Fahrberichte


Die Offenbarung

 

Die Bezeichnungen kennt eigentlich jeder:
Big-Bike, Super-Bike, Naked-Bike, Tourer, Enduro, Chopper oder Cruiser. Doch SuperFighter? Noch nie etwas davon gehört? Das wird sich
bald ändern. Mit der brandneuen, unverkleideten 1000SF
"SuperFighter" will MZ den "Streetfighter"-Markt nämlich 
ganz schön aufmischen
.

Text: Winni Scheibe
Fotos: Scheibe, MZ / Jonny Sauer



(Foto: MZ/Jonny Sauer)

Mode schreibt ihre eigenen Gesetze. Kaum einer kann genau sagen, wann es los ging - keiner weiß, wann, oder ob überhaupt, sie endet. Techno ist so etwas. Skurril, extravagant, ausgeflippt, eigenwillig, kompromisslos, laut, schrill, provokativ. Elektronische high-tech Klänge, aus und für eine ganz eigene Galaxie.
Aber auch in der Motorradwelt überschlagen sich die Ereignisse. Nach den Big-Bikes, Super-Bikes und zuletzt den Naked-Bikes sind Streetfighters "in". Natürlich nicht für jedermann, aber für die, die es anders wollen, siehe oben.





Art of "Streetfighter"



(Foto: MZ/Jonny Sauer)

Der Ursprung dieser Bewegung kommt aus England. Bei den jungen Wilden war Fließbandware verpönt, nur mit einem radikalen Umbau ließ sich aus dem Allerweltseinerlei auffallen. Für die Streetfighter-Manie gab und gibt es weder Muster noch Norm. Alles war und ist erlaubt, nichts verboten. "TÜV-Vorschriften" oder "Zulassungsbestimmungen" juckten die Macher nicht die Bohne. Es wird geschraubt und getunt, bis der Asphalt glüht. Die Szene ist nichts für Warmduscher, das Gas ist rechts, Burn-Outs und Wheelies gehören zur Standardkür. Wer diese Showeinlagen jedoch nicht draufhat, kann getrost zu Haus´ bleiben. Die Cracks bleiben dann unter sich.


Vom Individualisten zur Massenware



Wie so vieles im wirklichen Leben blieben diese Machenschaften cleveren Marketingmanagern aus der Motorradindustrie natürlich nicht verborgen. Was lag also näher, als solche extravaganten Bikes als Standardmuster auf den Markt zu bringen. Beste Beispiele hierfür sind die Triumph Speed Triple, Ducati Monster, Benelli TNT, MV Agusta Brutale, Cagiva Raptor, Kawasaki Z1000, aber auch Buell lässt sich in die "Böse-Buben-Bande" einordnen. Und seit neuestem gehört auch MZ dazu. Selbstbewusst positionieren die Bosse aus Zschopau ihren neuen 1000SF "SuperFighter" in diese Fraktion.


MZ 1000SF
(Foto: MZ/Jonny Sauer)


Es braucht wohl nicht extra erwähnt zu werden, dass bei MZ die Zeiten der knorkigen Zweitakt-Motorräder längst der Vergangenheit angehören. Ab Anfang der 90er Jahre gibt es von der ostdeutschen Traditionsschmiede agile Einzylinder-Viertakt-Bikes, und seit dem letzten Jahr ist der Sport-Twin 1000S Highlight in der Modellpalette. Als nächsten Sachsen-Streich präsentierte MZ nun für die Saison 2005 den "SuperFighter".



MZ 1000S


Eine nahe Verwandtschaft zur rennerprobten und mit Designer-Preisen ausgezeichneten 1000S lässt sich allerdings nicht verleugnen. Der SuperFighter basiert nämlich auf dem Sportbike, MZs Baukastensystem macht's möglich. Erklärtes Ziel der Neuschöpfung war die Schaffung eines unverkennbaren eigenständigen Naked-Bikes, das frech aussieht und auch provozieren kann. Da der unverkleidete "SuperFighter" absichtlich in die Marktnische der "Streetfighter" gesteckt wird, darf er es natürlich auch.



Anders als im freien Lager der Selbstschrauber, wo vieles aus "legal zum Illegalen" wird, kommt die 1000SF Zulassungs-Komform daher. Das heißt, der Motor wurde einem Feintuning unterzogen, für besseren Durchzug sank die Leistung des Twins von 117 auf 113 PS, Geräusch- und Abgaswerte bestehen weiterhin jede TÜV-Prüfung.
Schwerpunkt der Verwandlungskunst vom Sportbike zum SuperFighter war die Änderung der Optik. Und das bedeutete zunächst weg mit der Rennverkleidung und den Stummellenkern. Die Frontpartie schmückt nun eine winzige Cockpit-Verkleidung, unter dem Motor wird mit dünnen, zusammengenieteten Blechen eine Bugverkleidung angedeutet. Nichts wird mehr versteckt, die 1000SF ist ein Bike mit Technik zum "Durchgucken".



Im Griff hat man sie mit einer breiten, in viberationsdämpfenden Silentblöcken gelagerten, Lenkstange, so wie man es von gängigen Tourenmaschinen gewohnt ist. Für ein besseres Handling und niedrigeren Schwerpunkt wurde das Fahrwerk 15 mm abgesenkt, die Schräglagefreiheit wird dadurch allerdings kaum beeinträchtig.


Kein Hexenwerk - aber Effektiv



Der SuperFighter ist kein wirklich neues MZ-Motorrad, sondern der freche Bruder der 1000S, die Blutsverwandtschaft ist zu nahe. Und doch unterscheiden die beiden Twins Welten - nicht nur optisch. Mit der SuperFighter fällt man auf, die Leute bleiben stehen und gucken. Bereits vor Markteinführung hat der Asphalt-Brenner den populären internationalen iF Product Design Award gewonnen. Im Straßenverkehr überzeugt das Fahrfeeling. Hat man auf der 1000S den Eindruck hoch oben auf dem Bike zu thronen, fühlt man sich auf dem SuperFighter gleich heimisch. Der Akteur sitzt "aufrecht, die Nase im Wind", die Lenkstange liegt gut in den Händen. Das macht nicht nur das Rangieren einfach, es gibt auch ein sicheres Gefühl.



(Foto: MZ/Jonny Sauer)

Auf der Piste zeigt der SuperFighter allerdings dann seinen wahren Charakter. Das Streefighter-Image spring postwendend über, wird sozusagen kostenlos von MZ mitgeliefert. Lammfrommes Dahintuckern, wie man es vielleicht von den Twins Kawasaki W650 oder Triumph Bonneville kennt, ist nicht ihr Ding. Die 1000SF verlangt nach Drehzahl und Speed. Ab 4000 Umdrehungen geht unter dem 20 Liter Spritfass die Post ab, der 1000er-Twin schiebt mächtig vorwärts, Langeweile kommt nicht auf. Ganz gleich ob über verwinkelte Landstraßen oder auf schnellen Passagen, mit dem SuperFighter ist man (meist) zügig unterwegs. Gelegentliche Wheelies, mal hier - mal da ein Burn-Out und zur Abwechslung gekonnte Stoppis bringen Dynamik in den Ausflug. Vorausgesetzt der Akrobat hat es drauf, allen anderen bleibt das normale Biken.


Technische Daten
MZ 1000SF
Modelljahr 2005


Motor:
flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertaktmotor, Zylinderblock um 40° nach vorne geneigt,
eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, hydraulischer Kettenspanner (HyCT).
Hubraum 998 ccm, Bohrung x Hub 
96 x 69 mm, Verdichtung 11,5, 
Leistung 83 kW ( 113 PS) bei 9000/min, max. Drehmoment 98 Nm bei 7000/min, Leistungsvariante 72 kW (98 PS).
Gemischaufbereitung sequenzielle Saugrohreinspritzung, Drosselklappendurchmesser 51 mm, Abgasreinigung Euro 2 / zwei geregelte Katalysatoren.
Elektronisches Motormanagement, E-Starter, Druckumlaufschmierung mit Nasssumpf. Sechsgang-Kassettengetriebe, 
Endantrieb über Kette.


Fahrgestell:
Chrom-Molybdän-Doppelrohr-Brückenrahmen (CMDT) mit verschraubtem Rahmenheck.
Upside-Down-Gabel, 43 mm, einstellbare
Zug- und Druckstufendämpfung,
einstellbare Federbasis. Zweiarm-Cantilever-Alu-Schwinge, Zentralfederbein einstellbare Zug- und Druckstufendämpfung, Federbasis hydraulisch über Handrad einstellbar. Vorderrad 17 x MT 3.50 Twin System Wheel (TSW), Bereifung 120/70 ZR17, schwimmend gelagerte Doppelscheibenbremse, 320 mm, Vierkolbensättel, Hinterrad 17 x MT 5.50 Twin System Wheel (TSW), Bereifung 180/55 ZR17, Einscheibenbremse, 
243 mm, Doppelkolbensattel.


Maße und Gewichte:
Lenkkopfwinkel 64°, Nachlauf 103 mm, Radstand 1445 mm, Federweg vorn 
120 mm,
hinten 120 mm (105 bei optionaler Tieferlegung), Sitzhöhe 825 mm (optional 810 mm), Trockengewicht 209 kg, Zuladung 198 kg, max. Gesamtgewicht 
426 kg,
Tankinhalt 20 l inkl. 5 l Reserve.

 

Sonstiges:
Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h
Farben: Pirate Black, SF Orange, Sonderfarben: Grüne Hölle, MZ Rot, Schleizer Gelb, Speedway Weiß, Sonderdesign: Tank-Striping
Garantie: 2 Jahre ohne km Begrenzung inkl. Mobilitätsgarantie.

Preis: 9.490,00 Euro


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