Museen


Motorradmuseum EHN

"Ein Hauch der Ewigkeit"

Über 300 historische Maschinen von 200 Herstellern von 1904
bis in die Neuzeit stehen im Motorradmuseum EHN in Eggenburg.
Die Sammlung ist die größte in der Alpenrepublik. Oder besser gesagt war.
Im Oktober 2009 muss die einmalig Sammlung schliessen.

Text&Fotos: Winni Scheibe

Pressemeldungen
Das Österreichische Motorradmuseum muss schliessen

Pressekonferenz zur Schliessung



Prof. Dipl. HTL-Ing. Fritz Ehn: "Motorräder sind ein Kulturgut"

Ein Museum muss leben. Unsere Ausstellung soll zeigen, dass Technik ein würdiges Kulturgut ist," betont  Prof. Dipl. HTL-Ing. Friedrich "Fritz" Ehn. "Motorräder waren schließlich die Weggefährten echten Glückes und wahrer Lebensqualität. Mit ihnen haben unsere Eltern die Welt entdeckt, Land und Leute kennen gelernt und überall Freundschaften geschlossen. Weit mehr als 300 Maschinen dokumentieren in unseren Räumen anschaulich über 100 Jahre Motorradgeschichte. In jährlich abwechselnden Sonderschauen widmet sich das Museum jeweils einem Schwerpunktthema. 1993 stand der 70jährige Geburtstag von BMW im Mittelpunkt, 1999 wurde 100-Jahre-Puch-Motorräder und 2004 100-Jahre-Laurin&Klement gefeiert", erklärt kurz und bündig Motorradfan Fritz Ehn seine Museumsphilosopie weiter. "Darüber hinaus veranstalten wir Teile- und Oldtimermärkte, Ausfahrten mit historischen Maschinen und Klassikertreffen, sowie seit neuestem Jazz Open Air Konzerte über den Sommer."



"Motorräder, die die Welt bewegten".
Von der Harley bis zur Norton Rennmaschine
reihen sich in dieser Ausstellungshalle kostbare Exponate aneinander


Fritz Ehn ist mächtig stolz auf sein Museum. Zu Recht. Das Motorrad- und Technikmuseum in Eggenburg ist die größte Zusammenstellung motorisierter Zweiräder mit allem, was dazu gehört, in Österreich. Einen internationalen Vergleich braucht das Museum auch nicht zu scheuen. "Mein erstes Motorrad war vor 1960 eine 750er BroughSuperior. Damals hat mich der Sammlerbazillus und der Drang, historische Motorräder für die Nachwelt zu erhalten, befallen. Ende der siebziger Jahre umfasste meine Privatsammlung etwa 150 Fahrzeuge," erzählt der engagierte Motorradhistoriker. "Die Maschinen waren rund um Wien in Garagen und Scheunen aufbewahrt. Die Idee, einen Großteil der Motorräder in Ausstellungen oder Museen unterzubringen, scheiterte bis Dato an geeigneten Räumlichkeiten."

Der Zufall half. Von einem Bekannten erfuhr Berufsschullehrer Ing. Ehn, 
dass 70 Kilometer nördlich von Wien in Eggenburg/Niederösterreich, ein altes Fabrikgebäude leer stand. Ein bisher in der Alpenrepublik nie da gewesenes Unternehmen nahm seinen Lauf. In einer beispielhaften Kooperation einigte sich Privatperson Ehn mit Vertretern der
Stadt Eggenburg, die ihm Gebäude und Gelände von der ehemaligen "Ersten Waldviertler Feigenkaffeefabrik Anton Degen" zur Verfügung stellten. Im Gebäudekomplex sollten Motorräder
und Motorradhistorie in einem großzügig angelegten Museum die letzten 100 Jahre Technische-Kulturgeschichte repräsentieren.



Doch bis es so weit war, musste man zunächst das Gebäude umbauen und entsprechend dem Anspruch auf Vordermann bringen. Im Mai 1981 waren zwei Räume fertiggestellt. Anlässlich der Eggenburger Festtage erfolgte die offizielle Einweihung. Seit dieser Zeit ist das Museum ganzjährlich und täglich geöffnet. Schon im folgenden Jahr standen 600 m2 Ausstellungsfläche bereit, und die Besucher konnten 100 Oldtimer bestaunen. "Um das Museum lebendig zu gestalten, organisierte der Fachverband der Fahrzeugindustrie und ich ab Mai 1982 die erste Sonderausstellung "Österreichische Motorräder einst und jetzt", sowie eine Oldtimer-Ballon-Verfolgungsjagd. Diese Aktionen zogen nicht nur Besucher nach Eggenburg, sondern machten darüber hinaus auch das Museum bekannt," verrät Fritz Ehn.



"Japan und Italo-Ecke"


In den nächsten Jahren folgten weitere Sonderausstellungen. Zur Tradition entwickelte sich zum Saisonauftakt der Oldtimer- und Technik-Flohmarkt am Karsamstag. An diesem Tag bieten über 150 Händler ihre Ware feil. In der Rushhour tummeln sich bis zu 4000 Besucher auf dem Gelände. Am 2. Adventsamstag schließt die "Motorrad-Klassik-Auktion" die Saison ab.



Puch Weltrekord-Prototyp, 125 ccm, 2-Zyl-2T-Motor, Doppelkolben, 
Konstrukteur: Ing. Musger, Fahrer: Weingartmann.
Die Rekordfahrt wurde im Herbst 1949 auf der Autobahn bei Salzburg durchgeführt und hierbei 170 km/h erreicht. Doch wegen Seitenwind abgebrochen und nie wiederholt

 

Die Ausstellungsfläche vergrößerte sich ständig und 1987 konnte Fritz Ehn das ehemalige Puch-Werksmuseum übernehmen. 1988 standen 1200 m2 zur Verfügung und mit nahezu der kompletten Palette an Lohner Fahrzeugen erhielt die Sammlung eine wertvolle Bereicherung. Gut 300 Fahrzeuge umfasste 1990 die Kollektion und erstmals konnten die Museumsverwaltung über zehntausend Besucher pro Jahr zählen.




Bis zum Sommer 1991 dauerten die vom österreichischen Bundesdenkmalamt unterstützten und überwachten Renovierungs- und Bauarbeiten der Außenfassade und im Hof. Seit dieser Zeit präsentiert sich der Museumskomplex mit den nachträglichen An- und Umbauten als historisch geschlossenes Ganzes. In drei Hallen auf zwei Etagen verteilt parken heute auf mehr als 1200 m2 über 300 klassische Maschinen und artverwandte Fahrzeuge vom Laufrad bis zum Weltrekord-Prototyp. Dazu hängen an den Wänden historische Plakate, Prospekte, Fotos und Utensilien längst vergangener Jahre. Einzelne Fahrzeugbauteile, Schnittmotoren, komplette Triebwerke, zeitgenössische Motorradkleidung und wer weiß was sonst noch steht an manchen Stellen so dicht gedrängt, dass man eine Ewigkeit braucht, um alles genau anzuschauen. Fahrzeuggeruch und Atmosphäre lässt den Zeitgeist von damals erahnen, oder wie Motorradkenner Ehn trefflich formuliert, "das brüllende Leben der Landstraße aus 100 Jahren..." spüren.

Neben dem Wiener Berufsschullehrer Ehn sind drei Mitarbeiter fest im Museumsbetrieb tätig. Auf Wunsch werden Führungen organisiert und geduldig Fragen zu einzelnen Modellen beantwortet. In der top-eingerichteten museumseigenen Restaurierungswerkstatt erhalten die Fahrzeuge "neuen Glanz", bevor sie in die Ausstellungshallen gelangen.




Schwerpunkt im Museum sind zweifellos die Maschinen aus österreichischer Fertigung. In der Hochblüte buhlten immerhin 85 Zweiradhersteller um die Gunst der Kunden. Mit 65 Serien- und Prototypen verfügt das Museum über weltweit die umfangreichste Zusammenstellung von Puch Fahrzeugen. KTM stellt mit 15 Maschinen die zweitgrößte Fraktion und von Lohner stehen 12 Fahrzeuge in den Räumen. Weitere österreichische Highlights sind die einzige weltweit existente Bostik aus Reichenau/Rax, die erste Rennmaschine der Monarchie, eine Laurin&Klement sowie die erste membrangesteuerte Zweitaktmaschine der Welt, eine Titan aus Graz des Baujahres 1927. "So wichtig mir die heimischen Maschinen sind, mein Herz schlägt für die britischen Bikes," gibt Fritz Ehn unverblümt zu. Darum wundert es auch nicht, dass gleich am Anfang des Rundganges eine pechschwarze 1000er Vincent Black Shadow steht. In der Nachkriegszeit war sie die schnellste Serienmaschine der Welt. Gleich daneben parkt eine Zweizylinder Sunbeam Sporttourer. Weiter folgen italienische und deutsche Exponate. Ducati- und Guzzifans wird das Herz aufgehen. Kenner der deutschen Motorradvergangenheit entdecken die Maico Taifun, die äußerst seltene Hoffmann "Gouverneur", sowie Maschinen von Horex und Zündapp. Ebensowenig fehlt Japans Invasion auf den Weltmarkt. Ob die legendäre 500er MachIII Kawasaki, Yamahas TX750, die Muth-Katana-Studie oder klassische Honda-Modelle, alles Bikes, die mittlerweile einen festen Platz in der Youngtimer-Szene haben.



Reliquie aus vergangenen Tagen.
Ansammlungen verschiedener Utensilien in der  "Mehrzweckhalle"


Rollerliebhaber finden eine kaum überschaubare Ansammlung praktischer Roller aus den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren. Zwischen den Straßenmotorädern stehen hochkarätige Rennmaschinen, Geländehüpfer oder seltene Veteranen. Über Langeweile wird sich wohl niemand beschweren. 
Die "Mehrzweckhalle" ist für die jeweilige Sondershow reserviert. Im Jahr 1993 war BMW dran. 70 Jahre Motorradgeschichte ist Grund genug, die Marke zu würdigen. 1994 stand die Show unter dem Motto "Rennmotorräder für Straße, Bahn und Gelände", um hier zwei Beispiele zu nennen.








Während der Woche ist das Museum von 8 bis 16 Uhr, am Samstag, Sonn- und Feiertagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 5,00 Euro Schüler, und Jugendliche bis 18 Jahre zahlen die Hälfte.


Adresse seit 2010:
Motorrad Museum Ehn 
A-3751 Sigmundsherberg
Kleinmeiseldorferstraße 8
Tel.: 0664 / 649 38 55
 


www.motorradmuseum.at


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