Motorrad-Marken


Suzuki Firmen Historie

Die Bikes mit dem scharfen "S"

Suzuki war von jeher für Überraschungen gut. Zunächst waren es ausgereifte
Zweitakt-Maschinen und 1974 kam die sensationelle RE5 Wankel dazu.
Ab 1976 brachte das Werk mit der GS-Baureihe die ersten Zwei- und
Vierzylinder-Viertakt-Bikes auf den Markt. Der Überhammer kam aber 1985
mit der GSX-R750 und plötzlich sprach alle Welt nur noch vom Superbike.
Längst bietet Suzuki ein breitgefächertes Modellangebot.


Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werks-Archiv, Eggersdorfer



Meilenstein in der Suzuki-Firmengeschichte: GSX 1100 "Katana"


Anfang der Sechziger drehte sich die Welt plötzlich anders. Nichts schien mehr so, wie es einmal war. Jugendliche ließen sich die Haare lang wachsen, trugen US-Parkas und Bluejeans, hörten Beat-Musik. Der Nachwuchs muckte auf, gab Widerworte, ließ sich nichts mehr gefallen. Schuld an allem waren die Beatles. Mit ihrer Musik verdrehten sie den Kids die Köpfe, riefen zur gewaltfreien Revolution auf: "All you need is love". Nichts half dagegen, weder Schimpfe noch Strafe. Ein noch nie dagewesener Generationskonflikt war im Gange. Die Eltern verstanden die Welt nicht mehr, aus ihrer Sicht war "Hopfen und Malz" sowieso verloren. 
Die kargen Nachkriegsjahre waren überstanden, es ging steil bergauf. Stolz sprach man vom "Deutschen Wirtschaftswunder", endlich konnte die Bevölkerung sich wieder etwas leisten. Die Zeiten, bei Wind und Wetter mit dem Krad zur Arbeit fahren zu müssen, waren vorbei. Der erste Kleinwagen stand vor der Tür. Ihm folgte ein VW Käfer, später ein Opel Rekord. 

Inzwischen waren die Beatles weltberühmt. John Lennon behauptete sogar, sie seien "bekannter als Jesus". Die Jugend hatte sich immer noch nicht beruhigt, und wenn man schon damals bei uns gewusst hätte, was zur gleichen Zeit in den USA los war, "dann Gute Nacht Marie". Dort nämlich hatte die rebellische Generation das Bike als Spielzeug entdeckt. Für Spaß, Sport, Abenteuer und Freizeit. Aber auch ein bisschen zum Ausbruch aus der verspießten, bürgerlichen Gesellschaft: "born to be wild". Verantwortlich waren diesmal jedoch nicht die vier "Pilzköpfe" aus Liverpool, sondern die "vier großen Japaner" Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki.

In Deutschland lag das Zweiradgeschäft derweil am Boden. Nur noch wenige Werkstätten konnten sich mit ihrer Arbeit über Wasser halten, Zukunftsperspektive: trostlos. Ganz anders Soichiro Honda. Bereits im Mai 1961 hatte der gewiefte Japaner in Hamburg die "European Honda Motor Trading GmbH" eröffnet. Seine Order an die Mitarbeiter: "Erobert den europäischen Markt". Schon drei Jahre später standen ebenfalls die ersten flinken Zweitakt-Maschinen von Yamaha bei deutschen Händlern im Schaufenster. Für zunehmenden Bekanntheitsgrad der japanischen Motorradmarken sorgte 1964 aber auch die Straßen-Weltmeisterschaft. Das Duell in der 250er Klasse hieß Jim Redman, auf der DOHC-Vierzylinder-Werks-Honda gegen Phil Read, auf der simplen Zweizylinder-Zweitakt-Werks- Yamaha. Was damals keiner für möglich hielt, erstmals wurden Yamaha und Phil Read 250er Weltmeister.


Im Rennsport Suzuki gegen Yamaha
(Foto: Eggersdorfer)

Das damalige Racingflair übertrug sich natürlich auch auf die Straßenmodelle. Wer Mitte der Sechziger ein sportliches Motorrad fahren wollte, kaufte sich eine 250er Zweitakt-Yamaha. Große Auswahl gab es ja nicht - nur noch die T20 von Suzuki. Diese 250er hatte es faustdick hinter den Ohren. Man sprach von 30 PS, 160 km/h Spitze und wie ein echtes Rennmotorrad verfügte sie über ein Sechsganggetriebe. Motorrad-Cheftester Ernst "Klacks" Leverkus testete den Feuerstuhl auf dem Nürburgring und kam zu dem Schluss: "Die schnellste 250er, die ich bis heute auf der Nordschleife gefahren habe". Das war im Herbst 1966.



Suzuki A 100


Suzuki TC 305


Suzuki T 500

Um den Import kümmerte sich die Kölner Firma Capri Agrati. Dieser Betrieb war jedoch keine Werksniederlassung. Als privater Importeur versuchte Capri Agrati so gut wie es ging die Suzuki A100, T20 und T500 Titan per Einzelabnahme im Direktverkauf unters Volk zu bringen. Ein Händlernetz war so gut wie nicht vorhanden. Was den Kölner Grossisten aber auch nicht weiter störte, denn mit den rund 60 verkauften Maschinen im Jahr hielt er gerade mal seinen eigenen Betrieb am Laufen.


(Prospekt-Bild)


Vom Webstuhl zum Feuerstuhl


Erstes Suzuki Moped:
"Power Free" mit 36 ccm-Motörchen
(Foto: Werks-Archiv)


In Japan dagegen war Suzuki landauf, landab bekannt und hinter Honda und Yamaha der drittgrößte Motorradhersteller. Gegründet wurde die Firma "Suzuki Shokkuki Seisakusho" bereits 1909 in Hamamatsu vom damals gerade 22jährigen Michio Suzuki. Als Jungunternehmer baute der technisch hochbegabte Zimmermann allerdings keine Motorräder, sondern Webstühle und Textilmaschinen. Und das mit großem Erfolg. Gut 10 Jahre nach Firmenstart versorgte Suzuki rund 4500 Spinnereien im Inselreich mit Webstühlen, Tendenz steigend. Im Prinzip hätte es auch so weiter gehen können, doch dann kam der Zweite Weltkrieg und bei Suzuki musste man Rüstungsgüter produzieren. Wie viele andere japanische Fabriken wurde auch Suzuki im Sommer 1945 bei amerikanischen Luftangriffen dem Boden gleichgemacht.
Ähnlich wie bei uns in Deutschland kam nach Kriegsende der Wiederaufbau rasch in die Gänge. Auch bei Suzuki. Da Webstühle aber kaum gefragt waren, wurde improvisiert und vorübergehend landwirtschaftliches Gerät produziert. Erst nach und nach nahm Suzuki die Fertigung der Webstühle wieder auf.

Ebenfalls ein bekannter Mann in Hamamatsu war Soichiro Honda. Auch er hatte nach Kriegsende bei der Stunde Null neu anfangen müssen. Er baute erfolgreich Mopeds und Leichtmotorräder. Ob nun Unternehmerkollege Honda für Michio Suzuki ein Vorbild war, ist nicht überliefert. Jedenfalls beschloss der agile Firmenboss Ende 1951 ebenfalls ins Motorradgeschäft einzusteigen. Zwar hatte das erste Suzuki-Hüpferli "Power Free" nur 36 ccm und ein PS Leistung, doch als der Mini-Feuerstuhl serienreif war, konnte man bis Ende 1952 gut 10.000 Zweitakt-Mopeds verkaufen. Für die nächsten 24 Jahre blieb Suzuki dem Zweitakt-Prinzip treu.


Firmengründer: Michio Suzuki
(Foto: Werks-Archiv)



Suzuki setzte ein Vierteljahrhundert auf das Zweitakt-Prinzip
(Werkszeichnung)


Eng verbunden war Suzuki auch mit Deutschland. Nachdem Ex-MZ-Werksfahrer Ernst Degner aus der DDR in den Westen geflüchtet war, erhielt er wenig später eine Anstellung in der Suzuki-Versuchsabteilung. Der schnelle Ostdeutsche wurde Suzuki-Werkrennfahrer und 1962 erster 50-ccm-Weltmeister!
Waren in Japan und den USA die Erfolge bereits damals vorprogrammiert, wurstelte man in Köln beim Suzuki-Importeur Capri Agrati weiterhin lustig vor sich hin. Was die Marke bei uns unbedingt brauchte, war schleunigst ein neuer Importeur. Die Weichen hierfür waren bereits Ende 1969 gestellt. Fritz Röth, man kannte ihn seit 1964 als erfolgreichen Moto Guzzi Importeur, war mit Frankonia-Inhaber Wildberger, er war für den Suzuki-Import in der Schweiz zuständig, ins Suzuki-Stammwerk gereist. Als er zurückkam, war der Vertrag unterschrieben. Da aber gut Ding Weile braucht, dauerte es noch bis Ende 1971, bis die Firma Zweirad Röth in Hammelbach offiziell als Suzuki Generalimporteur starten konnte.



Suzuki GT 380



Suzuki GT 550



Suzuki GT 750 "Wasserbüffel"


Für die Saison 1972 standen acht Modelle im Angebot. In der Viertelliterklasse gab es den Twin T 250, dann folgten die Dreizylinder-Modelle GT 380, GT 550 und GT 750, auch als "Wasserbüffel" bekannt. Sondermodelle waren die RV 50 und RV 90, niedliche Knubbel-Bikes mit dicken Ballonreifen. Für die aufkommende Geländefraktion gab es die Enduros TS 125 und TS 250. Seit Beginn der Moped- und Motorradproduktion 1952 war Suzuki als Zweitaktspezialist berühmt geworden. Mit der "CCI"-Frischölschmierung sowie dem zweiten "SRIS"-Schmierkreislauf und dem "ECTS"-Auspuffsystem hatte man dieses Arbeitsprinzip besonders bei den GT 380, GT 550 und GT 750 Dreizylindermaschinen ständig weiter entwickelt. Die Qualität aller Suzukis war hervorragend, die Zweitakttriebwerke robust, zuverlässig und langlebig. Den Vertrieb der Suzuki-Maschinen verknüpfte Fritz Röth geschickt mit seinen rund 100 Moto Guzzi-Vertragshändlern. Beispielhaft in der damaligen Motorradszene war das Suzuki-Baukastensystem, es sparte bei den Händlern Lagergröße und Kosten für die Ersatzteile.



Suzuki RV 90
( Foto: Werk)


Suzuki RE5 "Wankel"


Anders als bei den drei Mitbewerbern Honda, Yamaha und Kawasaki, die hauptsächlich oder vereinzelt Viertakter im Programm hatten, setzte Suzuki neben der Zweitaktbaureihe auf das Wankel-Konzept. In kein anderes Modell investierte das Werk so hohe Entwicklungsarbeit und -kosten. Die RE5 "Rotary" sollte ein Prestigeprojekt werden. Stolz verwiesen die Techniker aus Hamamatsu auf über 20 eigene Patente. Auf dem ganzen Motorradmarkt gab es bei der Präsentation 1974 keine vergleichbare Maschine. Leider hatte Suzuki die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Wankel wollte nämlich niemand haben, sie wurde zum Ladenhüter, zum Flop. In Deutschland ließen sich lediglich nur 65 RE5 verkaufen.


Die Viertakt-Ära


1976 kam der erste Viertaktmotor
(Werkszeichnung)


Suzuki GS 750 von 1977


Bei Suzuki sollte das Engagement hinsichtlich einer eigenen Werksniederlassung in Deutschland noch etwas dauern. Zunächst verlagerte Fritz Röth 1976 den Importsitz auf Drängen des Mutterhauses in Japan von Hammelbach im Odenwald nach Heppenheim an die Bergstraße und gründete "Suzuki Motor Deutschland". 
Aber bereits am Ende der Saison 1976 stieg Röth, mehr oder weniger unfreiwillig, aus dem Geschäft aus. In Japan war man nämlich der Meinung, mit einem neuen Partner mehr Motorräder bei uns verkaufen zu können. In der deutschen "Suzuki Motor Handels GmbH", die zu 50 Prozent von Otto de Crignis, dessen Familie ein großes Autohaus in München besaß, und zur anderen Hälfte vom niederländischen Suzuki Importeur Louwman gehalten wurde, wehte ab 1977 ein frischer Wind.
Rückwirkend darf aber von der Arbeitsdevise "Quantität statt Qualität" gesprochen werden. Bei über 60 Modellen verloren nicht nur die Händler, sondern auch die Macher in der Zentrale, die inzwischen in München residierte, den Überblick.
Dabei hatte man bei Suzuki in Japan glasklar die Zeichen der Zeit erkannt. Verändertes Umwelt- und Marktbewusstsein, besonders im Absatzland Nummer eins, den USA, forderten ein vollkommen neues Modellkonzept. Der erste Schritt dahin war ein leistungsstarkes, umwelt- und wartungsfreundliches 750er Viertakt-Vierzylinder-Bike. Nach gut drei Jahren Entwicklungszeit wurde der erste Prototyp 1975 auf der hauseigenen Ryuyo-Versuchsstrecke getestet. Dann verging noch einmal ein Jahr, bis die neue Suzuki für geheime Testfahrten nach Deutschland kam.



GS 750-Triebwerk


Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde die neue GS 750 von Ernst Degner, er war in dieser Zeit Technischer Leiter beim Importeur in Heppenheim, sowie deutschen und japanischen Technikern im Odenwald und auf der Autobahn quer durch Deutschland einem letzten knallhartem Abschlusstest unterzogen. Die Angst, nach der RE5 Wankel wieder einen Flop zu landen, war im japanischen Stammhaus riesig groß. Eine weitere Pleite konnte und durfte man sich nicht leisten. Schließlich betrat man mit dem Viertakter absolutes Neuland. Es war nicht nur technisch eine gewaltige Herausforderung, auch an die Erwartungen der markentreuen Zweitakt-Kundschaft musste man denken. Gleichzeitig wollte man aber auch einen neuen Käuferkreis ansprechen, für den Hubraum, Leistung und Geschwindigkeit an erster Stelle standen. Längst wusste man nämlich, würde das zukünftige Flaggschiff bei deutscher Fahrweise und auf deutscher Autobahn seine Reifeprüfung bestehen, würde die GS 750 nicht nur bei uns, sondern weltweit ein Erfolg werden.



Superbike 1984: Suzuki GSX-R 750


Mit dem Werbeslogan "Sportskanone für Scharfschützen" schlug die erste Viertakt-Suzuki dann auch buchstäblich wie eine Bombe ein. Was die Marketingagentur allerdings nicht ahnen konnte, am 7. April 1977 wurde Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschossen, sein Mörder fuhr eine Suzuki GS 750. Für diese Werbeanzeige kassierte Suzuki mächtig Medienschelte, das quicklebendige Vierzylinder-Bike wurde trotzdem auf Anhieb Klassenbeste. Das war die eine Seite, im tagtäglichen Importeursgeschäft dagegen ging es weiterhin drunter und drüber. Ab Anfang der Achtziger rutschte "die große Suzuki-Familie", wie zu Röths Zeiten immer gesagt wurde, immer tiefer in die Krise. Als Ausweg blieb nur der Eingriff vom Stammwerk. Ab Oktober 1984 kam das Management direkt aus Japan und brachte mit einem kleinen Stab engagierter Mitarbeiter die neugegründete "Suzuki Motor GmbH Deutschland", nun wieder mit Sitz in Heppenheim, in frisches Fahrwasser. Zeitgleich präsentierte die japanische Motorradmarke mit dem scharfen "S" 1984 den nächsten Überknaller: die GSX-R750. Ein Rennmotorrad für die öffentliche Straße, und plötzlich sprach alle Welt nur noch vom Superbike.



Der "Easy Rider" von Suzuki: Intruder-Baureihe
(Foto: Werk)


Mit dieser Heizerkiste bestimmte Suzuki ab sofort im Bau von sportlichen Straßenmotorrädern das Maß der Dinge. Die Supersport-Baureihe setzte sich anschließend in der GSX-R 1100 fort und zementiert heute mit der aktuellen GSX-R 1000 die Krönung in der Suzuki-Sportfraktion. Aber auch die weniger sportlichen Biker bekommen bei Suzuki mächtig was geboten. Zum Beispiel die GS 500. Das solide Einsteiger-Bike gibt es bereits seit 1989, ein Ende der Modellreihe ist nicht in Sicht. Zu Bestsellern wurden die SV 650-Modelle, die es seit neuestem auch mit 1000er Triebwerk gibt und die 600er sowie 1200er Bandit. Für die Langgabel-Fetischisten ist die Intruder-Baureihe längst zum akzeptablen Harley-Ersatz geworden und wer wiederum nur gemütlich verreisen möchte, schwingt sich auf die GSX-Tourensportler. Wem es allerdings nie schnell genug gehen kann, für den gibt es nur noch eine Wahl und die heißt: Hayabusa. Mit 175 PS unter dem Tank und knapp 300 Sachen über die Autobahn braucht sich letztendlich keiner mehr über Langeweile beschweren.


Galerie


Suzuki-Werksrennmaschine TR 750 von 1973


Suzuki GSX 750 Katana von 1981



Suzuki RG 500 Rennmaschine von 1981



GSX 550 ES von 1983



Suzuki GSX-R 750 von 1985



DR 600 von 1985



Suzuki RG 500 von 1985



Suzuki GS 1100 G von 1986



Suzuki GS 500 von 1989



Suzuki GSX-R 750 von 1990



Suzuki DR 800 Big von 1991



Suzuki LS 650 von 1995 


Suzuki gibt es mittlerweile seit 1951 und der Motorradhersteller lässt eigentlich keine Wünsche offen. Puristen, Tourer, Enduro, Chopper, Cruiser, Sportler und Hypersportler, das Angebot ist vielseitig, eben für jeden etwas.

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