Motorrad-Marken

Münch-4 TTS 1200 von 1969

"Super-Stich"

Lausbuben haben meist Faxen im Kopf. Sie raufen miteinander,
wollen wissen, wer der Stärkste ist. Ganz gleich ob auf dem
Fußballplatz oder beim Kartenspielen. Wer beim Quartett die
Münch Mammut zog, hatte gewonnen. Es war der "Super-Stich".
Damals träumte Rudolf Zwengauer von der Münch,
seit 1994 ist der stolzer Besitzer einer Mammut.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Winni Scheibe, Rudi Zwengauer


Rudi Zwengauers "Super Stich"
Münch-4 TTS 1200 "Mammut" von 1969

Manchmal kann es verdammt lange dauern, bis sich Träume erfüllen. Besonders dann, wenn sie sich nur schwer erfüllen lassen. Das können Berufswünsche, Reisen, Autos oder eine Münch Mammut sein. "Wer an diese Träume nicht glaubt, wird sie auch nie erleben", ist sich Rudolf "Rudi" Zwengauer aus Berg bei Neumarkt in der Oberpfalz sicher.

Wenn ich als Steppke beim Kartenspiel die Münch Mammut hatte, habe ich erstmal gezögert und die Karte lange angeschaut. Das Spiel hatte ich zwar sofort gewonnen, das Blatt wollte ich aber trotzdem nicht hergeben. Wie sie aussah! Und dann die Daten auf der Spielkarte: 1200 ccm, über 200 km/h, 90 PS, 12.800 Mark. Da kam einfach nichts mit, das Spiel-Quartett besitze ich heute noch. Nie werde ich vergessen, wie ich beim Volksfest in Neumarkt zum ersten Mal im Leben eine Münch Mammut in Wirklichkeit gesehen habe. Damals war ich 12 Jahre alt und ich glaube, ab diesem Zeitpunkt hatte ich mir den Münch-Bazillus nun endgültig eingefangen",  erinnert sich der Münch-Fan aus Berg.



A
us dem Motorradfan wurde ein Bikernovize, der sich kaum 18 Jahre alt eine Honda CB750 kaufte. Zwei Jahre später, zusammen mit seinem eineinhalb Jahre älteren Bruder Günther, holten sie sich jeder eine nagelneue Honda GL1000 Gold Wing. Fürs schlechte Wetter oder wenn etwas Anderes anlag, hatte sich Rudi Zwengauer einen alten Opel Kadett B zugelegt. Mit dieser Schese besuchten die beiden Brüder im Sommer 1977 ihre Tante Elisabeth in Babenhausen bei Aschaffenburg. Bis zum Münch-Werk in Altenstadt war es von da aus nur noch ein Katzensprung.




Münch-4 TTS 1200 von 1969

Sie parkten ihren Opel direkt vor dem Werk in der Waldsiedlung und schlichen im Ausstellungsraum, nervös und aufgeregt wie vor der Führerscheinprüfung, um die sechs ausgestellten Münch-4 TTS 1200. "Ob wir als potentielle Münchkunden angesehen wurden oder man nur freundlich zu uns war, weiß ich nicht mehr. Als man aber merkte, dass wir uns für die Motorräder interessierten, ziemlich gut Bescheid wussten und wir die Zulassungspapiere unserer Gold Wings vorzeigen konnten, die wir zum Glück dabei hatten, bot man uns eine Probefahrt an. Bis heute gehört die erste Fahrt mit einer Münch zu einem meiner größten Motorraderlebnisse", verrät der Münchenthusiast.
Zurück auf den Boden der Realität kamen die beiden Kunden bei der Preisverhandlung. Wenn sie ihre beiden Gold Wings in Zahlung gäben und zusätzlich noch einmal 10.000 Mark drauflegen würden, könnten sie sich eine Mammut aussuchen. Die Sache hatte sich damit erledigt, der Traum von einer Münch war aber längst nicht begraben. Doch die nächsten Jahre verflogen. Berufliche Karriere, Familienplanung und Häusle bauen hatten zunächst Vorrang.


Münch-4 TTS 1200 Vergaser-Motor


Das Motorradfahren ist dabei aber nie zu kurz gekommen. Anfang der 1980er Jahre hatte ich eine Harley-Davidson und mit der habe ich dann auch zum ersten Mal Friedel Münch in seiner Werkstatt in Erbstadt besucht. Es war alles genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Mein großes Vorbild restaurierte gerade eine Münch-4 TTS-E 1200 und wenn ich damals das Geld gehabt hätte, hätte ich das Motorrad für 20.000 Mark kaufen können. Im Nachhinein war es sicherlich ein gutes Angebot. Doch dann habe ich mir die ganze Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen und entschieden, wenn schon eine Münch, dann nur eine Münch-4 TTS 1200 mit Vergaser-Motor und dem alten, seitenwagentauglichen Rahmen. Eben genauso eine Maschine wie auf meiner Spielkarte abgebildet ist", erzählt der Oberpfälzer.



Rudi Zwengauer und Friedel Münch
(Foto: Rudi Zwengauer)


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er Kontakt zu Friedel Münch und der Münch-Szene wurde fortan gepflegt, der Münch-Gebrauchtmarkt gut im Auge behalten. Anfang der 1990er Jahre wurden Münch Motorräder zu begehrten Sammlerobjekten. Topmodelle waren unverkäuflich, andere unbezahlbar und selbst für überholungsbedürftigte, abgewetzte Mammuts wollten die Besitzer noch ein Heidengeld. In der Szene kannte man sich, wusste, wer welches Motorrad besaß und wo sie standen. Schnäppchen gab es schon lange nicht mehr.
1992 erhielt Rudi Zwengauer von Friedel Münch einen Anruf, er hätte genau eine Maschine nach seinen Vorstellungen. Eine Münch-4 TTS 1200 von 1969 aus der Clymer-Zeit und überhaupt sei bei dem zerlegten Motorrad alles dabei, es müsste nur rundherum überholt und restauriert werden. Ab sofort hatte die Mammut einen neuen Besitzer und der hessische Kfz-Meister machte sich an die Arbeit. Gut zwei Jahre benötigte er für die Instandsetzung. Genau wie 1969 berücksichtigte der Mammut-Schaffer Rudis Kundenwünsche. Das Bike wurde mit zwei Ölkühlern, Motorschutzbügeln und einem paar Zusatzhörnern ausgestattet.

 


Restauration der Münch-4 TTS 1200 in den geheiligten Hallen von Meister Friedel Münch in Laubach
(Fotos: Zwengauer)


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er Kontakt zu Friedel Münch und der Münch-Szene wurde fortan gepflegt, der Münch-Gebrauchtmarkt gut im Auge behalten. Anfang der 1990er Jahre wurden Münch Motorräder zu begehrten Sammlerobjekten. Topmodelle waren unverkäuflich, andere unbezahlbar und selbst für überholungsbedürftigte, abgewetzte Mammuts wollten die Besitzer noch ein Heidengeld. In der Szene kannte man sich, wusste, wer welches Motorrad besaß und wo sie standen. Schnäppchen gab es schon lange nicht mehr.
1992 erhielt Rudi Zwengauer von Friedel Münch einen Anruf, er hätte genau eine Maschine nach seinen Vorstellungen. Eine Münch-4 TTS 1200 von 1969 aus der Clymer-Zeit und überhaupt sei bei dem zerlegten Motorrad alles dabei, es müsste nur rundherum überholt und restauriert werden. Ab sofort hatte die Mammut einen neuen Besitzer und der hessische Kfz-Meister machte sich an die Arbeit. Gut zwei Jahre benötigte er für die Instandsetzung. Genau wie 1969 berücksichtigte der Mammut-Schaffer Rudis Kundenwünsche. Das Bike wurde mit zwei Ölkühlern, Motorschutzbügeln und einem paar Zusatzhörnern ausgestattet.





 


Im Herbst 1994 konnte Rudi Zwengauer seine Mammut bei Friedel Münch abholen. Wie ladenneu stand sie da, eigentlich viel zu schade, um auf der Straße gefahren zu werden. “Das ist sie in der Tat“, gibt der Mammut-Eigner unumwunden zu, “doch nur zum Ansehen habe ich mir die Münch nun auch wieder nicht zugelegt. Doch um ehrlich zu sein, fahre ich mit ihr nur bei gutem Wetter. Auch mit meinen anderen Klassikern, der Honda CB750 Four, Kawasaki Z1, Honda GL1100 Gold Wing, BMW R90S, BMW R100S oder Harley-Davidson Electra Glide halte ich es so. Auf diesen Maschinen bin ich ein ausgesprochener Sonnenschein-Fahrer.
Zur Ehrenrettung seines Motorradfahrerlebens muss jedoch erwähnt werden, dass er bei Ausflügen mit Freunden in die Alpen oder sonstwohin eine BMW R1150GS bevorzugt. Die große Reise-Enduro darf und kann auch mal schmutzig werden und es macht dem Perfektionisten überhaupt nichts aus, sie mit dem Dampfstrahler zu reinigen.

Bei aller Liebe zu den klassischen Maschinen weiß ich sehr wohl die Errungenschaften moderner Motorradtechnik zu würdigen und zu schätzen", gibt der leidenschaftliche Audi TT-Fahrer zu. "Doch mit der Mammut unterwegs zu sein, ist auch heute noch etwas ganz Besonderes. Die Münch ist eine echte Männer-Maschine, die von ihrem Fahrer kräftige Muskeln verlangt. Beim Auf- und Abbocken braucht man Kraft und beim Rangieren muss man wegen des hohen Schwerpunkts gut Balance halten können, andernfalls kann einem die Maschine schnell mal umkippen. Ist die Fuhre aber erst einmal am Rollen, ist alles vergessen, das Handling ist tadellos. Lediglich auf die Schaltung muss man sich konzentrieren. Der erste Gang liegt nämlich oben, die anderen drei Gänge werden nach unten geschaltet. Von der Fahrcharakteristik ist die Münch ein außergewöhnliches Bike und lässt sich mit einer anderen Maschine vergleichen. Der Motor hängt sauber am Gas und dreht wie eine Turbine hoch. Das hört und spürt man, das Triebwerk vermittelt einem ungefiltert, was unter dem Tank abgeht. Zwischen 3000 und 4000 Umdrehungen schnorchelt es dermaßen aus den zwei offenen Weber-Doppelvergasern, dass man danach süchtig werden könnte. Es ist aber kein Krach, sondern das Fauchen eines frisierten Vierzylinder-Motors, der gleich blitzschnell wie eine Raubkatze zum Sprint ansetzen möchte. Das Gefühl, gewaltige Kraft unter dem Tank zur Verfügung zu haben, ist beeindruckend. Es macht allerdings nicht aggressiv, es gibt Überlegenheit. Daran hat sich in den letzten Jahrzehnten nichts geändert. Zum Glück hat Friedel Münch aber nie über eine geräuschmindernde Airbox nachgedacht, heute würde einen der TÜV-Prüfer rückwärts vom Hof jagen."

Die Münch-4 TTS 1200 von Rudi Zwengauer ist inzwischen ein kostbarer Oldtimer. Gemessen an der damaligen Motorradtechnik war sie nicht nur das
erste Superbike, sie war auch das
stärkste, schnellste und teuerste Kraftrad, was es weltweit zu kaufen gab. Damals
wie heute kann sie mit der Motorpower überzeugen. Ihre Kraft schöpft die Münch aus Hubraum und Drehmoment. Auf Strecke bleibt der vierte Gang eingelegt, das Fahrtempo bestimmt die Gashand. Das Reiseziel, so jedenfalls bei Rudi Zwengauer, ist jedoch vom Wetter abhängig. Regen oder nasse Fahrbahn
hat seine Manmmut nämlich noch
nie gesehen.


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