Motorrad-Marken

Horex Regina-Story

The Queen of the Sound of Singles

Nur fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges 
brachte Horex die 350er Regina auf den Markt.
Eine Maschine, die 1950 zum Traummotorrad
und wenig später sogar zum Bestseller wurde.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv/Werk

 



Bereits Ende 1949 konnte Horex in Bad Homburg die neue 350er Regina vorstellen. Eine wunderschöne Einzylinder-Maschine mit moderner Teleskopfedergabel, Geradweg-Hinterradfederung, verchromtem Tank und zwei verchromten Schalldämpfern. Eine echte Sensation waren die Leichtmetall-Vollnabentrommelbremsen, die man eigentlich nur von Rennmaschinen her kannte. Eingespeicht waren die Laufräder in verchromte Stahlfelgen, denen man als Blickfang einen mit weißem Rand eingefassten roten Innenstreifen spendiert hatte. Für Ästheten unter den Motorrad-Fans war diese Ausführung die Show schlechthin, es sah einfach verdammt edel aus. Die gleiche Mühe hatte man sich auch beim Kraftstofftank gegeben. Auf das verchromte Spritfass waren dezent beidseitig Zierstreifen von Hand liniert, im Vorderfeld prangte "königlich" die Horex-Plakette. Im Mittelteil saß das Kniegummi und auf dem Tankrücken war ein mit weißem Rand eingefasstes rotes Feld lackiert. Auf Wunsch gab es die Maschine auch in Schwarz und mit Gold eingefasst. Fast schon zum Standard der damaligen Motorradtechnik gehörte eine vollgekapselte Antriebskette.



Horex Regina 350 von 1950


Beim Triebwerk blieb man dagegen beim Bewährten und verwendete weiterhin den ausgereiften aber modifizierten Langhub-Motor von der bekannten 350er SB35. Die Dauerleistung gab Horex mit 15 PS bei 3500/min und 18 PS bei 5000/min für kurzzeitige Höchstleistung an. Entgegen der damals noch vielfach üblichen Bauweise, das Getriebe hinter dem Motor in einem separaten Gehäuse unterzubringen, war bei der 350er Regina Motor und Getriebe in einem gemeinsamen Block untergebracht. Genau wie bei den englischen Bikes lag die Schaltung auch auf der rechten Seite. 


(Foto: Werk)




Auf Anhieb etablierte sich der Dampfhammer zum Bestseller und Verkaufsrenner. Im Fahrbetrieb überzeugte sie durch eine gute Straßenlage, tadellose Bremsen, durchzugstarken sowie kräftigen Motor.


Anfang der Fünfziger gab es allerdings auch kaum ernsthafte Konkurrenz. Wer damals Motorrad fuhr, saß auf einer qualmenden und stinkenden Zweitakt-Maschine, in der Regel mit 98, 125 oder 250 Kubik. Es waren keine aufregenden Fahrzeuge, Dinger, die im Alltag zu funktionieren hatten, günstig in der Anschaffung waren, wenig Geld im Unterhalt kosteten und obendrein auch noch zuverlässig und wartungsfreundlich zu sein hatten. Diese Vehikel nannte man spöttisch "Brot und Butter-Motorräder", oder auch, weil sie bei Wind und Wetter über die Chaussee gescheucht wurden, "Westerwald-Motorräder".
Und da stand auf einmal die Regina. Ein Bild von Motorrad. Nach dem Krieg und all den harten Entbehrungen ein Lichtblick. Man durfte nicht nur von einer besseren Zukunft träumen, der Traum auf zwei Rädern ließ sich für 1975 Mark kaufen. Und wenn nicht in bar, dann auf Raten.



Horex-Werk um 1950
(Foto: Werk)


Der enorme Erfolg überraschte das Werk dennoch. Bereits Ende 1950 fertigte die Horex-Belegschaft 700 Maschinen monatlich, 1951 waren es sogar 1200 Einheiten und somit war die Regina die meist gebaute 350er überhaupt. Gut 25 Prozent der Singles gingen als Exportmaschinen in nicht weniger als 59 Länder.  



Horex Regina 350 "Sport" von 1952

Bei der 350er Regina sollte es dann auch nicht bleiben. Für die sportlich orientierte Kundschaft gab es 1952 die "Sport". Als erstes Modell in der Regina-Baureihe erhielt der Flitzer einen neu entwickelten Aluminium-Zylinderkopf mit Einport-Auspuffsystem rechts. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, der Single leistete nun 20 PS bei 6000/min.


Für die Schweizer Horexfans bot das Werk im gleichen Jahr aus versicherungsrechtlichen Bestimmungen die 250er Regina an. Sie brachte 17 PS und fuhr fast so schnell wie die große Schwester. Besonderes Merkmal der Export-250er war der Grauguss-Zylinderkopf mit Einportsystem links. Erst im späten Sommer 1953 stand die 250er Regina auch in Deutschland im Laden.



250er Regina für den Schweizermarkt
(Foto: Werk)




Auf der IFMA 1953 präsentiert Horex die neue Regina 400,
einen für die Gespannfahrerfraktion zugeschnittenen
echten Dampfhammer mit 22 PS.


Horex Regina 400


In der Regina-Baureihe war die 400er die größte und auch ausgereifteste Maschine. Doch alle Anstrengungen, die Horex in das Motorrad gesteckt hatte, waren vergeblich. Bereits ab 1953 war der Motorradverkauf stark rückläufig. Konnte Horex 1953 noch 17.500 Reginas an den Mann bringen, ließen sich 1954 nur noch 12.500 Maschinen absetzen. Aber nicht nur Horex traf das Schicksal. Landauf, landab brach das Motorradgeschäft zusammen. Kein Mensch wollte mehr aufs Motorrad steigen. Das Geld reichte bereits für einen VW Käfer oder Opel Rekord. Das Bad Homburger Familienunternehmen hatte längst umgedacht, man erledigte Aufträge für die Automobilindustrie. Im Oktober 1960 erfolgte der Verkauf an die Daimler-Benz AG, an Motorräder glaubte in dieser Zeit schon lange niemand mehr.


Zahlen und Fakten


Regina Vorgänger-Modell: Horex SB 35


Als 1950 die 350er Regina auf den Markt kam, machte man sich zunächst noch keine Gedanken über die Bezeichnung der Nachfolgemodelle. Betriebsintern nannte man 1952 die zweite Generation Regina 2. Doch als die 250er da war, die offiziell als "Regina 2" bezeichnet wurde, änderte man nachträglich die Zuordnung. Die 350er "Ur-Regina" wurde in "Regina 0" umbenannt, das 350er Folgemodell in "Regina 01", die 250er in "Regina 02", und als die 350er Regina den Alu-Zylinderkopf bekam, begann die Baureihe "Regina 03". Fast zeitgleich kam die 400er Regina auf den Markt, sie erhielt die Bezeichnung "Regina 06". Soweit, so gut. In der Horex-Modellübersicht und in den Prospekten sieht es jedoch etwas anders aus. Die erste ist die "Regina", das Folgemodell die "Regina 1", die 250er Baureihe wird von Anfang bis Ende mit "Regina 2" bezeichnet, die 350er mit Alu-Kopf ist die "Regina 3" und zu guter Letzt die 400er ist die "Regina 4". Alles klar!


Galerie


350er Horex "Regina 1"



250er Horex "Regina 2" 
(Foto: Werk)



350er Horex "Regina 3" mit Alu-Zylinderkopf



350er Horex "Regina 3"



400er Horex "Regina 4 (6)"

Mit freundlicher Unterstützung des Horex-Spezialisten Mike Kron
The Classic Bike Mike
Lindenstraße 18
74238 Krautheim/Klepsau
Tel.: 06294 - 581
e-Mail: Mike.Kron@t-online.de


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