40 Jahre Yamaha in Deutschland
1964 - 2004
"In höchsten
Tönen"
Vom Piano zur R1
Nach Honda war Yamaha
ab der IFMA 1964 der zweite Japaner
bei uns auf dem Markt. Die Marke mit
den drei gekreuzten
Stimmgabeln als Firmenlogo brachte damals mit
pfeilschnellen
Zweitaktmaschinen die Szene in helle Aufregung. Heute
reicht
die Modellpalette des zweitgrößten japanischen
Motorradherstellers
vom Roller bis zum Luxusliner.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk, Michelin |
An
Spannung ist die MotoGP momentan kaum zu toppen. Nach dem spektakulären
Wechsel von Weltmeister Valentino Rossi von Honda zu Yamaha haben selbst
Insider kaum damit gerechnet, dass der Superstar gleich im ersten Jahr auf
der unterlegenen MotoGP Yamaha "M1" Weltmeister wird.
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(Foto: Michelin)
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Valentino
Rossi unterstrich beim 15. von 16 Saisonläufen zur
MotoGP-Weltmeisterschaft zum wiederholten Male, warum er derzeit das Maß
der Dinge im Motorradsport darstellt: In einem zu jeder Phase des
Rennens mitreißenden Großen Preis von Australien
am 17. Oktober 2004 lieferte sich
"il dottore" mit seiner Michelin-Yamaha YZF-M1 einen
begeisternden Zweikampf mit Sete Gibernau, der eine ebenfalls
Michelin-bereifte Honda RC211V pilotierte. Mit 0,097 Sekunden Vorsprung
gewann der italienische Superstar und sicherte sich damit seinen vierten
Titel in Folge. |
Neuer MotoGP Champion auf Yamaha:
Valentino Rossi
(Foto: Michelin)
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Genau
vor 40 Jahren gab es eine ähnliche Sensation. Allerdings in der 250er
WM-Klasse. Honda-Werksfahrer Jim Redman auf seiner
Vierzylinder-Viertakt-Rennmaschine musste sich plötzlich gegen Phil
Read und dessen simple Zweizylinder-Zweitakt-Werks-Yamaha wehren. Und
was damals keiner für möglich gehalten hatte, passierte am Ende der
Saison 1964: Phil Read und Yamaha wurden erstmalig in der WM-Geschichte
250er Weltmeister. Die Sensation war perfekt. Soichiro Honda, bereits
damals weltgrößter Motorradhersteller, fraß sich vor Ärger ein Loch
in den Bauch.
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Sechszylinder-Viertakt-Werks-Honda gegen
...
(Foto: Werk) |
simple
Zweizylinder-Zweitakt-Werks-Yamaha
(Foto: Werk)
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Mitte der 60er Jahre lag das Motorradgeschäft bei uns am Boden
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Auf das Geschäft wirkte
sich dieser Erfolg bei uns allerdings nicht aus. Von Motorrädern wollte
in Deutschland damals nämlich niemand mehr etwas wissen. Ungeachtet
dessen hatte Soichiro Honda aber bereits im Mai 1961 in Hamburg eine
Werksniederlassung eröffnet. Zeitgleich zum WM-Erfolg im Herbst 1964
stand Yamaha als zweiter Japaner bei uns in den Startlöchern.
Zuständig für die Präsentation der schnellen Zweitakter auf der IFMA
in Köln war jedoch nicht das Werk selbst, das bis Mitte der 50er Jahre
für herausragende Musikinstrumente weltberühmt war und erst ab 1955
Motorräder baute, sondern das japanische Handelshaus Mitsui GmbH mit
Sitz in Düsseldorf. Das Unternehmen war eine Tochtergesellschaft der
Mitsui & Co. Ltd. in Tokio, die mit weltweit mehr als 200
Niederlassungen zu einem der größten japanischen Handelsunternehmen
zählte. Hinsichtlich des Yamaha-Importes begann man bei Mitsui jedoch
bei Null, erster Yamaha-Vertragshändler wurde der Allgäuer
Honda-Händler Bruno Lippke. Zwischen Mitsui und dem Allgäuer
entwickelte sich schon bald eine enge Zusammenarbeit. Motorradspezi
Lippke kümmerte sich um die technischen Angelegenheiten sowie die
TÜV-Abnahme, Mitsui baute derweil das Händlernetz auf.
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Yamaha DS-3 von 1966
(Foto: Werk) |
(Foto: Werk) |
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Yamaha AS1 125 von
1969
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Yamaha YR3 von 1969 |
Bereits 1966
gab es bundesweit 23 Vertragspartner, die rund 200 Maschinen an
Yamaha-Zweitaktfans verkauften. Da die ganze Branche noch im Aufbau
steckte, zählte jede Person, die sich für die Sache einsetzte. Um so
tragischer war für Mitsui der plötzliche Tod von Bruno Lippke. Einen
Nachfolger fand man in Manfred Weihe. Der engagierte Motorradhändler
aus Löhne in Westfalen fuhr bereits seit 1964 eine Yamaha DS-3. Ab 1966
kümmerte sich sein Betrieb um die gesamte technische Abwicklung
einschließlich der TÜV-Zulassungen sowie der Ersatzteilversorgung.
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(Prospektbild)
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1970 kam die erste Viertakt-Yamaha
auf den Markt
Yamaha 650 XS1
(Foto: Werk)
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Von 1955 bis 1970
produzierte Yamaha ausschließlich schnelle Zweitakt-Maschinen mit
maximal zwei Zylindern und 350 Kubik. 1970 kam die 650er XS1 auf den
Markt. Yamahas erster Viertakt-Twin hatte die englische Triumph
Bonneville zum Vorbild. Von diesem Dampfhammer kam allerdings nur eine
nach Deutschland, um so verständlicher, dass die Mitsui-Leute sich kaum
für einen Testbericht der XS1 begeistern konnten. Dennoch schaffte es
Motorrad-Cheftester Ernst "Klacks" Leverkus mit einer List die
Herrschaften samt des neuen Twins an den Nürburgring zu locken. Ein
Herr Baron Rothschild aus Paris hätte großes Interesse an der neuen
Yamaha bekundet. Anstelle des schwerreichen Edelmannes stand aber Tester
Klacks am vereinbarten Treffpunkt. Nachdem die Finte aufgeflogen war,
lachten alle und Manfred Weihe bot sich spontan als Fotomodell an.
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Zweiter Viertakt-Streich
Yamaha TX 750
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Das neue Jahrzehnt hatte
gut begonnen. Motorräder genossen inzwischen einen anderen Stellenwert,
es waren Spaß- und Freizeitfahrzeuge, jährliche Zuwachsrate von über
200 Prozent konnte kaum eine andere Branche verzeichnen. Auf diese
Entwicklung reagierte die Mitsui GmbH und gründete 1972 die Mitsui
Maschinen GmbH mit Hauptsitz für die kaufmännische Abteilung in
Meerbusch bei Düsseldorf. Die technische Abteilung, für die die Firma
Weihe in Löhne zuständig war, wurde im Frühjahr 1973 von der Mitsui
Maschinen GmbH übernommen. Manfred Weihe erhielt die Position des
Geschäftsführers für den Bereich Yamaha Motorräder, den Standort
für die technische Abteilung beließ man weiterhin in Löhne.
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Yamaha RD500LC von 1984
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Nach der XS1 sollten bei
Yamaha weitere Viertakt-Motorräder folgen, dem Zweitakter blieb man
aber weiterhin treu. Krönung wurde 1984 die 88 PS starke RD500LC mit
V-4-Motor im Grand-Prix-Look. Doch immer größere Auflagen für die
Zulassungsfähigkeit von Zweitaktern ließen bei Yamaha die Köpfe
rauchen. Was Ende 1984 dabei herauskam, wurde zur Viertakt-Sensation:
Die FZ750. Ein Supersportbike mit Fünf-Ventil-Technik, die
Genesis-Generation war geboren. Momentaner Höhepunkt in dieser
Evolution ist die R1.
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Mit der Fünf-Ventil-Genesis-Technik
begann 1984 bei Yamaha eine neue Viertaktgeneration
(Foto: Werk)
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Yamaha FZ 750 von 1984
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Yamaha "R1" von 2004
(Foto: Werk)
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Doch zurück zur Mitsui Maschinen GmbH. Neben dem Geschäft mit
Yamaha-Motorrädern kümmerte man sich unter anderem um den Vertrieb von
Rasenmähern, Schneefräsen, Strom-Aggregaten und Gabelstaplern. 1989
übernahm Mitsui die Deutsche Motobécane GmbH und hatte ab sofort
hochwertige französische Fahrräder mit im Angebot. |
(Prspektbild)
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Yamaha DT80LC
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Yamaha Super Ténéré
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Nachwuchsförderung:
Yamaha-Cup
Volles Haus
Yamaha-Cup in Hockenheim
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Schnelle Frau im Cup: Elli Bindrum
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Die Firmensitze in Löhne und Neuss
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Die
Hauptverwaltung zog 1992 von Meerbusch nach Neuss-Hammfeld um und war nach einer
betrieblichen Neuorganisation ab nun ein reines
Yamaha-Vertriebs-Unternehmen. Für Kundendienst, Ersatzteilversorgung
sowie Homologation war weiterhin die technische Abteilung in Löhne
verantwortlich.
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Von 1966 bis 2001 befand sich die
Technische Abteilung in Löhne
(Foto: Yamaha)
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Technische Verwaltung in Löhne
(Foto: Yamaha)
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Yamaha Motor Deutschland GmbH
in Neuss-Hammfeld
(Foto: Yamaha) |
Yamaha Motor Deutschland in
Neuss-Hammfeld
(Foto: Yamaha)
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"Alles unter einem Dach":
Seit 2001 Yamaha Motor Deutschland GmbH
in Neuss-Uedesheim
(Foto: Yamaha)
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Ab 1996 nannte sich das
Unternehmen YAMAHA Motor Deutschland GmbH und die vielfache Verwirrung,
warum eine Firma Mitsui heißt, die Yamahas verkauft, hatte sich damit
auch erledigt. Das letzte große Firmenereignis passierte 2001. Die
beiden Betriebsstandpunkte in Neuss-Hammfeld und im 220 km entfernten
Löhne/Westfalen wurden in einem Firmenneubau in Neuss-Uedesheim
zusammengelegt.
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Manfred Weihe: "Mann der ersten Stunde"
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Nach der IFMA 1964 war
Bruno Lippke der erste Yamaha-Händler, 40 Jahre später werden rund 400
Vertragshändler von 110 Mitarbeitern in der Yamaha-Zentrale betreut.
Begann der Verkaufsstand vor 40 Jahren bescheiden, hat Yamaha bis heute
gut 1,1 Millionen Motorräder bei uns verkaufen können. Und Manfred
Weihe? Das Urgestein beim deutschen Importeur ist inzwischen
Vizepräsident der "Yamaha Motor Deutschland GmbH".
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Manfred Weihe
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