Motorrad-Marken |
Text: Winni Scheibe |
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Das
Schild am Ortseingang ist unübersehbar. In großen Lettern steht: |
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Die Motor Company in Milwaukee glaubt dagegen auch weiterhin fest ans Motorrad. Mit einem gut ausgebauten Händlernetz, hervorragendem Service sowie lukrativen Finanzierungsangeboten hatte man sich in der Zulassungsstatistik sogar gerade vor den Erzrivalen Indian geschoben und ist nun die Nummer eins auf dem amerikanischen Motorradmarkt. Spitzenmaschinen im Angebot sind die beiden V-2-Motorräder, das 1000er Modell J und 1200er Modell JD. Das 1200er Modell JD ist zwar etwas stärker und auch gut 20 Stundenkilometer schneller, dafür kostet der Big-Twin aber auch rund 30 Dollar mehr. Und das ist in dieser Zeit doch verdammt viel Geld. |
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Zum Markenzeichen der schweren Stahlrösser aus Milwaukee gehört bereits seit 1911 der gewaltige 45-Grad-V-2-Viertaktmotor. Aus 84,1 mm Bohrung und 88,9 mm Hub schöpft das Aggregat mit 988 ccm fast einen vollen Liter Hubraum, die Leistung liegt bei gut 20 PS bei 3000/min. Da der vordere Kolben ein Gabelpleuel hat, lassen sich die luftgekühlten Guss-Zylinder genau hintereinander anordnen. Bei der Ventilsteuerung vertrauen die Harley-Techniker auf das i.o.e. -inlet over exhaust- System. Von einer untenliegenden Nockenwelle mit vier Nocken werden über Schlepphebel, freiliegende Stoßstangen und Kipphebel die im Zylinderkopf hängenden Einlassventile betätigt, zwei weitere Schlepphebel sind für die Steuerung der stehenden Auslassventile zuständig. Bei uns ist dieser Ventiltrieb unter der Bezeichnung "Wechselsteuerung" bekannt. Ölpumpe, Lichtmaschine und Zündverteiler werden über einen Zahnrädersatz auf der rechten Steuerseite angetrieben. Die Gemischaufbereitung erledigt ein Schebler de Luxe-Vergaser. |
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Bei der Fahrwerksausstattung pflegt man konservative Ansichten. Für Fahrkomfort sorgt vorne eine ungedämpfte Springergabel, hinten ist das Rad dagegen ungefedert. Fachleute sind sogar davon überzeugt, dass ein gefedertes Hinterrad die Straßenlage verschlechtern würde. Damit der Fahrer auf Bequemlichkeit aber nicht verzichten muss, ist der Schwingsattel über eine Teleskopfeder im hinteren Rahmenrohr komfortabel abgefedert. Im Harley-Werbeprospekt wird diese Ausführung als "Pfannensattel mit Feder-Sitzpfosten" beschrieben. Als "doppelte Sicherheit" wirbt Harley-Davidson 1928 erstmalig mit der Einführung einer Vorderradbremse. Hierzu gibt es allerdings auch gleich wieder etliche kritische Stimmen. Auf den vielfach sandigen Oberflächen der amerikanischen Highways könnte es durchaus passieren, warnten namhafte Sicherheitsexperten eindringlich, dass bei einer Vollbremsung das Vorderrad blockieren könnte und der Fahrer so zu Sturz kommen würde. Zum Glück hörten die Harley-Manager nicht auf diese Argumente und ließen bei allen gut 100 km/h schnellen großen Twins die Vorderradbremse in die Serie einfließen. Als Hinterradstopper dient weiterhin eine per rechtem Fuß betätigte Außenbandbremse. Nennenswerte Neuerungen für das Modelljahr 1929 sind die zwei "Ochsenaugen-Frontlampen", so der original HD-Werbetext, ein neues Schaltbrett mit Ampéremesser sowie eine Reihe weiterer Detailmodifikationen. |
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Auf Sonderwunsch der Polizeiverwaltung des US-Staates Texas werden die bestellten Modell J-Dienstkräder in weiß ausgeliefert. Zusätzlich bekommt das Sheriffbike rote Zierstreifen und rechts und links auf den Tank in dicker roter Schrift "Texas Highway Patrol" auflackiert. Das "Martinshorn" sitzt unterhalb der Doppelscheinwerfer, womit die Unterschiede zur Zivilausführung schon aufgezählt sind. Bis Ende der dreißiger Jahre leisteten die Maschinen bei der Texas Highway Patrol zuverlässig ihren Dienst, dann werden sie ausgemustert und verkauft. Die Harley-Davidson mit der Fahrgestellnummer 29J2478 ersteigert ein australischer Harley-Sammler, nimmt sie mit nach "down-under", wo sich das Bike im nächsten halben Jahrhundert ohne nennenswerten Schaden zu nehmen die Reifen platt steht. |
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Eigentlich wäre die Story hier zu Ende. Wenn nicht die Frage erlaubt wäre, wie kommt bitte schön solch eine seltene Maschine nach Deutschland. Da wäre zunächst wieder ein Harley-Sammler, diesmal aber Wolfgang Knitterscheidt aus Bad Nauheim. Auf der Suche nach einem Modell J aus den 20er Jahren wurde er Anfang 1999 in Sausalito bei San Franzisko bei einem kleinen Harley-Dealer fündig. Genau die Polizei-Maschine, die 50 Jahre in Australien gestanden hatte, war Anfang der Neunziger wieder zurück in die USA gekommen und stand nun nach obligatorischen Restaurationsarbeiten hier zum Verkauf. Der Preis für die über 70 Jahre alte 100% originale Polizei-Maschine war angemessen und der Bericht von INTERPOL belegte, dass es sich nicht um ein gestohlenes Bike handelt. Eine Bestätigung, die für den Export nach Deutschland und die Zulassung bei uns von größter Wichtigkeit ist. Der Rest war Formsache. Seit einiger Zeit ist die "T.H.P." angemeldet, läuft wie ein Uhrwerk und falls Wolfgang Knitterscheidt zufällig unterwegs einer Polizeistreife auf der Dienst-BMW begegnet, hebt er freundlich zum Gruß die linke Hand. |
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Harley-Davidson Model J
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Motor: Spitze: |