Motorrad-Marken |
Text: Winni Scheibe |
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Für Friedel Münch war die Trennung von Heinz Henke und dem Münch-Motorradwerk in Altenstadt eine zwingende Notwendigkeit. Schließlich gehört er nicht zu dem Menschenschlag, der nach einer vorgegebenen Order denken, konstruieren und arbeiten kann. Das Konkursverfahren Ende 1973 mit Verlust seines Betriebes sowie des privaten Vermögens traf ihn mit voller Härte, er hatte alles verloren. Für rund 1,2 Millionen Mark übernahm der Frankfurter Unternehmer und Münch-Fahrer Heinz W. Henke das Werk. Der geistige Vater und unermüdliche Motorradbauer Friedel Münch war danach nur noch als Angestellter in der Funktion als Technischer Leiter tätig. Dabei hatte er noch so viele neue Ideen im Kopf, vor allen Dingen aber wollte er weiterhin seine eigenen Motorräder bauen, Maschinen, die seine Handschrift tragen. |
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Aus seiner überzeugten Einstellung zum Thema "Hubraum und Leistung ist durch nichts zu ersetzen" hatte Friedel Münch niemals einen Hehl gemacht. Gemäß dem selbst gesetzten Wahlspruch "machen, was machbar ist", sollte ein nachträglich eingebauter Turbolader für gewaltigen Leistungsschub sorgen. Für dieses Vorhaben waren jedoch umfangreiche Änderungen erforderlich. Als Basis verwendete der PS-Guru eine Münch-4 TTS 1200 Kundenmaschine mit Vergaser-Motor. Die Kurbelwelle wurde nitriert, mit Spezial-Lagern versehen, geschmiedete Mahle-Kolben eingebaut, die Verdichtung von 1:9,2 auf 1:7,1 reduziert. Anstelle der scharfen TTS-Nockenwelle kam die zahme Welle vom NSU TT zum Einsatz. Verstärkte Ventilfedern rundeten die Modifikationen im Zylinder ab. Da mit einem erheblichen Leistungszuwachs zu rechnen war, verstärkte er die Kupplung mit Sintermetall-Belägen, baute eine dickere Getriebe-Nebenwelle, mit 25 anstatt 20 mm Durchmesser, ein und spendierte dem Endantrieb eine stabile ¾ x ½ Kette. Der Motor bekam die Einspritzanlage von der Münch-4 TTS-E sowie einen "KKK" - (Kühnle, Kopp & Kausch) Abgasturbolader. |
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Bevor aber das überarbeitete Triebwerk ins Fahrwerk zurück kam, musste
sich auch der Rahmen etliche Änderungen gefallen lassen. Er wurde um
100 mm verlängert, die Unterzüge verstärkt und im oberen
Rahmenbereich Knotenbleche eingesetzt. Der Radstand betrug nun 1510 mm. |
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Das Motortuning konnte sich sehen lassen. Bei 0.85 bar Ladedruck
leistete das Triebwerk 125 PS, was 1977 im Motorradbereich einen
gigantischen Wert bedeutete. Im Fahrbetrieb entpuppte sich die Turbo als
wahre Höllenmaschine. Das außergewöhnliche Erlebnis vermittelte
allerdings nicht die pure Höchstgeschwindigkeit, sie lag bei über 240
Stundenkilometern, sondern die atemberaubende Beschleunigung und der
brachiale Durchzug. Wie ein Lauffeuer sprach sich das Wunder-Werk unter den Münchfahrern herum, und der PS-Zauberer konnte schon bald weitere Bestellungen im Auftragsbuch notieren. Zwischen 1976 und 1977 wurden insgesamt sieben Münch-4 TTS zur TTS E Turbo umgebaut. Dieser Spaß war für 12.500 Mark zu haben. |
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Aber nicht nur mit der
Weiterentwicklung und dem Tuning seiner "Mammuts"
beschäftigte sich der Handwerksmeister. Er konstruiert und baut ein
neues Motorrad: die Horex 1400 TI TURBO-INJECTION. In das neue
Zentralrohr-Chassis wurde wie früher der Vierzylinder-NSU-Motor
eingebaut. Der vernickelte Rahmen mit zwei Unterzügen war so ausgelegt,
dass der Motor als mittragendes Teil diente. Fritz Egli lieferte die
Telegabel mit Querverstärkung, die Bremsanlage kamen von Lockheed.
Vorder- und Hinterradgussfelge stammten aus dem aktuellen
Münch-Zubehörprogramm, vorne war ein 120/90 V 18 und hinten ein 130/80
V 18 Pneu montiert. Die Führung des Hinterrades übernahm in
altbewährter Weise die von Friedel Münch konstruierte Schwinge mit
integriertem Ölbadkettenkasten, für sichere Straßenlage und guten
Fahrkomfort sorgten Koni-Federbeine. |
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In den Grundzügen hatte die Maschine große Ähnlichkeit mit der
Münch-4, wirkte aber noch viel gewaltiger. Das Triebwerk verfügte
immerhin über 1400 ccm Hubraum und war mit der TTS E-Einspritzanlage
sowie dem KKK-Abgas-Turbolader ausgerüstet. Bei 0,55 bar Ladedruck
leistete der Motor 143 PS, was dem 305 kg schweren Bike zu 250 km/h
Spitze verhelfen sollte. Für Friedel Münch war dieses Motorrad eine gewaltige Herausforderung. Schließlich hatte er nach der Trennung von Henke nicht nur bei der Stunde Null anfangen müssen, auch wollte er sich und der Motorradwelt zeigen und beweisen, dass er weiterhin außergewöhnliche Maschinen bauen konnte. |
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Pünktlich zur IFMA 1978 stand der Brüller in Köln auf der Motorradmesse. Gut 30.000 Mark sollte seine Horex 1400 TI kosten. Fast genauso viel wie Heinz Henke für die nur 271 kg schwere Münch-4 TTS 1300 haben wollte, die er stolz als "die leichteste Münch, die es je gab" auf der Messe zeigte. Aus Kostengründen waren nämlich Fahrwerkskomponenten von der Kawasaki Z1000 montiert, was bei der Münchkundschaft allerdings auf wenig Gegenliebe stieß. Und so war es auch kaum weiter verwunderlich, dass zwischen 1976 und 1980 lediglich nur drei "Henke-Münchs" bestellt und gebaut wurden. Anfang 1980 stellte Heinz W. Henke die Produktion der Münch-4 endgültig ein. Insgesamt waren von 1966 bis zu diesem Zeitpunkt exakt 478 Münch-4 gefertigt worden. Ein interessantes Kapitel in der deutschen Motorradgeschichte war damit beendet. Zunächst jedenfalls. 1984 kaufte Jens Hallhuber aus Boltersen die Fertigungseinrichtungen sowie restliche Warenbestände und die Rechte am Münch-Logo um sich fortan offiziell um den Fortbestand der "Mammuts" zu kümmern. Seit seinem Tod im September 1991 wird das Münch-Erbe von DBH in Lüneburg fortgesetzt. Allerdings mit einer Einschränkung, 1998 erwarb Thomas Petsch aus Würzburg die Münch Namensrechte, ein Thema, auf das wir am Ende der Geschichte noch einmal zurück kommen werden. |
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Doch zurück zur IFMA 1978. Friedel Münchs Horex 1400 TI war längst nicht das einzige Super-Bike, das für gewaltiges Aufsehen sorgte. Im gegenseitigen Wettrüsten überboten sich die japanischen Hersteller mit einer Flut neuer hubraum- und leistungsstarker Modelle. Allen vorweg Honda mit der CBX 1000 und Kawasaki mit der Z 1300. Diese Sechszylinder- Großserienmaschinen mit über 100 PS kamen der damaligen speedversessenen Motorradgeneration wie gerufen. Es waren aber keine unerschwinglichen Traumbikes, sondern Stangenware. Die CBX gab es für schlappe 10.000 Mark, für die Z 1300 verlangte Kawasaki 12.3000 Mark. Dagegen konnte Friedel Münch mit seinen handgearbeiteten Maschinen nicht mithalten. Der Kundenkreis für ein solch exklusives Motorrad war entsprechend klein. Sein euphorisches Vorhaben, die Horex 1400 TI in Kleinserie zu fertigen, musste er schon bald wieder aufgeben, lediglich zwei weitere Exemplare entstanden. Hinzu kam, dass die "Horex" Namensrechte derweil Fritz Röth in Hammelbach erworben hatte. Zwischen den beiden Motorradenthusiasten kam es deswegen aber zu keinem Streit, Friedel Münch änderte den Firmennamen in "MT-Motorentechnik GmbH". |
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Nichts änderte sich dagegen an
Friedel Münchs Tatendrang. Weiterhin kümmerte er sich um die Münch-4
Kundschaft, verbesserte, pflegte und wartete seine Mammuts, betreute
zwischendrin auch immer wieder Horex Imperator Fahrer und baute sogar
japanische und italienische Motorräder mit der Münch-Rennbremse,
Münch-Sporttank, Stummellenkern, hinten liegenden Fußrasten und je nach
Kundenwunsch mit Motortuning zu Sportmaschinen um. Rund 30 dieser Münch-getunten Feuerstühle entstanden im Laufe der Zeit. Von eigenständigen
Münch Motorrädern kann und darf hier jedoch nicht gesprochen werden. |
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Ganz anders bei den vielen Plänen, Ideen und Taten, die Friedel Münch im Laufe seines Lebens ausgedacht und umgesetzt hat. Da war zum Beispiel 1977 ein neues Motorrad mit VW Polo Triebwerk auf dem Zeichentisch entstanden. |
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Blieb das "Polo-Projekt" ein Denkansatz, entstand dafür 1981 die "Nr. 1000". Auf den ersten Blick eine bekannte Münch-4, doch in vielen Details deutlich verbessert. Besonders viel Mühe gab sich Meister Münch beim Abstimmen des 1600 ccm Einspritztriebwerkes. Wobei hier nicht die reine Höchstleistung, sondern der Durchzug im Vordergrund stand. Laut Aussage von Friedel Münch ist es die beste und schnellste Münch-4, die er je gebaut hat. |
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Bei dieser Maschine sollte es in den achtziger Jahren dann aber doch nicht bleiben. Auf Wunsch seines amerikanischen Freundes, Paul Watts, setzte er noch mal eins oben drauf. Speziell für den ersten Vorsitzenden des amerikanischen Münch-Clubs baute er 1984 die "TITAN-1800". Der auf 1800 ccm gebrachte Vierzylinder-Motor mit Einspritzanlage und Wankel-Kompressor leistete 150 PS. Auch hier erinnert vieles an alte Zeiten. Das vordere Speichenrad mit der Münch-Duplexbremse wird von der bewährten Rickman-Gabel geführt. Im Heck ist die stabile Elektron-Guss-Schwinge mit dem geschlossenen Ölbadkettenkasten und Münch-Guss-Rad eingebaut. Fahrfertig drückt die TITAN-1800 satte 330 kg auf die Waage. Dieses Motorrad bleibt jedoch ein einmaliges Exemplar. Wie vereinbart, wurde das Big Bike Ende 1986 in die USA an Paul Watts ausgeliefert. |
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Ebenfalls vom NSU-TT 1200 stammt das Viergang-Autogetriebe mit
Rückwärtsgang. In Anbetracht des Gewichtes von 368 kg ist der
zusätzliche Gang sicherlich berechtigt. Für die Betätigung der
autotypischen Schaltung musste sich Meister Münch jedoch etwas
Außergewöhnliches einfallen lassen. Über ein ausgeklügeltes
elektro-pneumatisches Hebelsystem werden die Gänge per Fußhebel
geschaltet. |
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Eigentlich wäre damit unsere Friedel Münch Geschichte hier zu Ende. Doch weit gefehlt. Mitte der neunziger Jahre werkelte der Konstrukteur erneut über einem Motorrad der Superlativen. Bis auf den Vierventil-Cosworth-Zylinderkopf baute der Meister wieder alles selbst. Das 1848 ccm wassergekühlte DOHC-Einspritz-Triebwerk ist für 150 PS gut, Primärantrieb, Getriebe und geschlossener Ölbadkettenkasten tragen deutlich die Handschrift von Friedel Münch. Aber auch diese Maschine, die als Münch Mammut 2000 "Versuch" in die Geschichte eingehen wird, bleibt ein Einzelstück, ein Prototyp. |
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Im Sommer 1997 bekam Friedel Münch Besuch von Thomas Petsch, den er vorher jedoch noch nicht kannte. Der Werkstattgast stellt sich als Würzburger Geschäftsmann und Münchfan vor. Was sich rückblickend wie ein Märchen anhört, wurde zur Wahrheit. Thomas Petsch hatte die Münch Namensrechte gekauft und wollte 250 "Münch-Mammut-2000" Maschinen bauen. Doch nur 15 dieser Asphalt-Brenner wurden tatsächlich gebaut, dann zog der Würzburger Unternehmer im April 2002 die Notbremse und stellte die Fertigung ein. |
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