20-Jahre-Buell
1983 - 2003
Sausewind aus USA:
Speed-Maker "BUELL"
Nur wenige Motorräder
tragen unverkennbar die Handschrift ihrer Schöpfer. Die meisten leiden
unter Kompromissen und sind einzig und allein auf den größtmöglichen
Markterfolg ausgerichtet. Buell Motorräder sind anders – und sie sind
es immer schon gewesen. Sie tragen nicht nur den Namen ihres Schöpfers,
sie sind geprägt vom Geist eines innovativen Designers, Konstrukteurs
und Enthusiasten. 1983 schuf Erik Buell sein erstes Motorrad.
Bis heute hat er sich auf keinen Kompromiss eingelassen. Als Gründer,
Geschäftsführer und verantwortlicher Konstrukteur von Buell
Motorcycles ist er mit seinem Unternehmen untrennbar verbunden. Dies ist
seine Geschichte.
Text: Erik Buell
Fotos: Buell Motorcycle Company, Scheibe

|
Der
konstruktive Ansatz und die Technologie der neuesten Buells – der
Rahmen als Kraftstofftank, die Schwinge als Öltank, die am äußeren
Speichenende befestigte Bremsscheibe, die radikale Fahrwerksgeometrie
– münden in vielerlei Hinsicht in Quantensprüngen bei den
Handling-Eigenschaften und der Agilität. Doch die aktuellen Modelle
Firebolt und Lightning bilden den vorläufigen Höhepunkt einer beinahe
zwei Jahrzehnte währenden gemeinsamen Anstrengung Dutzender, wenn nicht
hunderter Menschen. Ich war dabei lediglich der Glückspilz, der seinen
Traum verwirklichen und die anderen leiten durfte.
Aber es war nicht immer so. Am Anfang war ich nur ein
Motorsport-Enthusiast unter vielen. Ich war ein Ein-Mann-Team, das seine
eigenen Motorräder reparierte und tunte – und in einigen Fällen fast
komplett selbst konstruierte. Ich interessierte mich nicht einmal so
sehr für die Technik – ich wollte einfach schneller werden!
|
Nach dem Erwerb meines
Maschinenbau-Diploms im Jahr 1979 galt dem Rennsport mein
Hauptinteresse. Aber jetzt musste ein Job her, um ihn zu finanzieren.
Also flog ich nach Milwaukee und überredete die Jungs von
Harley-Davidson, mich als frischgebackenen Test-Ingenieur einzustellen.
Damals stellte Harley keine Motorräder für den Straßenrennsport her,
und nach ein paar Jahren im Dienst von Harley-Davidson entwickelte ich
ein ziemlich schlechtes Gewissen. Zu einer Zeit, als es dem einzigen
amerikanischen Motorradhersteller geschäftlich nicht besonders gut
ging, fuhr ich Rennen auf Yamahas und Ducatis. Das brachte mich auf die
glorreiche Idee, in Zukunft mit völlig anderen Bikes auf dem Racetrack
anzutreten.
|

Erik Buell mit seiner RW750
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|

Kurvenkratzer: Erik Buell
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|
Mein erstes Projekt auf
diesem Weg hatte europäische Wurzeln. Motor und Fahrwerk stammten von
Barton, einem kleinen englischen Hersteller. Der Motor war brutal stark,
aber bei weitem nicht zu Ende konstruiert. Als ich ihn das erste Mal
anließ, flog er mir tatsächlich um die Ohren – beim Aufwärmen im
Stand! Nachdem ich das Triebwerk endlich so weit verfeinert hatte, dass
es eine gewisse Zeit lang durchhielt ohne zu explodieren, stellte ich
fest, dass das Chassis damit überfordert war. Der Antrieb an sich
bildete eine stimmige Konstruktion, die nur noch intensiven Feinschliff
benötigte. Das Fahrwerk aber musste völlig neu entwickelt werden. So
schritten Nachtschicht um Nachtschicht Entwurf und Fertigung voran.
Statt Rennen zu fahren, war ich zum Hersteller geworden. Als Barton 1983
seine Pforten schloss, hatte ich mich so sehr hinein gesteigert, dass
ich die verbliebenen Motorenteile und den Maschinenpark aufkaufte und
Harley-Davidson verließ, um mein eigenes Unternehmen zu gründen.
|

RW750 von 1984
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|
Die erste offizielle
Buell trug die Bezeichnung RW750. Es handelte sich um ein
Zweitakt-Monster mit quadratischem Drehschieber-Vierzylinder, Leistung
im Überfluss und einer sehr ungewöhnlich geformten, aerodynamischen
Verkleidung. Das Kürzel RW stand für „Road Warrior" – ein
Ausdruck meiner Selbstwahrnehmung als einsamer Streiter im Kampf gegen
die Motorradgiganten dieser Welt. Und siehe da: Das unkonventionelle
Bike ohne Sponsoren versprach, einige dieser Giganten hinter sich zu
lassen.
Die RW750 mit
beachtlichen 165 PS an der Kurbelwelle bei nur 137 Kilogramm Gewicht
erzielte bei Tests in Talladega eine Spitzengeschwindigkeit von 178
Meilen pro Stunde (285 km/h). Wir hatten keine ausreichend lange
Übersetzung mitgebracht, um das Bike korrekt auf die neue
Niederquerschnittsbereifung abstimmen zu können – es kam bereits mit
dieser Geschwindigkeit aus der vierten Kurve heraus auf eine lange
Gerade. Die Verkleidung erwies sich als unglaublich wirkungsvoll. Ich
hätte nie zu träumen gewagt, dass das Motorrad in so kurzer Zeit so
schnell werden würde. Ich gewann einige Club-Wettbewerbe, doch nicht
einmal mit eigens neu konstruierten Zylindern, Kolben, Kurbelwellen und
Drehschiebern reichte die Standfestigkeit für längere Rennen aus.
Dennoch arbeiteten wir unverdrossen weiter.
Doch just zu dem
Zeitpunkt, als die RW750 endlich für den großen Coup bereit schien,
änderte die American Motorcycle Association (AMA) ihr Regelwerk. Von
einem Tag auf den anderen gab es keinen Markt mehr für die RW. Daher
wurde nur ein einziges Modell der Serien-Ausführung verkauft. Die
Harley-Davidson Archives Group konnte sie kürzlich erwerben, und eines
schönen Tages werden wir sie restaurieren, so wie es einige Buell
Mitarbeiter vor Jahren bereits mit dem ersten Vorserien-Modell gemacht
haben.
|

RR1000 Battletwin von 1987
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|
Mein nächstes Projekt
war die RR1000 Battletwin mit einem in Gummi gelagerten Harley-Davidson
XR1000 Motor in einem steifen, leichten Fahrwerk. Es dürfte das erste
Motorrad gewesen sein, das einige ungewöhnliche Konstruktionsmerkmale
eigens zur Zentralisierung der Massen aufwies. Dazu zählte ein auf Zug
belastetes Zentralfederbein, das die Schwinge gegen den Motor statt
gegen den Rahmen abstützte und den Rahmen so von den Vibrationen
entkoppelte. Die Anordnung des Stoßdämpfers unter dem Motor gestattete
einen kurzen Radstand und trug gemeinsam mit dem gleichfalls dort
montierten Schalldämpfer zur Zentralisierung der Massen bei.
Das war die erste
typische Buell: ein völlig neuartiges Fahrwerk, die radikale
Formel-1-Geometrie der RW, ein schwingungsgedämpft gelagerter XR1000
Motor und eine ebenfalls an die RW angelehnte, exotisch gestylte
Verkleidung.
Einige Zeitschriften
schrieben über dieses unkonventionelle neue Bike, und langsam gewann es
an Beachtung. Im Modelljahr 1987-88 wurden 50 Stück davon verkauft, es
folgten einige Rennsiege und sogar der Gewinn einer nationalen
Meisterschaft. Doch prompt änderte die AMA ein weiteres Mal ihre Regeln
und vernichtete damit auch dieses Modell. Ich fasste den Entschluss,
mich in Zukunft ganz auf Straßenmotorräder zu konzentrieren.
Der neue Harley-Davidson
Evolution Motor mit 1203 cm³ – vorgestellt im Jahr 1984 –schien mir
dazu eine viel versprechende Ausgangsbasis zu sein. Die
straßentaugliche RR1200 Battletwin mit diesem Motor wurde 1988
präsentiert und fand im Laufe des folgenden Jahres 65 Käufer.
|

Streetbike 1989: RS1200 Westwind
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|
Den nächsten Schritt
nach vorn markierte die RS1200 Westwind, die ein Jahr später erschien.
Es war die erste Buell ohne Vollverkleidung und mit Soziussitz –zugeschnitten
auf Fahrer, die ein leistungsstarkes und dennoch komfortables Motorrad
suchten. Ihr folgten 1990 die RS1200/5 Westwind mit 5-Gang-Getriebe und
WP Upside-down-Gabel sowie 1991 die einsitzige Ausführung RSS1200
Westwind. Insgesamt konnten wir bis Ende 1993 etwa 325 von diesen
Modellen absetzen.
Solche Verkaufserfolge
hätte ich mir nie träumen lassen. Ich war gezwungen, über größere
Fertigungskapazitäten nachzudenken. Mitten in der
Kleinserien-Produktion der RR1000 verließen wir meine Werkstatt und
bezogen ein kleines Werk in Mukwonago, Wisconsin. Bereits 1991 waren wir
in der Lage, Verkleidungsteile nicht nur zu designen, sondern in einem
eigenen Laminier- und Lackierzentrum selbst herzustellen, was zugleich
Fortschritte bei der Qualitätssicherung und eine höhere Flexibilität
mit sich brachte.

RSS1200 von 1992 |

Wer spricht hier von
Harley-Davidson? |
Zu diesem Zeitpunkt
erregte Buell infolge des markanten Stylings und der schnörkellosen
Linienführung endgültig die Aufmerksamkeit der Fachpresse. Doch wir
waren nicht nur den Journalisten aufgefallen. Die Harley-Davidson Motor
Company – mein früherer Arbeitgeber und langjähriger
Motorenlieferant – hatte gleichfalls ein Auge auf unser junges
Unternehmen geworfen. Wir dagegen benötigten Investitionskapital, und
ich betrachtete ihr Interesse als einzigartige Gelegenheit.
Es kam zu einer Reihe von
Gesprächen, die sich eher um Unternehmens-Philosophie und die Zukunft
der Branche drehten als um konkrete Einzelheiten, und wir einigten uns
auf eine Kooperation. 1993 schloss ich das Kapitel „Buell Motor
Company" ab und wagte den Neustart als „Buell Motorcycle
Company" mit einer 49-prozentigen Beteiligung von Harley-Davidson.
Das erste Ziel bestand in der Konstruktion eines neuen Motorrads,
angelehnt an die früheren Modelle, aber deutlich weiter entwickelt.
Eine solide Finanzierung, verbunden mit der Unabhängigkeit meines
51-prozentigen Eigenanteils, bedeuteten eine vorteilhafte Verbindung der
Vorzüge eines großen und eines kleinen (oder vielmehr: eines winzigen)
Unternehmens ohne ihre jeweiligen Nachteile. Es war geplant, etwa 300
Einheiten jährlich zu fertigen, weit mehr als je zuvor bei Buell.
Sollten wir eine Jahresproduktion von 1.000 Einheiten überschreiten,
würden wir erneut verhandeln.
|

Sporttourer auf amerikanisch: Thunderbolt
S2T von 1995
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|
Unversehens war ich jetzt
gezwungen, meine persönlichen Rennsport-Ambitionen endgültig zu
begraben, und befand mich stattdessen am Ruder eines richtigen
Herstellers, der das einzige echte amerikanische Sportmotorrad fertigte.
Kein Zweifel – mit Harley-Davidson im Boot hatte sich Buell fest
etabliert. Doch erst, als wir 1994 die neue Thunderbolt S2 vorstellten,
kamen die Dinge wirklich ins Rollen.
Meiner Meinung nach gibt
es zwei Sorten von Menschen auf der Welt: Die einen begegnen einer
Herausforderung damit, herauszufinden, wie andere das gleiche Problem
bereits vor ihnen gelöst haben. Die anderen aber fragen sich: „Gibt
es eine neue Herangehensweise, an die vorher noch niemand gedacht
hat?"
Man muss nicht lange
überlegen – wir alle bei Buell fallen eindeutig in die zweite
Kategorie. Seit der ersten Buell von 1983 waren wir bestrebt, wirklich
eigenständige Motorräder hervorzubringen – „different in every
sense", wie es in der Broschüre hieß. Und auch als das
Unternehmen immer weiter wuchs, blieb es mein fester Vorsatz, dies
beizubehalten.
Sogar beim
Zusammenschluss mit Harley-Davidson war ich bemüht, diese Vision nicht
aufgeben zu müssen. Die Form eines Joint Venture bot uns eine solide
Finanzierung ohne die Fesseln einer formellen Übernahme und damit die
Freiheit, genau die Bikes zu bauen, von denen ich immer geträumt hatte.
Die Buell Thunderbolt S2
von 1994 bildete einen Meilenstein in der Unternehmensgeschichte. Es
handelte sich um das erste gemeinsam mit Harley-Davidson produzierte
Modell und das erste auf breiter Basis verfügbare echte amerikanische
Sportmotorrad. Verbraucher und Medien überschütteten sie mit Lob, und
das Magazin Rider verlieh ihr die Auszeichnung „Top Innovation".
Mit neu gestylten
Verkleidungsteilen und optimierten Federelementen sprach die S2 Harley
Fahrer an, die sich ein sportlicheres Motorrad wünschten. Sie war
letztendlich erfolgreich, doch sie bildete auch eine Herausforderung,
denn wir mussten mit diesem Motorrad eine sehr spezielle Kundenschicht
ansprechen. Ihr einzigartiges Styling orientierte sich eher an den
Linien klassischer Sportwagen als denen irgend eines anderen Motorrads.
1995 folgte der
Sporttourer S2T, von dem über 1.000 Stück verkauft werden konnten.
Diese Thunderbolt Modelle hatten Buell bereits einen sehr guten Ruf
verschafft, doch die ebenfalls 1995 vorgestellte Lightning S1 – im
Handel ab 1996 – erreichte noch mehr. Mit radikalem Styling und
Mini-Verkleidung war die Lightning der erste serienmäßige
Streetfighter.
|
Zu ihren
Styling-Elementen zählten ein freigestellter Rahmen, ein Sportsitz und
eine kurze, steil angestellte Heckpartie, die dem Bike einen kraftvollen
„Breitreifen"-Look verlieh. Wie schon bei der Thunderbolt war der
Motor vom Rahmen schwingungsentkoppelt. Die Federung, das Abgassystem
und der 1.199 cm³-Motor hatten wir im Hinblick auf eine weitere
Gewichtsreduzierung und Zentralisierung der Massen nochmals intensiv
überarbeitet.
Während die Thunderbolt
S2 eine weiche, sinnlich fließende Linienführung aufwies, wollten wir
mit der Lightning S1 die Intensität der Buell Experience auch optisch
zum Ausdruck bringen. Die Branche war schockiert, und den Kunden wurde
klar: Wir hatten uns nicht bändigen lassen. Die Lightning gewann die
verschiedensten Preise und Auszeichnungen. Dieses Motorrad ließ sich
von niemandem in eine Schublade zwängen.
|

Erik Buell 1998 auf der Thunderbold S3T
(Foto: Buell Motorcycle Company)
|
Zum Modelljahr 1997
überarbeiteten wir die Thunderbolt S2 und S2T, die jetzt S3 und S3T
hießen. Die drei Modelle Lightning S1, S3 und S3T fanden über 2.000
Käufer.
Im Jahr 1997 selbst
erweiterten wir unsere Modellpalette mit der Cyclone M2. Trotz ihrer
entspannteren Sitzposition war die Cyclone eine echte Buell, mit
aggressivem Naked-Bike-Styling und einer neuen Gabel von Showa. Sie trug
zu einem weiteren Absatzrekord bei und hob die Verkaufszahlen auf über
3.000 Einheiten.
Als nächstes folgte 1998
die White Lightning S1W, ein Sondermodell mit dem lange erwarteten
Thunderstorm Motor. Dessen neu konstruierte Zylinderköpfe ermöglichten
einen besonders hohen Gasdurchsatz; dank neu geformter Brennkammern,
größeren Ventilen und einer neuen Kanalführung erreichte er eine
fantastische Spitzenleistung von 88 PS. Das Motorrad selbst sah der
Lightning S1 ähnlich, besaß aber mehrere einzigartige Merkmale.
Es machte wirklich Spaß,
die Motoringenieure von Harley-Davidson mit der Konzeption dieses
Triebwerks abzuhängen. Das Ergebnis unserer Arbeit begann die
Wahrnehmung unserer Motoren in der Öffentlichkeit gründlich zu
verändern.
Auch die 1998er
Thunderbolt erhielt den Thunderstorm Motor, und die Buell Modellpalette
verfügte jetzt über mehr Power als je zuvor.
|
Doch mit dem steigenden
Absatz musste sich auch das Unternehmen selbst verändern. Wir hatten
die Haupt-Fertigungsstätte bereits von Mukwonago nach East Troy in
Wisconsin verlegt, wo sie sich noch heute befindet. 1999 entstand gleich
nebenan ein Forschungs- und Entwicklungszentrum.

Kurven-Speed 1999: Lightning X1
(Foto: Buell Motorcycle
Company)
|
Im Februar 1998 verkaufte
ich dann weitere 49 Prozent des Unternehmens an Harley-Davidson, so dass
die Motor Company eine Aktienmehrheit von 98 Prozent an Buell gewann. Es
entstand die Stelle eines nur dem neuen Vorstandsvorsitzenden
verantwortlichen Chefkonstrukteurs, und ich selbst wurde Technischer
Leiter. Dadurch wollte ich mehr Freiraum gewinnen, um mich meinen
Motorrad-Visionen widmen zu können, statt mich so intensiv wie bisher
mit dem Tagesgeschäft befassen zu müssen.
Das Unternehmen wuchs
schneller als je zuvor, doch unsere Philosophie blieb die gleiche: Wir
waren immer noch ständig bestrebt, konstruktives Neuland zu betreten
und den Markt zu erweitern. Zum Modelljahr 1999 wurden die Modelle
Lightning und Cyclone umfassend modifiziert, und wir führten bei den
Modellen X1, S3 und S3T das Einspritzsystem Dynamic Digital Fuel
Injection (DDFI) ein. Zudem erhielten die neuen Buells eine voll
einstellbare Hinterradfederung von Showa. Die Modelle Thunderbolt S3 und
Lightning X1 bekamen darüber hinaus die bereits von der Cyclone
bekannte Showa Gabel.
Diese Änderungen kamen
gut an. 1999 fanden über 7.000 Buells einen Käufer, und der gute Ruf
des Unternehmens wuchs stetig.
Doch die Einführung des
vielleicht wichtigsten Buell Modells stand noch bevor. Jeff Bleustein
und andere führende Mitglieder der Vorstandsetage von Harley-Davidson
planten eine Investition in die Zukunft: Sie wollten ein
Einsteigermodell. Damit rannten sie bei mir offene Türen ein, denn ein
Blick auf die amerikanische Motorradlandschaft genügte, um zu erkennen,
wo die größte Lücke klaffte: Es gab kein interessantes, einfach zu
fahrendes und dennoch sportlich orientiertes Motorrad für Einsteiger.
Es wäre natürlich am
Leichtesten gewesen, ein bereits vorhandenes Modell einfach abzuändern.
Doch ich glaube, wir haben noch niemals die einfachste Möglichkeit
gewählt. Also entschieden wir uns für eine neue Konstruktion. Das
Ergebnis war die Buell Blast, ein Motorrad zu einem attraktiven Preis,
das seinen Fahrern dank ausreichend „Biss" und hervorragenden
Handling-Eigenschaften einen echten Vorgeschmack auf das pure
Sportbike-Fahrerlebnis verschaffte. Da ich mich nicht mehr um die
Fertigung der Serienmodelle kümmern musste, konnte ich mich mit einem
kleinen Team exklusiv der Konstruktion der Blast widmen – auf eine
völlig neue Art und Weise. Bei unserer neuen Herangehensweise
berücksichtigten wir von vornherein eine Fertigung in höheren
Stückzahlen und verwendeten modernste Konstruktionstechniken, um ein
Höchstmaß an Qualität und Zuverlässigkeit zu erzielen.
Die Blast kam rechtzeitig
zum Modelljahr 2000. Sie besaß einen luftgekühlten Einzylinder mit 492
cm³, ein automatisches Kaltstartsystem und eine besonders
leichtgängige Kupplung. Dank durchgefärbter Kunststoffteile stellten
kleinere Schrammen und Kratzer kein großes Malheur dar.
Die Verkaufszahlen
explodierten und die Blast wurde mit Lob überhäuft. Die Zeitschrift
Cycle World nahm sie in ihre Liste der „Besten Zehn" auf, und sie
war im Rennen um die Auszeichnung zum „Motorrad des Jahres" der
Zeitschrift Motorcyclist. Dank der Blast überschritt der Absatz von
Buell im Jahr 2000 erstmals 9.000 Einheiten.
Mit einem Wort: Die Blast
wurde in den USA zum Hit – und machte den Weg frei für den nächsten
großen Schritt: Das ultimative und völlig neuartige amerikanische
Sportmotorrad. Zu diesem Zeitpunkt war ich wieder allein für alle
Konstruktionsaufgaben verantwortlich und stellte ein Team zusammen, das
in der Lage war, die modernsten technischen und stilistischen Konzepte
mit den Realitäten von Fertigung, Erprobung und Qualitätssicherung in
Einklang zu bringen.
|

|

(2
Fotos: Buell Motorcycle Company)
|
Viele Hersteller setzen
allein auf Höchstgeschwindigkeit und schiere Kraft. Meine
Idealvorstellung dagegen bestand in einem Motorrad, das mit seinem
Fahrer zu einer Einheit verschmilzt – ein ganzheitliches Fahrerlebnis,
eine intuitive Fusion von Fahrer, Maschine und Straße. Der Traum wurde
Wirklichkeit: Er hieß Firebolt XB9R.
Das Entwicklungsteam
machte Gebrauch von den neuesten Fertigungs- und Erprobungstechniken
sowie von selbst entwickelten Computer gestützten Verfahren. Das
Ergebnis war ein äußerst beeindruckendes Motorrad. Das Ziel wurde
kompromisslos umgesetzt.
Eine Vielzahl
erstaunlicher und zugleich absolut praxistauglicher Innovationen
gelangten dabei zur Serienreife. So dient der extrem leichte Rahmen
zugleich als Kraftstofftank, die Schwinge als Ölreservoir. Ein Radstand
von 1.320 Millimeter, 21 Grad Lenkkopfwinkel und 84 Millimeter Nachlauf
– diese Fahrwerksgeometrie lässt eher eine exotische
Grand-Prix-Rennmaschine vermuten als ein mittleres oder schweres
Sportmotorrad. Die revolutionäre Zero Torsion Load (ZTL) Bremse vorn
mit am äußeren Speichenende befestigter Bremsscheibe gestattet ein
deutlich leichteres Vorderrad, da dessen Speichen keine Torsionskräfte
mehr bewältigen müssen. Oder wie meine Mitarbeiter gerne sagen: „Wir
haben sogar das Rad neu erfunden!"
Die Synthese all dieser
Merkmale trägt dazu bei, den Schwerpunkt abzusenken, die ungefederten
Massen zu minimieren, die Massen eng um den Schwerpunkt zu gruppieren
und eine optimale Fahrwerkssteifigkeit zu gewährleisten. Die
Handling-Eigenschaften der Firebolt sind daher ohne Übertreibung als
außergewöhnlich zu bezeichnen. Dank des genialen Lufteinlass- und
Luftkühlungssystems erreicht der 984 cm³ V-Twin eine Spitzenleistung
von kerngesunden 86 PS bei 5.600 U/min. Doch was diese Maschine wirklich
leistet, erschließt sich erst in der Mühelosigkeit, mit der sie auch
die anspruchsvollsten Kurven bewältigt.
|

2000 ein Festjahr:
Die 25.000 Buell läuft vom Band |

Reisetourer 2002:
Thunderbolt 3ST |

Wetzhobel 2003: Lightning XB9S
|

Asphalträuber 2004: Lightning XB12S
(4 Fotos: Buell Motorcycle Company) |
In diesem Jahr
schließlich gesellte sich die XB9S zur Firebolt hinzu. Trotz
zahlreicher technischer Gemeinsamkeiten wie etwa dem Motor, dem Rahmen,
der Schwinge und dem kurzen Radstand besitzt sie diverse eigenständige
und interessante Merkmale. Das Heck ist kurz, tritt optisch markant
hervor und verstellt kaum den Blick auf den hinteren 180er Dunlop.
Inzwischen haben Sie
vermutlich bereits von der Firebolt XB12R und der Lightning XB12S
gehört. Diese beiden neuen begeisternden Motorräder tragen das
Grundkonzept einen Schritt weiter: Sie besitzen einen Motor mit 1.203
cm³ Hubraum, noch mehr Drehmoment und über 100 PS.
Was hält die Zukunft
für Buell bereit? Nicht einmal ich kann das mit Sicherheit sagen. Doch
auf einige Dinge können Sie sich verlassen: Die Buell Motorcycle
Company wird auch weiterhin auf den Gebieten der Konstruktion und der
Fahreigenschaften von Sportmotorrädern Neuland betreten. Wir werden uns
auch in Zukunft der Herausforderung stellen, neue und unkonventionelle
Lösungen zu suchen. Und: Buell Motorräder werden immer anders sein –
in jeder Hinsicht. Denn auch nach 20 Jahren kann ich mir nichts Besseres
vorstellen."
|

( Foto: Buell Motorcycle
Company)
Erik Buell
East Troy, WI,
USA,
August 2003
|
MODELL-Übersicht
Modell |
Vorstellung
/ Bauzeit |
Einheiten |
|
RW750 |
1983
/ 1984
|
2
|
RR1000 Battletwin |
1985 / 1987-1988
|
50
|
RR1200 Battletwin |
1988 / 1988-1990 |
65 |
RS1200 Westwind
|
1989 / 1989-1990 |
102 |
RSS1200/5 Westwind |
1990 / 1990-1992 |
125 |
RSS1200 Westwind |
1991 /
1991 |
40 |
Thunderbolt S2 |
1994 / 1994-1996 |
1.702 |
Thunderbolt S2T |
1995 / 1995-1996 |
428 |
Lightning S1 |
1996 / 1996-1998 |
4.692 |
White Lightning S1 |
1998
/ 1998 |
2.184 |
Lightning X1 |
1999 / 1999-2002 |
11.685 |
Thunderbolt S3 |
1996 / 1996-2001 |
2.663 |
Thunderbolt S3T |
1996 / 1996-1998, 2000-2002 |
1.750 |
Cyclone M2 Low |
2001 / 2001-2002 |
1.754 |
Cyclone M2 |
1997 / 1997-2002 |
8.108 |
Blast |
2000 / 2000 - |
10.688 |
Firebolt XB9R |
2001 / 2001
- |
1.724 |
Lightning XB9S |
2002 / 2002 - |
|
Lightning Low XB9S
|
2003 / 2003 -
|
|
Firebolt XB12R |
2003 / 2003 - |
|
Lightning XB12S |
2003 / 2003 - |
|
|