Motorrad-Marken |
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Keinerlei Anlass für Rechtfertigungen oder Erklärungen hatte dagegen die englische Motorradindustrie. Sie war weltweit die Nummer Eins, angeführt vom Marktführer BSA (Birmingham Small Arms). Das Werk im Birminghamer Stadtteil Small Heath produzierte jährlich über 75000 Maschinen, 1961 konnte die Firmenleitung sogar einen Rekordgewinn von dreieinhalb Millionen Pfund verbuchen. Den Haupterlös brachte der Exporthandel mit Amerika. Ganz anders als in England, und überhaupt kein Vergleich zu Deutschland, bestimmte in den USA eine vollkommen neue, motorradverrückte Generation das Geschäft; etwas, wovon die Branche in der "alten Welt" nur träumen konnte. Schon seit einiger Zeit musste man in Großbritannien einen Verkaufsrücklauf verzeichnen. In Deutschland waren von den einst über 40 Motorradherstellern lediglich nur noch BMW, NSU, DKW, Maico und Hercules übrig geblieben. Wer Anfang der Sechziger bei uns etwas auf sich hielt, fuhr Auto - Motorradfahrer waren die "armen Schweine". |
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Bei BSA konnte man eigentlich mit den Verkaufserfolgen der A10 Modelle zufrieden sein. Seit 1950 waren die 650er im Programm. Zunächst war das 35-Horsepower starke Triebwerk, mit 70 mm Bohrung und 84 mm Hub, woraus sich 646 ccm ergaben, in einem Einrohrrahmen mit Telegabel und Gradewegfederung eingebaut. Um die Qualität des Bikes unter Beweis zu stellen, beteiligte sich das Werk 1952 bei dem Rekordmeeting auf dem Bonneville-Salzsee in Utah/USA. Die fast serienmäßige, allerdings mit Alkohol-Treibstoff betriebene A10, erreichte damals sensationelle 230,9 Stundenkilometer. Ab 1954 gab es die A10 mit modernem Doppelschleifenrahmen, die Führung des Hinterrades übernahm nun eine Schwinge mit zwei Federbeinen. So beliebt die A10 war, so klangvoll waren auch ihre Namen. Im Laufe der Jahre hieß sie Golden Flash, Super Flash, Road Rocket, Spitfire Scrambler (Exportmodell für die USA), Super Rocket und Rocket Gold Star. Zum Schluss der A10-Modellreihe leistete das mittlerweile auf 9:1 verdichtete BSA-Superbike Rocket Gold Star beachtliche 46 bhp bei 6250/min und brachte den Power-Bolzen auf knapp 180 km/h. |
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Innerhalb des Leichtmetall-Gehäuses hatte sich dagegen kaum etwas verändert. Hinter den blankpolierten Deckeln werkelte weiterhin "altbekannte" Mechanik. Immer noch drehte sich eine geschmiedete einteilige Kurbelwelle, mit ihrem gewaltigen, mittig verschraubten Schwungrad, rechtsseitig in einem Gleitlager und auf der linken Primärseite in einem Kugellager. Die beiden Alu-Kolben, mit zwei Kompressionsringen und einem Ölabstreifring, marschierten im Gleichschritt im Gusszylinder auf und ab. Aus dem neu gewählten, fast quadratischen Bohrung x Hub-Verhältnis 75 x 74 mm ergaben sich genau 654 ccm. Die Steuerung des OHV-Kurzhubers war ebenfalls nichts Neues. Über zwei Stirnräder wurde die hinter dem Zylinderfuß untenliegende Nockenwelle aktiviert, fürs planmäßige Öffnen und Schließen der Ventile waren kurze Stößel, Stoßstangen und Kipphebel zuständig. Zum Ventilspieleinstellen waren Einstellschräubchen vorgesehen. Eine tatsächliche Neukonstruktion war dagegen der Alu-Zylinderkopf. Anstelle der bisher üblichen aufgeschraubten Rocker-Boxen waren nun die sechs Lagerböcke für die Kipphebel gleich mit eingegossen. |
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Eine separate Ölleitung versorgte die
Schmierstellen, verschlossen wurde der Zylinderkopf von einem großen,
einteiligen Ventildeckel. Ebenfalls eine interessante Neuerung war die
stabile Triplex-Primärkette, die sich im Handumdrehen von außen
nachspannen ließ und die Batterie-Spulenzündung mit zwei
Unterbrecherkontakten. Auf Kundenwunsch bekam man die A65 sogar mit
12-Volt-Wechselstromgenerator von Lucas. |
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Im Frühjahr 1962 präsentierte BSA die A65 Star Twin. Doch die Begeisterung der Motorradfahrer war alles andere als euphorisch. Für sie war die Optik zunächst sehr gewöhnungsbedürftig. Ihrer Meinung nach war die A65 kein echtes "englisches" Motorrad mehr. Mit einem so massiven Bruch alter Traditionen hatte schließlich niemand gerechnet. Aber auch von der erhofften Sportlichkeit kam wenig rüber. Die A10 Rocket Gold Star leistete stramme 46 bhp, dagegen kam die neue Tourensportmaschine Star Twin gerade mal auf kommode 38 bhp bei 5800/min. |
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Vergessen war die Kritik allerdings nach dem ersten Fahreindruck. Die A65 sah nicht nur wie eine "250er" aus, sie fuhr sich auch so. Sie begeisterte mit einem tadellosem Handling, das Chassis war spurstabil, die Sitzposition ausgesprochen bequem. Ganze Arbeit hatten die BSA-Techniker beim Motor geleistet. Das Triebwerk war ausgereift und verfügte über eine sehr ausgewogene Charakteristik. Nach der üblichen Startzeremonie, Schwimmerkammer des 28er Amal-Monobloc-Vergaser fluten, Lufthebel schließen, Zündung auf "on" schalten, dann ein beherzter Tritt auf den Kickstarter, lief der Twin. Diese Prozedur war allerdings kaum anders vorstellbar. Schließlich baute BSA Motorräder für Männer, für Kunden, die etwas von der Materie verstanden, die wussten, worauf es ankam. Ein Bike mit E-Starter - nie und nimmer! War die Star Twin in Fahrt, beeindruckte sie mit mächtig Dampf aus dem Keller, problemlos war schaltfaules Fahren möglich. Wer dennoch gern im Vierganggetriebe rumrührte, hatte seine helle Freude, die Bedienbarkeit der Schaltbox war vorbildlich, präzise und genau rasteten die Gänge ein. Auch die Sprinteigenschaften und das Topspeed überzeugte. Die Vollnaben-Trommelbremsen ernteten ebenfalls großes Lob. Doch was das Wichtigste war, der Motor blieb selbst nach längerer Heizerei "trocken". Und das wollte was heißen. Manch hartgesottener Tester schwärmte aber auch von einem "samtweichen" Motorlauf. Im Vergleich zu den bisher bekannten "Schüttelböcken" mag das ja stimmen, doch ganz ohne die obligatorischen Vibrationen gings nicht. Spätestens wenn sich die Kurbelwelle über 5000 Mal pro Minute drehte, war das bekannte "Kribbeln" in Händen, Füßen und Sitzfleisch deutlich zu spüren. Für viele war das allerdings auch wichtig, denn zu einer echten Männer-Maschine gehörten eben auch anständige Vibrationen. |
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Bei der A65 Star Twin sollte es nicht bleiben. Bereits im Oktober 1963 erweiterte BSA die 650er-Block-Motor-Modellreihe mit der A65 Rocket. Eine scharfe Nockenwelle, verstärkte Ventilfedern und die Erhöhung der Verdichtung von 7,5:1 auf 9:1 ließen die Leistungsausbeute auf 45 bhp bei 6250/min klettern. Ohne wesentliche Modifikationen diente in der A65-Baureihe der Blockmotor bis zur Werksschließung 1973 als Antriebsaggregat. Wieder waren es so klangvolle Namen wie Lightning, Lightning Clubman, Thunderbolt, Hornet, Firebird Scrambler und Spitfire, mit denen man die Modelle bedachte. Doch die Zeichen der Zeit standen gegen die kernigen Parallel-Twins aus Birmingham. 1973 kam für BSA das Aus. |
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Motor Fahrtwind gekühlter Zweizylinder-Viertakt- Reihenmotor, eine untenliegende, über Stirnräder getriebene Nockenwelle, zwei Ventile pro Zylinder über Stößel, Stoßstangen und Kipphebel betätigt; Bohrung x Hub 75 x 74 mm; Hubraum 654 ccm; Verdichtung 6,5:1; Leistung 38 bhp bei 5800/min; Trockensumpfschmierung 3,4 Liter Motoröl; ein Amal-Monobloc-Vergaser, Ø 28 mm; Trockenluftfilter; Batterie-Spulen-Zündanlage; auf Wunsch 12-Volt- Wechselstromgenerator von Lucas Getriebe Primärantrieb über Triplex-Kette; Mehrscheibenkupplung im Ölbad; Vierganggetriebe mit eigenem Ölvorrat; Endantrieb über Einfach-Rollenkette Fahrwerk Doppelschleifenrahmen;
Telegabel; Stahlrohr-Hinterradschwinge mit zwei hydraulisch gedämpften
vierfach verstellbaren Gerling-Federbeinen; vorne
Simplex-Vollnaben-Trommelbremse, Ø 200 mm; hinten
Simplex-Vollnaben-Trommelbremse, Ø 180 mm; Speichen-Räder mit
Stahl-Felgen; Bereifung vorne 3.25 x 18 und hinten 3.50 x 18; Tankinhalt
18 Liter; Gewicht 185 kg |