Fahrberichte |
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Ein Sprichwort sagt: "Man begegnet sich im Leben immer zwei Mal". Als Redakteurs-Novize beim Motorradmagazin MO in Stuttgart durfte ich im September 1980 mit zur Präsentation der neuen BMW R 80 G/S in Avignon/Südfrankreich. Für mich war es ein außergewöhnliches Ereignis. Damals, ich weiß es noch wie heute, räuberten wir über die französischen Landstraßen, als ob es keinen anderen Morgen mehr gäbe. Wir wollten unbedingt wissen, was das neue Fahrwerk mit der sensationellen Einarmschwinge taugte. Damals, wir erinnern uns, gab es schließlich noch genügend Bikes mit Chassis, die, so nannten wir es, "wie Lämmerschwänze wackelten". Bei der BMW war davon nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil. "Die Kuh" überraschte mit tadellosem Fahrverhalten. Aber noch mehr. Die aufrechte Sitzposition und die breite Lenkstange in den Händen gab einem das Gefühl die Maschine in jeder Situation voll im Griff zu haben. Bodenwellen wurden vom Fahrwerk anstandslos glatt gebügelt, die Bremsanlage überzeugte. Für die Gelände-Fotos suchten wir einen Schotterweg, ließen das Hinterrad durchdrehen, bis es ordentlich staubte. Das sah nach echtem Abenteuer aus, auch wenn es Hollywood viel besser konnte. Das eigentliche Vergnügen hatten wir aber auf der Straße. Für den Offroad-Spaß sprang der Funke (noch) nicht über. Dafür war uns die Geländemaschine zu groß, zu schwer und zu zweizylindrig. |
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Zunächst zurück
zur neuen BMW. Das Ziel war klar definiert: konsequente
Weiterentwicklung jedes einzelnen Bauteils sowie Verringerung des
Fahrzeuggewichtes. Die verordnete 30-kg-Diät war allerdings kein
Pappenstiel. Jedes Teil wurde auf die Waage gelegt, neu berechnet und
konstruiert. Nichts ändern wollte man dagegen etwas am Outfit. Das gewohnte
Erscheinungsbild der "GS" sollte unverändert bleiben, nur
Feinschliff war erlaubt. |
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Was die BMW-Ingenieure bei der GS-Renovierung aus dem Hut gezaubert haben, verdient Respekt und Anerkennung. Frei nach dem Motto "Innovation statt Revolution" hat man sich jedes einzelnen Fahrzeugelementes angenommen. Beim Motor ging's um Leistungssteigerung, Optimierung der Laufcharakteristik sowie um Gewichtsreduzierung. Das Ergebnis des Feintunings sind exakt 1170 ccm, 100 PS bei 7000/min in der offenen Version und 115 Nm Drehmoment bei 5500/min. |
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Das eigentliche Highlight ist allerdings die Ausgleichswelle, die den Motor nun fast vibrationsfrei, ohne jedoch die typische BMW-Boxer-Charakteristik zu verwässern, laufen lässt. Auch die Diät kann sich sehen lassen, das Kraftpaket ist gut drei Kilo leichter als der R 1150 GS-Motor. Konsequenter Leichtbau bei Anlasser, Lichtmaschine und Batterie sparen nochmals zwei Kilo. |
Ebenfalls eine Neuentwicklung ist das nur 13 Kilo
schwere Sechsganggetriebe. Die Zahnräder sind schrägverzahnt und der
Gangwechsel erfolgt nicht über das Verschieben der Zahnräder, sie
sitzen fest auf den Wellen, sondern durch Schiebemuffen. |
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Auch dem Chassis widmet man sich mit großer Aufmerksamkeit. Die
Telelever-Vorderradführung ist oben am Motor verschraubt, das
Rahmenheck besteht aus einer filigranen Stahl-Gitterrohr-Konstruktion.
Bei diesem Bauprinzip dient das Triebwerk als mittragendes Teil. Dieses
System bietet sich zur Leichtbauweise geradezu an. Komplett neu ist die
Frontpartie. Der Telelever-Auslegearm ist aus hochfestem Aluminium
geschmiedet, zur Erhöhung der Stabilität vergrößerte man die
Standrohrdurchmesser von 35 mm auf 41 mm. Weiterhin treu geblieben ist
BMW der Paralever-Einarmschwinge, die nun im Rahmen gelagert ist. Die in
sich sehr kompakt wirkende Hinterradführung ist so konzipiert, dass
beim Lastwechsel die Kardanreaktionen kaum noch zu spüren sind. |
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Meine Rundfahrt starte ich in Kapstadt. Im Häuserdschungel bereitet es überhaupt keine Mühe sich mit der GS seinen Weg zu bahnen und schon liegt die Stadt hinter einem. Vorbei an der Waterfront schlängelt sich die Küstenstraße über den einzigartigen "Chapmans Peak Drive" zum "Cape of Good Hope". Dieser Ausflug gehört zum Pflichtprogramm einer Südafrika Reise, auch wenn es von Touristen aus aller Herren Länder hier nur so wimmelt. |
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Fahrspaß pur bot die Küstenstraße vom Cape über Muizenberg, Strand, Hermanus und Bredasdorp zur eigentlich südlichsten Landspitze von Südafrika, dem "Cape Agulhas". Auf der abwechslungsreichen Strecke, mal verläuft das Asphaltband gespickt mit anspruchsvollen Kurven direkt an der Küste entlang, im Landesinneren windet sie sich verwinkelt bis schnurgeradeaus durch die hügelige Landschaft, konnte der Boxer seine Stärke voll ausspielen. Im Vergleich zum R 1150 GS-Triebwerk ist der neue Flat-Twin kaum wieder zu erkennen. Der Motor hängt gierig am Gas, hat "Schmackes" über das gesamte Drehzahlband und dreht sauber und kraftvoll bis 7000/min hoch. Aber auch (oder besonders) schaltfaules Fahren ist beim genussvollen Wandern über die gut ausgebauten Landstraßen kein Thema. Der Bums aus dem Keller ist beachtlich. |
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Tolle Aussichtspunkte gibt es auf dem Weg von Kapstadt zum "Cape Agulhas" mehr als genug. Hier nur ein Tipp. Fast genau gegenüber der Landspitze "Cape of Good Hope" liegt an der "R44" Rooielsbaai. Ein winziger Ort in traumhafter Lage direkt an der Küste. |
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Gleich rechts neben der Durchgangsstraße lädt eine urige Bikerkneipe zum Verschnaufen ein, auf der anderen Straßenseite wohnt die Familie Stark. Ihr Bed&Breakfast Übernachtungsquatier "Wonderlings" sollte man bei den Tourenetappen mit einplanen. Bei Wonderlings fühlt man sich vom ersten Augenblick wie zu hause, hat das gute Gefühlt, man würde sich schon ewig kennen. Am nächsten Morgen möchte man am Liebsten gar nicht weiterfahren, so schön ist es hier.
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Meinen weiteren Weg Richtung
"Addo Elephant National Park" wählte ich
über die Nebenstrecke "R102" durch den "Tsitsikamma National
Park". Die asphaltierte Strecke ist zwar im brauchbaren Zustand, aber in
vielen Abschnitten extrem eng, verwinkelt und unübersichtlich. An
manchen Stellen ist man im Schritttempo fast schon zu schnell. Diese
Vorsicht ist aber auch geboten, mal sind es freche Affen, die mitten auf
der Straße hocken, ein anderes Mal kommt ein Einheimischer mit seinem japanischen
Pickup "volle Lotte" um die Ecke gebrettert. Keinen Stress macht die GS.
Das Handling ist auf solchen verzwickten Straßenabschnitten tadellos,
der Motor glänzt durch geschmeidige Laufruhe im untertourigen
Drehzahlbereich. |
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Im Januar hat Südafrika Hochsommer. Aber anders als bei
uns geht die
Sonne schon gegen 20 Uhr unter, wenige Augenblicke später ist es
stockfinster. Wer sich erst dann auf die Quartiersuche macht, kann
Probleme bekommen. Die winzigen Ausschilderungen lassen sich kaum noch
erkennen und Ausleuchtungen gibt es selten. Nur wenige Kilometer hinter
Uitenhage, Port Elizabeth hatte ich auf den Rat von Einheimischen rechts
liegen gelassen, wurden Ortschaften rar und die Landschaft unendlich
weit. Bis zur Dunkelheit hatte ich noch eine Stunde Zeit. Ein Addo-Park
Ranger gab mir den Tipp, es mit der Bed&Breakfast-Übernachtung bei
"Chrislin" zu versuchen. Was
mich bei Chrislin erwartete, war genau das Südafrika, wie ich es mir vorgestellt hatte. |
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Dank
der guten Wegbeschreibung war ich nach wenigen Minuten auf der
Chrislin-Farm und hatte auch noch das Glück das letzte Zimmer zu bekommen. Aber was
heißt Zimmer, es war ein halbes Haus, strohgedeckt und mit typischer
südafrikanischer Einrichtung. Wieder war es eine
herzliche Gastfreundschaft, die mich empfing. Nach dem Abendessen saßen wir
noch lange im offenen, strohgedeckten Pavillon. Bis tief in die Nacht
diskutierte ich mit Chris über
Gott und die Welt. Es wurde ein unvergessener Abend. Und überhaupt,
der Besuch bei "Chrislin" war mit das schönste Erlebnis meiner
Erkundungstour. Danke lieber Chris, ich komme wieder! |
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Bed&Breakfast Übernachtung auf der Citrus-Farm von Familie Pickels ![]() |
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Motor: Luft/-ölgekülter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, vier Ventile pro Zylinder, HC (high camshaft), eine Ausgleichswelle, Leistung 72 kW (100 PS bei 7000/min (lieferbar auch in versicherungsgünstiger 98 PS-Ausführung), max. Drehmoment 115 Nm bei 5500/min, Bohrung x Hub 101 x 73 mm, Hubraum 1170 ccm, Verdichtung 11:1, digitales Motormanagement BMS-K, sequenzielle elektronische Saugrohreinspritzung, zwei Lambdasonden, G-Kat, Batterie 12V/14Ah, E-Starter, Sechsganggetriebe, Endantrieb über Kardanwelle Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen, Triebwerk mittragendes Teil, vorne BMW-Telelever mit Ø 43 mm Standrohren, Federweg 190 mm, hinten BMW-Paralever-Einarmschwinge mit Zentralfederbein, Federweg 200 mm. Bereifung vorn 110/80H19TL, hinten 150/70H17TL. Doppelbremsscheibe vorn Ø 305 mm, Scheibenbremse hinten Ø 265 mm. Nachlauf 110 mm, Lenkkopfwinkel 62,9 Grad, Radstand 1519 mm, Sitzhöhe 810 - 890 mm. Tankinhalt 20 Liter. Gewicht vollgetankt 225 kg, zulässiges Gesamtgewicht 425 kg Höchstgeschwindigkeit: 205 km/h Preis: 11500 Euro (zuzüglich Liefernebenkosten) |
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Helm, Jacke, Hose, Stiefel,
und Handschuhe stammen aus der aktuellen AXO-Collection. Motorrad-Bild
bedankt sich bei Thomas Schwarz und Thomas Vogel |
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Über Land und Leute |
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