Spezialisten in Deutschland


Glaubenssache: Kunststoffbeschichten oder Lackieren

"Paint it Black"

Wenn's ums "Make up" geht, scheiden sich die Geister.
Die einen schwören inzwischen auf Kunststoffbeschichten,
die anderen weiterhin auf die traditionelle Lackierung.
Beides erfüllt seinen Zweck.

Text&Fotos: Winni Scheibe




Restaurateure, Hobbybastler und Edelschrauber pflegen im Allgemeinen konservative Ansichten. Ist die Farbenpracht verblasst oder am abblättern, muss eine neue Lackschicht her. Punktum. Bis Mitte der 80er Jahre gab es auch kaum eine andere Wahl. Kunststoffbeschichten ist allerdings längst eine echte Alternative zur herkömmlichen Lackierung geworden. Was es mit diesem Verfahren auf sich hat, wollten wir genau wissen und besuchten Johannes Salch in Westheim bei Hammelburg. Seit 1987 hat sich Oberflächenveredler Salch auf diese Arbeit spezialisiert. "Im industriellen Bereich wird dieses Verfahren bereits seit etwa 1980 erfolgreich angewendet. Ob Campingartikel, Elektrogeräte, Fensterprofile oder Krankenhauseinrichtungen, das Kunststoffbeschichten ist hier nicht mehr wegzudenken," erläutert der Spezialist. "Beim Beschichten von hochbelasteten Motorradteilen können wir auf lange Erfahrung zurückblicken. Doch Kunststoffbeschichten ist nicht gleich Kunststoffbeschichten," betont er ausdrücklich und fügt hinzu, "Voraussetzung für eine einwandfreie Beschichtung ist nämlich eine tadellos metallisch saubere Oberfläche. Und die lässt sich nur durch gewissenhaftes Strahlen erreichen."



Kunststoffbeschichtet: Federn, Rahmen, Räder und Halterungen

Ohne einwandfreie Vorarbeit ist eine haltbare Beschichtung jedoch nicht zu garantieren", verweist Johannes Salch noch einmal auf die Strahlarbeit. "Nur wenn das Fahrzeugteil tatsächlich 100prozentig sauber ist, kann sich das Lackpulver dauerfest mit der Metalloberfläche verbinden."

 




Strahlmitten


gestrahlte Felge - beschichtete Felge


Kunststoffbeschichten ist mit herkömmlichem Nasslackieren nicht vergleichbar. Basisprodukte für das Beschichtungsmaterial sind für die verschiedenen Einsatzgebiete Polyesterharz, Polyurethan oder Epoxidharze, die es in 170 RAL-Farbtönen sowie weiteren Sonderfarben gibt. Bei Motorradrahmen verwendet Salch ausschließlich UV-beständiges Polyesterpulver. Den spiegelnden Hochglanz von den bekannten Lackierverfahren erreicht die normale Kunststoffbeschichtung aber nur bis etwa 80 Prozent, was sich jedoch nur auf größeren Flächen wie Tank, Seitendeckel oder Schutzblechen bemerkbar macht. Kunststoffbeschichtete Bauteile wirken etwas matt, was die Besitzer von nostalgischen Fahrzeugen sicherlich nicht weiter stört, da es früher noch keine glänzenden Lacke gab.




Wer jedoch auf eine glänzende Oberfläche Wert legt, dem kann auch geholfen werden. Eine weitere transparente Beschichtung lässt das Bauteil "wie lackiert" wirken und erhöht zusätzlich die Schutzwirkung der Beschichtung. Mit einem Spezial-Beschichtungsverfahren lässt sich sogar der Effekt einer Metallic-Lackierung erzielen.
Ohne aggressive Lösungsmittel wird das trockene Duroplastpulver auf das Werkstück aufgenebelt. Hierbei ist das Bauteil negativ geerdet, die pulverförmigen Kunststoffteilchen in der speziellen Sprühpistole dagegen sind positiv aufgeladen. Die elektrostatische Anziehungskraft ermöglicht es, dass sich die Kunststoffteilchen gleichmäßig in jeder Ecke und auf allen Kanten ablagern. Ist das Werkstück rundherum eingenebelt, wird das Pulver vorerst nur elektrostatisch festgehalten. Erst wenn nach diesem Arbeitsgang die Sachen in den Heizofen geschoben sind, schmelzen die Pulverteilchen bei einer Temperatur von 200 Grad zusammen - sie werden hierbei zusätzlich chemisch vernetzt - und überziehen das ganze Werkstück mit einer 150 bis 250 my starken geschlossenen Oberfläche. Je nach Größe dauert der Aufenthalt im Heizofen 30 bis 45 Minuten.




Ohne weitere Nachbehandlung oder Aushärtezeit lässt sich das frisch beschichtete Bauteil gleich montieren. Es ist licht- und wetterbeständig, extrem schlagfest und sofort belastbar. Im Preisvergleich zum Nasslackieren ist Kunststoffbeschichtung günstiger. Die jeweiligen Kosten erhält man auf Anfrage.


"Paint it Black"

Gute Lackierer sind dagegen Individualisten, manche könnte man fast schon als Farbkünstler und Designer bezeichnen. Zu ihnen gehört Peter Stücker im westfälischen Sassenberg, ihm haben wir bei seiner Arbeit über die Schulter geguckt.



Farbkünstler: Peter Stücker

Eines mag Peter Stücker allerdings überhaupt nicht: Bikes mit einfallslosen Serienlackierungen. Sie erscheinen ihm einfach zu langweilig. Auch kein Wunder. Nach der Lehre studierte er Design und knüpfte interessante Kontakte. "Als freier Mitarbeiter im Team von Luigi Colani wirkte ich bei der Gestaltung von Rennwagen, Flugzeugen, Autos und natürlich Motorrädern mit. Das sind Erfahrungen, die meine weitere künstlerische Entwicklung nachhaltig beeinflussten", verrät der Westfale.


 


 


Design und Lackierungswünsche entstehen ganz nach den Ideen des Kunden. Bevor es aber richtig los geht, stehen vielfach erst einmal Reparaturarbeiten an. Nicht selten werden beschädigte Teile angeliefert. Zum Beispiel Tanks mit Beulen. Die schadhaften Stellen werden mit angeschweißten Drähten herausgezogen und anschließend gleichmäßig verzinnt. "Ich könnte statt des Verzinnens auch gleich Spachtel auftragen, doch das ist zu unsicher und kann später abblättern", erläutert Stücker den Arbeitsschritt. Es folgt eine Überziehung der beschädigten Stelle mit Epoxygrundierung. Darüber kommt nochmals eine dünne Spachtelschicht, um die letzten Unebenheiten auskorrigieren zu können. Ist die Beule nicht so groß, wird die Stelle mit Polyesterspritzplastik (flüssiger Spachtel) aufgefüllt. Danach folgt das letzte Abschleifen vor der eigentlichen Lackierarbeit.

Das Abschleifen mit 120er bis 280er Schleifpapier gilt natürlich für alle Bauteile. Anschließend erfolgt die Grundierung und Füllern sowie das Besprühen mit schwarzer Kontrollfarbe. "Die Kontrollfarbe wird nach dem Trocknen mit 400er oder 800er Schleifpapier wieder abgeschliffen, dabei kann ich die letzten Unebenheiten auf der Oberfläche feststellen und beheben", verrät der Lackspezialist.

 

 



Nun erfolgt die Reinigung der Teile mit Silikonentferner und das Abreiben mit destilliertem Wasser, was die statische Ladung auf ein Minimum reduziert. Bevor es ans eigentliche Lackieren geht, muss das Teil noch einmal dem prüfenden Blick des Meisters standhalten, der auch leicht mit der Hand darüberstreicht und es nach dem letzten verborgenen, unebenen Körnchen abtastet. Nach bestandener Prüfung werden drei Spritzgänge des gewünschten farbigen 2-Komponenten-Acryllacks und eine Schicht Klarlack aufgetragen.
Lasuren erfordern die gleiche Vorbereitung der Bauteile, nur wird vor der Lasur ein 1K-Basislack aufgesprüht. Die Weiterverarbeitung nach der Lasur erfolgt mit zwei bis sechs Gängen Klarlack, der rund 35 Minuten im Trockenofen getrocknet wird. Bevor es dann aber weitergeht, bleibt das Bauteil zum Ausdünsten einen Tag hängen. 

Mit feinem 1200er Nassschleifpapier wird die Oberfläche danach noch einmal nachgeschliffen. Das geschieht sehr vorsichtig, um die Kanten der Lasuren nicht zu beschädigen. Last but not least beenden zwei bis acht abschließende Klarlackschichten das Werk, das eine spürbar glatte Oberfläche ohne Ecken und Kanten zu bieten hat. 




Je nach Aufwand kann diese Arbeit ein bis zwei Wochen in Anspruch nehmen. Die Kosten für solch eine Lackierung sollten in jeden Fall vorab besprochen werden, nach oben ist nämlich keine Grenze gesetzt. 


Adressen:

Salch Oberflächentechnik
GmbH&Co KG
Am Stöckleinsbrunnen
97762 Hammelburg-Westheim
Tel.: 09732-3930
Fax: 09732-5299

Motorradlackierungen
Peter Stücker Design
Schlossstraße 1
48336 Sassenberg
Tel.: 02583 - 42 64
Fax: 02583 - 35 97

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