Kenner & Sammler


Ariel Square Four MkI 1000 von 1950
Uwe Dangers


Suzi Quatro

Vierzylinder-Motorräder sind längst Stand der Dinge. Meist in Reihe,
vereinzelt auch in V4-Anordnung. Einen Vierzylinder-Viertakter in quadratischer Bauweise gab es allerdings nur von Ariel. Zunächst ab 1930 als 500er, ab 1932
auch als 600er und von 1936 bis 1958 als Square Four 1000. Uwe Dangers aus Göttingen ist mit seiner Ariel Square Four MkI 1000 von 1950 nach gut zehn
Jahren Restauration und Optimierung inzwischen rundherum zufrieden.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Werk



Engländer-Fan Uwe Dangers


Uwe Dangers, Jahrgang 1962, lacht: "Wenn ich all meine Motorräder zusammen zähle, komme ich auf knapp zwei Dutzend Oldtimer. Eine Markenbrille trage ich dabei nicht. Ausschlaggebend für mich ist, dass die Maschinen auf ihre Art eine besondere Stellung einnehmen. Das Spektrum reicht von englischen Bikes aus den 1930er, 1940er und 1950er Jahren. Die Nippon-Klassiker und Klassiker von Jawa und
ČZ stammen überwiegend aus den 1960er und 1970 Jahren, mit einer Ausnahme: die Kawasaki W650. Der Königswellen-Twin ist ein 1999-Modell, aber eigentlich schon heute ein Youngtimer. Einen absoluten Favoriten in meiner Sammlung habe ich nicht, einen Ehrenplatz nimmt jedoch die Ariel Square Four MkI 1000 von 1950 ein. Diese außergewöhnliche Vierzylinder-Maschine war schon immer mein Traumbike."



Ariel Square Four MkI 1000 von 1950


Aus der Traummaschine wäre um ein Haar ein Albtraum geworden. Die in England ausfindig gemachte und als tipptop sowie fahrbereit versprochene Ariel entpuppte sich bei der Kaufbegutachtung 1992 in Aachen als "völlig im Eimer", so der Göttinger Oldtimerexperte. Ein Zurück gab es jedoch nicht, die Square Four wechselte ihren Besitzer und gleichzeitig war sich Uwe Dangers bewusst, dass demnächst eine arbeitsintensive Restauration ins Haus steht. Die Modellhistorie der seltenen Vierzylinder kannte er längst in- und auswändig, wusste von den Stärken und den Schwächen. Und die galt es bei der Überholung so weit wie möglich zu minimieren.

 


Edward Turner konstruierte einen 1000er Vierzylinder-Motor in quadratischer Anordnung,
so als wenn zwei 180-Grad-Twins, die über Zahnräder verbunden sind, hintereinander stehen.
(Zeichnungen: Werk)



 


Selbstbewusst lässt der Göttinger Engländer-Fan wissen: "Das größte Problem bei der Square Four Konstruktion von Edward Turner liegt bei der hinteren Zylinderreihe, sie bekommt einfach zu wenig Kühlung. Die Folge ist eine zu hohe thermische Belastung von Zylinderkopf und Kolben sowie überhitztes Motoröl. Für Abhilfe baute ich eine Ölpumpe mit doppelter Förderleistung ein, montierte einen Yamaha XJ650-Ölkühler sowie einen Ölfilter mit handelsüblicher Feinfilterpatrone. Als Schmiermittel vertraue ich auf thermisch hochbelastbares, vollsynthetisches Motoröl."



Uwe Dangers mit seiner bildschönen Lady Ariel Square Four MkI 1000 von 1950


Bei aller Sorgfalt blieb Uwe Dangers vom "Lehrgeld bezahlen" nicht verschont. Beim Anziehen der insgesamt 20 Zylinderkopfmuttern wurde das Gefühl in der Hand plötzlich sehr weich, so wie wenn man ein Gewinde überzogen hat. Die Ursache war schnell gefunden, vom Gewinde auf den Haltebolzen, "weich wie Butter", war kaum noch etwas zu sehen. "Diese Erfahrung zeigte mal wieder, mit welch mieser Qualität Ersatzteile für viel Geld verkauft werden. Zum Glück kann ich mir in solchen Fällen weiterhelfen und habe neue Bolzen selbst gemacht", lässt der gelernte Industriemechaniker wissen und ergänzt gleich, "die Verwendung von Nachbauteilen kann bei einer Restauration zur Gratwanderung werden. Es gibt Sachen in tadelloser Ausführung, andere sind dagegen reinster Müll. Welches Los man gezogen hat, zeigt sich meist erst bei der ersten großen Ausfahrt. Besonders ärgerlich wird die Angelegenheit, wenn es sich um den Motor handelt und das kostbare Schmieröl lustig auf die Straße tropft. Aus diesem Grund sind mir gebrauchte Teile lieber. Selbst wenn zum Beispiel in einem Zylinderkopf die Ventilsitze und Ventilführungen erneuert oder abgebrochene Kühlrippen angeschweißt werden müssen. Der Aufwand rentiert sich allemal. Erstens kommt wieder ein Originalteil zum Einsatz und zweitens weiß man genau, wie und was gemacht wurde."

 







Ariel Square Four MkI 1000 von 1950


Viel Geduld war dennoch bei der Beschaffung benötigter Ersatzteile gefragt. Manche Teile ließen sich in England oder den USA, andere in Australien auftreiben. Über gut zehn Jahre erstreckte sich die Restauration. Die Mühe sollte sich lohnen. Wie aus dem Ei gepellt steht die Square Four da und so fährt sie sich auch. Der Motor läuft im Vergleich zu vibrierenden und schüttelnden englischen Einzylindern und Twins aus dieser Generation fast seidenweich und Uwe Dangers verrät: "Das Sensationelle ist der enorme Drehmoment. Ariel versprach im Prospekt, dass man problemlos den vierten Gang von 9 bis 90 Meilen pro Stunde nutzen könne. Damit haben sie nicht übertrieben. Handling und Straßenlage stehen dem um nichts nach. Die hohen Tourenqualitäten suchen ihresgleichen. Leider verlangte Ariel für das Topmodell einen zu hohen Preis und so blieb ihr der große Erfolg versagt."



Läuft wie ein Uhrwerk - Ariel Square Four MkI 1000


Vierzylinder-Traumbike quadratisch, praktisch, wertvoll

Bis Mitte der 1930er Jahre waren in England vornehmlich kernige
Einzylinder-Dampfhämmer das Maß der Dinge. Entsprechend schlug 1937
die neue Triumph T5 Speed Twin wie eine Bombe ein. Mit dem 500er
Zweizylinder-Viertakttriebwerk hatte der geniale Chefkonstrukteur Edward Turner
sein Meisterwerk geschaffen. Dieses Baukonzept war so richtungsweisend,
dass es gut 50 Jahre lang das Bild dieser englischen Ladies prägen sollte.
Aber längst nicht genug, mit der neuen Twin-Baureihe katapultierte Edward Turner Triumph als Motorradhersteller an die Spitze des Weltmarktes.



Ariel-Modellpalette
350er und 500er Einzylinder Red Hunter, 500er Twin Red Hunter, Square Four 1000


Schon als junger Mann tüftelte Edward Turner in seiner Londoner Motorradwerkstatt an einem selbst gebauten 350er ohc-Motor. Damals, in den 1920er Jahren, war in der aufkeimenden Fahrzeugbranche noch echter Pioniergeist gefordert, Neuerungen sprachen sich wie Lauffeuer herum. Jack Sangster, Juniorchef bei Ariel in Birmingham, war auf den begabten Motorradexperten aufmerksam geworden und bot Edward Turner einen Traumjob in der Entwicklungsabteilung an. Vollkommen eigenständig machte sich der 29-Jährige an die Konstruktion eines Vierzylinder-Bikes. Neu war diese Idee nicht, Motorräder mit einem längs in dem Rahmen eingebauten, großen Vierzylindertriebwerk kannte man unter anderen von Henderson und Pierce aus den USA, FN aus Belgien, Nimbus aus Dänemark und Motobécane aus Frankreich. Für Edward Turner war das jedoch zu einfach. Er wollte einen Vierzylinder in quadratischer Anordnung bauen, so als wenn zwei Twins, die über Zahnräder verbunden sind, hintereinander stehen. Bei der Ventilsteuerung fiel die Entscheidung zu Gunsten einer über Kette gesteuerten obenliegenden Nockenwelle. Je ein Ein- und Auslassventil hing senkrecht pro Brennraum im Zylinderkopf, die Auslassführung war so gestaltet, dass nur zwei Auspuffkrümmer erforderlich waren. Das äußerst kompakte 500er Kraftpaket leistete 20 PS, das Viergang-Getriebe von Burman war nach klassisch englischer Bauart hinter dem Motor angeflanscht.


 


Ariel 4F-31 500er ohc-Vierzylinder von 1930
(Fotos: Werk)


 


Im Herbst 1930 stellte Ariel die 4F-31 als neues Flaggschiff auf der "Olympia Motor-Show" in London einem staunenden Publikum vor. Der Schritt war allerdings gewagt. Mitten in einer schweren Wirtschaftskrise konnten sich nur wenige Motorradfahrer eine neue Maschine leisten. Ariel Chef Jack Sangster ließ sich jedoch nicht beirren und legte für 1932 sogar ein Brikett nach und stellte neben die in einigen Details modifizierte 500er 4F die 600er 4F. Durch die Hubraumvergrößerung stieg die Leistung für das Schwestermodell auf 24 PS. Zum Verkaufshit wurde die Square Four, wie sie längst genannt wurde, dadurch aber nicht. Die Ariel 4F war in der 500er und 600er Klasse einfach zu teuer.


1936 machte Ariel bei der Square Four das Maß voll

 

Ariel 4G 1000 von 1939
(Foto: Werk)


Wieder hatte Edward Turner eine funkende Idee. Wenn sich seine agile Square Four schon mit großen V2-Maschinen englischer und amerikanischer Herkunft vergleichen lassen musste, warum nicht gleich eine 1000er Square Four? Eine weitere Hubraumvergrößerung war mit dem 4F-Motor allerdings nicht möglich. Abgesehen von der Zylinderanordnung und den beiden quer zur Fahrtrichtung gegeneinander rotierenden Kurbelwellen konstruierte Edward Turner einen neuen Motor. Auf die aufwändige ohc-Steuerung wurde verzichtet, die über Kette getriebene, untenliegende Nockenwelle war zwischen den Zylinderfüßen positioniert. Insgesamt wirkte der 36 PS starke 1000er Motor wesentlich aufgeräumter und glattförmiger. Als Fahrwerk diente weiterhin ein Rohrrahmen, eine Trapezgabel führte das Vorderrad, hinten sorgte eine Gradewegfederung für Fahrkomfort. Im September 1936 brachte Ariel das neue Topmodell 4G 1000 auf den Markt.


 

Zylinderblock und Zylinderkopf wurden ab 1949 aus Leichtmetallguss gefertigt.
Das ohv-Vierzylinder-Bike hieß nun Square Four MkI 1000.
(Foto: Werk)


Bereits Mitte 1936 hatte Jack Sangster für 28.000 Pfund das Triumph-Motorradwerk übernommen und in der neuen "Triumph Engineering Company" Edward Turner zum Geschäftsführer und Chefkonstrukteur berufen. Bei Ariel liefen die Geschäfte wie gewohnt weiter, die 4G 1000 rollte bis 1940 vom Fließband. Wie fast alle englischen Betriebe stellte ab dieser Zeit auch Ariel die Produktion auf Rüstungsgüter für den Zweiten Weltkrieg um.
Um sich zukünftig gemeinsam mit Chefkonstrukteur Turner besser um Triumph kümmern zu können, verkaufte Jack Sangster Ende 1944 Ariel an den BSA-Konzern. BSA, genau wie Triumph, eine große englische Motorradmarke, ließ nach Ende des Krieges und Neustart der Motorradfertigung die Square Four weiterhin im Programm. Mitte 1946 spendierte man der 1000er Vierzylinder eine moderne Telegabel, und um die Zuverlässigkeit des Motors zu verbessern, kamen ab 1949 Zylinder und Zylinderkopf aus Leichtmetallguss zum Einsatz, die Vierzylinder hieß nun Square Four MkI 1000. Die nächste Evolutionsstufe 1953 war für die Square Four MkII 1000 ein nochmals verbesserter Zylinderkopf mit nun vier Auspuffkrümmern, der Motor brachte nach dieser Kur 40 PS.

 

Ariel Square Four MkII 1000 von 1957
(Foto: Werk)


Schon 1951 hatte Jack Sangster seine Triumph-Motorradfabrik ebenfalls an BSA verkauft, und ab 1956 war Edward Turner zum BSA Konzernchef aufgestiegen, zu dem ja auch Ariel gehörte. Von seiner Square Four wollte Edward Turner nun nichts mehr wissen. Abgesehen von Detail-Modifikation blieb die letzte Ariel Square Four MkII 1000 dann nur noch bis 1958 im Angebot.



Uwe Dranders auf seiner Ariel Square Four MkI 1000 von 1950


Ariel Square Four

Modell Produktion Stückzahl

4F 500 1931-1932         927

4F 600 1932-1940       2674

4G 1000 1936-1948    4688

MkI 1949-1953             3922

MkII 1953-1958            3828


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