Burger-Sammlung in Daytona/Florida
"Mister Big Mac"
Hamburger gehören bei den
Amis fest zum fast-food-Kult.
So wie bei uns die Currywurst. Auf die
Idee, Würstchen zu
sammeln,
ist bislang noch keiner gekommen, wohl aber
Hamburger.
Harry Sperl in Daytona Beach/Florida besitzt
weltweit
die
größte Burger-Sammlung.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv-Sperl
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"Mister Big Mac": Harry Sperl
(Foto:Archiv-Sperl)
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Das Museum ist
gigantisch, auch wenn es gerademal 20 Quadratmeter groß ist. Wohin man
guckt: Hamburger. Der ganze Raum ist vollgestopft. Sie lagern in Regalen
und Vitrinen, die Wände sind damit dekoriert. Hamburger in allen
Ausführungen, Formen und in allen Farben. Genießbar ist jedoch kein
einziger. Sie sind aus Plastik, Keramik, Holz, Glas, Wachs, Gips, Gummi
und Stoff oder aus irgendeinem anderen Material. Ein Großteil sieht den
essbaren zum Verwechseln ähnlich. So echt, dass man am liebsten gleich
reinbeissen möchte. Bei den anderen kommt man dagegen erst gar nicht
auf die Idee. Zum Beispiel bei den "Pseudo-Burgern":
Hamburger-Modelle als Radio, Notizblock, Ohrring, Spardose, Wanduhr,
Bleistiftspitzer, Wecker, Schlüsselanhänger oder Kuscheltier oder den
vielen, vielen Sachen, die lediglich nur mit einem Hamburger-Motiv
bedruckt sind. Weit über tausend Ausstellungstücke sind es
mittlerweile. Aber längst nicht genug. Mittelpunkt von Harry Sperls
welteinmaligem Museum ist ein riesiges Hamburger-Wasserbett, eine
Sonderanfertigung für schlappe 3500 Dollar.
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Doch damit ist immer noch
nicht Schluss. Für den Motorradfan war es ein großer Wunsch,
irgendwann auch einmal einen fahrbaren Hamburger zu besitzen. Die Idee
hierfür hatte er bereits Anfang der neunziger Jahre. Ein Burger-Bike
schied allerdings von vornherein aus, ein Burger-Buggi war auch nicht
die Lösung, blieb letztendlich nur noch ein Burger-Trike. Doch für
dieses Vorhaben musste erstmal jemand gefunden werden, der genau nach
seinen Vorstellungen den Speed-Burger auf drei Räder stellte. Ein
Vorhaben, das sich selbst im „Land der unbegrenzten
Möglichkeiten" nicht so einfach verwirklichen lassen sollte. 1993
war es aber dann doch soweit. Eine Spezialfirma in Pompano Beach/Florida
baute die angelieferte Harley-Davidson 1200 Evo-Sportster zu einem Trike
um. Für die Realisierung der "XXL-Superlarge" Hamburger-Karosse
sowie allen weiteren "Zutaten" wurde ein begnadeter
Filmdekorateur beauftragt. Detailgetreu modellierte der
Kunststoffexperte die beiden „Brötchenhälften" aus
Styroporschaum. Auch der burger-typische Belag wie Salat, Tomaten,
Zwiebeln, Gurken, Mayonnaise und Schmelzkäse entstand zunächst als
Negativform aus Styroporschaum. Ebenfalls handwerkliches Geschick war
bei der Formgebung der Vorderradabdeckung, den Gabelverkleidungen als
2-Liter "Harry´s-Ketchup"-Flaschen, den Dillgurken als
Lenkergriffe sowie vieler weiterer Detailausführungen erforderlich.
Fast zwei Jahre vergingen, bis Harrys Burger-Trike Gestalt und Form
annahm. Er war mit der Arbeit zufrieden und gab sein OK für das
Erstellen der endgültigen Bauteile aus Glasfaser verstärktem
Kunststoff. Unter der Plastikhaut wurden sämtliche technischen Finessen
versteckt. Zum Besteigen des Speed-Burgers lässt sich die obere
Brötchenhälfte hydraulisch auf- und zuklappen. Für Unterhaltung
sorgen Stereoanlage, Light-Show und Nebelmaschine. Eine schnöde
Lackierung kam für das rollende Burger-Kunstwerk natürlich nicht in
Frage. Die Farbgestalltung erledigte Airbrushkünstler Chris Cruz.
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Anfang 1995 war das Werk vollbracht
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Sensation auf der "Rat´s Hole
Custom Chopper Show"
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Anfang März 1995 war der
knapp 100.000 Dollar Harley-getriebene Hamburger, der, wenn man es genau
nimmt, eigentlich ein Cheeseburger ist, fertig. Für die Jungfernfahrt
hatte sich Harry Sperl auch gleich ein Ziel vorgenommen: die berühmte
"Rat´s Hole Custom Chopper Show". Organisiert wird das Spektakel
alljährlich vom mittlerweile verstorbenen Karl Smith alias „Big Daddy
Rat" während der Bike-Week in Daytona Beach/Florida. Der Auftritt
wurde zur Show schlechthin, gleich drei Preise heimste der Burger-Owner
ab. 3. Platz für "Best of Show", 5. Platz für "Most unusual
Bike" und eine Einladung zur "Motor Show Essen" im Dezember
1995.
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Auf zum Pizzaeinkauf
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In den nächsten Jahren
folgten etliche weitere Teilnahmen an Shows und Ausstellungen. "Für
gemütliche Ausfahrten ist das Trike dagegen leider überhaupt nicht
geeignet", lässt der Hamburgerfan mit einem verschmitzten
Schmunzeln wissen. "Sobald ich irgendwo aufkreuze, bleiben die Leute
stehen, es bilden sich Staus, nichts geht mehr. Jeder will den Hamburger
anfassen, fühlen, ob er echt ist. Zum Glück hat noch keiner
reingebissen." Harry lacht. Ihm macht die Sache Spaß. Hamburger
sind schließlich sein Hobby, seine Lieblingsspeise sind sie jedoch
nicht, da steht er eher auf Pizza.
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Als Harry die Idee für
das Hamburger-Mobil hatte, dachte er allerdings auch weniger an ein
tagtäglich nutzbares Gebrauchsfahrzeug, sondern an einen einmaligen
Riesen-Burger mit Rädern. Der, wenn er Lust darauf hat, zwar auch
fahrtüchtig sein soll, doch im Prinzip als Show-Vehikel dienen sollte.
Und zum Glück ist der "rolling big mac" ja auch nicht sein
einziges Fahrzeug. Eine weitere Kostbarkeit ist eine Harley-Davidson
Sportster. Das von vorn bis hinten gravierte Show-Bike war vor Jahren
bei der "Rat´s Hole Custom Chopper Show" ebenfalls
Publikumsmagnet und räumte reihenweise Pokale ab. Wie es sich für
einen passionierten Sammler gehört, ist das natürlich längst nicht
alles, was Harry in den letzten Jahren um sich gehortet hat. Vieles
davon sind Sachen aus den fünfziger Jahren. Cola- und Seven-Up-Dosen,
Musikboxen, Parkuhren, Emaillewerbeschilder, Kaugummiautomaten, Telefone
und Neonreklamen. Die Frage zu seinem Lieblingsfilm hat er schnell
beantwortet: "American Graffiti".
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Und so darf es auch nicht
weiter wundern, dass er seine Firma "Cruising International,
Inc." nannte. Seit weit über zehn Jahren hat sich der clevere
Geschäftsmann in Daytona Beach auf den Vertrieb und Export von
Auto-Spielereien spezialisiert. Dazu gehören Kennzeichen,
Anstecknadeln, Schlüsselketten und ähnliche Neuheiten. Dinge, die, wie
er selbst sagt, eigentlich keiner lebensnotwendig braucht, die als
Sammlerstücke oder Geschenke jedoch enorm gefragt sind.
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Dass er mal ausgerechnet
in dieser Branche landen wird, hat er sich nach Abschluss seines
Studiums als Gartenbauingenieur Anfang der Achtziger sicherlich auch
nicht träumen lassen. Harry, der in Dortmund geboren wurde und später
mit seinen Eltern nach Elleringhausen in Nordhessen umgezogen ist,
wollte ursprünglich mit seiner Arbeit die Welt verändern. Was
jedenfalls die Fauna und Flora betraf. Doch daraus wurde nichts. Nach
bestandenem Examen legte er ein halbes Jahr Urlaub ein und trampte durch
die Staaten. Und da erwischte es ihn, ihn befiel der "American way of
life" Bazillus. Pläne, in die USA auszuwandern, waren bald
geschmiedet.
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Doch zunächst galt es eine Existenz aufzubauen. Er
exportierte deutsche Nobelkarossen in die USA, bei der Rückreise
brachte er klassische amerikanische Straßenkreuzer mit. Mitte der
Achtziger waren die sogenannten "Fin-Cars" bei uns der letzte
Schrei. Als auch andere von diesem Geschäft Wind bekamen, suchte sich
Harry eine neue Herausforderung. Er spezialisierte sich auf besagtes
Zubehör. Und als er eines Tages, mehr zufällig, ein paar Hamburger
Plastikmodelle auf seinem Schreibtisch stehen hatte, fragte ihn ein
Kollege: sammelst du etwa Hamburger? |

Harry mit Sohn Karl
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Das ist jetzt
Jahre her. Was zunächst als Spaß gemeint war, hat sich längst zur
Sammlerleidenschaft entwickelt. Jedes Stück ist im Home-PC nummeriert
und katalogisiert. Harry ist im Internet vertreten (www.cruisingdaytona.com),
seine Fangemeinde reicht rund um die Welt und seine alljährliche
Hamburger-Museum-Party hat fast schon Kultstatus. Dabei soll es aber
nicht bleiben. Als Nächstes hat sich der Wahlamerikaner vorgenommen ein
richtiges Hamburger Museum zu bauen. Wie das Gebäude aussehen soll,
steht auch schon fest: ein "Double Bacon Cheeseburger". Für das
Unternehmen wird lediglich nur noch ein Sponsor gesucht. Harry ist sich
aber ganz sicher: "Der Hamburger ist ein Stück amerikanische Kultur
und dem gebührt ein Denkmal."
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