Der ganz andere Streetfighter
"170-Meilen-Therapeut"
In Kanada sind 65
Meilen pro Stunde erlaubt.
Mit 170 Meilen wurde er "geblitzt". Das sind
unglaubliche 272 Sachen, ein Höllenzahn für
eine alte 1100er
Suzuki Katana von 1982.
Text&Fotos: Winni
Scheibe
|

Jean-François Tardif
|
In
der Szene kennt er sich aus. Weiß, welche Dopes "in" sind,
weiß, welcher Sprit die beste Dröhnung verschafft. In diesem Metier
ist er zu Haus`, sozusagen ein Fachmann. Mit dem Speedlimit nimmt er's
dagegen nicht so genau. Nur 65 Meilen pro Stunde sind in Kanada erlaubt
- mit 170 Meilen wurde er "geblitzt". Das sind unglaubliche
272 Sachen, ein Höllenzahn für eine alte 1100er Suzuki Katana von
1982. Wenn's mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte er nach diesem
Streich für etliche Monate gesiebte Luft inhaliert, die Fahrkarte
hätte man ihm auf Lebenszeiten gelocht. Doch der Sheriff, der ihn mit
der Radarpistole "geblitzt" hatte, war sein Bruder Jean-Marc.
Und wer letztendlich schärfer darauf war, genau zu wissen, was das Bike
tatsächlich drauf hat, weiß von den beiden heute auch keiner mehr. Was
sie allerdings vorher wussten, war, dass im Motor satte 155 PS steckten. |

|
Bei
der Katana handelt es sich nämlich nicht um einen mit viel Mühe und
Not über die Runden gebrachten Suzuki-Veteranen, sondern der Edelrenner
ist von erster Sahne. Auch der Eigner ist kein Junkie, vielmehr ist
Jean-François Tardif engagierter Drogen- und Alkoholtherapeut und in
seiner Freizeit ein exzellenter Schrauber. Und die nächtliche
Speedmessung war eine einmalige Aktion. Die, wäre sie nämlich
rausgekommen, hätte mit Sicherheit seinen Bruder den Job gekostet. |

|

Daytona Beach 1990 |
Doch
dieses illegale Rennen musste sein. Alles aufgezählt, was
Jean-François an seinem Bike umgebaut, geändert, modifiziert und
getunt hat, würde locker einen dicken Wälzer füllen. Denn außer
Rahmen, der Katana-typischen Verkleidung mit Armaturen, Tank und
Sitzbank, ist nichts mehr original. Der Motor ist eine Mixtur aus GSX-R
1100-Triebwerk mit Sechsganggetriebe von der GSX-R 750.
Selbstverständlich hat Jean-François der Antriebseinheit kräftig auf
die Sprünge geholfen. Dicke Wiseco-Kolben brachten den Hubraum auf 1195
ccm, die Verdichtung erhöhte sich auf 11 zu 1. Power-Parts von
Yoshimura und Dynojet gehören genauso zum Muss wie die optische
Aufbereitung des Motors. Nichts ist so, wie es einmal war. Die Gehäuse
sind weiß-, der Zylinderblock schwarzlackiert, die Seitendeckel
verchromt.
|

|
 |
Ebenfalls
aus dem GSX-R 1100 Lager stammen Telegabel, Laufräder und Bremsen. Die
nach Alu ausschauende Schwinge ist wirklich aus Aluminium. Das stabile
Bauteil hat der pfiffige Therapeut selbst konstruiert und
zusammengeschweißt. Haltebleche, Streben, Schrauben und Muttern wurden
auf Hochglanz gebracht. Wie viele Stunden der Kanadier beim Umbau in
seiner Werkstatt verbracht hat, kann er nicht sagen, dafür hat er aber
alle Rechnungen aufgehoben. Es sind Quittungen über umgerechnet rund 10.000
Euro. Das ist ein Menge Holz, seine Arbeitszeit hat er natürlich nicht
mitgerechnet. Schließlich wollte er einen unverwechselbaren
Streetfighter auf die Räder stellen. Das ist ihm mit Sicherheit
gelungen. Denn auch das Weiß ist kein normales Weiß, sondern genau das
Lamborghini Countach-Perlweiss.
|
|