Custom-Bikes


"Big Lady" Custom Bike von Nicki

"Halbblut"

In der Custom-Szene gibt's keinen Fraktionszwang.
Erlaubt ist, was Spaß macht. Vorausgesetzt, nichts bleibt wie
es war. Bestes Beispiel: Die Honda VT 600 "Big Lady" von Nicki.

Text&Fotos: Winni Scheibe



Die Geschichte klingt voll nach Klischee. Eine Frau, die viel lieber ein Mann geworden wäre. Jedoch nicht geistig und körperlich, sondern nur, was den Beruf angeht. Nicole, von Freunden und ihrem Mann Rudi meist nur Nicki genannt, wollte nämlich Kfz-Mechaniker werden. "Auch kein Wunder", verrät die sympathische Bikerin, "schließlich bin ich unter lauter Jungs aufgewachsen und unsere Lieblingsspielzeuge waren damals Autos, ein Unimog und alles, was sich auseinander- und wieder zusammenbasteln ließ."





Aus dem Schrauber-Traum wurde leider nichts. Dafür ging's erst in die Tischlerlehre, später folgte die Ausbildung zur Bauzeichnerin. Ihre Bikerkarriere startete sie dagegen standesgemäß als Zweiradnovizin auf einer Mofa. Dass dieser Fahrradersatz nicht lange Stangenware blieb, lässt sich leicht denken. Erste Ansätze zum Easy-Rider-Faible waren unverkennbar. Dann ging's Schlag auf Schlag: Führerschein Klasse 1 und 3 und wenig später eine Honda CB400N als erstes richtiges Bike. 



Gestatten: Honda VT 600 "Made by Nicki"


Der Traum vom echten, individuellen und unverkennbaren eigenen Cruiser, sollte sich jedoch erst Ende 1996 erfüllen. Oder besser gesagt, da fing die "unendliche Geschichte", original Zitat Nicki, mit der Honda VT 600 Shadow Baujahr 1991 nämlich an. Ihr Plan: ein radikaler Rundumschlag und das technisch und optisch. Volle Unterstützung fand sie in ihrem Mann Rudi, der als gelernter Zweiradmechaniker 100%igen Durchblick hat.




Doch schön der Reihe nach. Der gesamte Vorderbau flog ins Gebrauchtteilelager, dafür wurde eine blitzblank glänzende Ceriani Upside-Down Gabel in den Rahmen gesteckt. Doppelscheinwerfer, Armaturen und Lenker besorgte sie sich von einem HD-Anbieter. Als echtes Kullerding lässt sich getrost das Vorderrad bezeichnen. Auf das 3-Zoll-Speichenrad ist ein 
130/90-16 Metzeler-Pneu montiert, 
keine Halbheiten lässt die Anhaltevorrichtung erkennen. Mit 
diesen granatenmäßigen Stoppern könnte unsere Hauptdarstellerin zweifellos bei jedem Straßenrennen teilnehmen. Die beiden gelochten 
320er Gussscheiben stammen von Spiegler, die 4-Kolben-Bremszangen sind von Brembo.


Breitreifen: 130/90-16



Fette Gummiwalze: 200/70-15

Ein ähnliches Schicksal traf das Heck. Ohne Rücksicht auf Verluste wurde es ratzeputz abgeflext und neu gestaltet. Die Radabdeckung ist nun direkt mit der Dreiecksschwinge verknüpft. Unter die Kategorie XXL ist das 7-Zoll breite Speichenrad mit der 200/70-15 Metzeler-Gummiwalze einzuordnen. Als hinterer Notanker dient nach der Kür eine modifizierte Scheibenbremse-Anlage von der Ducati 900 Monster.

 


Während Nicki und Rudi die Fahrwerkskomponenten neu strickten und über weiteres Outfit nachdachten, besprachen sie auch gleich die Arbeitsaufteilung. Rudi kümmerte sich um die Polierarbeiten, da er hierfür über mehr Erfahrung verfügt. Bei der Farbgebung vertrauten sie dafür auf befreundete Spezialisten. Matthias Berger aus Lippstadt erledigte die Lackierarbeiten und Roland Praus aus Olsberg war fürs Airbrush zuständig. Hier waren nämlich Sonderwünsche zu erfüllen, rechts sollte das Bike rot und links gelb werden. Inzwischen hatte Nicki einen Tank von der Honda VT 1100 und den Bugspoiler "Made in Italy" organisiert. Das komfortabel gepolsterte Sitzmöbel ist wiederum eine Spezialanfertigung von Meinolf Danne aus Brenken. Bis auf das Feintuning blieb das Honda-Triebwerk vorerst (noch) in seiner ursprünglichen Art erhalten, ein Muss war dagegen eine andere Auspuffanlage. Die 2-Zoll-Edelstahlrohre schweißte ihr Papa zusammen.





Im Sommer 1997 war das Werk vollbracht, zum ersten Proberitt ging's gleich nach dem TÜV-Segen zum Motorradtreffen des MC Roadrunner nach Olsberg, und das pannenfrei versteht sich. Nicki war von ihrem Bike hellauf begeistert, genau so hatte sie es sich vorgestellt. Auch Ehemann Rudi, seit über 15 Jahren begeisterter Biker, war zufrieden und meint, die beiden passen gut zusammen. Das einzige Problem, das allerdings immer wieder auftauchte und das hat sich bis zum heutigen Tag nicht geändert, sind die zwangsläufig verlängerten Pausen. "Die Leute bleiben stehen, gucken rechts, gucken links und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Manche wollen sogar wissen, wo es so etwas zu kaufen gibt. Dann verrate ich, dass wir die Maschine selbst umgebaut haben", erzählt Nicki stolz.


Die Arbeitsstunden, die Nicki und Rudi in die "Big Lady" investiert haben, haben sie weder aufgeschrieben noch gezählt, ein Ende ist nämlich noch längst nicht in Sicht und Nicki betont: "Laufend kommen uns neue Ideen. Als nächstes möchte wir unbedingt die original Vergaserbatterie entsorgen, der Weber-Fallstromvergaser liegt schon im Regal", und fügt noch schnell hinzu, "ohne die Unterstützung von Rudi und allen anderen, die mir dabei geholfen haben, meinen Traum in die Realität umzusetzen, wäre die Big Lady niemals so geworden und dass ich nun mit ihr herumfahren kann, habe ich letztendlich auch noch dem TÜV in Paderborn zu danken."



Firmenkontakt:

Nicole und Rudolf Bönisch
Schwafener Straße 8
33181 Bad Wünnenberg-Haaren
www.ukdhaaren.de

 

 

 



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