Kawasaki A1 250
Samurai
"Der kleine
Ritter"
Mit der 650er W1
konnte Kawasaki 1966 auf dem US-Markt
keinen Blumentopf gewinnen.
Zum Glück hatte das Werk aber
einen Joker im Ärmel. Noch im
gleichen Jahr brachte der
Großkonzern die 250er A1 Samurai auf
den Markt.
Text&Fotos: Winni
Scheibe
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Kawasaki hatte sich
viel vorgenommen. Mit dem 650er OHV-Twin "W1" wollte man
1966 im Handstreich den nordamerikanischen Motorradmarkt erobern.
Doch aus dem Traum wurde nichts. Die US-Biker ließen sich nichts
vormachen. Die W1 sah nicht nur wie ein britisches Bike aus, sie
fuhr sich auch so, und das noch nicht einmal so gut. Der Motor
ließ ungefiltert seine derben Vibrationen den Fahrer spüren, das
Fahrwerk war knüppelhart abgestimmt. Und hinsichtlich der
Fahrleistungen riss der Dampfhammer keinen vom Hocker. Jede
aktuelle BSA oder Triumph war schneller. Ein weiterer Faktor für
den Misserfolg waren die geänderten Kundenansprüche. Eine "Männermaschine"
musste längst nicht mehr via Kickstarter in Schwung gebracht
werden, auch verzichtete man herzlich gern auf jegliche Art von
pflegeintensiver Maschinentechnik. Vom ständigen Zusammenflicken
und Reparieren ihrer Maschinen hatten die US-Boys endgültig die Nase voll. Was seit Neuestem zählte, waren Zuverlässigkeit,
Standfestigkeit, Komfort, vibrationsarmer Motorlauf, spritzige
Beschleunigung und Topspeed jenseits der 100-Meilen-Marke. Die
US-Biker wussten genau, was sie wollten. Schließlich gab es
mittlerweile von Honda die Viertakt-Twins CB 72 und CB 450 und aus
dem Zweitakt-Lager kamen die agilen 250er-Twins Suzuki T20 und
Yamaha DS-3. Diese flinken Flitzer setzten Mitte der sechziger
Jahre die Maßstäbe, gegen sie war die neue W1 bereits ein
Oldtimer.
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Kawasaki erkannte
rasch die fatale Fehleinschätzung des amerikanischen Marktes.
Noch während der Saison stellte das Werk 1966 die neue 250er
Zweitakt-Rakete A1 Samurai vor. Parallel zur Viertakt-Abteilung
beschäftigte sich bei Kawasaki Aircraft in Arkashi nämlich eine
zweite Abteilung mit der Entwicklung neuer Zweitakt-Motorräder.
Das erste Ergebnis war die 250er A1. Ein Motorrad, das zunächst
ausschließlich für das Exportgeschäft bestimmt war. Mit der
Samurai (Ritter) hatte Kawasaki voll ins Schwarze getroffen. Das
agile Zweitakt-Bike war genau das Gegenteil vom W1 Viertakt-Twin:
leicht, handlich, spritzig und sauschnell. Der Motor leistete 31
PS und beschleunigte den Wetzhobel auf sensationelle 170
Stundenkilometer und das gerademal mit nur 247 ccm.
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Um diese gewaltigen
Fahrleistungen zu realisieren, hatten die Kawasaki Ingenieure
ganze Arbeit geleistet. Bei dem Triebwerk handelte es sich um eine
vollkommen selbständige Entwicklung, kein Motorrad aus der
westlichen Welt diente den Zweitakt-Technikern als Vorbild. Das
Triebwerk hatte Leckereien zu bieten, die den eingeschworenen
Zweitaktfans voll unter die Haut gingen. Jedem Zylinder war neben
dem horizontal geteilten Kurbelgehäuse ein 22er-Vergaser
zugeordnet, die Steuerung übernahmen Plattendrehschieber. Da nun
neben der Kurbelwelle kein Platz mehr für den
12-Volt-Wechselstrom-Generator und die Zündanlage mit den zwei
Unterbrecherkontakten da war, verbannten die Kawa-Techniker diese
Bauteile einfach hinter den Zylinderblock. Den Antrieb übernahmen
Zahnräder. Solche Anordnungen kannte man bisher nur von
Rennmaschinen. Rennmaschinenähnlich war auch die
Leistungsentfaltung. Bis 6000 Touren spielte sich nicht viel
Aufregendes ab, aber wehe die Drehzahlmessernadel schnellte über
diese Marke. Dann ging die Post ab. Bei 8000 Umdrehungen
produzierte das Aggregat 31 PS und wenn man den Drehzahlmesser
nicht genau im Auge behielt, konnte es problemlos passieren, dass
der Motor auf 10.000 Umdrehungen pro Minute hochdrehte. Damit die
Motorinnereien bei diesem Stress immer gut geschmiert waren,
hatten die Kawa-Techniker der A1 ein zuverlässige
Frischöl-Schmierung, die sogenannte "Superlube",
spendiert. Der Ölvorrat befand sich in einem Tank rechts im
Rahmendreieck und via Ölpumpe wurde das lebenswichtige Elixier in
die Ansaugkanäle eingespritzt. Von der Kurbelwelle gelangte die
Kraft über eine Mehrscheibenkupplung im Ölbad zum
Fünfganggetriebe und von dort per Rollenkette zum Hinterrad.
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Blick ins Inner:
Drehschiebersteuerung, Vergaser und Ölpumpe |
Eingebaut war das
Kraftpaket in einen Doppelschleifenrahmen, die Führung des
Vorderrades übernahm eine Telegabel, die Hinterradführung
erledigte eine Stahlrohr-Schwinge mit zwei Federbeinen. Im
Fahrbetrieb hatte das Chassis mit der Motorleistung keine
Probleme. Die nur 145 kg schwere Samurai ließ sich ausgesprochen
handlich fahren. Auch bei sportlicher Fahrweise brachte den Renner
so schnell nichts aus der Ruhe. Dass die Experten bei Kawasaki mit
solchen Ambitionen gerechnet hatten, zeigten die hochklappbaren
Fahrerfußrasten. Und da bei flotter Fortbewegung gute Bremsen
gefragt sind, sorgte im Vorderrad eine Duplex-Trommelbremse und
hinten eine Simplex-Trommelbremse für nachhaltige
Verzögerungeswerte.
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Auf Anhieb wurde
die A1 Samurai zum Verkaufsrenner. Zwar hatten auch Yamaha und
Suzuki 250er Zweitakt-Twins im Programm, doch die Samurai war mit
ihren 2-3 PS Mehrleistung einfach das schärfere Gerät auf dem
Markt. A1-Piloten standen beim "Ampelstart" auf der Pole-Position, und wenn das Licht von Rot auf Grün sprang lehrten
sie den dicken Bikes das Fürchten. Und das war es, was
letztendlich zählte. In einer Zeit, als die Motorradfahrer selbst
auf die PS-Angabe hinter dem Komma achteten, brauchte keiner mit
wirtschaftlichen oder vernünftigen Argumenten kommen. Power und
Speed waren die Zauberworte, die die damaligen Motorradfahrer in
Bann zogen, die aber auch die japanische Industrie zu immer
stärkeren und schnelleren Maschinen anspornte.
Mit der Samurai hatte Kawasaki das selbst gesetzte Motto "stärker
und schneller als die Anderen" nun erstmals in die Tat
umgesetzt. Einem Leitspruch, dem man bis auf den heutigen Tag treu
geblieben ist.
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Technische Daten
Kawasaki A1 Samurai
Baujahr 1966
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Fahrtwind gekühlter
Zweizylinder-Zweitakt-Drehschieber-Motor, 247 ccm, 31 PS bei
8.000/min. Doppelrohrrahmen, vorn Trommelbremse, hinten
Trommelbremse, 145 kg, 160 km/h
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