Georg Suck in Hamburg
"Ältestenrad"
Seit 1910 ist die Firma Georg Suck
Motorradhändler. Und genauso lange kümmern sich die Hanseaten bereits
um die Edelbikes von Harley-Davidson. Das ist weltweit sicherlich
einmalig.
Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, Archiv-Suck

Anfang der 60er Jahre: Harley-Davidson in
Hamburg
(Foto: Archiv-Suck)
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Harley-Davidson kann auf eine lange
Tradition zurückblicken. Seit 1903 gibt es den amerikanischen
Motorrad-Hersteller in Milwaukee. Damals, als die (Motor)-Räder gerade
das Laufen lernten, steckte jedoch überall auf unserem Globus die
Verkehrstechnik noch in den Kinderschuhen. Auch kein Wunder. Von einem
ausgebauten Straßennetz, an jeder Ecke Tankstellen und
Reparaturwerkstätten konnte vor rund 100 Jahren noch lange keine Rede
sein. Wer durchs Land der unbegrenzten Möglichkeiten wollte, stieg in die
Pferdekutsche oder saß in der Eisenbahn.
Verantwortlich bei Harley-Davidson für die
Verkaufsorganisation war Arthur Davidson. Der clevere Geschäftsmann
reiste quer durch die USA und besuchte engagierte Fahrradhändler. Doch
bevor er sie als Harley-Davidson Dealer einsetzte, mussten sie zuvor im
Werk einen technischen Lehrgang absolvieren, erst dann erhielten sie die
Vertretung. Eine Mühe, die sich lohnen sollte. Schon 1908 reichte das
Händlernetz von der Ostküste bis Kalifornien. An den Export ihrer
Maschinen nach Europa dachten die HD-Manager damals allerdings noch nicht.
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Einzylinder Harley-Davidson: Mit Siegen in
den 20er Jahren zum Erfolg
(Foto: Archiv- Suck)
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Erfunden hatten die Amis das Motorrad
aber nicht. Das war der Konstrukteur Alois Wolfmüller. Schon 1893 hatte
der Pfiffikus beim Deutschen Patentamt in München seine
"Motor-Rad" Entwicklung angemeldet. Mit den Brüdern Hildebrand
produzierte er in den folgenden Jahren über 1500 dieser sensationellen
Stahlrösser. Als erstes Serienmotorrad der Welt ging die "Hildebrand
& Wolfmüller" aus München in die Geschichte ein. Eine
Sportversion, die 1894 gebaut wurde, erreichte sogar ungeheuerliche 75
Stundenkilometer!
Der Anfang war gemacht, die Motorisierung sollte schon
bald die Welt verändern. An allen Ecken und Enden machten sich gewiefte
Tüftler ans Werk, Motorfahrzeuge auf die Räder zu stellen, kleine und
große Motorradwerke schossen wie Pilze aus dem Boden, begabte Schlosser
und Handwerker eröffneten die allerorts dringend erforderlichen
Reparaturwerkstätten. Von Zuverlässigkeit oder Langlebigkeit der
damaligen Krafträder konnte nämlich noch keine Rede sein.
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Motorradfahrer Anfang der 20er Jahre:
Freundschaft und Sport
(Foto: Archiv- Suck)
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In Hamburg, dem "Tor zur
Welt", machte sich Georg Suck in dieser Branche selbständig. In der
Marktstraße im Karolinenviertel reparierte und wartete der 20jährige
Diplom-Schlosser ab 1910 alles, was auf zwei und vier Rädern
"rauchte, stank und Krach machte". Zu den Exoten in seiner
kleinen Werkstatt gehörten schwere amerikanische Bikes von
Harley-Davidson. Diese sündhaft teuren Maschinen hatten sich wohlhabende
Fernreisende oder hochrangige Schiffsoffiziere aus der "Neuen
Welt" mitgebracht. Für Georg Suck eine gewaltige Herausforderung,
schließlich erwartete die werte Kundschaft, dass die kostbaren
Motorräder immer einwandfrei funktionierten. Ohne Werkstatthandbücher
und ohne die vielfach erforderlichen original Ersatzteile nicht immer ein
einfaches Spiel. Doch gemäss dem Motto "Not macht erfinderisch"
wurde improvisiert, benötigte Teile von anderen Motorrädern so
abgeändert, bis sie passten. Schnell entwickelte sich die Werkstatt in
Norddeutschland zum Spezialbetrieb für die Ein- und
Zweizylinder-Maschinen von Harley-Davidson.
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Fahrzeug-Messe 1927 in Hamburg.
Die Harley-Davidson Modelle für 1928 werden präsentiert
(Foto: Archiv- Suck)
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Sucks guter Ruf erreichte sogar die
Firmenleitung in Milwaukee, man wurde auf den engagierten Handwerker in
Hamburg aufmerksam. Als nach Ende des Ersten Weltkrieges die Motor Company
einen Partner in Deutschland suchte, wandte man sich an Georg Suck.
Zunächst erhielt der Hanseat die deutsche Auslandsvertretung, aber schon
1924 machten die amerikanischen Manager Georg Suck zum offiziellen
Harley-Davidson Importeur in Old Germany. In den nächsten 10 Jahren
konnte sich der Hamburger Motorradenthusiast nun voll auf den Ausbau des
Harley-Davidson Geschäftes konzentrieren.
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(3 Fotos: Archiv- Suck)
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Doch die Zeichen der Zeit standen gegen seine
Bemühungen. Ab 1934 verbot nämlich das nationalsozialistische Regime
unter Adolf Hitler den Import der amerikanischen Motorräder. Offiziell
jedenfalls, im Verborgenen lief das Geschäft jedoch weiter. Defekte
Maschinen wurden repariert, sogar der Handel funktionierte, ständig
standen ein paar Harleys zur Auswahl im Laden. Auch bei der
Ersatzteilversorgung konnte sich Georg Suck auf seine guten Beziehungen
verlassen. Irgendwie klappte es immer wieder, dass er auf
"verborgenen Wegen" an die Teile kam. Das tagtägliche Einkommen
sicherte man sich dagegen mit Handel, Wartung und Instandsetzung von allen
möglichen Fahrzeugen, die die Leute brachten.
Während des Zweiten Weltkrieges und
einige Jahre danach wurde es bei uns still um die Harleys. Zunächst
hofften alle V-2-Fans, dass Georg Suck schon bald wieder mit dem Import
weitermachen könnte. Doch nun funkten plötzlich die USA dazwischen. Der
Motorradexport an den einstigen Kriegsgegner wurde untersagt. Erst 1956
hatten sich die politisch-wirtschaftlichen Wogen geglättet und der
Hamburger wurde wieder ganz offiziell General-Importeur von
Harley-Davidson. Vom großen Geschäft konnte damals aber keine Rede sein.
Der Motorradmarkt lag in Deutschland am Boden, wer etwas auf sich hielt,
trug Hut und fuhr lieber Auto. Eine Harley-Davidson war nicht nur
weiterhin ein absoluter Exote in der Motorradszene, die dicken
amerikanischen Highway-Gleiter waren für viele Biker auch unerschwinglich
teuer. Im Vergleich zum BMW Topmodell R69S kostete zum Beispiel die
Harley-Davidson Elektra Glide fast das Doppelte. Wer sich für die
amerikanischen Stahlrösser begeisterte und sie auch bezahlen konnte, kam
aus dem gehobenen Mittelstand oder war Unternehmer.
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Hamburg im Jahr 2000
Überzeugte Harley-Davidson Händler: Waltraud und Ewald Suck
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Als 1961 Georg Suck starb, übernahm sein Sohn Ewald
das Geschäft. "Einen anderen Beruf hätte ich mir gar nicht
vorstellen können", verrät der heute 72jährige Seniorchef.
"Ich bin mit Motorrädern groß geworden und mein Herz hängt einfach
an Harley-Davidson." Auch bei seiner Frau Waltraud fließt
"Benzin im Blut", schließlich haben sie sich bei einem
Harley-Treffen kennen gelernt. Für sie wurde das Hobby zum Beruf und schon
bald war sie als kompetente Ansprechpartnerin für die Harley-Kundschaft
aus dem Geschäft nicht mehr wegzudenken. Auch in der Freizeit dreht sich
bei den Sucks alles um Harley. Gemeinsame Ausfahrten mit dem
Hamburger-Chapter sowie Besuche von Treffen und befreundeten
Harley-Händlern lassen keine Langeweile aufkommen. Wenn irgend etwas in
der Harley-Szene los ist, ist ihnen kein Weg zu weit. Bis auf eine
Ausnahme, in den Staaten im Harley-Davidson Werk waren sie noch nicht:
"Meine Frau und ich fliegen nicht", so die pragmatische Antwort
des sympathischen Hanseaten.
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Juniorchef: Thomas Suck
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Inzwischen ist die dritte Generation herangewachsen.
Thomas, 30, der jüngere von zwei Söhnen, ist neben seinen Eltern im
Betrieb tätig. Gut 60 Jahre, von 1910 bis 1970, stand
die Firma Georg Suck im Harley-Geschäft in der ersten Reihe, war für den
Import und Vertrieb verantwortlich. Nach dieser Zeit wurden die Hamburger
"normale" Harley-Davidson Händler, was sie bis heute geblieben
sind.
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Von 1971 bis 1974 übernahm Eysel-Motor-Sport in
Langenselbold den privaten Alleinimport. Im Zeitraum von 1974 bis 1976
wurde es dann wieder recht ruhig um die dicken US-Tourer aus Milwaukee.
Offiziell gab es in Deutschland keinen Importeur mehr. Neben einigen
Händlern war es besonders Erich Krafft in Ludwigshafen, der sich um
Nachschub kümmerte. Kaum mehr als 30 neue Maschinen pro Jahr wurden in
dieser Zeit in Deutschland verkauft. Eine Werksniederlassung gründete
Harley-Davidson erst im Sommer 1976 in Groß-Gerau bei Frankfurt. Doch das
ist wiederum eine andere Geschichte.
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Adresse:
Harley-Davidson Vertretung
Georg Suck
Altländerstr. 11-12
20096 Hamburg
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