Exoten


BMW BoXer
S von Thomas Anke

"Leichtgewicht Boxer"

Für Thomas Anke steht Schrauben an erster Stelle.
Dann kommt das Fahren. Seine BMW BoXer
S
kann sich sehen lassen. Sie ist fast so schlank,
dass sie kaum einen Schatten wirft.

Text&Fotos: Winni Scheibe



Thomas Anke in seiner "Schrauberbude"


Bodenständige Handwerksmeister haben ihren Beruf von der Pike auf gelernt. Ist ihre Arbeit ordentlich, kann ihnen so schnell keiner das Wasser reichen. Thomas Anke ist Büro- und EDV-Techniker und verrät: "Mechanische Kfz-Arbeiten haben mich seit jeher fasziniert. Meinen Fuhrpark selbst zu pflegen und zu warten, etwas zu verändern, umzubauen oder benötigte Teile selbst anzufertigen war schon immer mein Hobby. Das hierfür erforderliche Know-how habe ich mir durch "Learning by Doing" angeeignet. Los ging es mit dem früher fast schon obligatorischen Frisieren unserer Mofas und Kleinkrafträder. Die Flitzer mussten ihre Federn lassen, dabei wurde meist eine Menge Lehrgeld bezahlt, dafür hat man aus den Fehlern viel gelernt."



Tüfteln, Ausprobieren, Nacharbeiten und Verbessern sind für Thomas Anke, Jahrgang 1960, längst zur Passion geworden. An etlichen Wochenenden im Jahr beteiligt sich der Westfale bei historischen Rennveranstaltungen. Um die technische Vorbereitung seiner klassischen Rennmaschinen und Autos kümmert er sich selbst und er weiß: "Ein technischer Defekt kann einem nicht nur das ganze Wochenende vermiesen, es kann auch ein großes Loch in die Portokasse reißen."



Ein Motorrad muss spritzig, leicht und handlich sein



Der sportliche Wettbewerb sowie der Genuss der Rennatmosphäre auf der Strecke sowie der kameradschaftliche Zusammenhalt im Fahrerlager ist für Thomas Anke die eine Seite seiner Leidenschaft. Das Werkeln in seiner ehemaligen landwirtschaftlichen Dorfschmiede die andere. Unumwunden gibt er auch zu: "In meiner Schrauberwelt kann ich vom Alltag abschalten. Wenn etwas so geworden ist, wie ich es mir vorgestellt habe, ist das ein tolles Erfolgserlebnis und so ganz nebenbei kann man sich ganz in Ruhe auch noch neue Sachen ausdenken. Die Idee nach klassisch englischem Vorbild einen Café-Racer aufzubauen, schwirrte mir schon seit einiger Zeit durch den Kopf. Als bekennender BMW-Fan kam für mich allerdings nur ein Boxer in Frage. Im Frühjahr 2007 konnte ich eine BMW R80ST von 1986 an Land ziehen. Im Geiste stand der Flitzer schon vor mir."



Thomas Anke: "Großvolumige Motorräder müssen doch nicht gleichzeitig Tonnen schwer sein."


Von der ursprünglichen R80ST sollte nicht viel übrig bleiben. Ganz oben im Lastenheft standen Gewichtsreduzierung, Fahrwerksoptimierung, Leistungssteigerung sowie eine unverkennbare, eigenständige Optik. Bis auf die letzte Schraube wurde die Maschine zerlegt. "Großvolumige Motorräder müssen doch nicht gleichzeitig Tonnen schwer sein. Maschinen, bei denen ich mir beim Rangieren schon einen abbrechen muss, sind nicht meine Welt", lässt Thomas Anke wissen und betont, "nach meinen Vorstellungen sollte ein Motorrad leicht und handlich sein und über ordentlichen Dampf aus dem Keller verfügen. Vom Aussehen her hatte ich zwar die Bilder von den legendären englischen Café-Racern aus den 1960er Jahren vor Augen, doch so extrem sportlich mit Stummellenkern wollte ich mein Bike nicht auf die Räder stellen. Ein breiter Lenker mit Lampenverkleidung sollte eine Hommage an die amerikanischen AMA-Superbike Rennmaschinen Anfang der 1980er Jahre von den Starpiloten Wes Cooley, Eddie Lawson, Wayne Rainey und Freddie Spencer sein."



Café-Racer und Superbike in einem


Bis es allerdings so weit war, wurde es Frühjahr 2010. Zum einem drängelte niemand, zum anderen nahm sich der Perfektionist besonders beim Motor-Tuning genügend Zeit. Die Zielsetzung war nicht höhere Spitzenleistung, sondern kräftiger Schmackes aus dem Drehzahlkeller. Gemäß der Tuner-Weisheit „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen“ schmücken nun R100R Zylinder mit "1000er" Mahle-Kolben und eine feingewuchtete Kurbelwelle den Motor. Größte Sorgfalt erfuhren die Pleuel, sie wurden erleichtert, poliert und des Weiteren das Ober- und Untergewicht tariert.

Viel Mühe investierte ich in die Zylinderköpfe. Neben der Brennraum- Optimierung, der Quetschkanten-Bearbeitung auf das Maß von einem Millimeter, Umbau auf Doppelzündung für 12er Zündkerzen habe ich die Einlasskanäle durch Schweißverfahren begradigt um für das Ansauggemisch einen besseren Strömungsverlauf zu erzielen", verrät der Boxer-Experte




Würde es für die Kategorie "Krümmerführung" einen Oscar geben, Thomas Anke hätte ihn verdient. Die eigenwillig hochgelegte Linienwahl der selbst gefertigten Edelstahlrohre verläuft über den Zylindern und der Schaltbox und mündet unter dem Sitz in einem Ducati-Schalldämpfer. Auf so eine Idee muss erst mal einer kommen. Zwar musste für diese konstruktive Lösung der Luftfilter samt Gehäuse seinen angestammten Platz räumen, dafür dürfen nun die fetten Dell`Orto-Vergaser, ähnlich wie bei früheren Rennmaschinen, die frische Luft direkt durch offene Ansaugtrichter schnorcheln.


Nur das Wesentliche zählt


Gemäß der Café-Racer-Philosophie "nur das Wesentliche zählt" zeigen sich alle weiteren Baukünste kompromisslos, sportlich, eigenständig, aber auch etwas extravagant. "Die Mühe sollte sich lohnen", gibt sich Thomas Anke zufrieden, "Fahrfertig drückt mein Boxer 189 kg auf die Wage, der Motor leistet satte 83 PS und das Handling darf ich einfach als spielerisch bezeichnen."


Technische Daten: BMW BoXer S


Motor:
Viertakt-Zweizylinder-Boxermotor, Basis R80ST von 1986, luftgekühlt, zwei Ventile pro Zylinder, über untenliegende 320-324 Grad-Nockenwelle und Stoßstangen betätigt, Leistung 83 PS bei 7.200/min, max. Drehzahl 8.000/min.
BMW R100R Zylinder und feingewuchtete Kurbelwelle, "1000er" Mahle-Kolben, Bohrung x Hub 94,0 x 70,6 mm, Hubraum 980 ccm, Verdichtung 10,5:1. Zwei 40 mm PHM Dell`Orto-Schiebervergaser, offene Ansaugtrichter, Eigenbau-Auspuffkrümmer aus 42 mm Edelstahlrohren, Heck und Endschalldämpfer Ducati 999S. Nasssumpfschmierung mit separatem Ölfilter, Ölwannen-Zwischenring, 1 Liter mehr als Serienbefüllung, elektronische Silent- Hektik-Zündanlage, Elektrostarter.

Motor-Modifikationen:
R100R Zylinder, R100R feingewuchtete Kurbelwelle, Pleuel erleichtert und poliert, "1000er" Mahle-Kolben, Brennräume optimiert, Doppelzündung mit 12 mm Kerzen, Einlasskanäle umgeschweißt und begradigt, Alu-Ventilfederteller, Stößelbecher aus beschichtetem Aluminium, Kipphebel erleichtert, poliert und nitriert, Kipphebelböcke modifiziert.
Fünfganggetriebe, Endantrieb per Kardan.

Fahrwerk:
Stahlrohr-Doppelschleifenrahmen Basis R80ST von 1986,
vorne R100R Telegabel mit Wirth-Federn, Brembo-Vierkolben-Bremssättel. Hinten Einarmschwinge mit voll einstellbarem Wilbers-Federbein, Trommelbremse. Vorne 2.50x18 Speichenrad mit VA-Speichen, leichte Geländesportnabe, Metzeler-Reifen 110/80ZR18. Hinten 4.25x18 außermittig gespeichtes Speichenrad, VA-Speichen, Metzeler-Reifen 160/60ZR18. Gewicht 189 kg.

Ausstattung:
Kröber-Drehzahlmesser, digitaler-Tachometer, LSL-Lenker, Frejo-Lenkerverkleidung, Ducati 999S-Heck und Schalldämpfer, Kellermann-Blinker, modifizierte Suzuki GSXR750 Fußrastenanlage.
Umbaukosten incl. Fahrzeugkauf zirka 12.000 Euro


Kontakt:
Thomas Anke
Jütlandweg 1
59067 Hamm

Tel. 02381/444478
Mobil: 0179/3613249


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