Praxis

 

Honda Hawk mit 650er Vergasermotor und G-Kat
Ein Bericht aus 1993

Entwicklungshelfer

Honda, weltgrößter Motorradhersteller, hat kein Motorrad mit G-Kat
 im Programm. In Eigenregie wurde 1993 von Peter Frohnmeyer und
Winni Scheibe erstmalig eine Honda Hawk NT 650 mit dieser Umwelttechnik ausgestattet. Die abschließende Abgasuntersuchung beim TÜV-Südwest
in Böblingen verlief sensationell.

Text&Fotos: Winni Scheibe


G-Kat: Verringert den CO2 Ausstoß um 97,7%


Mobilität ist teuer. Ob beim Spritpreis, ob Versicherungskosten oder ob es die Kfz-Steuer ist, der Autofahrer blutet. Und es kommt noch dicker. Bei hoher Umweltbelastung, sei es durch zuviel Ozon in der Luft oder Smogalarm, wollen die Kommunen ein generelles Fahrverbot für Fahrzeuge ohne geregelten Katalysator (G-Kat) erlassen. Wer dies missachtet, zahlt Bussgeld und kassiert obendrein Punkte in Flensburg.



Kein Hexenwerk!
Zwischen Sammler und Schalldämpfer-Endtopf wurde der Metallträger-Katalysator Marke Wurm untergebracht. Hier muss das Abgas durch feine Gänge strömen und reagiert dann mit der Edelmetallbeschichtung des Wellpappe-ähnlich aufgebauten Blechträgers 


Für Motorradbesitzer eine düstere Zukunft. Es sei denn, man lässt einen Abgaskatalysator nachträglich einbauen. Steuerliche Vergünstigungen oder irgendwelche Zuschüsse vom Staat gab und gibt es allerdings für solch eine Umrüstung nicht.



G-Kat-Experte Paul Wurm und Honda-Fan Peter Frohmeyer


Damit rechnete Peter Frohnmeyer auch schon gar nicht mehr. Mitte
1993 ließ er beim Stuttgarter Kat-Spezialisten Paul Wurm einen geregelten Kat in seine Honda GT 650 Hawk einbauen. Danach wurden beim TÜV-Südwest in Böblingen die Abgase gemessen.

Nach ECE 40 sind folgende Grenzwerte erlaubt: 9,4 g/km HC (Kohlenwasserstoff) und 45 g/km CO (Kohlenmonoxid). Eine Dreckschleuderverordnung also. Ohne G-Kat lagen die Werte für HC bei 2,1 g/km und für CO bei 17,8 g/km. Mit dem Wurm G-Kat reduzierten sich die Schadstoffe für HC auf 0,14 g/km und für CO auf 0,41 g/km. Das ist so gut wie nichts mehr im Vergleich zu den Basiswerten. Genauer: minus 93,3 Prozent für HC und minus 97,7 Prozent für CO. Einen gesetzlichen Grenzwert für Stickoxide gibt es ohnehin nicht.

 

 


Abgasmessung beim TÜV-Südwest in Böblingen


Problemlos verlief die anschliessende TÜV-Untersuchung und Eintragung in die Fahrzeugpapiere. Formsache. Die fünf Mark für die erbetene "Smog-Plakette" durfte
Peter Frohnmeyer auch gleich mitbezahlen. Doch der Aufkleber selbst wurde ihm verweigert. Man müsse sich noch genauer erkundigen, ließen die Beamten von der Kasseler Zulassungsstelle verlauten.
Ergebnis: Für G-Kat-Motorräder wird die "Smog-Plakette" nicht erteilt! Frohnmeyer verstand die Welt nicht mehr. Über 2500 Mark hatte er fürs "Umwelt-Tuning" investiert, und nun das. "Nicht mit mir", sagte sich
der Honda-Fan, und schrieb an den Landrat in Kassel, ans Bundesministerium für Umwelt sowie das Verkehrsministerium in Bonn, die Arbeitsgruppe Verkehr der SPD im Bundestag und an den Hessischen Umweltminister in Wiesbaden.
Zuerst erhielt Frohnmeyer von der Zulassungsstelle in Kassel seine fünf Mark zurück und die Erläuterung: "Die Bestimmungen seien für Fahrzeuge mit mindestens vier Rädern... aus diesem Grund könne man keine... außerdem sei man
nicht zuständig."
Aus Bonn kam die Nachricht, "dass die Problematik bekannt sei, verschärfte Abgasgrenzwerte in Planung sind, für die Zuteilung des Aufklebers aber die Bundesländer zuständig sind". Nicht viel, aber wenigstens etwas.
Auch im Antwortschreiben der SPD-Verkehrsexperten bestätigte man die geplante Verschärfung der Schadstoffgrenzwerte für Motorräder, verwies aber bei der Zuteilung der "G-Kat-Plakette" für Motorräder auf die Zuständigkeit der Bundesländer.



Vordenker:
Winni Scheibe und Peter Frohnmeyer


Die Antwort von Hessens Umweltminister Fischer Anfang November brachte Spannung in die Sache. Nach Lob für
die Eigeninitiative ist die Behörde in Wiesbaden der Meinung, "dass die Smog-Verordnung nicht ausdrücklich Pkws, sondern Kraftfahrzeuge allgemein betrifft".
Seine "G-Kat-Plakette" hatte der Kasseler Motorradfahrer aber immer noch nicht. Denn für die Erteilung, das wusste er nun, ist ja der Hessische Verkehrsminister zuständig. Anfang Dezember 1993 schickte er die entsprechende Anfrage ans Verkehrsministerium nach Wiesbaden. Schon nach drei Monaten kam die Antwort: "Das Umweltministerium sei dafür zuständig". So ist das halt in der Politik.


Wichtig!
Dieser Bericht stammt aus dem Jahr 1993!


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