Motorrad-Marken


Italienischen Motorräder 2007 in Deutschland

Bella Italia

Motorräder aus Italien besitzen eine unbeschreibliche Faszination.
Wecken Emotionen und Leidenschaft. Zum Einen ist es die klassische
Eleganz einer Moto Guzzi, die Ästhetik einer MV Agusta, das
Futuristische einer Benelli aber auch die Erinnerung an die
unvergleichliche Ducati 916. Wer rational denkt, ist im falschen Film.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk, Archiv, Bernd Fischer

 


Ducati 916
Modelljahr 1994


Gäbe es für Motorradnationen eine Charts, Italien läge an der Spitze. Nirgendwo ist das Herz für schnelle Feuerstühle größer. Diese Begeisterung zieht sich quer durch die Bevölkerung. Angefangen bei den Herstellern über Konstrukteure, Techniker, Werksangehörige, Händlerschaft bis hin zum Kundenstamm. Aber auch die, die eigentlich nichts mit Motorrädern am Hut haben, kennen sich aus. Wissen, welche Modelle es gibt und was im Rennsport los ist.



Sensation 2007:
Casey Stoner wird auf Ducati MotoGP-Weltmeister
(Foto: Ducati)



MV Agusta-Werksfahrer und Multi-Weltmeister Giacomo Agostini
(Foto: Bernd Fischer)


Die Italiener sind eben echte Motorradenthusiasten und Rennverrückte sind sie obendrein. Und so darf es auch nicht weiter wundern, dass die Azzuris schon seit jeher im Rennsport kräftig mitmischten. Rennsport war und ist für italienische Motorradhersteller fast schon Pflicht. Mit Siegen wird eine Marke berühmt, Erfolge belegen die technische Qualität. Die Liste traditioneller und ruhmreicher Hersteller reicht von Aermacchi, Aprilia, Benelli, Bianchi, Bimota, Cagiva, Ducati, Garelli, Gilera, Laverda, Maserati, Mondial, Moto Morini, Moto Guzzi, Motobi bis MV Agusta, um hier nur die Wichtigsten zu nennen.



Benelli-Werksfahrer und Rennlegende Penzo Pasolini
(Foto: Bernd Fischer)


Von den vielen traditionellen Marken sind nur
Moto Guzzi und Ducati übrig geblieben

 


Moto Guzzi Breva 1100
Modelljahr 2007



Ducati 1098 Superbike
Modelljahr 2007
(Foto: Ducati)


Ihren Platz am Markt verteidigt haben allerdings nur die Wenigsten. Abgesehen von Moped- und Rollerfabrikanten und klitzekleinen Nischenherstellern sind nur noch die beiden alteingesessenen Firmen Ducati und Moto Guzzi übrig geblieben.
Cagiva, Aprilia und Bimota gehören ja genau genommen zu der jungen Generation italienischer Hersteller, die es erst seit den 70er Jahren gibt. Dafür haben sich mit ihrem phänomenalen Comeback Benelli, Moto Morini und MV Agusta in den letzten Jahren mit sensationellen neuen Modellen zurückgemeldet. Kein anderes Herstellerland bietet leidenschaftlichen Motorradfahrer eine derartige, fast möchte man sagen, schillernde und bunte Modellvielfalt.


Die Edelmarke Bimota bleibt weiterhin ein Exote
in der italienischen Motorradwelt

 


Bimota SB8K Santamonica
Modelljahr 2007
(Foto: Bimota)


Alle italienischen Firmen sind bei uns mit einem Importeur am Markt vertreten, verfügen über ein mehr oder weniger flächendeckendes Händlernetz. Bis auf die Edelschmiede Bimota. Womit wir mitten im Thema wären: Italienische Motorräder in Deutschland. Der Traum von einer italienischen Maschine kann jedoch mit etwas Pech zum Alptraum werden. Bleiben wir gleich bei Bimota. Mit dem Verkauf der exklusiven und sündhaft teuren Supersportmaschinen haben sich schon etliche clevere Geschäftsleute die Zähne ausgebissen. Zuletzt war es Tommy Wagner in München. Freimütig gibt er seine Begeisterung für Bimota zu, schätzt die Technik, war vom Geschäftserfolg überzeugt. In der Praxis kam die Ernüchterung. Mangelhafte Ersatzteilversorgung, schleppende Garantieabwicklung und Lieferengpässe von Neufahrzeugen stellte die Geduld auf eine harte Probe und so Tommy Wagner: "Wer eine Bimota möchte, muss leidensfähig sein. Allerdings nicht vom Fahren her, der Fahrspaß ist unvergleichlich, das Drumherum nervt und diese Unzulänglichkeiten nimmt heute keiner mehr hin. Für mich hat sich die Sache erledigt. Neue Bimotas gibt es nur noch über ein Bimota-Verkaufsbüro oder am besten man holt sie sich direkt aus Italien."


Italiener in Norddeutschland:
Vertragshändler Bernd Lohrig in Syke bei Bremen

"Alles unter einem Dach"
MV Agusta - Ducati - Benelli - Moto Morini

 

Regelrecht vom Italo-Bazillus angefressen ist Bernd Lohrig in Syke bei Bremen.
Seit 1980 ist er Ducati Händler, in den letzten Jahren hat er das Angebot mit MV Agusta, Moto Morini und Benelli erweitert. "Motorradfahrer sind immer noch Individualisten. Das erfahre ich jeden Tag, ob in unserer Suzuki Abteilung oder bei den Italienern. Nur mit dem Unterschied, dass sich die südliche Fraktion bedeutend stärker mit ihrer Marke auseinander setzt, sich intensiver mit ihr beschäftigt und so einen viel engeren Bezug pflegt. Probleme, ganz gleich welcher Art, kann es immer und überall geben. Falls etwas nicht klappt, braucht bei uns kein Kunde auf sein Motorrad längere Zeit zu warten, er bekommt eine Leihmaschine", lässt der Norddeutsche wissen.


Italo-Experte Bernd Lohrig



In guten Händen:
Lohrig-Team in Syke bei Bremen


Aprilia und Moto Guzzi gehören zum Piaggio-Konzern

 


Aprilia SL 1000 Falco
Modelljahr 2000



Moto Guzzi Griso 1100
Modelljahr 2007


Aprilia und Moto Guzzi Händler, aber auch die Kundschaft können hinsichtlich der Serviceleistungen ein Lied singen. Was jedenfalls die Vergangenheit betrifft. "Vor drei-vier Jahren hatten wir bei Aprilia und Moto Guzzi unbestritten mit großen Problemen zu kämpfen", so Aprilia Pressesprecher Thomas Beyer. "Seit wir aber Ende 2004 vom Piaggio-Konzern übernommen wurden, geht es nur noch bergauf. Zwischen 2006 und 2009 fließen allein in die Planung neuer Aprilia-Modelle über 100 Millionen Euro. Ziel des neuen Managements ist es zum Beispiel, die Triebwerke nicht mehr von Zulieferfirmen zu beziehen, sondern in den eigenen Betriebsstätten zu entwickeln und auch bauen zu lassen."


Benelli und Moto Morini:
Neue Maschinen mit ruhmreicher Tradition

 


Benelli Tornado Novecento Tre
Modelljahr 2007



Moto Morini Corsaro 1200
Modelljahr 2007


Zu einem der erfahrensten Italo-Spezialisten gehört Ronald März aus Ettlingen. Er kennt die Szene in – und auswendig, den Benelli und Moto Morini Import erledigt sein Familienbetrieb. "Im Vergleich zu den Japanern, aber auch zu BMW oder Harley-Davidson, sind die italienischen Marken, ganz besonders aber Benelli und Morini, Nischenhersteller", betont Ronald März. "Zwar steckt hinter Benelli ein chinesischer Großkonzern, auch plant man in Zukunft eine Modellpalette mit Ein,- Zwei- und Mehrzylindermotoren auf den Markt zu bringen, doch wird dies nie in eine gigantische Großserienfertigung ausufern. Absolut überschaubar werden die Fertigungseinheiten bei Moto Morini bleiben. Die Morinis sollen exklusive Kleinserien bleiben. Maschinen, mit denen sich der Fahrer identifizieren kann, einen einzigartigen Fahrspaß erlebt und sein Bike nicht gleich an jeder Ecke herumstehen sieht."


"Wer sich als Händler mit italienischen Motorrädern beschäftigt,
braucht Leidenschaft und ein großes Herz", Christina Dummer

 


Erk-Motorsport in Wolfhagen in Nordhessen


Fragt man Händler, die in diesem Zusammenhang natürlich nicht genannt werden möchten, nach ihren Erfahrungen, kann es passieren, dass sie mächtig über die italienische Geschäftspolitik und Serviceleistung schimpfen. Fest zugesagte Liefertermine von Neufahrzeugen werden nicht eingehalten, Abrechnungen von Garantiearbeiten über Monate nicht bezahlt. Immerhin Kosten, die voll zu Lasten der Händler gehen. Auch kommt es immer wieder vor, dass dringend benötigte Ersatzteile nicht verfügbar sind und der Kunde ewig auf sein Motorrad warten muss. Will der Händler helfen, werden die Teile von einem Neufahrzeug abmontiert oder es wird sogar ein Neufahrzeug bestellt um es als Ersatzteilträger auszuschlachten. Letztendlich kommt es allerdings auf die Sichtweise und das Engagement jedes Einzelnen an.

 

Offen zu ihrer Italo-Leidenschaft steht Christina Dummer, Firmenchefin von Erk-Motorsport in der Oleimühle 1, ein paar Kilometer außerhalb von Wolfhagen. Als Ducati, Moto Guzzi, MV Agusta und Cagiva Händlerin weiß Christina Dummer die provinzielle Lage in Nordhessen sogar zu schätzen und verrät: "Zu uns kommen die Kunden nicht nur um etwas zu kaufen oder für eine Reparatur, sondern auch, um sich neue Maschinen anzuschauen oder einfach nur auf einen Kaffee. Italienische Motorräder sprechen einen ganz besonderen Menschenschlag an. Sie sind noch größere Individualisten als andere Motorradfahrer, viele lieben die technische Ästhetik, das Design und den Sound. Besonders am Wochenende staune ich, wer alles anhält und sich am Schaufenster die Nase platt drückt. Viele träumen sicherlich von einer MV oder Ducati, können oder wollen sie sich nicht leisten."


Christina Dummer
Erk-Motorsport Wolfhagen



Primabellerina im italienischen Motorradangebot:
MV Agusta F4 1000R
Modelljahr 2007


In der Zulassungsstatistik tauchen die italienischen Marken kaum auf. Man sieht sie selten, um so mehr fallen sie auf. Eine Ducati, eine MV oder eine Guzzi wird beachtet, manche können sich kaum sattsehen. Wer vom Italo-Bazillus befallen ist, lässt sich kaum beirren, nimmt Unzulänglichkeiten in Kauf, weiß den Gegenwert aber zu schätzen. Nur wenn es um die Vernunft geht, wäre es bestimmt besser, eine Honda oder BMW zu fahren.


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