The Vincent Story
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk
(Foto: Werk)
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P hilip
C. Vincent wurde am 14. März 1908 in Fulham bei London geboren. Ohne
nennenswerten Kontakt zur "modernen Technik" verbrachte er
seine Kindheit auf der elterlichen Rinderfarm in Argentinien. Mit elf
Jahren kehrte er für die weitere Schulzeit nach England zurück.
14jährig bestand er als Bester seines Jahrgangs die Aufnahmeprüfung
zur Ingenieurschule in Cambridge. Technische Dinge übten auf den jungen
Studenten eine große Faszination aus, bald war er vom
"Motorradbazillus" befallen, und kaum 16 Jahre alt, kaufte er
sich eine 350er BSA. Er lernte Howard R. Davies kennen, dessen "H.R.D."-Motorräder
einen sehr guten Ruf genossen. Davies war nicht nur ein hervorragender
Konstrukteur, sondern auch ausgezeichneter Rennfahrer, er wurde Vincents
Idol.
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Philip
C. Vincent "Cantilever-Rahmenkonstruktion"
(Foto:
Werk)
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D er
aufgeweckte Ingenieurstudent verbesserte die Straßenlage seiner BSA mit
einer "Dreiecks-Hinterradschwinge". Zwei horizontal liegende
Schraubenfedern übernahmen die Federung der selbstgebauten
Radaufhängung. Mit diesem System hatte Vincent den Vorläufer für die,
von Yamaha Mitte der siebziger Jahre als neu präsentierte "Cantilever-Schwinge"
mit zentral angeordnetem Federbein, erfunden. Entschlossen, sein Hobby
zum Beruf zu machen, stieg der junge Vincent bei "H.R.D." ein,
das nötige Kleingeld für den Deal besorgte er sich vom Vater. Die
Firma in Stevenage bekam den Namen: "The Vincent-H.R.D. Company
Ltd.".
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Mittlerweile
war Philip C. Vincent Maschinenbauingenieur und konnte sich auf die
Entwicklung von eigenen Motorrädern konzentrieren. 1928, ein Jahr nach
Firmengründung, war der "Triangulated"-Rahmen, mit
Dreiecks-Hinterradschwinge serienreif. Das Vorderrad führte eine "Druid"-Trapezgabel,
als Antriebsaggregat wurde zunächst der 350er O.H.V.-
Einzylinder-Viertakt-Motor von J.A.P. verwendet. 20 Mechaniker bauten
jedes Motorrad einzeln zusammen, Stück für Stück fein säuberlich in
Handarbeit. Von 1928 bis Ende 1931 diente das "Triangulated"-Chassis
als Basis für die Modellpalette mit 350er, 500er und 600er
J.A.P.-Einzylinder-Viertakt-Motoren - insgesamt entstanden bis dahin 118
Fahrzeuge.
Das
"Diamond"-Einrohr-Fahrwerk löste 1932 den "Triangulated"-Rahmen
ab. Wieder diente eine Dreiecksschwinge mit zwei zentral liegenden,
immer noch ungedämpften, Federbeinen der Hinterradführung. Die
Vorderradführung übernahm eine neue, ebenfalls ungedämpfte
Brampton-Trapezgabel. In Punkto Bremsanlage setzte Vincent 1933 einen neuen
Maßstab. Ab diesem Jahr sorgten je zwei Halbnaben-Trommelbremsen mit
178 mm Durchmessern am Vorder- und Hinterrad für gute Bremswerte.
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Um 1935: Philip C. Vincent, Phil E.
Irving, Keith Horton
(Foto: Werk)
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Vincent
stellte 1933 den erfahrenen australischen Motoren-Konstrukteur Phil
Irving ein. Gemeinsam entwickelte man den ersten 500er
OHV-Einzylinder-Viertakt-Motor, der beachtliche 25 BHP bei 5300/min
leistete. Genaugenommen beginnt erst 1934 die eigentliche "Vincent
H.R.D.-Historie". Von 1934 bis 1939 gab es von der "Series
A": die "Meteor" mit 25 BHP, die "Comet" mit 26
BHP, und die "Comet Spezial" mit 28 BHP.
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(Foto: Werk)
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Nach
dem Erfolg des Singles begab man sich an die Entwicklung eines 1000er
V-Motors. Für dieses Aggregat ließ man ein massives Motorgehäuse
gießen und baute eine neue Kurbelwelle. Vom bewährten 500er Motor
wurden Zylinderkopf, Zylinder, Kolben und Ventilsteuerung übernommen.
Der Primärantrieb erfolgte über Kette, das Burman-Vierganggetriebe war
nach damaligem Standard angeflanscht. Das neue Kraftpaket leistete 45
BHP bei 5500/min und wurde in das kaum geänderte Diamond-Fahrgestell
eingebaut. Testfahrer George Brown erreichte mit der Vincent-H.R.D.
Series A Rapide 110 Meilen, was 176 km/h entspricht. Damit war die
Vincent die schnellste Straßenmaschine der Welt! Allerdings kaum ein
anderer Testfahrer, geschweige denn ein Rapide Besitzer, erreichte im
öffentlichen Straßenverkehr je das Tempo. Nur auf Rennstrecken war es
möglich, „Vollgas" zu fahren. Bald gab es viele abenteuerliche
Geschichten von der sagenhaft schnellen Rapide. Und da das Triebwerk
zahlreiche außenliegende Ölleitungen zur Versorgung der Schmierstellen
im Zylinderkopf besaß, erhielt sie in England den Spitznamen "plumber`s
nightmare", was frei übersetzt "Rohrlegers Alptraum"
bedeutet.
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1937 erste 1000er Vincent "plumber`s
nightmare"
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Bis
1940, als auch England in die Kriegsverwirrungen einbezogen wurde,
konnten von den vier 500er Modellen 764 Einheiten und von dem Topmodell
Rapide 77 Maschinen gebaut werden. Während der Kriegszeit ruhte die
Motorradproduktion, und der Betrieb wurde für die Herstellung von
Rüstungsgütern eingesetzt.
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Prospekt von 1948
(Foto:
Werk)
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Nach
dem Zweiten Weltkrieg brachte Vincent vollkommen neu entwickelte 500er
und 1000er Motorräder auf den Markt. Es waren exzellente, schnelle, aber
auch teure Maschinen. Der Fertigungsablauf war sehr aufwendig, aber
trotz der stolzen Preise legte Vincent bei jeder Maschine etwa 200 Mark
drauf. Bis 1950 war seine Firma bereits mit 2,2 Millionen Mark
verschuldet. Auch standen die Zeichen der Zeit gegen diese exklusiven
Motorräder. Am 18. 12. 1955 verließ die letzte Maschine das Werk in
Stevenage. Insgesamt hat Vincent nach dem Kriege 11048 Motorräder
gebaut.
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Comet 500 SerieC |
Rapide1000 SerieC |
Black Shadow 1000 SerieC
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Rapide 1000 SerieC Exportmodell
(4 Fotos: Werk)
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