Gespanne&Trikes |
RUKO Shark Racer AR2 BMW R1200S Gespann
Yellow Submarine
Beiwagenmaschinen wecken vielfach beschauliche Familienidylle.
Ganz anders das RUKO Shark Gespann von Jörg Richter aus Marburg.
Es ist extravagant und futuristisch und steckt voller Hightech. Die
Fahrdynamik hält, was die bestechende Optik verspricht,
Sportlichkeit pur. Den Aufmerksamkeitswert gibt es gratis dazu.
Text&Fotos: Winni Scheibe |
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Die Probefahrt mit dem MZ-Gespann
werde ich wohl nie vergessen. Für uns gestandene Motorradfahrer gehörten
Ende der 1970er Jahre 250er ja zu den Mopeds und eine MZ mit Seitenwagen,
was sollte da schon bei sein. Ohne Respekt ließ ich die Emme ordentlich
qualmen. Bis eine scharfe Rechtskurve kam und das Seitenwagenrad in die
Luft stieg. Nur mit viel Glück habe ich den Stunt ohne Blessuren
überstanden. Nach diesem Abenteuer brauchte mir mit einem Gespann keiner
mehr zu kommen", lässt Jörg Richter mit einem verschmitzten Grinsen
wissen.
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Dass alles ganz anders kommen sollte, zeigte sich
allerdings erst Jahre später. Sich selbst möchte der Marburger, Jahrgang
1961, zu den "alten, noch echten" Motorradfahrern zählen. So jedenfalls
die gepflegte Erinnerung an die damalige Zeit sowie Wahrnehmung in der
Gegenwart, und er verrät: "Bei mir ging es mit der Hercules-Mofa los. Mit
18 war mein erstes Motorrad eine Suzuki GS550. Uns jungen Burschen ging es
damals nie schnell genug und ein paar PS mehr unter dem Tank konnten wir
immer gut gebrauchen. Auf unsere do-it-yourself Tuningarbeiten mit offenen
Vergasern, mit größeren Düsen, Sportauspuff, längerer Übersetzung und
Rennverkleidung waren wir mächtig stolz. Wir kannten die Technik in- und
auswendig, da konnte uns keiner etwas vormachen. Motorrad fahren und
schrauben gehören für mich bis heute zusammen wie die Brezel zur
Weißwurst."
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"Hoch das Bein"
Nach dem Abenteuer mit dem MZ-Gespann sollte es noch einige Jahre dauern,
bis diese Kunststücke möglich wurden
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Mit der Motorrad-Clique ging es zu
den WM-Läufen auf dem Nürburgring, nach Hockenheim und Assen, zu
Motorradtreffen in den Vogelsberg und Harz oder zum Kurvenräubern an den
Edersee oder ins Sauerland. Entsprechend sah über die Jahre hinweg der
Fuhrpark aus: Yamaha XJ550, Moto Guzzi LeMans4, Suzuki GSX-R1000, Ducati
900SL, zwei BMW R1100S, Ducati 916SP. Keine dieser Maschinen blieb
serienmäßig, Sportlichkeit war Pflicht.
Dass es beruflich technisch werden sollte, war
absehbar. Nach der Kfz-Mechanikerlehre kam erst mal die Bundeswehr mit
einer Fahrschullehrerausbildung, dann die Techniker- und
Kfz-Meisterausbildung. Seit 2004 ist Jörg Richter "von der Industrie- und
Handelskammer Kassel öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger
für Kraftfahrzeugschäden und -bewertung, sowie Schäden und Bewertung von
Krafträdern", so der offizielle Titel in voller Länge.
Mitte 2006 gab es erneut einen Kontakt zu einem
Gespann. Ein Freund überließ ihm für eine Woche zum "Testen" ein Kawasaki
ZZR1100 HBJ-Tourengespann: "Der Emmen-Rausch war tief im Gedächtnis
abgelegt, die Erfahrungen mit dem HBJ-Gespann waren völlig neu für mich,
brachten mich ins Grübeln und zur Erkenntnis, Gespann fahren hat was."
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Jörg Richter mit seinem RUKO-Gespann und der
BMW R1150GS
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Bald war der Entschluss gereift, neben die BMW R1150GS gehört ein Dreirad
in die Garage. Es wurden Messen abgeklappert und Informationsmaterial
gesammelt. Die Ausrichtung stand schnell fest. Als inzwischen bekennender
BMW Boxer-Fan durfte die Zugmaschine nur eine BMW sein und was die
Fahrdynamik anging, musste es ein Sportgespann werden. Die Leidenschaft
für flotte Fahrweise sowie technische Features war ungebrochen, zum
Schluss blieb nur noch ein RUKO-Gespann in der engeren Auswahl. Als
Basis-Maschine wurde im Frühjahr 2008 eine BMW R1200S angeschafft und
wenig später ein Termin mit den RUKO-Leuten im schwäbischen Metzingen für
den Umbau mit Sonderausführungen abgesprochen.
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RUKO-Achsschenkellenkung Vario VI mit
Technoflex-Federbein
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Nach
all meinen Erfahrungen mit Umbauten und Tuning war mir bewusst, dass teure
Bauteile nicht gleichzeitig die besten sein müssen, andererseits Qualität
seinen Preis hat. Meist versucht man am falschen Ende zu sparen.
Spätestens nach den ersten Touren werden Federelemente, Bremskomponenten,
Hebel und Armaturen aus dem Hightech-Angebot nachgerüstet", referiert der
Sachverständige. Bei seinem Gespannprojekt wollte er diese Fehler
vermeiden und beschloss von vornherein Nägel mit Köpfen zu machen. Bei
diesem Vorhaben konnte er sich voll auf das Know-how von RUKO-Fahrzeugtechnik verlassen. Bei der Bremsanlage
entschied er sich für das Sport-Doppelintegralbremssystem, die
Federelemente stammen von Technoflex, Lenker und Armaturen sind aus dem
Wunderlich-Angebot, um hier nur einige Beispiele zu nennen. Wurden alle
Umbau-Massnahmen bei Jörg Schlittenhardt in der RUKO-Werkstatt
durchgeführt, vertraute Jörg Richter die Lackierarbeiten seinem bekannten
Fachbetrieb Bereiter in Bad König im Odenwald an. "Längst hatte ich mich
in meinen Gespann-Umbau richtig rein gesteigert. Der Dreiradrenner sollte
nicht nur technisch mit allen Finessen ausgestattet sein, auch das Design
sollte ein Hingucker werden. Die Entwürfe hierfür lieferte ich, die
Umsetzung verwirklichten die Lackierexperten von Bereiter", gibt Jörg
Richter zu Protokoll.
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Anfang 2009 war das Werk vollbracht.
Nach der Präsentation des neuen BMW-Gespanns auf dem RUKO-Stand bei der
Motorradmesse Sinsheim wurde die Überführung nach Marburg zur
Jungfernfahrt und gleichzeitig als Einstieg ins neue Gespannfahrerleben
zelebriert. Gemeinsam mit seiner Frau Susanne wurde die über 400 km lange
Route von dem frischen Gespannteam bewusst über schöne Nebenstrecken quer
durch den Odenwald, Spessart und Vogelsberg gewählt.
"Meine
Erwartung an das RUKO-Gespann haben sich voll erfüllt. Da sich
Gespannfahren aber weder mit Solo noch mit Cabrio fahren vergleichen
lässt, ist das Fahrerlebnis vollkommen eigenständig und mit dem
RUKO-Achsschenkel- und Schwingensystem in Kombination mit den Breitreifen
noch einmal ganz eigen und kaum zu toppen",
lässt der Hesse wissen.
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Jörg Richters "Familienkutsche" mit Ehefrau
Susanne und Tochter Maya
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Inzwischen hat sich die RUKO auf zig Touren als
Asphalt-Flitzer bei "nur Herrenausfahrten" und in der Kategorie "Familienkutsche" mit Ehefrau Susanne und Tochter Maya bestens und
zuverlässig bewährt. Aber auch im Geschäftsleben macht sich die RUKO
nützlich und der Fahrzeugexperte betont: "Das Beiwagenheck ist so
ausgeführt, dass ich die 75 x 85 Zentimeter große Alubox mit der Scheibner-Motorradrahmenlehre sicher unterbringen kann. Meine Kundschaft
staunt nicht schlecht, wenn ich mit dem Flitzer um die Ecke komme."
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Technische Daten:
RUKO Shark Racer AR2 BMW R1200S |
Motor:
Viertakt-Zweizylinder-Boxermotor, luft-/ölgekühlt. Vier Ventile pro
Zylinder, ohc,
Bohrung x Hub 101 x 73 mm, Hubraum 1170 ccm, Verdichtung
12,5. 90 kW/122 PS bei 8.250/min, maximales Drehmoment 112 Nm bei
6.800/min. Elektronische Motorsteuerung, Doppelzündung, G-Kat, E-Starter.
Sechsganggetriebe, Kardan |
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Fahrwerk:
Modifizierter BMW R1200S Stahlrohr-Gitterrahmen mit Hilfsrahmen für
Gespannbetrieb. Vorne RUKO-Achsschenkellenkung Vario VI mit
Technoflex-Federbein, vielfach verstellbar, Federweg 100 mm. Um 70 mm
verlängerte
Querlenker-Einarm-Hinterradschwinge mit Hilfsrahmen und
Seitenwagen verbunden, Technoflex-Federbein, vielfach verstellbar,
Federweg 100 mm.
RUKO-Beiwagen Shark Racer AR2 breite Version, Gitterrohrrahmen mit
5-Punkt-Anschluß, Technoflex-Federbein, vielfach verstellbar, Federweg 70
mm. Rundherum Borbet BS Design 71* 15 ET 35 4/100 Leichtmetallfelgen mit
195/50 R 15 V Kumho Ecsta SPT KU 31 Niederquerschnittsreifen.
Doppelintegralbremssystem mit Stahlflexbremsleitungen. Handbremshebel
wirkt auf Vorderrad und Seitenwagenrad, Fußbremshebel wirkt auf Hinter- ,
Vorder- und Seitenwagenrad. Vorne eine 295 mm innenbelüftete
BigB-Bremsscheibe mit BigB- Vierkolben-Bremssattel und einem modifizierten
Serienbremssattel, hinten 265 mm Serienbremsscheibe und Serienbremssattel,
Seitenwagen 280 mm BigB-Bremsscheibe mit BigB-Zweikreisbremssattel.
Motorrad-Tankinhalt 14 Liter plus 20 Liter Zusatztank im Beiwagen, Gewicht
370 kg. Zulässiges Gesamtgewicht 790 kg,
Kraftstoffsorte Super Plus, Höchstgeschwindigkeit 190 km/h
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Sonderausführungen:
2-in-1 Akrapovic-Titan-Auspuffanlage mit Hexagonal-Dämpfer,
Doppellüfteranlage für Ölkühler. Wunderlich Superbikelenker mit Vario
Brems- und Kupplungsarmaturen. Abnehmbares Beiwagenheckteil inklusive
Kofferraumdeckel. Hochwertige Ganzlackierung in BMW-Pazifikblau II
metallic mit signalgelben (RAL 1003) und weiss abgesetzten Dekoren
Preis: Basis BMW R1200S
15.000 Euro, Umbaukosten 34.000 Euro |
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Kontakt:
KFZ-Sachverständigenbüro Richter
Jörg Richter
Haselhecke 12
35041 Marburg
www.sv-buero-richter.com
www.ruko-fahrzeugtechnik.de
www.bereiter-lack.de
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