Exoten
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BMW-Bobber von Dirk Staubach
Funktions-Maschine
Als Bauingenieur saniert Dirk
Staubach Häuser und Gebäude aller Art.
In seiner Freizeit lässt er bei seinen Motorrädern dagegen kaum ein Teil
auf dem anderen. Als einen Bobber möchte er seine BMW eigentlich nicht
bezeichnen. Funktions-Maschine passt ihm besser.
Text&Fotos: Winni Scheibe |

Funktions- und Fahrmaschine BMW "Bobber"
von Dirk Staubach

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Irgendwie
erinnert die BMW an eine Maschine aus den 1950er Jahren. An eine Zeit
als jede Farbe erlaubt war, vorausgesetzt sie war Schwarz. So ganz mit
allem beisammen scheint das Kraftrad jedoch nicht zu sein. Fast kommt
einem der schreckliche Verdacht, das gute Stück musste bereits als
Teileträger herhalten. |
Dirk Staubach
lacht: "Für mich bedeutet das Motorrad-Hobby mehr
schrauben als fahren. Dabei lasse ich meiner Phantasie freien Lauf.
Unnötige
Sachen werden abgebaut oder durch andere Bauteile ersetzt. Was ich
dabei
verwende, kann unterschiedlichster Herkunft sein und von gänzlich
anderen
Marken stammen. Zum einen habe ich ein reichliches Vorratslager, zum
anderen besuche ich alle möglichen Oldtimer-Märkte und bringe
regelmäßig etwas mit nach Hause. So wie die BMW im Moment dasteht,
bedeutet das allerdings nicht, dass sie so auch bleibt. Nächstes
Jahr kann sie schon wieder ganz anders aussehen. Vielleicht mit
Doppelscheinwerfer, einem etwas
höheren Lenker, anderen Armaturen,
einer hochgelegten 2-in-1 Auspuffanlage oder wer weiß was sonst
noch." |

Dirk Staubach |
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Mehr schrauben als fahren, so die
Philosophie von Dirk Staubach

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Der handwerklich begabte Architekt verlässt sich
dabei auf sein Bauchgefühl. Alle Umbaumaßnahmen sollen optisch
zusammenpassen. Was dem 45-Jährigen aber noch viel wichtiger ist, ohne
Glimmer und Gloria müssen alle technischen Ausführungen ihre Funktion
erfüllen. Und je weniger es sind, um so praktischer. Ein vorderes
Schutzblech braucht kein Mensch, Blinker, die erst ab Baujahr 1962
vorgeschrieben sind, auch nicht und wer Gefühl und gute Ohren hat,
braucht auch keinen Drehzahlmesser. Auf das Bremslicht möchte der
Boxer-Fan aus Sicherheitsgründen allerdings nicht verzichten, und für
zuverlässigen Motorlauf werkelt eine elektronische Zündanlage hinter dem
Stirndeckel. Aber die sieht kein interessierter Betrachter. Die Kritik,
dass seine BMW nicht perfekt lackiert, verchromt und poliert ist, lässt
Dirk Staubach nicht gelten: "Meine Maschine soll kein Ausstellungsstück
sein, sondern etwas zum zuverlässigen Fahren. Möglichst ursprünglich,
reduziert auf die drei wesentlichen Dinge wie Fahrwerk, Räder und
Motor." |
Zu
seinen Schrauberfähigkeiten verrät
der Westfale: "Am liebsten
erledige ich alle Arbeiten in meiner Werkstatt. Nur was ich mit
sägen, feilen und bohren selbst
nicht hinbekomme, lasse ich bei
Spezis von mir auf Dreh- oder Fräsmaschine anfertigen." |

Aus dem Vollen selbstgefertigter
Bremshalter |
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Aus Zwei mach Eins
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Der Rahmen stammt von der BMW R60,
das Triebwerk von der BMW R60/7
und der Tank von einer Harley-Davidson Sportster

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Als Basis für den Umbau diente ein aus Holland
stammendes R60-Vollschwingenfahrwerk von 1956. Damit wie vorgesehen das
R60/7-Triebwerk von 1978 sowie der /7-Kardanwinkeltrieb seine neue
Aufgabe meistern konnte, musste die Schwinge um 50 mm verlängert werden.
Aus der /6er Modellreihe stammt die Telegabel und das Vorderrad.
Technisch nicht notwendig, da aber optisch so gewollt, verkürzte Dirk
Staubach die Gabel um 40 mm. Mit diesem Trick liegt das
Doppelschleifenfahrwerk nun, horizontal betrachtet, mit den gleichen
Abständen zur Fahrbahn. Stammt der von Hand in Schwarz lackierte Tank
von einer Harley-Davidson Sportster, müssen als Fundorte für
Scheinwerfer, Sattel, hinteres Schutzblech, Motorentlüftung sowie
etliche Kleinteile Oldtimer-Märkte benannt werden. |
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Als ich Anfang 2009 mit dem Projekt loslegte,
hatte ich eigentlich keinen Plan. Nur soviel, es sollte eine puristische
Fahrmaschine werden. Dass es die Bobber-Stilrichtung schon vor über 60
Jahren in Amerika gab, wusste ich nur ansatzweise. Die US-Biker hatten
damals ihre überladenen Harleys und Indians von allem Ballast befreit.
Durch die Diät verfügten die Maschinen plötzlich über eine viel bessere
Beschleunigung. Bei den legendären Sprintrennen von Ampel zu Ampel
zeigten die wilden Burschen auf ihren skurrilen Bobbern anderen
Motorradfahrern, wo der Hammer hing. Mag meine BMW auf andere wie ein
Bobber wirken, für mich zählt das Fahrerlebnis und das spielt sich in
beschaulichem Tempo ab", lässt Dirk Staubauch zum Abschluss wissen.
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Technische Daten BMW
R60-Bobber von Dirk Staubach
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Preis:
Teilekosten zirka 3500 Euro inkl. Rahmen, Motor etc.
Leistung:
40 PS bei 6400/min
Motor:
Viertakt-Zweizylinder-Boxermotor R60/7 von 1978, luftgekühlt, zwei
Ventile pro Zylinder, über untenliegende Nockenwelle und Stoßstangen
betätigt, Bohrung x Hub 73,5 x 70,6 mm, Hubraum 599 ccm, Verdichtung
9,2:1.
Zwei 26 mm Bing-Schiebervergaser, Zubehör-Luftfilter von Louis,
Eigenbau-Schalldämpfer. Nasssumpfschmierung ohne Ölkühler,
elektronische-Zündanlage mit Fliehkraftversteller, Elektrostarter,
Fünfganggetriebe, Endantrieb per Kardan.
Fahrwerk:
Stahlrohr-Doppelschleifenrahmen R60 von 1956, vorne /6-Telegabel,
Baulänge um 40 mm gekürzt, /6 Vorderrad. R60-Schwinge um 50 mm
verlängert, Kardan-Winkelantrieb 32/10 und Hinterrad aus der
/6-Modellreihe. Vorderrad
Metzeler-Reifen 3,25S19, Hinterrad Continental-Reifen 4,00S18, Bremse
vorne /6 Duplex-Trommelbremse 200 mm Durchmesser, Bremse
hinten /6 Trommelbremse 200 mm Durchmesser. Harley-Davidson
Sportster-Tank, Inhalt 12,5 Liter, Gewicht fahrfertig 168 kg.
Kontakt: Dirk Staubach
dst.2001@web.de |
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