BMW-Lifestyle


BMW R60/5-Fahrer Hans Schotte

"Fast ein Leben lang mit BMW"

Seit 1954 schwört Hans Schotte auf BMW. Seinen R60/5-Boxer
fährt der rüstige Ruheständler inzwischen auch schon seit 1972.
Eigentlich nichts Besonderes. Wäre da nicht das Kennzeichen
WA-H249. "WA" stand nämlich für das ehemalige Fürstentum
Waldeck und wenn es nach den Waldeckern ginge,
würde es "WA" noch heute gebe
n.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Schotte, Scheibe



Echter Waldecker: Hans Schotte


Motorradfahrer pflegen eine ganz eigene Sprache. Das Kennzeichen nennen sie zum Beispiel "Kuchenblech". Auch kein Wunder. Auf der gewaltigen Nummerntafel ließe sich bequem ein Steuselkuchen backen. Es gibt allerdings kaum einen Biker, der diese großen Bleche toll findet. Ganz anders wenn es um die Ziffern und Zahlen-Kombination geht. "Wunschkennzeichen" gibt es, sofern sie noch nicht vergeben sind, bei der Zulassungsstelle gegen Aufpreis. Wer in Mönchengladbach wohnt und eine Moto Guzzi V 11 Sport Ballabio fährt, kann mit etwas Glück sich das Kennzeichen "MG-V11" angeln und der Kawasaki Z 750 Freund in Köln kutschiert mit der Nummer "K-Z750" durch die Gegend. So lässt sich das "amtliche Kuchenblech" wenigstens ein wenig individuell gestalten.




Als ich am 6. April 1972 meine brandneue BMW R60/5 in Korbach zugelassen habe und das Kennzeichen WA-H249 bekam, hätte ich mir damals niemals träumen lassen, dass dies einmal etwas ganz Besonderes sein wird," erzählt Hans Schotte, Jahrgang 1930.
Zwei Jahre später wurde nämlich der Landkreis Waldeck, "WA", mit dem Nachbarkreis Frankenberg, "FKB", zusammengelegt, und ab 1974 gab es im Großkreis Waldeck/Frankenberg dann nur noch das neue "KB"-Kennzeichen. Die damalige Gebietsreform fanden manche Bürger gut, manche aber auch nicht, anderen war es egal.



Touristenmagnet im Ferienland Waldeck:
Edersee und Schloss Waldeck

Den Waldeckern passte die neue Ordnung jedoch überhaupt nicht. Schließlich konnte man auf eine außergewöhnliche Geschichte zurückblicken. Nachdem 1813 Napoleon besiegt worden war, kam ganz Deutschland wieder unter preußischen Einfluss, allerdings mit einer Ausnahme: In der neu geordneten Landkarte gab es, mitten zwischen den Flüssen Eder und Diemel, einen weißen Fleck. Das Fürstentum Waldeck hatte seine Selbständigkeit behalten! Einen Anspruch, den das Herrscherhaus bereits seit 1717 zu verteidigen wusste. Graf Friedrich Anton Ulrich zu Waldeck wurde in diesem Jahr vom Deutschen Kaiser Karl VI. mit dem erblichen Fürstentitel beehrt, und sein Land stieg zum Fürstentum auf. Nach Bauplänen vom Reißbrett entstand 1719 für den zukünftigen Fürstensitz die Stadt Arolsen und nach Versailler Vorbild ein prachtvolles Schloss. Das im Spätbarock- und Rokokostil gebaute Städtchen war ab 1728 Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums und bis zum 1. April 1929 blieb das Fürstentum Waldeck sogar selbständig. Im "neuen" Waldeck wurde dann Korbach die Kreisstadt.

Bis heute sind die Waldecker verdammt stolz auf ihre Geschichte und natürlich auf ihre Fürstenfamilie, die immer noch im Arolser Residenz-Schloss wohnt.


Ich kann nicht aufzählen, wie oft ich schon auf das Nummernschild angesprochen wurde. Außerhalb unserer Kreisgrenze kennt zwar kaum noch jemand das WA-Kennzeichen, bin ich aber in Waldeck unterwegs, gibt es viele, die würden wer weiß was dafür geben auch wieder das alte WA-Schild am Auto oder Motorrad zu haben, die sind dann richtig neidisch," verrät Hans Schotte mit einem verschmitzten Schmunzeln.


Herbststimmung 2004


Inzwischen stehen nach 32 Jahren 92.500 km auf dem BMW R60/5-Tacho.
Die solide Tourenmaschine befindet sich immer noch im original Zustand.
 


D
er überzeugte Boxerfan, der seine R60/5 nur vom Frühling bis zum Herbst fährt und die Maschine über den Winter abmeldet, hätte schon längst das neue KB-Kennzeichen bekommen können. Doch für den echten Korbacher mit altem Waldecker Familienstammbaum, kommt das überhaupt nicht in Frage. Schließlich gibt es heute nur noch eine Handvoll Fahrzeuge mit WA-Zulassung.


Die erste BMW war 1954 eine 250er R26

Motorradfahren war für den bodenständigen Waldecker schon immer Hobby, Sport und Freizeit. Der Radio- und Fernsehtechniker konnte den Weg zur Arbeit zu Fuß bewältigen oder fuhr, wenn er Lust und Laune hatte, mit seiner Maschine in den Betrieb. Einen Autoführerschein hat er nie besessen und auch nie gewollt. "Mein erstes echtes Motorrad habe ich mir 1952 gekauft, das war die Adler MB200. Die Maschinen davor zähle ich jedoch nicht, das waren alles irgendwelche Zweitakt-Möhren. Aber auch die Adler mit ihrem hochdrehenden Zweizylinder-Zweitaktmotor war nicht mein Fall, da war die BMW R26 doch gleich ganz etwas Anderes. Der 250er Einzylinder-Motor schnurrte wie ein Uhrwerk, war zuverlässig und brauchte im Vergleich zur Adler viel weniger Sprit. Das eigentlich Sensationelle war allerdings der Vollschwingenrahmen. Mit der Maschine konnte man richtig die Sau raus lassen, das Fahrwerk war erstklassig gefedert, die R26 lag wie ein Brett auf der Straße und auch die Bremsen waren Spitze", schwärmt Motorradfan Schotte noch heute von seiner ersten BMW, die er 1954 gekauft hatte.



Hans Schotte 1953 mit seiner Adler MB200 am Möhnesee
(Foto: Schotte)

Gehörten bei uns in den 50er Jahren Motorradfahrer zum gewohnten Straßenbild, hatte sich die Situation Anfang der 60er Jahre grundlegend gewandelt. Von Krädern wollte keiner mehr etwas wissen. Das "Wirtschaftswunder" hatte nach den kargen Nachkriegsjahren der westdeutschen Bevölkerung wieder Wohlstand beschert und wer etwas auf sich hielt, fuhr ein Automobil.
Für Hans Schotte kam ein Wagen allerdings nicht in Frage. Als BMW 1960 die neue 250er R27 mit 18 PS Einzylinder-Motor auf den Markt brachte, dauerte es nicht lange und das Bayern-Krad stand in seiner Garage. Dank des nun in Gummielementen gelagerten Motors hatte sich der Fahrkomfort noch einmal deutlich verbessert. In der Viertelliterklasse war die BMW R27 damals das Maß der Dinge. "Mit der Maschine war ich rundherum zufrieden, wenn man wollte, konnte man mit ihr sehr sportlich fahren, aber ihre echten Qualitäten zeigte sie auf langen Touren. Anstehende Wartungsarbeiten habe ich meist bei unserem damaligen Korbacher BMW-Händler Franke selbst erledigt, ich brauchte nur das Material zu bezahlen. Als ich eines Tages einen Ölwechsel machte, fragte mich Meister Franke, ob ich die BMW R50 mal Probe fahren wollte. Das habe ich mir natürlich nicht zweimal sagen lassen und bin mit der Boxer-Maschine gleich eine schöne Runde gefahren. Als ich zurück kam, stand für mich fest, so eine Maschine musst du haben. Doch Franke wollte meine R27 nicht in Zahlung nehmen.


Nach einer Probefahrt mit einer BMW R50 hat sich
Hans Schotte 1964 den "Boxer-Bazillus" gefangen


Autogrammkarte von
BMW-Gespannweltmeister 1954 Noll/Cron
(Archiv Schotte)


Und so bin ich zum Ex-BMW-Gespannweltmeister und BMW-Vertragshändler Wilhelm Noll in Kirchhain gekommen. Wir wurden uns schnell einig und ab Frühjahr 1964 hatte ich meine R50. Die erste große Tour mit dem neuen Boxer ging nach Rohrdorf zu Harro, bei dem ich mir eine maßgeschneiderte Lederkombi bestellt habe," erinnert sich Hans Schotte an damals zurück und fügt hinzu, "zwar habe ich schon vorher ordentliche Motorradsachen getragen, doch eine Lederkombi war in der damaligen Zeit immer noch etwas außergewöhnlich. Auch Sturzhelme waren noch lange nicht in Mode. Ein Schal um den Hals und eine Mütze auf dem Kopf galt damals als ausgesprochen sportlich und schick."

Hans Schotte machte da keine Ausnahme. Zwar trug er nun voller Stolz seine Harro Lederkombi, Lederstiefel und Handschuhe, doch an einen Helm dachte auch er noch nicht. Wollmütze und Motorradbrille gehörten weiterhin zur Pflichtausstattung. Und dabei war vom gemütlichen Motorrad fahren bestimmt keine Rede, es wurde geheizt, was das Zeug hergab. "Bestimmt habe ich einen guten Schutzengel. Abgesehen von zwei Ausrutschern, einem auf Kopfsteinpflaster und einem auf einer verschmutzten Landstraße, hatte ich bis heute, teu-teu-teu, keinen nennenswerten Unfall", betont der Boxer-Fan.


Motorrad-Urlaub 1954 in St. Peter Ording
(Foto: Schotte)


Mit der /5-Baureihe begann bei BMW 1969
eine  neue Modellgeneration


On Tour: Hans Schotte mit seiner R60/5

Die BMW Vollschwingen-Modelle R50, R60, R50S sowie die legendäre R69S genossen einen hervorragenden Ruf. In England und den USA wurden sie sogar ehrfurchtsvoll als "King of the Road" bezeichnet. Als Ende der sechziger Jahre das Motorradfahren auch bei uns wieder "in" wurde, präsentierte BMW 1969 drei vollkommen neu entwickelte Maschinen: Die R50/5, R60/5 und R75/5. Sie lösten die "Vollschwingen-Generation" ab und wurden nun auch nicht mehr in München, sondern im Berliner BMW-Werk produziert.
Hans Schotte, der längst bei BMW-Händler Noll zur Stammkundschaft gehörte, tauschte 1970 seine Schwingen-R50 gegen die neue 32 PS starke R50/5 ein. Etwas über ein Jahr später erfolgte der nächste Tausch und die 40 PS starke R60/5 wurde am 6. April 1972 auf das Kennzeichen WA-H249 in der Kreisstadt Korbach zugelassen.



Ein Stück Lebensglück:
Verreisen mit der BMW


Mit dieser Maschine habe ich genau das Motorrad gefunden, das zu mir und meinen Ansprüchen passt. Alle Wartungsarbeiten kann ich selbst erledigen. Wer jedoch denkt, ich hätte den Boxer längst mit einer elektronischen Zündanlage ausgestattet, liegt falsch. Sind Kontaktzündanlage, Ventilspiel und Vergaser exakt eingestellt, brummt der Boxer wie eine Eins. Und sollte es unterwegs tatsächlich mal ein Problem geben, habe ich sicherheitshalber immer ausreichend Werkzeug und einen Ersatzzündkontakt dabei. Mit den Fahrleistungen und dem Fahrkomfort bin ich bis heute zufrieden. Und da ich am liebsten alleine wegfahre, brauche ich mich auch keinem anderen anzupassen, kann mein Tempo selbst bestimmen und anhalten, wo immer ich will und Lust habe", lässt Hans Schotte wissen.




Inzwischen stehen nach 32 Jahren 92.500 km auf dem R60/5-Tacho, wobei das Gros in den Siebziger und Achtziger Jahren abgespult wurde. Touren nach Österreich, zu Rennveranstaltungen am Nürburgring und Hockenheimring, zu Motorradtreffen sowie Urlaubsfahrten an die Nord- und Ostsee waren die Ziele der jeweiligen Saisonfahrten. "Beim Elefantentreffen am Nürburgring war ich jedoch nie, im Winter steht die Maschine abgemeldet in der Garage," verrät der Waldecker und freut sich schon auf die nächste Motorradsaison mit Besuchen bei alten Motorrad-Freunden und bei Oldtimer-Treffen im Ferienland-Waldeck und den angrenzenden Landkreisen.


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