofbräuhaus Braunschweig auf den Start zum Mega-Unternehmen an. Selbstverständlich alkoholfrei, wie es sich für Polizeibeamte gehört. „Schon die Vorbereitungen haben uns zu einem festen Team zusammengeschweißt. Lutz Gebauer ist für die Logistik zuständig, Hartmut Marquardt fungiert als Ansprechpartner für den medizinisch-wissenschaftlichen Bereich, Robert Lammers kümmert sich um die Kommunikation, und Jürgen Große erledigt die Koordination rund um das Motorrad. Nun sind die Fahrer an der Reihe, jetzt geht es nur noch vorwärts. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass von den 50 Kollegen im Langstreckenteam sage und schreibe 30 motorradbegeisterte Polizisten bereits 1989 bei unserem damaligen 100.000-Kilometer-Test mit der Kawasaki 1000GTR dabei waren. Dieses Mal ist der jüngste Teilnehmer 27, der älteste 57 Jahre alt“, lässt Rudi Müller wissen.



100.000 Kilometer in 100 Tagen Orga-Team:
Rudi Müller, Lutz Gebauer, Jürgen Große, Hartmut Marquardt, Robert Lammers


Zur Startparty für die Marathontour, am Samstag, dem 28. Juli, trafen sich die Beteiligten bei der Braunschweiger Kawasaki-Vertretung Popko Motorradsport. Ingolf Zekalle, Verkaufsleiter bei Kawasaki Motors Europe N.V./Niederlassung Deutschland in Friedrichsdorf, ist sichtlich zufrieden: „Einen besseren Auftakt für die Markteinführung unseres neuen Tourers hätten wir uns kaum wünschen können. Was das Team um Rudi Müller hier auf die Beine gestellt hat, ist gigantisch. Dem gebührt größter Respekt. Wir stehen voll hinter dem Unternehmen und sind fest davon überzeugt, dass die neue 1400GTR alle Erwartungen erfüllen wird.“



Popko Firmenchef Hans "Pauli" Lier und Kawasaki Verkaufsleiter Ingolf Zekalle


Popko-Firmenchef Hans Lier, genannt „Pauli“, für die technische Betreuung zuständig, schließt sich der Einschätzung an: „Der Super-Tourer 1400GTR basiert auf der bewährten ZZR1400, technische Probleme oder Kinderkrankheiten sind kaum zu erwarten. Die Maschine wird während der gesamten Testzeit mit Shell V-Power betankt, die Schmierstoffe stammen ebenfalls von Shell. Bei der Bereifung vertrauen wir weiterhin auf die Bridgestone BT 021. Da wir jedoch noch keine Erfahrungen in punkto Reifenverschleiß haben, haben wir vorsorglich Ersatzfelgen geordert und sie mit neuen Pneus bestückt. Voraussichtlich werden wir alle 10.000 Kilometer einen Reifenwechsel durchführen.“


Medizinisch-wissenschaftliche Auswertung


Rainer Nietschke, Hartmut Marquardt, Björn Goltz, Dr. Thomas Rebe


Motorrad fahren macht Spaß, es gehört zu den abwechslungsreichsten motorisierten Fortbewegungsarten überhaupt. Als Motorradfahrer riecht, schmeckt, spürt und erlebt man die Natur. Bei Touren lernt man Land und Leute kennen, schließt Freundschaften. Heikle Verkehrssituationen und missliche Umstände können das Biker-Feeling jedoch verderben. 
„Bis jetzt liegen kaum Erkenntnisse über Stressbelastungen vor, die besonders bei Langstreckenfahrten verursacht werden“, so Dr. Thomas Rebe von der MHH (Medizinische Hochschule Hannover), Abteilung Arbeitsmedizin. „In einer Studie wollen wir die Stressbelastung bei den Fahrern erfassen. Dabei wird unter anderem die Höhe der Stresshormone im Urin untersucht und in einem auf den Dauerfahrtest abgestimmten Fragebogen der subjektiv erlebte Stress erfasst. Die Ergebnisse sollen dann mit den verschiedenen Charaktertypen der Fahrer zur Stressverarbeitung verglichen werden. Denn wir wissen, dass Stress unterschiedlich verarbeitet wird.“ 
Für diese Studie wird jeder Fahrer mit jeweils zehn Urin-Monovetten ausgestattet, um – vor dem Start beginnend über die Fahrzeit hinaus bis zu 24 Stunden – Urinproben abliefern zu können. Das „Biomonitoring“ wird durch die Erfassung der körperlichen Belastung, den Ergebnissen aus den Fahrtprotokollen, den Fragebögen zu den individuellen und arbeitsplatzbezogenen Parametern sowie psychosozialen Belastungen, und mit den Positions- und Fahrdaten aus einer „Blackbox“ ergänzt. 
„Das ist für die Wissenschaft hochinteressant“, betont Dr. Rebe, „aber auch für Motorradfahrer. Aus der Untersuchung wird sich ableiten lassen, was Stress bedeutet, wie er individuell ansteigt und wieder abnimmt, wie man damit umgeht und ihn regulieren kann. Insbesondere beim Motorrad fahren liegen Spaß und Entspannung bekanntlich sehr eng zusammen mit Stress und stressigem Fahren. Mit dem Gasgriff kann man selbst jede Sekunde zwischen Entspannung und Stress auswählen. Jeder kann reflektieren, wie viel Stress ihm im Leben längerfristig guttut. Letztlich bestimmt der Stress aber auch die Lebenserwartung mit.“ 
Rainer Nietschke, Student für Sportmedizin an der Uni Freiburg, verkabelt die Tester bei der Marathonfahrt: „Bei den Fahrern wird während der täglichen Fahrzeit ein Langzeit-EKG den Blutdruck und die Herzfrequenz erfassen. Damit soll Aufschluss über die körperliche Dauerbelastung auf den gut 1000 Kilometern täglich gegeben werden.“ Die gesammelten Daten wird Rainer Nietschke als Basis in seine Doktorarbeit einfließen lassen.
Das ifz (Institut für Zweiradsicherheit e.V.) in Essen verknüpft den Langstreckentest mit der Studie „Risikosituationen beim Motorradfahren“ mit Hilfe eines ausgeklügelten vierseitigen Fragebogens. Hierzu Forschungsleiter Matthias Haasper: „Die 100.000 km-Fahrt bietet sich für unsere Studie geradezu an. Die Fahrer bilden einerseits einen repräsentativen Querschnitt durch die Motorradszene, anderseits lässt sich erwarten, dass durch ihre berufliche Praxis als Polizeibeamte sowie als engagierte Motorradfahrer ein bisher nicht vergleichbares professionelles Untersuchungsergebnis zustande kommen wird.“
 




Als einen willkommenen Praxistest nutzen Schuberth und Rukka die Marathontour. Matthias Kroner von Rukka/L-Fashion Group Oy in Hamburg betont: „Sicheres und komfortables Motorrad fahren hängt entscheidend von einer praxisgerechten Fahrerausstattung ab. Wackelt beziehungsweise kneift der Helm auf dem Kopf oder verursacht er nervige Windgeräusche, kann die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr erheblich gestört werden. Das Gleiche gilt natürlich auch für die übrige Bekleidung, besonders dann, wenn sie bei langen Touren getragen wird. Dabei ist es aber nicht nur wichtig, dass man sich in ihr wohl fühlt, sie muss zudem vor Kälte und Regen schützen. Und wenn es heiß wird, darf man sich nicht wie in einer Sauna fühlen. Ein Anspruch, den wir mit unseren High-Tech-Fahreranzügen in allen Bereichen zu erfüllen versuchen. Wir erwarten nach dieser Langstreckenfahrt ein positives Testergebnis.“
Peter Matschi kam die ehrenvolle Aufgabe zuteil, als erster Langstreckentester mit der Kawasaki 1400GTR on tour zu gehen. Seine nachfolgenden Fahrkollegen der Braunschweiger Polizei stehen schon in den Startlöchern bereit!   


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