Praxis |
Text&Fotos: Winni
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Mit richtig Schmackes kommt unser Sportfreund über die kleine Bergkuppe gedüst. Gleich dahinter folgt eine scharfe, fast um 90 Grad abknickende Kurve, die er aus dem hohen Tempo extrem hart anbremsen muss. Die Telegabel taucht bei dieser Gewaltbremsung weit ein, soweit, dass fast kaum noch nutzbarer Federweg vorhanden ist und das Vorderrad regelrecht über den Asphalt hoppelt. Nur mit großer Mühe kann Speedy sein ins Schlingern geratenes Bike auf Kurs halten und auf der letzten Rille in die Kurve einbiegen. Es ist noch einmal gut gegangen. Ursache für diese Fahrwerksunruhe ist eine falsch abgestimmte Telegabel. |
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Bei modernen High-Tech Bikes, die über eine Vielzahl von Fahrwerksverstellmöglichkeiten verfügen, ist dieses Problem schnell in den Griff zu bekommen. Mit wenigen Handgriffen wird die Federvorspannung oder die Dämpfereinstellung verändert, und schon liegt das Bike bedeutend besser auf der Straße. |
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Doch bevor mit verschiedenen Gabelölsorten und Ölmengen herumexperimentiert wird, muss man vorab überprüfen, ob die Gabel überhaupt spannungsfrei zusammengeschraubt ist. Taucht sie nur störrisch und widerwillig ein, liegt es oft daran, dass sie klemmt. Bereits bei der falschen Montage des Vorderrades nach einem Reifenwechsel kann es passieren, dass die Gabelstandrohre nicht mehr 100% parallel verlaufen und so dieser Klemmeffekt entsteht. Aber auch der serienmäßige oder nachträglich angebaute Gabelstabilisator kann für die Gabelverspannung verantwortlich sein. |
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Alle Schrauben vom
Stabilisator, den Gabelklemmfäusten und die Achsmutter werden gelöst.
Nun wird das Motorrad vom Ständer genommen und die Telegabel einige
Male eingefedert. Die Erfahrung hat hierbei gezeigt, dass es sinnvoll
ist, das Vorderrad gegen ein Hindernis zu schieben und nicht die
Vorderradbremse als Stopper zu benutzen. Jetzt wird zuerst die
Vorderachse korrekt festgezogen und gegebenenfalls mit einem Splint
gesichert. Danach wird mindestens 5 bis 10 Mal die Gabel kräftig
eingedrückt. Hierbei muss sie absolut sauber ein- und ausfedern. Ist
das nicht der Fall, sind aller Wahrscheinlichkeit nach die Standrohre
krumm, und der Besuch in einer Fachwerkstatt wird unumgänglich. Erst
nach dem "Gabelpumpen" dürfen die Klemmschrauben und danach
die Schrauben von dem Gabelstabilisator festgezogen werden. Nach dieser
Arbeit ist gewährleistet, dass die Gabel mechanisch einwandfrei
arbeitet und man sich nun der eigentlichen Abstimmung zuwenden kann. |
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Hierzu muss das Motorrad so aufgebockt werden, dass das Vorderrad frei steht und man es ausbauen kann. Jetzt wird das Gabelöl aus beiden Holmen abgelassen, danach die oberen Verschlussschrauben in den Standrohren herausgedreht und die Gabelfedern herausgezogen. Sind die Federn progressiv gewickelt (erkennbar an dem unterschiedlichen Abstand der Federwicklung) muss man sich unbedingt merken, in welcher Lage sie in den Standrohren gesteckt haben, in der Regel ist der progressive Bereich (eng gewickelte Feder) oben. Ebenfalls ist auf die Reihenfolge von eventuell vorhandenen Distanzscheiben und Ausgleichsbuchsen, die mit herausgenommen werden, zu achten. Damit auch wirklich das gesamte Öl abfließen kann, werden jetzt die Tauchrohre einige Male bis zum Anschlag rein- und rausgezogen. Erst wenn das Gabelöl restlos abgetropft ist, werden die Ablassschrauben wieder eingedreht und festgezogen. |
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Diese Arbeitsbeschreibung
mag sich recht umfangreich und übertrieben anhören. Aber nur so lässt
sich gewährleisten, dass die Gabel gleichmäßig befüllt ist, die
Dämpfung einwandfrei funktioniert und anschließend auch beurteilt
werden kann. |
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Arbeitet die Gabel nun
mechanisch einwandfrei und zeigt eine satte Dämpfung, kann es aber
immer noch passieren, dass sie beim Anbremsen zu weit eintaucht. Durch
Verringern des "Luftpolsters" lässt sich hier Abhilfe
schaffen. Genau wie bei der Abstimmung mit verschiedenen
Viskositätssorten, kann man das Luftpolster Schritt für Schritt,
maximal um 5 bis 10 mm, verringern. Beträgt das Maß zum Beispiel 180
Millimeter, wird in beide Holme etwas Dämpferöl nachgeschüttet, bis
das Luftpolster nur noch 170 Millimeter beträgt. Aus Erfahrung muss
aber gesagt werden, dass das Maß für das Luftpolster nie geringer als
das Maß für den Federweg werden darf. Diese wenigen Kubikzentimeter
mehr Gabelöl haben zwar keinen Einfluss auf die Dämpferwirkung, da
aber Luft "kompressibel" ist, wirkt sie als zusätzliche, als
"progressive Feder" und unterstützt somit die Stahlfeder in
der Telegabel. Mit diesem Trick kann das tiefe Eintauchen der Gabel beim
Bremsen verringert werden. |