Offroad


 Ostern 2010
Endurofahren in Südfrankreich

Und nix wie rein in den Schmodder!

Kaum zu glauben, keine Autos und auch keine heimtückische Radarfallen,dafür
aber schlunziger Boden und tiefe Spurrillen. Warum man sich echtes Endurofahren antut, hat Gastautor Franz Josef Schermer am eigenen Leib erfahren.


Text: Franz "FJS" Schermer
Fotos: Rolf Lüthi, Franz Josef Schermer




Soweit das Auge reicht: Gelände, Piste, Schotter und Staub.
12 Quadratkilometer Offroad-Gelände!


Hey Rolf, was treib’schd denn immer so?", begrüße ich erfreut den "alten" Kollegen Rolf Lüthi von "Moto Sport Schweiz", als wir uns in seinem Heimatland Schweiz treffen anlässlich der Filmpremiere "Weltrekord auf dem Salzsee" von und mit Tuner-Legende Fritz W. Egli. "Ich mach’ immer öfter Trainer und Instruktor bei Enduro-Fahrerlehrgängen in Südfrankreich", antwortet mir Kollege Rolf Lüthi, gut gelaunt wie immer und stilgerecht in eine schwarze Barbour-Jacke gewandet. "Es ist die Natur, die mich so begeistert", erzählt er, "in der musst du dich beweisen, da gilt es mit wachem Hirn und wohldosiertem Gas dort durchzukommen, wo du zu Fuß nicht hinkommst. Du bist eins mit der Natur, nicht gegen sie, buddelst im Lehm herum, kraxelst Hänge hoch, brichst auf Singlerails durch festen Wald. Du musst dich arrangieren mit dem, was die Natur dir vorgibt, ganz anders als auf einer Teer- oder Betonstraße, wo du vor und in und nach jeder Kurve um dein Leben kämpfst, damit du die 185 PS einer Yamaha R1 optimal auf die Straße bringst und gegen die Fireblade deines Freundes bestehen willst um vorne zu bleiben!"



Meister des Schotters, Gerölls, Staub und Pausen: FJS


Aha. Eins mit der Natur. Kann ich doch auch in den Seealpen, mit ´ner Yamaha R6 oder Harley oder BMW GS, so’n bisschen spät bremsen, möglichst schräg daherfahren und früh wieder Gas geben, hm? Aber der Rolf Lüthi schwamm schon immer etwas gegen den Strom. Und er lächelt dabei. Ganz verschmitzt, in seiner Barbour-Jacke, ganz ohne Gore-Tex und rund-um-Sorglos-Protektoren. "Ruf’ mich an, wenn du wieder einen Lehrgang machst", sage ich zu ihm, und wende mich Fritz W. Égli und seiner 200 mph-Grenze auf dem Salzsee zu. Gaaaas! Vollgas!!! In begeistertem Gedenken an "The World’s Fastest Indian" ("Mit Herz und Hand"), großartig gespielt von Sir Alex Hopkins.



FJS: "Im Geist schon in der Pampa"


Zwei Monate später klingelt das Telefon: "Hopphopp, melde dich an, wir fahren über Ostern bei Danny Wirz Enduro in der Ardeche.". Feigling, wenn du nicht mitmachst, geht mir durch den Kopf, ich picke also ein Anmeldeformular aus dem Internet, besorge mir auf einem Freundeswege eine der wunderbar stimmigen, leider nicht mehr neu kaufbaren Suzuki DR-Z400, packe sie in meinen alten Ford Transit, nehme einige Yoghurt natur mit sowie einen Stapel CDs von Elvis, Kenny Rogers und Johnny Cash und fahre gen Südfrankreich: Das Departement Ardeche beginnt kurz nach Avignon und liegt rechts der "Route de Soleil". Es sind ja "nur" 900 km von Stuttgart.


Der Veranstalter: Dani Wirz war in den1990er Jahren viermal Schweizer Enduromeister. Was er an Grobstollreifen-Aktivität in die Ardeche gestellt hat, verdient mehr als nur Respekt: "European’s Leading Offroad-School" ist treffend für Idee und Durchführung. Das Offroad-Kursgelände liegt unweit der Ardèche-Schlucht, auf einem Hochplateau oberhalb von Montelimar. Es misst etwa 12 Quadratkilometer und ist angeschlossen an den Freizeitpark "Domaine d’Imbours" mit kleinen mietbaren Häusern (Mobil Homes), Campingplatz, Tennispark und einem riesigem Aquapark.



Chef im Ring: Dani Wirz





Endurofahren in Frankreich: Alle Strassen, die kein Verbotsschild haben, sind befahrbar und auch der Wald gehört dem Volk. So einfach ist das in Frankreich (noch!). Die Hauptsache der Wirz’schen Grobstollreifen-Aktivitäten spielt sich allerdings auf seinem Gelände ab, weil auf der Cross-Strecke kann man den ganzen Tag Dampf ablassen und die Enduro-Runde ist bis zu 12 km lang und kann in drei Schwierigkeitsgraden befahren werden. Wie schon vorhin erwähnt, war der Boden sehr schwer durch die lang dauernde Regenzeit, was aber den Trainingseffekt erheblich vergrößerte und die Schmerzen bei einem Sturz milderte.





Ausflüge ausserhalb des Geländes waren natürlich DAS Salz in der Grobstollreifen-Suppe: Es ging heftig schnell über breite Wege durch Wiesen und Wälder, lauernd vorsichtig auf schmalen Gassen zwischen hohen Bäumen durch und trialmässig zirkelnd durch finstere Wälder auf schmalen Wegen, wo man kaum laufen konnte (aber Ellenbogen-hinschlagen am Baum!). Rolf Lüthi hat geführt, und seine Tipps zum besseren Beherrschen der Maschine in schwierigem Geläuf haben mir bewiesen, dass ein diplomierter Fahrtrainer einem diplomierten Fahrschüler eine ganze Menge beibringen kann, wenn beide wollen: Während der knapp 12 Stunden Fahrzeit an den dreieinhalb Trainingstagen bin ich nur zweimal auf der Gosch gelegen.



Mit Kind und Kegel: Familienspaß!


Was noch geboten wird: dazu ein Auszug aus der Wirz’schen Anleitung seines Trainings: "Es besteht keine Kurspflicht. Teilnehmer hatten vielleicht Stress, viel am Hals oder Verantwortung im Berufsleben. Erhole Dich und mache Pause! Trink ein Bierchen oder ein gutes Glas Wein und schlaf mal wieder aus!“
Das macht die Sache so ungeheuer sympathisch, es wird nicht gesagt "Fahr’n, Fahr’n, Fahr’n!", sondern man nimmt es locker und leicht. Auch Familienaction ist angesagt, es sind viele Familien mit Kinder auf kleinen Crossern da, und es ist so lustig anzuschauen und zu erleben, mit welcher Begeisterung die Kiddies ihre kleinen KTM’s ankicken und beschleunigen und wie sie über Hügel springen. Und sich ab und zu hinlegen oder rückwärts überschlagen, aber keiner weint, weil sie gut und sicher angezogen sind und ein Rumpler eben dazu gehört.





 

Und dann gibt es noch: Essen und
trinken und reden und philosophieren
und Motorard putzen und pflegen und schwitzen und lachen – Endurofahren
ist einfach nur gut. Rolf und Dany, ich komme wieder! Wer hat eben gesagt,
dass er eine gut erhaltene Suzuki
DR-Z400 günstig zu verkaufen hat?


Die nächsten Kurse sind im September. Erfahrungsgemäss ein Highlight ist der letzte Kurs des Jahres (28. bis 31.10.2010). Wenn man keine eigene Enduro hat: Motorräder zum mieten gibt es auch. Eine Anfrage bei Dany Wirz klärt, welche Maschine verfügbar ist und zu welchem Tagespreis.


Kontakt:
Dany Wirz Offroad Training
Postfach 15
CH – 1726 Farvagny

www.offroad-training.ch


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