Portrait


Suzuki GSX 1300 R
Hayabusa-Umbau "Wetterfighter"

"Voll Extrem"

Das Streetfighter, oh sorry, Wetterfighter-Klischee sitzt tief:
wild, stark, schnell, schrill, protzig, extravagant. Was aber,
wenn ein Nobelwirt auf solch einem Wetzhobel sitzt?
 Sind dann alle Vorurteile plötzlich für die Katz?

Text & Fotos: Winni Scheibe
Illustrationen: Archiv Tepel




Die Speisekarte macht Appetit, verspricht Außergewöhnliches: Ritterspieß, Gespenstergeflüster, Galgenhumor, Gaukler-Teller. Alles Spezialitäten aus der Burgküche. Kreiert werden die mal fürstlichen, mal ritterlichen, mal exklusiven, mal deftigen Schlemmereien von Jürgen Tepel. Im Erlebnis-Restaurant und Wirtshaus "Wetterburg" am Twistesee kocht der Chef nämlich selbst. 

Ein echtes Ritter-Mahl gibt es natürlich auch. Allerdings nur auf Vorbestellung und ab zehn Personen aufwärts. Das Ambiente könnte kaum geeigneter sein. Das Gebälk von der "Wetterburg" hat schließlich 700 Jahre auf dem Buckel, 1306 wurde das Gebäude vom Waldecker Grafen erbaut. Da Tradition bekanntlich verpflichtet, sind die Sitten streng. Die Tischregeln beim "Ritter-Gelage" sind genau wie im Mittelalter: Das Brot wird mit der Hand gebrochen, die Suppe geschlürft; gegessen wird mit den Fingern, singen, rülpsen und furzen gehören zur Pflicht. Wer nicht spurt, kommt an den Pranger!



Und was hat das Ganze nun mit der Streetfighter-Manie zu tun?




Eigentlich nichts. Jedenfalls solange Jürgen Tepel noch in seinem Nobel-Restaurant als Wirt und Küchenchef wirbelt. Macht er endlich Feierabend, meist ist es dann bereits stockfinstere Nacht, verwandelt sich der Gourmet-Koch in einen "Nightfigther", eingehüllt in schwarze Lederkluft steigt er auf seinen Wetterfighter. "Doch keine Angst", versichert der begeisterte Motorradfan mit einem verschmitzten Grinsen, "nicht um Frust oder Aggressionen abzulassen, sondern um in frischer Luft und durch freie Natur die rund 20 Kilometer durch Nordhessen nach Hause zu fahren. Der Kopf wird klar, die Sinne geschärft. Je nach Wetter wähle ich manchmal Nebenstrecken und brauche dann die doppelte Fahrzeit. Meter für Meter genieße ich, für mich ist das dann Erlebnis pur."


Einst Hayabusa - jetzt Wetterfighter



 

Motorrad fahren und die Schrauberei sind für den überzeugten Gastronomen genau das richtige Hobby, um vom Berufsstress abzuschalten. Und so wundert es auch nicht, dass sein Wetterfighter, der vor zwei Jahren noch eine stinkserienmäßige Suzuki Hayabusa war, nach einer Radikalkur nun ganz eigenständig dasteht. Tatkräftige Unterstützung erhielt der Gastwirt von seinem Freund und Schrauberexperten Axel Rogalla.
"In seiner professionell eingerichteten Werkstatt lässt sich einfach optimaler werkeln. Außerdem macht die Bastelei zu zweit viel mehr Spaß und man ist obendrein viel kreativer", verrät der Meisterkoch.




Erklärtes Ziel des Umbaus war, "zurück zum Ursprung". Und das bedeutete für den Hobelwirt ein Motorrad mit Technik zum "Durchgucken". Aber auch mit Finessen, an denen man sich kaum satt sehen kann. Ein Hexenwerk sollte sein Wetterfighter allerdings nicht werden. Die in der Grundausstattung mitgelieferten Fahrwerksqualitäten und Motorpower blieben im Prinzip unverändert. Das Hauptaugenmerk lag somit auf einer vollkommen neuen Optik sowie Feintuning. Für dieses Vorhaben wurde das Bike zerlegt und sämtliches Plastikgeraffel auf dem Dachspeicher entsorgt. Rahmen, Gabel, Schwinge und Laufräder ließ man auf Hochglanz polieren, den Tank sogar verchromen.




Die Auspuffanlage ist nicht wieder zu erkennen, die Serienschalldämpfer liegen frech unter dem Sitzhöcker. Der Clou dabei ist, Geräusch- und Abgaswerte sind unverändert, alle Daten bleiben so beim Alten. 







Viel Geld kostete dagegen die Sonderausstattung. Zum Beispiel die Billet-Sechskolbenzangen gepaart mit 320er Spiegler-Bremsscheiben, Radial Brems- und Kupplungspumpe von Spiegler, polierte KBR-Gabelbrücken, Gabel-Optimierung von Wilbers, das Wilbers-Federbein sowie die LSL-Lenkerstummel und LSL-Fußrasten, um hier nur das Gröbste zu nennen. Ins Detail ginge es, würde man die Feinheiten aufzählen, mit Öhlins-Lenkungsdämpfer, Mini-Blinker, zwei MIC-Lights, ummantelte Schläuche, eloxierte Schräubchen und wer weiß, was sonst noch alles.




Erwischt:
Jürgen Tepel am helllichten Tag "on the Road"


Für die Saison 2004 stand mein Wetterfighter startklar auf den Rädern. Trotzdem habe ich noch mal Dies und mal Das geändert. Genau wie beim Zubereiten von Mahlzeiten, wo man ja auch ständig etwas ausprobiert, kommen mir laufend neue Ideen für weitere Modifikationen. Oft sind es zwar nur winzige Details, die ich anders mache, aber das ist für mich das Salz in der Suppe. Richtig fertig wird mein Wetterfighter wohl nie", lässt Jürgen Tepel zum Abschluss wissen.


Erlebnis-Restaurant
"Wetterburg"
Burgstraße 47
34454 Bad Arolsen-Wetterburg
Tel.: 05691 - 1095
www.diewetterburg.de

www.Wetterburg.Info

Technische Daten
Wetterfighter



Leistung:  
168 PS bei 9800/min, am Hinterrad gemessen,
maximales Drehmoment 142 Nm bei 7200/min

Motor:
Viertakt-Vierzylinder-dohc-Reihenmotor, wassergekühlt. Vier Ventile pro Zylinder. Bohrung x Hub 81 x 63 mm, Hubraum 1298 ccm, Verdichtung 11:1. Elektronische Benzineinspritzanlage, digitales Motormanagement. E-Starter, Sechsganggetriebe, Endantrieb über Dichtringkette. Motor serienmäßig, nur mit Zylinderkopf-Feintuning.

Fahrwerk:
Leichtmetall-Kastenprofilrahmen, nachträglich teilpoliert. Vorne Upside-Down-Gabel, Ø 43 mm, voll einstellbar, 120 mm Federweg, Gabel mit Wilbers-Gabelfedern und Wilbers-Gabelöl modifiziert, KBR-Radabdeckung. Hinten Leichtmetallschwinge nachträglich poliert mit Wilbers-Federbein, voll einstellbar, Federweg 140 mm. Bereifung vorn 120/70ZR17, hinten 190/50ZR17. Spiegler-Doppelbremsscheibe vorn Ø 320 mm, mit Billet-Sechskolben-Bremszangen und Spiegler-Radial-Bremszange, Scheibenbremse hinten Ø 243 mm. Nachlauf 97 mm, Radstand 1485 mm, Sitzhöhe 840 mm. Tankinhalt 22 Liter nachträglich verchromt. Leergewicht 212 kg, zulässiges Gesamtgewicht 430 kg

Weitere Modifikationen:
LSL-Hochstummel-Lenker, Öhlins-Radial-Kupplungspumpe, GSX-R 750- Armaturen, MIC-Lampen, KBR-Alu-Gabeljoche, Öhlins-Lenkungsdämpfer. KBR-Heck und durch KBR-Modifikation Erhöhung des Fahrzeughecks um 35 mm. KBR-Auspuffkrümmer, zwei original-Schalldämpfer unter der Sitzbank.
LSL-Fußrastenanlage. Gussfelgen vorne und hinten nachträglich poliert.

Umbaukosten:
ca. 12.000 Euro


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