AME-Story
"Germanys Chopper-Schmiede"
Chopperbau hat bei uns
Tradition.
Seit 1973 fertigt AME in Schauenburg bei Kassel
individuelle
Chopper und das dazugehörige Zubehör.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv AME
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Als 1969 die
beiden Filmhelden "Wyatt" und "Billy", alias Peter Fonda
und Dennis Hopper, ihren amerikanischen Traum vom "Land der
unbegrenzten Freiheit" träumten, ahnten sie sicherlich nicht, was
sie damit anrichten würden. Ihr Film "Easy Rider" brachte es zum
Kultfilm und wurde Vorbild einer neuen Chopper- und Bikergeneration.
"Easy
Rider" beeinflusste nachhaltig die Motorradwelt, der Film gab aber
auch jungen Leuten den Mut ihre Ideen umzusetzen und etwas Neues
anzufangen. Zum Beispiel sich mit einem Motorradgeschäft eine Existenz
aufzubauen.
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"Captain America":
Ur-Typ aller Chopper und bis heute Vorbild für die Langgabel-Fraktion
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Anfang der Siebziger war das nämlich noch längst keine
Selbstverständlichkeit. Damals tickten die Uhren anders. Motorräder
waren in Deutschland erst gerade wieder in Mode gekommen, allerdings
nicht als billige Transportmittel, sondern als Hobby- und
Freizeitfahrzeuge. Das Angebot war überschaubar. Es gab Sport- und
Tourenmaschinen. Die neue Generation der Motorradfahrer wusste jedoch
genau, was sie wollte, nämlich mit Vollgas über die Straßen heizen.
Die eine Fraktion stand auf britischen Bikes oder BMWs, die anderen
schworen auf Italiener, der Rest fuhr "Reiskocher". Nur wenige träumten
von einer Harley-Davidson, in den damaligen Fachkreisen waren sie sogar
als "amerikanischer Kernschrott" verschrien. Daran änderte auch
besagter Kultfilm "Easy Rider" nichts. Erstens gab es solche
außergewöhnlichen Harley-Chopper nirgendwo zu kaufen und zweitens
wäre bei uns eine Zulassung schier unmöglich gewesen. Hätte es
trotzdem einer gewagt, mit solch einem skurrilen Bike auf den
TÜV-Prüfplatz zu fahren, man hätte ihn 100prozentig von der Polizei
verhaften und gleich einsperren lassen.
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AME ST 800 von 1980
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Und trotzdem, der "Easy Rider"-Bazillus war auf einige
Motorradfahrer übergesprungen. Eine vollkommen neue Motorradphilosophie
war geboren. Chopperfahren hatte plötzlich nichts mehr mit "heizen",
"Kurvenkratzen" und "auf der letzten Rille fahren" zu tun.
Chopperfahren war was vollkommen anderes, es war entspanntes
Dahingleiten, nicht das Ziel war wichtig, der Weg war das Ziel. Für
diese Art von Fortbewegung waren Standardmaschinen jedoch gänzlich
ungeeignet. Also wurde umgebaut. Aber nicht nur die Sitzposition war
wichtig, auch das Finish mußte stimmen. Detailausführungen und
Lackierung spiegelten die individuelle Lebenseinstellung des Besitzers
wieder. An eine Chopper-Serienfertigung dachte damals weder Honda,
Yamaha, Suzuki noch Kawasaki und Harley-Davidson oder gar BMW schon ganz
und gar nicht. Das Geschäft überließ man großzügig kleinen Firmen. |
In erster Reihe stand
1973 Walter F. Cuntze mit seiner Spezialfirma AME, damals noch in
Elgershausen bei Kassel ansässig. Selbstverständlich dienten auch dem
Jungunternehmer amerikanische Chopper, allen vorweg die aus Easy Rider,
als Vorbild. Doch die Urform des beinharten US-Bikes ließ sich nicht
auf deutsche Verhältnisse übertragen. Eine legale Straßenzulassung
machten die TÜV-Vorschriften sowie die behördlichen Auflagen von
vornherein unmöglich. Etwas, was man in den Staaten überhaupt nicht
kannte, und wenn doch, an dem sich kein Biker gestört hätte. |

AME-Chef: Walter F. Cuntze
(Foto: Archiv AME)
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Für das
Team um Walter F. Cuntze wurde daher der Traum vom Chopper "made in
Germany" zur echten Pionierarbeit. Materialqualitäten und
Verarbeitungspräzision wurden deutschen Normen unterstellt und alle
Konstruktionen erfolgten in enger Zusammenarbeit mit dem TÜV. "Nur so
war es damals möglich, unseren ersten AME-Chopper auf die Räder zu
stellen. Damit hatten wir als erste erreicht, dass ein vollkommen
individuelles Motorrad nach dem amerikanischen Choppergedanken den hohen
technischen Auflagen des deutschen TÜVs entsprach und somit problemlos
die Straßenzulassung bekam", lässt der Firmenchef wissen.
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AME ST800 von 1980
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Mit
diesem Schritt hatte AME für die deutschen Chopperfans einen ungeahnten
Freiraum zur Selbstverwirklichung geschaffen. In den ersten
selbstentwickelten Chopperrahmen ließen sich wahlweise die CB750/CB900 Honda-Motoren oder die Z900/Z1000 Kawasaki-Triebwerke einbauen.
Diese Antriebsaggregate waren rundherum ausgereift, Probleme mit der
Technik waren nicht zu befürchten. Alle weiteren zur Verfügung
stehenden AME-Bauteile, angefangen von Tanks, Lenker, Armaturen, Lampen,
modifizierten Gabeln, Speichenrädern, vorverlegten Fußrasten, flachen
und hochgezogenen Auspuffanlagen, Sitzbänken und Radabdeckungen
unterlagen den selbst auferlegten Qualitätsansprüchen. Ganz gleich ob
der Kunde einen fertigen AME-Chopper bestellte, oder sich für eine
Selbstmontage aus dem Baukastensystem entschied oder nur seine
Serienmaschine mit AME-Zubehör umbauen wollte, das Ergebnis war immer
ein Motorrad, das ganz dem persönlichen Geschmack und den Vorstellungen
des Bikers entsprach.
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AME SC600 und AME ST800 um 1980
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Ein absolutes Highlight
wurde Anfang der achtziger Jahre die AME-Trapezgabel. Auch hier war
zunächst eine lange Forschungs- und Entwicklungsarbeit erforderlich.
Genau wie alle AME-Rahmen musste die Gabel eine 100.000-km-Betriebsfestigkeitsprüfung bestehen, bevor die skurrile
Vorderradführung in Serie ging. Wobei von Fließbandproduktion keine
Rede sein konnte. Jede einzelne Gabel wurde handgefertigt, erhielt eine
laufende Baunummer und ein Typenschild. Inzwischen hatten sich AME
Chopper und AME Chopperzubehör fest auf dem Markt etabliert. Das
Angebot wurde ständig erweitert, AME-Filialen und
AME-Stützpunkthändler waren fast flächendeckend über Deutschland
verteilt.
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Aus der "Nischenfirma" war Deutschlands
Chopperhersteller Nummer eins geworden. Ohne allerdings je in eine
Großserienproduktion einzusteigen. Nie wird sich ein AME-Chopper dem
anderen aufs Haar gleichen. Individualität des Choppers ist und bleibt
das Ziel aller AME-Entwicklungsarbeiten. Eigentlich gibt es kein
Motorradmodell, das seit 1973 noch nicht durch die Hände
der AME-Techniker gegangen ist. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich
nur um eine Modifikation handelte oder es ein kompletter Umbau war. Das
beginnt bei der 125er Honda Rebel, geht über die Yamaha XV 535 Virago,
Suzuki LS 650 Savage, die Suzuki Intruder-Modelle und dann natürlich
sämtliche Harleys, und sogar BMW-Boxer Modelle sowie Moto Guzzis waren
schon dabei. "Zwar haben wir unsere ersten Chopper mit großvolumigen
Vierzylinder-Motoren ausgestattet, doch das war und ist nicht unsere
Firmenphilosophie. Das Freiheitsgefühl und den Fahrspaß mit einem
Chopper bestimmt letztendlich nicht ein Ein-, Zwei-, Drei-, Vier- oder
Sechszylindermotor, viel mehr ist es die Einstellung des Bikers. Er
sucht sich seine Maschine aus und was ihm nicht gefällt, baut er um
oder lässt er umbauen", betont Walter F. Cuntze.
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Chopper sind längst in
Mode gekommen. Rund ein Viertel aller verkauften Motorräder gehören
dieser Gattung an. Fast alle Hersteller haben Chopper oder Cruiser, wie
sie seit neuestem auch heißen, im Programm. Und alle sind
Großserienprodukte. Sie gleichen sich wie ein Ei dem anderen,
eigentlich schrecklich. Wen wundert es da, dass so "kleine
Firmen" wie AME auch weiterhin alle Hände voll zu tun haben. Und
das mit Sicherheit auch über die nächsten Jahrzehnte im neuen
Jahrtausend.
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Adresse:
AME
Auf dem Ritter 1-9
34270 Schauenburg
Tel.: 05601 - 93200
www.ame-chopper.de
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