Ehrentag für Friedel Münch
|
Im Altenstädter
Rathaus wurde dem genialen Motorrad-Pionier
Friedel Münch am 2. April
2004 die goldene Verdienstmedaille
der Gemeinde Altenstadt verliehen, wo
er seit über
30 Jahren
zu Hause ist.
Text: Karlheinz Malschok
Fotos: Archiv-Münch, Scheibe
Friedel Münch
(Foto: Archiv-Münch) |
Goldene Verdienstmedaille für Friedel
Münch.
Norbert Syguda, Bürgermeister von Altenstadt, Herbert Unger,
Bürgermeister von Florstadt,
Claus Spandau, Bürgermeister von Laubach (v.l.n.r.)
|
Der
Vater der legendären "Münch-Mammut" baute dort Anfang der
70er Jahre seine bulligen Big-Bikes, die bei Prominenten in aller Welt
heiß begehrt waren und bis heute nichts von ihrer Faszination verloren
haben. Doch ein Rückblick auf die erstaunliche Karriere des hessischen
Kfz-Meisters ist zugleich die Geschichte eines ungewöhnlichen
Lebenswegs mit Höhen und Tiefen, wie sie kaum ein Zweiter
erlebt hat.
Der
amerikanische Multimillionär Malcolm Forbes düste mit seinem Privatjet
nach Frankfurt und ließ sich vom Flughafen stracks ins 25 km entfernte
Altenstadt chauffieren, Gunter Sachs kam gleich mehrmals zu Besuch, auch
Star-Designer Luigi Colani oder dem Fürsten von Leiningen in Amorbach
war die oberhessische Großgemeinde bald ein Begriff. Dass die
prominenten Herren und viele andere begeisterte Motorrad-Fans den Weg in
die Wetterau fanden, ja dass Altenstadt als Biker-Mekka international
bekannt wurde, verdankt der 13000-Seelen-Ort einem Mann, der als
"Mammut-Mann" schon zu Lebzeiten zur Legende wurde und heute
77jährig still und bescheiden im Ortsteil Rodenbach wohnt: Friedel Münch.
Sein Name steht für den Kult um ein Supermotorrad, das als größtes,
schnellstes, schwerstes und teuerstes Serien-Zweirad aller Zeiten gilt
und Technikgeschichte geschrieben hat. |
Münch-4 TTS 1200 von 1969
|
Die
Erfolgsstory des gelernten Kfz-Meisters beginnt Mitte der 60er
Jahre, als Friedel Münch den damals gerade auf den Markt
gekommenen neuen NSU Prinz TT zu Gesicht bekommt. Er begutachtet
fachmännisch dessen kompaktes 1085 ccm-Triebwerk und beschließt,
damit ein Motorrad auf die Räder zu stellen. Bei NSU, wo er
sich den 55-PS-Motor besorgt, erzählt er davon freilich nichts:
"Die hätten mich doch für verrückt erklärt!" Ein
paar Monate später präsentiert er den verblüfften Autobauern
in Neckarsulm das erste Straßenmotorrad der Welt mit
Vierzylinder-Antrieb, und bei der IFMA 1966 in Köln ist die
"Münch Mammut 001" die Messesensation schlechthin,
zudem sie mit einem halben Dutzend weiterer bahnbrechender Münch-Erfindungen
ausgestattet ist, auf die vorher noch keiner gekommen war.
Friedel Münch ist mit einem Schlage weltberühmt - ein Mythos
war geboren, mit dem die moderne Big-Bike-Ära begann.
|
Münch-4 TTS-E 1200 von 1974
|
Auch
das Geschäft brummt. Die Nachfrage übersteigt schnell die begrenzten
Kapazitäten von Münchs erster Werkstatt in Nieder-Florstadt, der
Firmensitz wird in eine geräumigere Halle in Ossenheim bei Friedberg
verlegt und erweist sich ebenfalls bald als zu klein. Mit Hilfe eines
motorradbesessenen Geldgebers aus den USA, wo die "Munch Mammoth"
von Anfang an gehörig Furore gemacht hatte, entsteht Ende der 60er
Jahre für 2 Millionen Mark ein größeres Werk, diesmal in Altenstadt.
Die neue Produktionsstätte in dem frisch erschlossenen Gewerbegebiet in
der Waldsiedlung ist nach dem jüngsten Stand der Technik eingerichtet,
mit eigenem Motorenprüfstand, feudalen Konstruktionsbüros und rund 40
Mitarbeitern. Münch ist in seinem Element, Kunden aus aller Herren Länder
pilgern in die Heegwaldstraße 2, wo nun die Münch TTS-E gebaut wird,
die weltweit erste Serienmaschine mit Einspritzanlage. Doch leider ist
der falsche Partner im Spiel, der Mäzen aus Florida zieht sich eines
Tages sang- und klanglos zurück, die Fabrik steht vor dem Ruin, geht in
andere Hände über. Getreu seinem Motto "Geht nicht gibt's
nicht" wagt Münch einen Neuanfang in Erbstadt, später noch einmal
in Laubach, erfindet und produziert weiter.
|
Münch Mammut 2000 von 2001
|
Bis
Mitte der 80er Jahre entstehen so knapp 500 Exemplare seiner
urgewaltigen Krafträder, jedes ein Unikat, da in aufwendiger Handarbeit
und meist speziell nach den Wünschen ihrer künftigen Besitzer
gefertigt. 1991 reißt ihn ein Schlaganfall aus dem gewohnten Schaffen.
Mit eisernem Willen kommt er schnell wieder auf die Beine, kann nun
nicht mehr Motorrad fahren, sitzt aber bald wieder hinterm Lenkrad und
widmet sich nun ganz seinem Motorenmuseum im Laubacher Bürgelweg, wo
die Besucher hingerissen sind, wenn ihnen der legendäre Friedel Münch
seine Schätze höchstpersönlich vorführt. Zwar erfüllt sich zum
Millenniumswechsel mit der "Münch Mammut 2000" ein letzter
Lebenstraum für ihn, doch diese acht Zentner schwere
Zwei-Liter-Maschine mit 260 PS, gut 250 km/h schnell und 86 000 Euro
teuer, wird anderswo produziert und kann nicht mehr an den Erfolg ihrer
Vorgängerinnen anknüpfen.
|
Frau und Herr Münch mit Wilhelm Groh, 1.
Vorsitzender des "Münch-4-Club"
|
Geblieben ist der Nimbus
eines rast- und ruhelosen Mannes, der seiner Zeit immer voraus war und
Meilensteine setzte. Sein Leben wurde biografisch verewigt und fürs
Fernsehen verfilmt, er ist auf Dutzenden von Internet-Seiten präsent
und übrigens auch im Deutschen Technik-Museum in München vertreten. Es
gibt Münch-Clubs, eine Zeitung namens "Münch Express" und
das stattliche Friedel-Münch-Museum von Wilhelm Groh in Walldorf bei Hockenheim, ja
sogar eins im fernen Kalifornien. Und es gibt eine eingeschworene
Fan-Gemeinde internationaler Mammut-Fahrer, denn ein Großteil der
mittlerweile historischen Maschinen wird von ihren stolzen Besitzern
liebevoll gepflegt und bei Big-Bike-Treffen bewundert wie eh und je.
Wobei eins der exklusiven Kraftpakete unlängst gar zum Kunstobjekt
avancierte: Als Gunter Sachs im Herbst letzten Jahres in Hamburg seine
Andy Warhols, Roy Lichtensteins, Yves Kleins und anderen Pop-Werke
ausstellte, prangte inmitten der edlen Exponate - sein gutes Stück aus
Altenstadt! Dafür fährt jetzt sein Sohn Ralph mit einer nagelneuen
Mammut herum...
|