Längst hat es
sich in der Biker-Szene herumgesprochen. Neben Harley-Davidson
gibt es noch eine weitere berühmte amerikanische
Traditionsmarke: INDIAN. Von 1901 bis 1953 wurden die edlen
Stahlrösser in Springfield/Massachusetts gebaut. Vergessen
wurden sie jedoch nicht. Ganz im Gegenteil. Der Mythos lebt
stärker denn je. In der Oldtimerfraktion rangieren die urigen
Bikes in der Beliebtheitsskala ganz oben. Schließlich war Indian
einst
weltgrößter Motorradhersteller!
Indians
Ursprünge reichen in die Jahrhundertwende zurück. Die "Hendee
Manufacturing Company" wurde 1900 vom Fahrradfabrikanten
George M. Hendee und dem Motorenkonstrukteur Carl Oskar Hedström gegründet. Ein Jahr später brachten die beiden
Jungunternehmer ihren ersten Viertakt-Single mit 213 ccm und
1,75 PS auf den Markt. Im Prinzip ähnelte dieses Gefährt
allerdings noch sehr einem Fahrrad mit Hilfsmotor. Im Gegensatz
zu anderen Motorradherstellern, die auf Riemenantrieb schworen,
wurde bei der Indian das Hinterrad allerdings via Kette
angetrieben.
Bikes mit dem großen
Häuptling auf dem Kotflügel
Das Firmenlogo "Indian" hatten man sich
schützen lassen, sicherlich ohne zu ahnen, dass der Name "Indian
Motocycle"
(Moto..., ohne „r"!) schon bald ruhmreich
in die Motorradgeschichte eingehen sollte.
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Oscar Hedstrom um 1901 |

George Hendee um 1904
(3
Fotos: Archiv) |
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Oscar
Hedstrom und Hendee hatten ihr Motorradwerk professionell
organisiert und nach modernsten Erkenntnissen eingerichtet.
Sechs Jahre nach Firmengründung und noch zwei Jahre vor ihrem
größten Rivalen Harley-Davidson konstruierte Hedström 1906
einen 42-Grad-Zweizylinder-V-Motor mit 633 ccm und 4 PS. 1907
konnte der Kunde zwischen der Indian mit Einzylinder-Motor oder
V-Motor wählen. Ab nun ging es mit Siebenmeilenstiefeln
vorwärts. Landauf, landab wurden an ausgewählte Händler
Verträge vergeben und Importeure in Südamerika, Südafrika und
Australien eingesetzt. Bis 1913 hatte sich das Unternehmen zu
einem gewaltigen Motorradproduzenten mit über 3000 Mitarbeitern
entwickelt, von denen in diesem Jahr 32000 Maschinen (!)
gefertigt wurden. Für den Verkauf und die Wartung der
Feuerrösser waren in den USA 1200 Motorradhändler und im
Ausland über 1800 Vertragswerkstätten zuständig. Weltweit war
Indian somit zum größten Motorradhersteller aufgestiegen. In
den USA konnte man 42 Prozent Marktanteil verbuchen.

Einzylinder Indian von
1901 |

Zweizylinder Indian von
1907 |
Auch im Rennsport
sorgte Indian ständig für Schlagzeilen. Die prestigeträchtige
"1000-Meilen-Fahrt" quer durch England gewann 1907 T.K.
Hastings auf einer Indian, und 1911 brachte die amerikanische
Marke die englische Motorradindustrie und Motorradfans gänzlich
aus dem Häuschen. Bei der berühmten Senior-TT auf der Isle of
Man belegten die Indian-Fahrer Godfrey, Franklin und Moorhouse
die ersten drei Plätze. In den Staaten war es Werksfahrer Jack
De Rosier, der zwischen 1908 bis 1913 über 900 Siege für Indian
holte.
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Jack
De Rosier um 1911
(3 Fotos: Archiv) |
Topmodell im Angebot 1914 war die 1000er Big-Twin "Hendee-Special".
Für damalige Verhältnisse ein Superbike erster Sahne,
ausgerüstet mit Anlasser, elektrischer Beleuchtungsanlage,
Tachometer, Gasdrehgriff, Kupplung, Dreiganggetriebe und
sensationellem "Spring frame", bei dem Vorder- und
Hinterrad über je eine Blattfeder gefedert wurden. Gleichzeitig
konnte das Werk ein Jubiläum feiern. Seit 1907 waren 100.000
Indian-Twins verkauft worden! In der Zeit, "als die
Motorräder noch das Laufen lernten", war Indian in jeder
Hinsicht der Konkurrenz, und damit sind alle Motorradfirmen
weltweit gemeint, um "Lichtjahre" voraus.
Fertigungsqualität, Zuverlässigkeit und Haltbarkeit waren
unerreicht. Selbst Harley-Davidson kam da nicht mit.
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1000er Big Twin mit
"Federrahmen", Lichtmaschine, Beleuchtung und
Anlasser
( Foto: Archiv)
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Ab Werk gab es von 1914
an die Big Twin auch als Gespann |

Indian-Werk in
Springfield/Massachusetts um 1914
(Foto:
Archiv)
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Nächste
Meilensteine in der Firmengeschichte wurden 1921 die 600er Scout
und die 1000er Chief. Die Scout verfügte über ein einfaches
Handling und hatte bald den Ruf als "Hecht im
Karpfenteich" weg. Häuptling im Indian-Wigwam dagegen war
die 1000er Chief. Ein echter Mustang für die endlose Weite quer
durch die USA. Doch nicht genug. Schon ein Jahr später folgte
die Big Chief mit gewaltigem 1200er-Motor. Ein Nimbus war
geboren. Tauchte irgendwo eine große Indian auf, war es für
die Leute immer eine "Big Chief". Das war damals so, das
hat sich bis heute kaum geändert. Big Chief klingt mächtig,
und das hat schließlich was.
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Sport-Indian: 600er Scout |
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Kompakt:
600er Scout-Motor, Primärantrieb mit schrägverzahnten
Zahnrädern |

1000er Chief von 1921
(4
Fotos: Archiv)
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Nach der
tatsächlichen Modellreihenfolge ist das allerdings falsch. Die
Typenbezeichnung Big Chief wurde nämlich nur solange verwendet,
solange es parallel dazu die 1000er Chief gab und das war bis
1928. Ab 1929 baute Indian nur noch ein großes V-Modell und das
war eben die 1200er und die hieß schlicht nur Chief. Und das
änderte sich im Prinzip auch bis zur Werksschließung nicht
mehr. Ähnlich unspektakulär verliefen innerhalb der
30jährigen Bauzeit die jeweiligen Modifikationen. Das
Chief-Triebwerk basiert auf dem von Indian-Chefingenieur Charles
B. Franklin zu Beginn der zwanziger Jahre konstruierten
Seitenventil-V-Motor mit zwei untenliegenden Nockenwellen und
angeblocktem Dreiganggetriebe.
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Vierzylinder Indian um
1935
(Foto: Archiv)
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Ein echter "Rundumschlag" erfolgte allerdings 1940.
Inspiriert von den Detroiter Automobilkollegen formten die
Indian-Leute gewaltige Schutzbleche. Und weil man vom Auto
bereits schon einiges abgeguckt hatte, erhielt die Chief
gleichzeitig 5.00 x 16 PKW-Reifen und eine Geradwegfederung
für das Hinterrad. Ein weiterer Schritt zur
Fahrkomfortverbesserung war 1946 die Einführung der Trapezgabel
mit zwei Federn und separatem, hydraulischen Stoßdämpfer. Der
Federweg stieg von 50 auf 125 mm. Nichts änderte sich dagegen
an den Indian-typischen Standards. Dazu gehörten Trittbretter,
ein gut gefederter Sattel, die Kupplungswippe über dem linken
Trittbrett, der lange Schaltknüppel rechts am Tank sowie
Gasgriff links und Zündverstellung rechts am Lenkerende.
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Für das Modelljahr 1948 griff
die amerikanische Nobelmarke tief in die Trickkiste. Doch keine
Bange, hierbei handelte es sich lediglich um etliche
Detailverbesserungen, der edle Rothaut-Häuptling blieb im
Großen und Ganzen so, wie er war. Das hatte auch seinen Grund.
Trotz sensationeller Verkaufserfolge, 1947 ließen sich
beachtliche 11.849 Chiefs an den Mann bringen, krankte die
"Indian
Motocycle Company" eigentlich ständig an wirtschaftlichen
Schwierigkeiten. Mal ging es bergauf, dann wieder bergab.
Hauptursache dafür waren etliche Besitzerwechsel, schlechtes
Management, Fehlentscheidungen in der Modellpolitik sowie
dubiose Finanztransaktionen. Das Ende, auch wenn man es noch
nicht wahrhaben wollte, war absehbar. Daran änderte 1950 auch
die Hubraumvergrößerung von 1206 auf 1308 ccm sowie die
Einführung einer modernen Telegabel nichts mehr. Das Werk war
pleite, und im August 1953 war es tatsächlich soweit, die
Produktion der legendären Chief musste eingestellt werden.
Zwar gab es die Traditionsmarke weiterhin, doch mit der
ruhmreichen Motorradfertigung vergangener Tage hatte sie nur
noch wenig zu tun. |
Foto-Galerie
Bei der Bike-Week-2001 in Daytona Beach feierten Fans Indians
100jähriges Firmenjubiläum ganz groß.
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Indian Rally 2001 in
Daytona Beach mit Mega-Star Peter Fonda und neuen
Indian-Modellen
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